Residenzbühne

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Theater
Datum von 1910
Datum bis 1924
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 359300
GND
WikidataID
Objektbezug Theater
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Letzte Änderung am 2.05.2023 durch WIEN1.lanm08jan
  • 1., Rotenturmstraße 20
  • Kammerspiele (1925)

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48° 12' 39.35" N, 16° 22' 32.99" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Die Residenzbühne, ab 1916 Kammerspiele, befand sich von 1910 bis 1916 (Jahr der Umbenennung) beziehungsweise 1924 (Jahr der Neuübernahme) in 1., Rotenturmstraße 20.

Geschichte

Das Gebäude, in dem sich zuerst die Residenzbühne befand, die wenige Jahre später in die bis heute existierenden Wiener Kammerspiele umbenannt wurde, war der 1909/1910 von Arthur Baron erbaute Orendihof – aufgrund seiner prägnanten modernen baulichen Entscheidungen rasch als Residenzpalast bekannt − an der Ecke von Rotenturmstraße und Fleischmarkt 1, in dem sich von Beginn an neben dem Theater auch ein Gasthausbetrieb und das Rotenturmkino befanden.

1910 wurde im Neubau die Residenzbühne nach einem Entwurf von Franz Freiherr von Krauss und Josef Tölk erbaut. Gründer des Theaters, das aufgrund seines zeitgenössischen literarischen Spielplans rasch, wenn auch vorerst noch informell, als "Kammerspiele" bekannt wurde, war der Schauspieler Julius Strobl.

Strobl war in Bruck an der Leitha geboren worden, hatte dann am Deutschen Volkstheater gespielt, war 1892 in die USA gegangen, wo er Ensemblemitglied des Irving Place Theatre wurde und zahlreiche Tourneen absolvierte, jedoch 1900 wieder nach Europa zurückgekehrt, wo er zuerst in Berlin und zurück in Wien am Raimundtheater und am Theater in der Josefstadt auftrat. 1910 reichte er beim Statthalter sein neues Theaterkonzept ein, bei dem es sich – ähnlich wie bei Danzers Orpheum beziehungsweise der Neuen Wiener Bühne – um eine "erweiterte Singspielkonzession" handelte, in diesem Falle vor allem um moderne Kammerstücke von hauptsächlich internationalen Autoren.

Strobl fand im vermögenden Schauspieler Mario Rella, dem Sohn des Bauunternehmens Rella und Neffen, einen Geldgeber und Partner und erhielt im Juni 1910 seine Singspielkonzession "mit der erweiterten Berechtigung zur Aufführung von Singspielen, Balletten und Pantomimen mit mehrmaligem Szenen- oder Dekorationswechsel bei Verwendung eines Schnürbodens und ohne Benützung von Versenkungen, ferner von dramatischen Stücken ohne Gesang mit mehrmaligem Szenenwechsel".

Das neue Theater fasste rund 500 Personen mit wenigen Logen und Cercle-Sitzen sowie acht Parkettreihen und weiteren Sitzen im ersten Rang. Am 14. Oktober wurde das Theater mit einem Prolog von Paul Wertheimer und Ossip Dymows Schauspiel Treue eröffnet. Es folgten Stücke von Frank Wedekind, Gabriele D'Annunzio, Robert Misch, Rudolf Strauss, doch der Erfolg blieb aus. Rella übernahm die Deckung der Schulden, und nur ein Jahr nach der Eröffnung schied Strobl ganz aus dem Betrieb aus und Rella übernahm auch die Konzession. Rellas Stellvertreter und Theatersekretär wurde Alexander Rotter.

Rella eröffnete seine Direktion am 7. September 1912 mit einem Maeterlinck-Abend, doch schon bald folgten vorwiegend leichtere Stücke, darunter von Gabriele Zapolska, Karl Ettinger und G. J. Jennings, aber auch Franz Theodor Csokors Tragikomödie Letzte Spiele. Obwohl das erste Spieljahr überaus erfolgreich anlief, konnte sich Rella in der folgenden Spielzeit nicht mehr halten. Vor allem die politischen Ereignisse überschatteten von nun an jede Programmierung, der allgemeine Theaterbesuch wurde lange vor Kriegsbeginn in ganz Wien geringer, das Erbteil für den Erhalt der Bühne war ausgeschöpft. Da ergab sich die Möglichkeit, mit der von Stefan Großmann ins Leben gerufenen Wiener Freien Volksbühne zu fusionieren, deren Plan, ein Theater im achten Bezirk zu gründen, sich zerschlagen hatte und deren Räume in der Neubaugasse zu klein geworden waren. Rella blieb nominell weiterhin Direktor (Konzessionär) der Residenzbühne, sein neuer Stellvertreter wurde mit Dr. Arthur Rundt der Direktor der Volksbühne, Dramaturg war Herbert Ihering. Die Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen der Volksbühne wurden als Betriebsmittel in das Theater eingebracht, die Schauspieler der Volksbühne spielten von nun an an beiden Häusern.

Ab dem Jahr 1913 finden sich im Bestand des Wiener Stadt- und Landesarchivs Dokumente über jährliche Revisionen der Singspielhalle "Residenzbühne".

Eröffnet wurde in der neuen Intendanz am 12. September 1913 mit Thaddäus Rittners Der Mann im Souffleurkasten, es folgten Stücke von Hermann Bahr, Carl Sternheim, August Strindberg und Sascha Guitry; zu einem "Kassenschlager" wurde vor allem Bahrs Prinzip, zu den Publikumslieblingen zählten Ernst Deutsch, Alfred Neugebauer, Herbert Hübner, Oskar Sima, prominente Gäste waren Helene Thimig und Albert Steinrück. Doch trotz des anhaltenden Erfolgs musste die Volksbühne mit Kriegsbeginn ihre Tätigkeiten beenden.

Rundt blieb vorerst Direktor der Residenzbühne, eröffnete das Theater im November 1914 noch einmal, doch schon im Februar 1915 trat Rundt aus dem Betrieb aus und übernahm das Wiener Colosseum, während Rella seinerseits als Oberleutnant im Kriegsdienst stand und daher keine Wiener Theateraktivitäten vorantreiben konnte. In einem engen Freund, dem Schauspieler Anton Berger, fand Rella vorerst Unterstützung vor Ort, die finanzielle Gebarung wollten Rellas Schwestern, Sylvia Gräfin Palffy und Ada Zeiß, übernehmen. Doch auch Berger blieb nur kurze Zeit.

Ihm folgte der 1879 in Deutschland geborene Alfred Bernau, der bis dahin Intendant des Mannheimer Hoftheaters gewesen war. Bernau (eigentlich Alfred Heinrich Breidbach) pachtete das Theater und stieg als dessen Stellvertreter in Rellas Konzession ein. Rella, der ab 1915 nichts mehr mit dem Theater zu tun hatte, erhielt auch in den folgenden Jahren die Konzession und damit jährliche Anteile aus den Erträgen, während Bernau, der das Theater mit gutem Erfolg auch während der Kriegsjahre führte, erst 1919 die offizielle Konzession erhielt, während ihm von den Hauseigentürmern die Pacht für das Theater weiterhin persönlich verlängert wurde.

Bernau, der das Theater im Jahr 1916 offiziell in "Wiener Kammerspiele" umbenannte, brachte Stücke von Ludvig Holberg, Bjørnstjerne Martinius Bjørnson (Björnson), Emil Ludwig, Artur Hollitscher, August Strindberg, Leo Birinski (nach Fjodor Michailowitsch Dostojewski) und erneut von Gabriele Zapolska, deren Stück Die Warschauer Zitadelle zu einem Serienerfolg wurde. An Josef Jarno angelehnte hochkarätigere "Literarische Nachmittage", die Bernau 1917 einführte, fanden jedoch bald schon wieder ein Ende. Zum Ensemble des Hauses gehörten unter anderen Kurt von Lessen, Egon Friedell, Jakob Feldhammer und Jürgen Fehling.

Im März 1918 wurde Bernau vom Verein Deutsches Volkstheater als Nachfolger Karl Wallners zum neuen Intendanten des Deutschen Volkstheaters gewählt. Er nahm die Residenzbühne mit in den neuen Betriebsverband und führte diese mit Erfolg bis 1924 als weiterhin niveauvoll programmierte Zweitbühne des Deutschen Volkstheaters weiter. 1922 kam es zu Ausschreitungen, als hier Arthur Schnitzlers Reigen zum ersten Mal gezeigt wurde.

Im Zuge der Umstellung auf die Schilling-Währung, die Inflation und die steigende Armut in der Bevölkerung gerieten in den folgenden Jahren zahlreiche Theater in eine finanzielle Krise, und Bernau wurde trotz seiner hervorragenden Leistungen an beiden Häusern während seiner Intendanz aus dem Volkstheater entlassen. Damit wurden auch die Kammerspiele wieder aus dem Verbund mit dem Volkstheater gelöst.

Siehe weiter unter: Kammerspiele

Schauspielerinnen und Schauspieler

Im Wien Geschichte Wiki gibt es 5 Einträge von Personen, die im Residenzbühne engagiert waren.

BildNameBerufGeburtsdatumSterbedatum
Ernst DeutschSchauspieler16 September 189022 März 1969
Paula JanowerSchauspielerin18 November 1889
Alfred NeugebauerSchauspieler27 Dezember 188814 September 1957
Oskar SimaSchauspieler31 Juli 189624 Juni 1969
Helene ThimigSchauspielerin
Regisseurin
5 Juni 18897 November 1974

Quellen

Literatur

Franz Hadamowsky: Wien. Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Wien: Jugend & Volk 1988, S. 773-776

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