Türkenkriege

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Das Heidenschuss-Steinbild,
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Objektbezug Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Bildunterschrift Das Heidenschuss-Steinbild,

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Türkenkriege, kriegerische Auseinandersetzungen zwischen dem Osmanischen Reich (dessen Staatsreligion der Islam war und das ab 1299 von Sultanen aus der Osmanen-Dynastie regiert wurde) und dem christlichen Abendland.

Osmanische Expansion nach Europa

Mit der Überschreitung der Dardanellen (1345) und der Verlegung der Hauptstadt nach Adrianopel/Edirne (1365) begann die osmanische Expansion in Europa: Siege über die Serben (1389), die Bulgaren (1393) und ein westeuropäisches Koalitionsheer bei Nikopolis (1396); Abschluss der Eroberung des Byzanthinischen Reichs mit der Eroberung von Konstantinopel/Stambul/Istanbul 1453 (dorthin Verlegung der Hauptstadt). Länger widerstand das Königreich Ungarn (das nach heutigen Begriffen Ungarn, die Slowakei, Kroatien und Slowenien, das heute zu Rumänien gehörige Siebenbürgen beziehungsweise das zu Österreich gehörende Burgenland umfasste); Siege der Osmanen bei Varna 1444 und auf dem Amselfeld 1448, Niederlage bei Belgrad 1456 (Johann Hunyady, Johannes Capistran), Einfälle in Steiermark, Kärnten und Krain 1469-1480. Unter Sultan Suleiman I. 1521 Eroberung von Belgrad, 1526 Vernichtung des ungarischen Heers bei Mohács (wobei der kinderlose König Ludwig II. Jagiello umkam).

Konflikte mit den Habsburgern

Im Kampf um die ungarische Krone zwischen dem Habsburger Ferdinand I. und Johann Szapolyai stellte sich Suleiman 1528 auf die Seite des letzteren. Vorstöße nach Österreich 1529 (bis Wien; erste Türkenbelagerung 1529) und 1532 (bis ins Steinfeld bei Wiener Neustadt) blieben jedoch erfolglos. Nach dem Tod Szapolyais (1540) annektierten die Osmanen 1541 den mittleren Teil Ungarns (mit der alten Hauptstadt Ofen/Buda und dem kirchlichen Zentrum Gran/Esztergom); der östliche Teil (Siebenbürgen) wurde selbständiges Fürstentum (mit Regenten aus ungarischem Adel), der nördliche Teil (Slowakei mit den wichtigen Edelmetallbergwerken) und der westlich-südwestliche Teil (Burgenland und Teile Kroatiens) blieben habsburgisch (hier wurde Pressburg/Pozsonyi/Bratislava Regierungssitz und Tyrnau/Nagyszombat/Trnava kirchliches Zentrum). 1547 schloss Ferdinand mit den Osmanen Frieden (fortan Tributzahlungen, habsburgische Residenten [ständige Gesandte] in Istanbul). Verteidigungsmaßnahmen auf österreichischer Seite: Neu- beziehungsweise Ausbau der Befestigungen von Wien (Stadtbefestigung), Pressburg, Raab/Györ, Komorn/Komarom und anderer Grenzstädte, Einrichtung eines Hofkriegsrats in Wien (1556) und Graz (1578), Bildung einer "Militärgrenze" (Grenzzone mit Bauernmiliz in Kroatien) ab 1535.

Der Krieg 1565/1566 (Eroberung von Szigétvár durch die Osmanen 1566) hatte keine Nachwirkung. Der große oder lange Türkenkrieg 1593-1606 verlief wechselvoll: unmittelbare Bedrohung Wiens durch den Fall von Raab 1594 (Hinrichtung des Kommandanten Johann Graf Hardegg in Wien), Rückeroberung durch die Kaiserlichen 1598 (Adolf von Schwarzenberg); Aufstellung der "Raaber Kreuze" (Dankesdenkmäler) in verschiendenen Orten Österreichs. Die kaiserlichen Truppen eroberten 1595 Gran sowie 1597 Tata und Papa, die Osmanen 1596 Erlau/Eger; im selben Jahr schlugen sie die Kaiserlichen bei Mesökeresztes und 1600 eroberten sie Nagykanizsa (Hinrichtung des Kommandanten Georg Paradeiser in Wien); Stuhlweißenburg/Szekesfehérvár wechselte 1601/1602 zweimal den Besitzer. Der Friedensschluss von Zsitvatorok (1606) brachte eine längere Friedensperiode (in die Kämpfe der siebenbürgischen Fürsten Gabriel Bethlen und Georg I. Rákoczi mit dem Kaiser griffen die Osmanen nicht ein); dank des diplomatischen Geschicks des kaiserlichen Residenten Johann Rudolf Schmidt von Schwarzenhorn hielten sich die Osmanen aus dem 30-jährigen Krieg heraus. Im Krieg 1663/1664 siegte die kaiserliche Armee 1664 bei Sankt Gotthard/Mogersdorf (Raimund Montecuccoli); der Friede von Eisenburg/Vasvár 1664 bestätigte den Status quo, wodurch die antikaiserliche ungarische Magnatenverschwörung 1666-1671 (Niederschlagung 1671, Hinrichtung von Graf Franz Nádasdy im Wiener Rathaus) und die Rebellion des Grafen Imre Thököly (ab 1677) ausgelöst wurde. Der 1683 von den Osmanen begonnene Krieg führte zu ihrer Niederlage vor Wien am 12. September 1683 (zweite Türkenbelagerung 1683, Kara Mustapha), danach zu Siegen der Kaiserlichen und ihrer Verbündeten (Eroberung von Ofen 1686 und von Belgrad 1688, Sieg des Prinzen Eugen bei Zenta 1697) und damit zur Rückgewinnung ganz Ungarns (ausgenommen das Banat von Temesvár) und Siebenbürgens (Friede von Karlowitz 1699); der antihabsburgische Aufstand des Franz II. Rákoczi (1703-1711) wurde von den Osmanen nicht unterstützt.

Der Krieg 1716-1718 (Siege Prinz Eugens bei Peterwardein 1716 und bei Belgrad 1717) endete mit der Gewinnung des Banats (Friede von Passarowitz 1718). Im Krieg 1736-1739 ging Belgrad 1739 für Österreich verloren; es wurde erst im Krieg 1787-1791 (durch Ernst Gideon Loudon, 1789) wiedergewonnen (letzte bewaffnete Auseinandersetzung Österreichs mit dem Osmanischen Reich).

Im 19. Jahrhundert kam es nur noch zu diplomatischen Aktionen (beim Berliner Kongress 1878 wurde Österreich zur Besetzung von Bosnien-Herzegowina ermächtigt; Annexion 1908).

Während des ersten Weltkriegs war die Türkei mit Österreich-Ungarn, dem Deutschen Reich und Bulgarien verbündet.

Literatur

  • Leopold Toitl / Hildegard Leitgeb: Die Türkeneinfälle in der Steiermark und in Kärnten vom 15. bis zum 17. Jahrhundert. In: Militärhistorische Schriftenreihe 64 (1991)
  • Gertrud Gerhartl: Die Niederlage der Türken am Steinfeld 1532. In: Militärhistorische Schriftenreihe 26 (1974)
  • Kurt Peball: Die Schlacht bei Stankt Gotthard-Mogersdorf 1664. In: Militärhistorische Schriftenreihe 1 (1964)
  • Karl Oberleitner: Österreichisches Finanz- und Kriegswesen unter Ferdinand I. In: Archiv für österreichische Geschichte 22 (1860), S. 5 ff.
  • Eduard Wertheimer: Zur Geschichte des Türkenkriegs Maximilians II. 1565 und 1566. In: Archiv für österreichische Geschichte 53/2 (1875), S. 43 ff.
  • Ernst Dieter Petritsch: Der habsburgisch-osmanische Friedensvertrag des Jahres 1547. In: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38 (1985), S. 49 ff.
  • Jan Paul Niederkorn: Die europäischen Mächte und der "Lange Türkenkrieg" Kaisers Rudolfs II.. in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 135 (1993)
  • Gernot Heiss / Grete Klingenstein [Hg.]: Das Osmanische Reich und Europa 1683-1789. In: Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 10 (1983)
  • Zygmunt Abrahamowicz / Vojtech Kopcan / Main Kunt / Endre Marosi / Nenad Moacanin / Constantin Serban / Karl Teply: Die Türkenkriege in der historischen Forschung. In: Zygmunt Abrahamowicz: Die Türkenkriege in der historischen Forschung. Wien: Deuticke 1983 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 13)
  • Österreichisches Staatsarchiv, Kriegsarchiv: Die österreichische Militärgrenze 1535-1871. Urkunden, Akten, Karten, Pläne, Bilder; Gedächtnisausstellung anläßlich des 100. Jahrestages ihrer Auflösung. Wien: Staatsarchiv 1971 (Katalog)
  • Österreicher und die Osmanen. Gemeinsame Ausstellung der Österreichischen Nationalbibliothek und des Österreichischen Staatsarchivs. Wien: Österreichische Nationalbibliothek 1983 (Katalog)
  • Karl Gutkas [Mitarb.]: Was von den Türken blieb. Perchtoldsdorf: Selbstverlag 1983 (Katalog Museum Perchtoldsdorf)
  • Gerd Frank: Die Herrscher der Osmanen. Aufstieg und Untergang eines Weltreiches. Wien: Econ 1980
  • Erste Türkenbelagerung
  • Zweite Türkenbelagerung
  • Zeitzeugnisse, https://www.wien.gv.at/kultur/archiv/geschichte/zeugnisse/sultanselim.html (23.08.2016)