Kaiserspital (Institution)

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Ballhausplatz mit Osttrakt des ehemaligen Hofspitals, rechts die Hofburg, um 1900
Daten zur Organisation
Art der Organisation Spital
Datum von 1537 JL
Datum bis 1782
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 369162
GND
WikidataID
Objektbezug Gardehof (Galizische Leibgarde), Kaiserspital (Gebäude)
Quelle
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Letzte Änderung am 19.04.2024 durch WIEN1.lanm08swa
Bildname HMW 079000 00078.jpg
Bildunterschrift Ballhausplatz mit Osttrakt des ehemaligen Hofspitals, rechts die Hofburg, um 1900
  • 3., Rennweg 1-5

Frühere Adressierung
  • Zur heiligen Barmherzigkeit (1537 JL, bis: 1551 JL)
  • Hofspital (1551 JL, bis: 1782)

Es wurden noch keine Personen erfasst.


Kaiser- oder Hofspital (zunächst 1., Schauflergasse 8, Ballhausplatz 3 [heute Bruno-Kreisky-Gasse 1], Minoritenplatz 9, siehe: Kaiserspital (Gebäude), ab 1758 3., Rennweg 1-5, siehe: Gardehof (Galizische Leibgarde))

Gründung

Während das Bürgerspital als der Versorgung von Alten und Kranken der bürgerlichen Bevölkerung diente, wurden berufsunfähige Hofbedienstete beiderlei Geschlechts in dem 1339 in der Vorstadt vor dem Widmertor gegründeten Martinspital versorgt, das anlässlich der Türkenbelagerung 1529 zerstört wurde. Als Ersatz diente das Spital "Zur heiligen Barmherzigkeit", das Diego de Serrava (Sarava), Erzieher der Pagen Ferdinands I., 1537 auf einem von ihm gekauften Grundstück in der Schauflergasse für je zwölf Männer und Frauen errichten ließ. Nach Serravas Tod (1545) stellte König Ferdinand die um 36 Pflegestellen vermehrte Stiftung unter landesfürstlicher Patronanz. Zur wirtschaftlichen Ausstattung gehörten die von der 1545 verstorbenen Königin Anna hinterlassene Herrschaft Wolkersdorf (Niederösterreich) und ab 1564 die Güter des einstigen Martinspitals. Neben der Versorgung von nicht mehr arbeitsfähigen Hofbediensteten war auch die Betreuung und der Unterricht von 20 Waisenmädchen im Spital vorgesehen. Ferdinand I. erließ 1551 eine Anstaltsordnung und veranlasste nach Zukauf angrenzender Grundstücke die Erweiterung um zwei Trakte samt Nebengebäuden (1551-1558). Die Spitalsordnung sah die Leitung durch einen Superintendenten vor. Zumeist handelte es sich dabei um einen Beamten der Niederösterreichischen Regierung oder Kammer. Der Intendent bestellte den Spitalmeister. Zur Belegschaft zählte weiter ein Leib- und Wundarzt, zwei Kapläne, ein Siechenmeister und eine Siechenmeisterin, eine Zuchtmeisterin für die Waisenmädchen, ein Einkäufer, Zueschroter, Koch, Kellner, Kastner, Maier, Weingartenknecht, einige Diener und Dienerinnen. Der Gründung des Hofspitals lag neben dem Versorgungs- der Seelengerätsgedanken zugrunde. Die Insassen hatten die Verpflichtung, regelmäßig für die Stifter zu beten. Die Gründung fand im Rahmen einer Gründungswelle in den 1550er Jahren statt, in deren Rahmen sieben Hofspitäler neu gegründet wurden und zwei neu bestiftet. Neben einer testamentarischen Verfügung Kaiser Maximilians I. dürfte der Tod von Kaiserin Anna, der Gemahlin Ferdinand I. ein weiteres wichtiges Gründungsmotiv dargestellt haben.

Finanzkrise in Kriegszeiten

Schon in der Zeit Kaiser Rudolfs II. schuldeten die kaiserlichen Ämter 1604 dem Hofspital über 20.000 Gulden. Die ausbleibenden Mittel waren vor allem dem "Langen Türkenkrieg" (1593-1606) des Kaisers geschuldet. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Finanzlage dramatisch. Die Stiftungsgelder blieben weitestgehend aus und die Herrschaft Wolkersdorf wurde in der ersten Phase des Krieges von den aufständischen Ständen, 1645 von den Schweden unter Lennart Torstensson und 1652 von marodierenden Soldaten schwer geschädigt. Dazu musste das Spital temporär verwundete Soldaten aufnehmen. Trotz der prekären finanziellen Lage wurde 1622 ein Haus vor dem Schottentor erworben, welches im Fall von Seuchenausbrüchen, besonders der Pest als Pestspital diente.

Aufgrund von Korruptionsfällen erließ Kaiser Ferdinand II. 1632 eine neue Spitalsordnung, die die Leitung einem Kollegium aus Superintendent, Spitalmeister und Gegenschreiber überordnete. Unter Leopold I. erbrachte der von einer Kommission vorgelegte Bericht 1657 ein jährliches Defizit von rund 2.000 Gulden und ausständige Deputate von etwa 50.000 Gulden. Trotz der Abschaffung des Amtes des Provisioners und der Zuweisung von Mitteln aus verschiedenen Ämtern blieb die Finanzlage prekär.

Während der Zweiten Türkenbelagerung 1683 fanden heftige Kämpfe rund um die Löwelbastei statt, wodurch die Dächer des Hofspitals schweren Schaden erlitten. Die Verpflegung von etwa 160 Soldaten nach der Belagerung belastete die Finanzen des Spitals zusätzlich. Die Kuruzzeneinfälle verursachten im Jahr 1703 Schäden und Zerstörungen in der Herrschaft Wolkersdorf,

Unter Karl VI. setzte eine Phase kräftiger Förderung des Spitals ein. Eine Hofkommission setzte verschiedene Reformen um, wobei die schon 1702 unter Leopold I. erfolgte gänzliche Überlassung des Herrschaftsgefälles von Wolkersdorf die größte Bedeutung hatte.

Übersiedlung auf den Rennweg

Das Kaiserspital am Rennweg, gegenüber Nebengebäude des Unteren Belvedere. Ausschnitt aus der Vogelschau von Joseph Daniel Huber, 1778

Dank der großzügigen Förderung des Spitals unter Karl VI. und Maria Theresia konnten die Kapazitäten des Spitals ausgeweitet werden, doch wurde der Raum zu knapp. Daher kam es 1758 zur Verlegung des Spitals in Gebäude auf den Rennweg, wo vorher das Dreifaltigkeitsspital seinen Sitz gehabt hatte (siehe Gardehof (Galizische Leibgarde)). Das Kaiserspital bestand in seiner neuen Unterkunft am Rennweg 1758-1782. Die zugehörige Kirche "Zum heiligen Kreuz" war 1755-1763 erbaut worden (Gardekirche).

Aufhebung

1782 wurde das Kaiserspital aufgehoben; im Gebäude war 1782-1791 die Galizische Leibgarde untergebracht (Gardekirche), 1893 wurde es demoliert. Die Kirche wurde 1897 dem polnischen Orden der Resurrektionisten übergeben. Der Fonds des Kaiserspitals, in dem sein Vermögen zusammengefasst war, diente der Versorgung Armer und Kranker und bestand bis 1926. Mittel aus dem Fonds flossen auch in die Rudolfstiftung.[1]

Quellen

Literatur

  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 368 f.
  • Alphons Lhotsky: Die Baugeschichte der Museen und der neuen Burg. Wien: F. Berger 1941 (Festschrift des Kunsthistorischen Museums zur Feier des fünfzigjährigen Bestandes, 1), Register
  • Alfred May: Kapitelkapelle und alter Chor des ehemaligen Wiener Minoritenklosters. In: Wiener Schriften. Hg. vom Amt für Kultur, Schulverwaltung der Stadt Wien. Band 5. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1957, S. 13 ff.
  • Ernst Nowotny: Geschichte des Wiener Hofspitals. In: Forschungen zur Landeskunde von Niederösterreich 23 (1978)
  • Ricarda Oettinger: Österreichische Kunsttopographie (archivarische Vorarbeiten 3. Bezirk), S. 56 f.
  • Rudolf Pichler: Das kaiserliche Spital am Ballhausplatz. Ein Beitrag zur Geschichte der Renaissance in Wien. In: Allgemeine Bauzeitung 69 (1909), S. 87-91 und Tafelteil S. 46-48 (ANNO)
  • Giovanni Salvadori: Die Minoritenkirche und ihre älteste Umgebung. 1894, S. 237 ff.
  • Adam Wandruszka: Der Ballhausplatz. Wien [u.a.]: Zsolnay 1984 (Wiener Geschichtsbücher, 33)
  • Karl Weiß: Geschichte der öffentlichen Anstalten ... für die Armenversorgung in Wien. 1867, S. 101 ff, S. 248

Einzelnachweise

  1. Ernst Nowotny: Geschichte des Wiener Hofspitals. In: Forschungen zur Landeskunde von Niederösterreich 23 (1978), S. 207.