Kaiserin-Elisabeth-Heim für Kriegswaisen, Lehrmädchen und jugendliche Arbeiterinnen

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Ausschnitt aus dem Vereinsakt des Dr.-Krüger-Heims (1932)
Daten zur Organisation
Art der Organisation Anstalt
Datum von 1897
Datum bis 1939
Benannt nach Dr. Samuel Krüger, Kaiserin Elisabeth
Prominente Personen
PageID 69330
GND
WikidataID
Objektbezug Jüdische Geschichte
Quelle
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Bildname WStLA_M_Abt_119_A32_5473_1923_166_ Dr. Krüger-Heim.jpg
Bildunterschrift Ausschnitt aus dem Vereinsakt des Dr.-Krüger-Heims (1932)
  • 2., Malzgasse 7
  • 2., Miesbachgasse 8
  • 2., Leopoldsgasse 13

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48° 13' 13.84" N, 16° 22' 34.13" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Kaiserin-Elisabeth-Heim für Kriegswaisen, Lehrmädchen und jugendliche Arbeiterinnen, später Dr.-Krüger-Heim, 2., Miesbachgasse 8, Malzgasse 7, Leopoldsgasse 13.

Vereinsgeschichte 1897 bis 1938

Der Leopoldstädter Frauen-Wohltätigkeitsverein 1897/1898

Der "Leopoldstädter Frauen-Wohltätigkeitsverein" wurde im Jahr 1897 von der als "Frau Kaiserlicher Rath" titulierten Dr. Bertha Kohn gegründet. Der Verein, zu dieser Zeit in der Stephaniestraße 2 beheimatet, hatte als Zweck die "materielle Aushilfe an unterstützungsbedürftige Witwen, Waisen und Wöchnerinnen, sowie aus der Schule entwachsene Mädchen behufs Ausbildung für gewerbliche Berufszweige“ (§ 2, Statut 1897). Anspruch auf Unterstützung hatten „in erster Linie jene Bewerberinnen (…), die im II. Bezirke Wien’s wohnen“ (§ 3), aber es konnte auch Ausnahmen für Bewerberinnen anderer Bezirke geben. Die finanziellen Mittel des Vereins setzen sich aus Mitgliedsbeiträgen, Schenkungen, „Vermächtnissen und allfälligen Veranstaltungen“ zusammen (§ 5). „Ordentliche Mitglieder“ waren dazu verpflichtet, einen Jahresbeitrag von 4 Gulden zu leisten“ (§ 6).

Der Leopoldstädter Frauen-Wohltätigkeitsverein – Mädchenhort 1897-1907

Am 23. April 1898 fand anlässlich des 50-jährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Joseph I. eine Festveranstaltung des „Leopoldstädter Frauen-Wohltätigkeitsvereins“ statt, bei der beschlossen wurde, einen „Mädchenhort“ zu gründen. In einem Brief an die „hohe K.u.K. Cabinet Kanzlei Seiner kaiserlichen und königlichen Apostolischen Majestät“ erläuterte Bertha Kohn die Gründe für diesen Beschluss: „Unter den bestehenden wohltätigen Institutionen unserer Monarchie kann man anhand der Statistik nachweisen, dass wohl für männliche Lehrlinge in der mannigfachsten Art vorgesorgt ist, dass jedoch für die weiblichen Lehrlinge / Lehrmädchen in keiner Weise gesorgt und auf deren Fortkommen kein Bedacht genommen wurde. Unter unsäglichen Entbehrungen und ungenügender Beaufsichtigung müssen diese armen jungen Geschöpfe ohne ihr Verschulden körperlich und moralisch zugrunde gehen (…).“ Es handle sich oft um komplett verarmte, verwaiste und von den Eltern verlassene Mädchen, die „zu fremden Menschen gegeben, aufsichtslos auf sich selbst angewiesen, zu verkümmern drohen“. In dem zu gründenden „Lehrmädchenhort“ würden sie unter Aufsicht einer „energischen Hausmutter“ und unter Kontrolle der „Vorstandsdamen“ unterrichtet werden, ein „weibliches Gewerbe lernen“ und Unterkunft und genügend Nahrung und Kleidung erhalten. Im Jahr 1907 wurde der „Leopoldstädter Frauen-Wohltätigkeitsverein“ zu Ehren der verstorbenen Kaiserin in „Kaiserin-Elisabeth-Lehrmädchen- und Arbeiterinnen-Heim“ unbenannt. Die Anzeige bei der Vereinsbehörde erfolgte durch Präsident Samuel Krüger und Lina Seihs (Schriftführerin), die behördliche Genehmigung erfolgte im Jänner 1908. Mit diesem Schritt hatte der reine Frauenwohltätigkeitsverein eine der wichtigsten Institutionen Wiens für Mädchen, welche die Pflichtschule absolviert hatten, begründet.

Der Verein Kaiserin-Elisabeth-Lehrmädchen- und Arbeiterinnen-Heim 1907-1923

Zweck des Vereins war die „Heranbildung mittelloser, der Schule entwachsener Mädchen zu gewerblichen und hauswirtschaftlichen Berufszweigen“ (§ 2, Statut 1907). „Der Verein übernimmt die Obsorge für die unentgeltliche Unterkunft, Pflege und Bekleidung und Erziehung der in der Heimstätte aufgenommenen Lehrmädchen für die Dauer der Lehrzeit“, aber auch „bereits ausgebildeter jugendlicher Arbeiterinnen“ (§ 3). Nun waren Geldmittel für den Verein auch durch Stiftungen möglich geworden, durch einen einmaligen Betrag von 1000 Kronen war entweder eine Körperschaft oder eine Privatperson Stifter des Vereins (§ 6). Im Jahr 1916 hatte der Verein „Kaiserin-Elisabeth-Lehrmädchen- und Arbeiterinnen-Heim“ 450 Mitglieder und 25 Mädchen in gemieteten Wohnungen in dem Haus Malzgasse 7 in Betreuung.

Der Verein Kaiserin-Elisabeth-Heim für Kriegswaisen, Lehrmädchen- und jugendliche Arbeiterinnen 1923-1928

Im Jahr 1923 wurde eine Namens- und Statutenänderung beschlossen. Der Verein nahm sich angesichts tausender, vor allem jüdischer Flüchtlinge als Folge des Ersten Weltkriegs den heimatlosen und entwurzelten jüdischen Mädchen an. 1928 änderte der Verein abermals seine Statuten. Anlässlich des 75. Geburtstages und 40-jährigen Dienstjubiläums von Samuel Krüger hieß der Verein ab nun nach ihm „Dr.-Krüger-Heim früher: Elisabeth-Heim für Kriegswaisen, Lehrmädchen- und Arbeiterinnen“.

Das Dr.-Krüger-Heim 1928-1938

Die wichtigste Neuerung mit dieser Statutenänderung war nun, dass auch kleinere Mädchen ab 6 Jahren, vor allem verlassene Kinder, aufgenommen wurden und bis zum 20. Lebensjahr bleiben durften, und zwar „insbesondere Waisen, gefährdete, mittellose oder sonst internatsbedürftige Mädchen“ (§ 2, Statut 1928).[1]

Das Dr.-Krüger-Heim als bedeutende soziale Institution

Der Betrieb eines Mädchenhortes des Vereins „Kaiserin-Elisabeth-Heim für Lehrmädchen und Arbeiterinnen“ begann mit der Anmietung einer Wohnung in der Rembrandtstraße und der Aufnahme von nur zehn Mädchen. Aus dem früheren Stadium des Vereins geht nicht hervor, ob nur Juden und Jüdinnen Vorstände und Funktionäre sein konnten und nur jüdische Mädchen Aufnahme fanden. Zuletzt 1938 bildete der Verein „Dr.-Krüger-Heim früher: Elisabeth-Heim“ aber um die 200 jüdische Mädchen aus und beherbergte 70 Mädchen im Internat. Großzügige Spenden jüdischer Stifter ermöglichten 1905 den Ankauf eines dreistöckigen Hauses mit Mansarde[2]in der Malzgasse 7 und 1916 des Nachbarhauses in der Miesbachgasse 8. Schule und Internat waren streng religiös und rituell, aber dennoch pädagogisch fortschrittlich geführte Institutionen, die jüdischen Mädchen, die es wegen ihrer schwierigen materiellen und familiären Lebenssituation brauchten, im Alter zwischen 6 und 18 Jahren unentgeltlich Heim und Ausbildungsplatz boten. Das Elisabeth-Heim für Lehrmädchen und Arbeiterinnen stellte sich während des Ersten Weltkriegs dem Roten Kreuz zur Verfügung, und die Mädchen beteiligten sich an der Pflege von verwundeten Soldaten und lernten dabei gleichzeitig den Beruf der Krankenpflege. [3] Ab 1916 wurden auch zahlreiche Kriegswaisen aufgenommen. Mädchen konnten sich in der dreijährigen "Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe", der zweijährigen "Fachschule für Kleidermachen und Wäschewarenerzeugung" und der zweijährigen Kindergärtnerinnen-Bildungsanstalt ausbilden lassen. Das Heim bot aber auch sportliche Betätigung, Koch-, Musik- und Gärtnereikurse an.[4]

Vereinsvorstand

  • Gründerin und Präsidentin 1897-1907: Bertha Krüger, geb. Kohn (*1857, † 1907)
  • Gründer und Präsident 1907-1933: Samuel Krüger (*1853, † 1933), Arzt, Obermedizinalrat, Kaiserlicher Rat, 1930 wohnhaft in Wien 2., Gredlerstraße 4.
  • Vizepräsidentin und Präsidentin 1933-1938: Hermine Krüger (*1883, † 24. März 1942), zweite Ehefrau von Samuel Krüger.
  • Vizepräsidenten und Vizepräsidentinnen 1928-1930: Hermine Krüger, Carl Altmann, Helene Stein, Gina Friedmann, ab 1932: Kommerzialrat Hermann Smetana.
  • Kassier: 1928: Joab Friedmann
  • Kassierstellverteterin: Sofie Alexandrowitz
  • Vizepräsidentinnen ab 1908: Alice Bruckner, Private, und Cäcilie Frankl, Getreidehändlersgattin, 1928: Gina Friedmann und Helene Stein.
  • Schriftführerin 1928 und 1930: Bella Ehrenreich
  • 1930 gab es ein Kuratorium, bestehend aus acht Personen und einen Vorstand bestehend aus 14 Frauen und zwei Männern. [5]

Das Dr.-Krüger-Heim während der Zeit des Nationalsozialismus 1938-1945

Schulbetrieb angesichts von Repressionen, Besetzung durch SS, kommissarische Leitung

Bald nach dem Anschluss, im März 1938 wurde das Dr.-Krüger-Heim im Haus Malzgasse 7 / Miesbachgasse 8 von der SS besetzt. Ein kommissarischer Leiter, Franz Hartl, wurde eingesetzt. ”[6] Das Dr.-Krüger-Heim hatte noch im Mai 1938 eine “zweijährige Fachschule für Kleidermachen und Wäschewaren-Erzeugung, dreijährige Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe” und eine “zweijährige Kindergärtnerinnen-Bildungsanstalt”.[7] Der Schulbetrieb wurde aufgrund eines Erlasses des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 20. Juni 1938 weitergewährt. Damit war im Dr.-Krüger-Heim zu dieser Zeit die einzige geduldete jüdische Schule. Die Berufsschulen des Dr.-Krüger-Heims waren weiteren vielfältigen Schikanen ausgesetzt. Mit Erlass des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 20. Juni 1938 durften nur mehr Juden als Lehrer und Aufsichtspersonen in jüdischen Schulen fungieren, dies stürzte das Dr.-Krüger-Heim in einen Personalnotstand. Die seit 15. September 1926 als Lehrerin und ab 15. Dezember als Leiterin der Frauenberufsschulen eingesetzte Maria Lohan musste zwangskündigen, eine jüdische Leiterin war nicht zu finden und die Israelitische Kultusgemeinde schrieb am 29. September 1938 an den Wiener Stadtschulrat, doch bitte “die Berufsausbildung jüdischer Mädchen” und die Vorbereitung ihrer Auswanderung durch Belassung Maria Lohans in ihrem Amt weiter zu gewähren.[8] Der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe wurde aber im Juli 1938 das Öffentlichkeitsrecht entzogen, da die Kochkurse nicht dem Lehrplan des NS-Schulunterrichts entsprachen.[9] Im September 1938 kam ein neuer Schritt der Fremdbestimmung hinzu: Drei Klassenzimmer der Schule Malzgasse 7 mussten für die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) freigemacht werden, 34 sudetendeutsche Flüchtlinge wurden einquartiert, weitere sollten folgen. [10] Laut einem Bericht der Israelitischen Kultusgemeinde vom 11. November 1938 war auch das Dr. Krüger-Heim von Ausschreitungen durch das Novemberpogrom am 10. November 1938 betroffen: Fenster wurden eingeschlagen, Leitungen zerstört und sonstige Sachschäden verübt.[11] Zunehmend machte sich die katastrophale finanzielle Lage des Heims aufgrund ausbleibender Mitgliedsbeiträge, Spenden und Subventionen bemerkbar. Die Leiterin des Heimes, Hermine Krüger, erhielt von der Gestapo im Dezember 1938 die Erlaubnis, nach Paris zu fahren, um Spenden zu sammeln.[12]

Auflösung des Vereins und Einweisung in die Israelitische Kultusgemeinde

Mit 29. September 1938 wurde das Dr.-Krüger-Heim als Verein per Bescheid des Stillhaltekommissars aufgelöst, aus dem Vereinsregister gelöscht und unter Aufhebung seiner Rechtspersönlichkeit unter Aufsicht der Israelitischen Kultusgemeinde in ein "Fürsorgeinstitut für jüdische Mädchen Dr.-Krüger-Heim“ eingewiesen. Dieses wurde 1939 vom Stillhaltekommissar aufgelöst und in die Israelitische Kultusgemeinde eingegliedert, die beiden Liegenschaften der Israelitischen Kultusgemeine für Zwecke eines Altersheims überschrieben.

Die „Gemeinnützige Fürsorgeinstitution für schulentlassene, verwaiste oder verlassene Mädchen „Dr.-Krüger-Heim Heimstätte für Lehrmädchen und jugendliche Arbeiterinnen“ 1939

Das Heim durfte sich im Mai 1939 noch „Gemeinnützige Fürsorgeinstitution für schulentlassene, verwaiste oder verlassene Mädchen Dr.-Krüger-Heim Heimstätte für Lehrmädchen und jugendliche Arbeiterinnen“ nennen. In dieser Zeit fand auch die Jugendalijah-Schule Aufnahme in den Räumen des Dr.-Krüger-Heims. Es war dies eine Organisation, die sich um die Umschulung und Vorbereitung jüdischer Jugendlicher auf ihre Auswanderung nach Palästina kümmerte. [13]. In dieser Phase suchten die Leitung und alle Verantwortlichen des Heims fieberhaft nach Auswanderungsmöglichkeiten und Berufsumschichtungskursen ihrer jungen Schützlinge.

Das Alters- und Siechenheim der Israelitischen Kultusgemeinde im ehemaligen Dr.-Krüger-Heim, Sammellager 1939-1942

Während noch jüdische Mädchen in dem Heim verblieben waren, musste die Israelitische Kultusgemeinde im Jänner 1940 auf Weisung der NS-Behörden in einem anderen Trakt des Gebäudes ein jüdisches "Siechenheim", bzw. “Altersheim - Zweigstelle im Krügerheim" für 300 Personen einrichten. Dazu waren nahezu unvorstellbare menschliche Opfer notwendig. Die Mädchen mussten in den Gebäudetrakt Miesbachgasse übersiedeln, damit im "Trakt Leopoldsgasse die Arbeiten für das Siechenheim" durchgeführt werden konnten.[14] Der Schulbetrieb wurde eingestellt, Schlafräume, Klassen und Jugendzimmer mussten im Schnellverfahren in Krankensäle umgebaut werden. Nach und nach verließen alle Mädchen das Heim und es mussten für sie andere Plätze gesucht werden. Die „Zweiganstalt“ der Altersheime der Israelitischen Kultusgemeinde im Krügerheim nahm bis Frühjahr 1940 nur "gesunde Pfleglinge" auf, erst ab Mitte April sollte eine Krankenabteilung mit einem Höchstbelag von 120 Personen eingerichtet werden. Mit Stand 1. Februar 1940 hatte dieses Heim 15 Männer und 66 Frauen in seiner Obhut. [15] Im November 1940 lebten 240 Männer und Frauen im Altersheim Malzgasse 7.[16] Im Dezember 1940 waren es 254 Personen.[17] Im März 1941 war das Alters- und Siechenheim bereits so überfüllt, dass zusätzliche Betten in den Speisesälen des ehemaligen Mädchenheims aufgestellt wurden, und so konnten 50 weitere alte Menschen aufgenommen werden.[18] Im Juni 1941 waren es 277 Pfleglinge. [19] Mit 31. Jänner 1942 hatte das Alters- und Siechenheim in der Malzgasse 318 Pfleglinge zu versorgen.[20] Auf Weisung der Zentralstelle für jüdische Auswanderung wurden die jüdischen Altersheime im Juni 1942 geräumt. Am 27. Juni 1942 erhielt die Israelitische Kultusgemeinde den mündlichen Befehl, das Altersheim in der Malzgasse 7 zu räumen und der "Lagerleitung" des "Abwanderungslagers" Malzgasse 16 zu übergeben. [21]. Die Pfleglinge des Alters- und Siechenheimes Malzgasse 7 wurden, "soweit sie nicht für die Abwanderung (= Deportation) bestimmt wurden", auf die anderen Altersheime verteilt.[22]. Die Räumung des Heims war neben den menschlichen Tragödien auch ein riesiges logistisches Unterfangen, das gesamte Inventar musste abtransportiert und in andere Altersheime eingestellt werden. Schriftliches, Akten und Krankengeschichten kamen in das Altersheim Seegasse 9.[23]

Das Sammellager im ehemaligen Dr.-Krüger-Heim 1942

In der Malzgasse 7 wurde ein Sammellager für Juden, die zur Deportation bestimmt waren, eingerichtet.

Das Altersheim des Ältestenrates der Juden in Wien im ehemaligen Dr.-Krüger-Heim 1943 bis 1945

Obwohl das Alters- und Siechenheim Malzgasse 7 im Jahr 1942 vollständig geräumt werden musste, hatte die Israelitische Kultusgemeinde dort im Mai 1943 erneut ein für die aus dem Altersheim Seegasse 9 ausgesiedelten Bewohner eine Bleibe einzurichten. Das Heim Seegasse übersiedelte am 21. Juni 1943 in die Malzgasse 7.[24] Das Altersheim in der Malzgasse 7 blieb bis 1945 an diesem Standort bestehen. [25]. Betreffend die Zusammensetzung der zu Pflegenden nach Religionsbekenntnis ist es auffallend, dass die „mosaischen“ und „römisch-katholischen“ Pfleglinge die Mehrheit ausmachten, es folgten die Evangelischen und zum Schluss die wenigen „Glaubenslosen“.[26] Im Jahr 1944 wurde mit Beginn der Judenverfolgung in Ungarn in der Malzgasse 7 zu dem Altersheim ein Notspital mit Ambulanz eingerichtet, um dem Ansturm ungarisch-jüdischer Familien und ZwangsarbeiterInnen medizinische Hilfe zu gewähren. Schwerst kranke, alte und behinderte Bewohner hatten in diesem Jahr zu allem Schrecken auch noch die Luftangriffe zu fürchten und mussten bei Fliegeralarm in den Luftschutzkeller getragen werden.[27]

Das Dr.-Krüger-Heim nach 1945

Rückkehrerheim der Israelitischen Kultusgemeinde 1945-1953

Im ehemaligen Dr.-Krüger-Heim wurde 1945 ein Rückkehrerheim für ältere jüdische Displaced Persons und Flüchtlinge eingerichtet. Viele von ihnen kamen aus dem Konzentrationslager Theresienstadt ohne jegliche Besitztümer, ihre Angehörigen waren geflüchtet, vertrieben oder ermordet. Im Wiener Stadt- und Landesarchiv liegt eine Kartei einiger dieser Personen, an die aus Mitteln der Stadt Wien Sachunterstützungen übergeben wurden.[28]

Eigentumsverhältnisse der Liegenschaft Malzgasse 7/ Miesbachgasse 8

Die Liegenschaft Malzgasse 7 (KG Leopoldstadt, EZ 1018 und 1072) kam mit Kaufvertrag vom 18. Oktober 1905 in das Eigentum des Vereins „Kaiserin-Elisabeth-Lehrmädchen- und Arbeiterinnen-Heim“. Die Liegenschaft Miesbachgasse 8 (KG Leopoldstadt, EZ 1072) kam mit Kaufvertrag vom 10. Februar 1916 in das Eigentum des selben Vereins. Am 10. Juni 1939 erhielt die Israelitische Kultusgemeinde durch einen Bescheid des Stillhaltekommissars das Eigentumsrecht an den Liegenschaften und behielt es bis 1953. Aufgrund eines Kaufvertrags vom 19., 26. Februar und 5. März 1953 erhielt die Stadt Wien die Liegenschaften um einen Kaufpreis von 510.000 Schilling. [29] Die Stadt Wien verpflichtete sich, das nur von zwei Mietparteien bewohnte und stark vernachlässigte alte Haus zu abzureißen, auf dem Grundstück ein Wohnhaus zu errichten und 12 Wohnungen "für jüdische Wohnungswerber zu reservieren"[30] 1956/57 wurde der Theodor-Herzl-Hof errichtet.

Erinnern

Zwei Gedenktafeln und ein Stein der Erinnerung - Mädchenschule und Sammellager erinnern an das "Dr. Krüger-Heim" und das Sammellager.

Quellen

Literatur

  • [ http://david.juden.at/2008/78/22_stelzer.htm Verena Stelzer: Das Elisabethheim - Eine Einrichtung der Jüdischen Waisenfürsorge zu Beginn des 20. Jahrhunderts]
  • Hugo Gold: Geschichte der Juden in Wien. Ein Gedenkbuch. Tel-Aviv: Publishing House Olamenu 1966, S. 121

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt 119, A 32: 5473/1923.
  2. Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien A/VIE/IKG/I-III/LG/Wien 2, Malzgasse 7/Faszikel 2.
  3. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt 119, A 32: 5473/1923.
  4. Anno und Anno.
  5. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt 119, A 32: 5473/1923.
  6. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W178,9: Brief Hermine Krüger an Amtsvorstand Engel vom 4. Mai 1939.
  7. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W178,9: Brief Hermine Krüger an Amtsvorstand Engel vom 4. Mai 1939.
  8. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP): A/W, 1573,1: Brief der Israelitischen Kultusgemeinde an den Stadtschulrat für Wien vom 29. August 1938.
  9. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 1573, 1: Brief des Stadtschulrates für Wien an die „Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe des Vereines Dr. Krüger-Heim” vom 20. Juli 1938.
  10. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP),A/W 270,2: Brief des Amtsvorstandes der Israelitischen Kultusgemeinde Emil Engel an den Stillhaltekommissar vom 21. September 1938.
  11. CAHJP, 2130,2.
  12. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 178, 2, Brief des Amtsvorstandes an Hermine Krüger vom 08. Dezember 1938.
  13. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 2955: Brief (Absender unbekannt) an den Polizeipräsidenten, Ausländeramt vom 6. Juli 1939.
  14. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 179: Referatsbogen der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Technisches Amt, 15. Februar 1940.
  15. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 727: Übersicht über den Stand der Pfleglinge in den Altersheimen der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, gezeichnet Birnstein.
  16. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 112: 45. Wochenbericht, zugleich 10. Monatsbericht der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, 5. November 1940.
  17. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 112: 45. Wochenbericht, zugleich 10. Monatsbericht der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, 17. Dezember 1940.
  18. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 1824, 2: Brief Emil Israel Tuchmann an die Gestapo, Leitstelle Wien vom 10. März 1941.
  19. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 114: 24. Wochenbericht der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, 17. Juni 1941.
  20. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 1827: Jahresbericht des Vertrauensarztes der Israelitischen Kultusgemeinde Emil Tuchmann an die Gestapo vom 31. Jänner 1942.
  21. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 274: Brief des Verwaltungsdirektors Max Birnstein an die Amtsdirektion der Israelitischen Kultusgemeinde vom 28.Juni 1942
  22. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 1824,3: Brief Emil Israel Tuchmann an die Gestapo Leitstelle Wien vom 7. Juli 1942.
  23. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 279: Brief des Verwaltungsdirektors Max Birnstein an die Amtsdirektion der Israelitischen Kultusgemeinde vom 12.Juli 1942.
  24. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), 1824,4: Brief Emil Israel Tuchmann an die GESTAPO, Leitstelle Wien vom 4. Juni 1943 und vom 3. Juli 1943.
  25. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 1824,6: Brief Emil Israel Tuchmann an die Gestapo, Leitstelle Wien vom 5. Februar 1945.
  26. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP), A/W 2475: Berichte des Verwaltungsdirektors der Altersheime 1. Februar 1944 bis 1. Jänner 1945.
  27. Central Archives for the History of the Jewish people (CAHP): A/W, 118: Berichte über die Tätigkeit des Ältestenrates der Juden in Wien im Jahre 1944.des Verwaltungsdirektors der Altersheime 1. Februar 1944 bis 1. Jänner 1945.
  28. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 208, A 13/ 3: Opferfürsorge: Kartei für gewährte Sachunterstützungen.
  29. Bezirksgericht Leopoldstadt, Grundbuch, KG Leopoldstadt, EZ 1018 und 1072.
  30. Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien A/VIE/IKG/I-III/LG/Wien 2, Malzgasse 7/Faszikel 2.