Schottentor

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Die Schottentorkreuzung mit der Schottenpassage (1961)
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1276
Datum bis 1900
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung Schottenburgtor, Porta Scotorum, Zu den fünf Torheiten
Benannt nach Schottenstift
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner Ludwig van Beethoven, Karl Lichnowsky
PageID 13165
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 8.11.2021 durch WIEN1.lanmuswid
Bildname Schottentor.jpg
Bildunterschrift Die Schottentorkreuzung mit der Schottenpassage (1961)
  • 1., Schottengasse 2
  • 1., Helferstorferstraße 2
  • Nr.: 105 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 114 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 115 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)


Schottentor (1).

"Das alte Schottenthor von der Innenseite."
"Das alte Schottenthor von der Aussenseite."
"Das neuere Schottenthor von der Stadtseite vom Jahre 1716-1836."
"Das Schottenthor von der Vorstadtseite vom Jahre 1836-1861."
"Ansicht Wiens vor dem ehemaligen Schottenthor."

Altes Tor

Dieses turmbewehrte Tor, das als Teil der Ringmauer zwischen den heutigen Ecken Schottengasse 2 - Helferstorferstraße 2 beziehungsweise Schottengasse 3A - Mölkersteig stand, ist bereits 1276 (unter König Ottokar II. Přemysl) als "Porta Scotorum" nachweisbar. 1291 und 1316 trug es den Namen Schottenburgtor, später nur mehr Schottentor. Der über (Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien) beziehungsweise hinter (Paul Harrer: Wien, seine Häuser) dem Tor gelegene Turm wird 1418 erwähnt. Die Annahme, dass der Turm auf Fundamenten einer römischen Befestigungsanlage gestanden wäre, lässt sich nicht belegen. Als man im 16. Jahrhundert ganz in der Nähe Befestigungsbauten errichtete, wurde tief unter der Sohle des Stadtgrabens ein römischer Votivstein gefunden, den Kaiser Tiberius († 37 nach Christus) dem Gott Jupiter gewidmet hatte. Dieser Stein kam über eine archäologische Sammlung in die mediceischen Gärten in Rom.

Haus Stadt 105

Nachdem 1656 das neue Tor (siehe unten) errichtet worden war, wurden Tor und Turm 1716 in ein Wohnhaus umgebaut. Dabei wurde der Turm, der bis dahin zur Aufbewahrung des Schießpulvers gedient hatte, bis auf die Höhe der Basteimauer niedergerissen und auf dessen Fundament das Haus Stadt 105 errichtet, das eine Einheit mit dem Tor bildete. Die dadurch entstandene langgedehnte Durchfahrtshalle war rundbogig überwölbt und wird als schmal und finster beschrieben. Die äußere Seite des Tores schmückten drei Medusenköpfe und zwei Feuergranaten. Über dem Tor war ein kleines Türmchen aufgesetzt und eine Inschrift gab 1724 als Erbauungsjahr an. Der inneren Seite des Tores fehlte jeglicher Schmuck. Hier stand das dreistöckige Wohnhaus, das stadteinwärts eine Frontbreite von vier Fenstern, stadtauswärts im ersten Stock sogar sechs aufwies. Der Aufgang über eine enge Spindeltreppe befand sich unterhalb der Torhalle.

Stadtbefestigung: Schottentor, 1858

1717 wurde das Haus von der Stadt verkauft. Am 15. September 1801 kaufte es der Protomedicus Eduard Guldner von Lobes. Im Jahr 1808 wohnte hier Ludwig van Beethoven bei der Gräfin Erdödy. Johann Friedrich Reichardt schreibt in seinen Briefen aus den Jahren 1808/1809, dass er Beethoven einer großen, wüsten und einsamen Wohnung gefunden habe. In der Wohnung darüber wohnte Fürst Karl Lichnowsky, der zu den Förderern Beethovens zählte.

Als das Tor dem gestiegenen Verkehrsaufkommen im Weg stand, wurde es 1839 von der Witwe Guldeners erworben und abgebrochen.

Neues Tor

1656 wurde vor dem alten Schottentor ein neues (äußeres) Tor errichtet (zwischen den heutigen Hausfronten Schottengasse 4 und 5 gelegen). Vor dem Tor, das mehrfach restauriert wurde, befand sich eine hölzerne Brücke, die auf gemauerten Bogenpfeilern ruhte. Sie führte über den Stadtgraben zu einem Vorwerk, das Schottenravelin genannt wurde. Davor befand sich eine kürzere Brücke, der sich ein Weg anschloss, der durch mit Pallisaden gesichere Erdwerke aus der Stadt hinaus führte.

Belagerung 1683

Als die Osmanen 1683 Wien belagerten (siehe Zweite Türkenbelagerung], wurde das Tor verrammelt. Vom Ausfalltürlein, das sich daneben befand, wurden nächtliche Ausfälle gestartet. Am 2. August 1683 gelang es einem Trupp auf diese Weise, 60 Ochsen zu erbeuten. Sowohl beim Schottentor und als auch beim Stubentor kletterten immer wieder Frauen über die Pallisaden, um im osmanischen Lager Brot gegen Gemüse einzutauschen. Daraufhin wurde am 23. Juli 1683 das Übersteigen der Pallisaden verboten (Todesstrafe!). Nachdem die Osmanen ihre Stellungen fluchtartig verlassen hatte, soll der polnische König Jan III. Sobieski (siehe Johann Sobieski) am 13. September 1683 durch das bereits erwähnte Türlein die Stadt betreten haben, wobei er eine große, erbeutete Fahne, zwei Rossschweife und das Pferd Kara Mustaphas als Trophäen mit sich führte.

Neubau 1840

Nachdem das Haus Stadt 105 samt dem alten Tor 1839 abgerissen worden war, ersetzte man 1840 auch das neue Tor durch einen klassizistischen Neubau, dessen fünf Tordurchgänge (drei Durchfahrten und zwei Gehtore) sich jedoch als so unzweckmäßig erwiesen, dass das neue Tor bald den Spottnamen "Zu den fünf Torheiten" erhielt. Auch die hölzerne Brücke über den Stadtgraben wurde abgerissen und durch einen Damm ersetzt. Als man zwei Jahrzehnte später die Festungsmauer demolierte, wurde das Tor überflüssig und zwischen 18. März und 14. Juni 1862 demoliert. Nur ein Gehtor blieb noch bis 1900 erhalten, dann trug man die Reste gemeinsam mit vier Häusern der Mölker Bastei ab.

Ortsbezeichnung "Schottentor"

Die Bezeichnung Schottentor hat sich in der Alltagssprache bis heute erhalten, wurde jedoch örtlich auf die Kreuzung der Ringstraße mit der Schottengasse übertragen (auch Name der U2-Station).

siehe auch Schreyvogelgasse.

Quellen

Literatur

  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
  • Ferdinand Opll: Alte Grenzen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1986 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 4), S. 33 f.
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 329 f.
  • Theodor F. Meisels: Bummel durch Alt-Wien. 1936, S. 67 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 117 f.
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 1. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 2-6