Zentralstelle für jüdische Auswanderung

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Wien 4, Palais Rothschild, 1939. Hauptfront quer über den Hof von rechts. Hakenkreuzfahne über dem Eingang. Beherbergte 1938-1943 die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“. / ÖNB, Bildarchiv, Inventarnummer 74.879B
Daten zur Organisation
Art der Organisation Behörde
Datum von 1938
Datum bis 1943
Benannt nach
Prominente Personen Alois Brunner (SS-Offizier), Anton Brunner, Anton Burger, Adolf Eichmann, Franz Novak
PageID 42361
GND
WikidataID
Objektbezug NS-Zeit
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Letzte Änderung am 7.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Bildname ÖNB-Bildarchiv 1951916.jpg
Bildunterschrift Wien 4, Palais Rothschild, 1939. Hauptfront quer über den Hof von rechts. Hakenkreuzfahne über dem Eingang. Beherbergte 1938-1943 die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“. / ÖNB, Bildarchiv, Inventarnummer 74.879B
  • 4., Prinz-Eugen-Straße 22

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48° 11' 39.14" N, 16° 22' 31.19" E  zur Karte im Wien Kulturgut

  1. Die Gründung der Zentralstelle für jüdische Auswanderung
  2. Die Arbeitsweise der Zentralstelle für jüdische Auswanderung
  3. Das Personal der Zentralstelle für jüdische Auswanderung
  4. Das Ende der Auswanderung und der Beginn der Deportationen
    1. Die Auflösung der Zentralstelle für jüdische Auswanderung
  5. Das Schicksal des Rothschildpalais
  6. Literatur
  7. Quellen
  8. Weblinks

Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung wurde per Erlass des Gauleiters Josef Bürckel am 20. August 1938 gegründet und hatte ihren Sitz im vormaligen Palais Albert Rothschild in der Prinz-Eugen-Straße 22 im vierten Wiener Gemeindebezirk. Sie war eine Einrichtung des Sicherheitsdienstes der SS und sollte dazu dienen, die durch den Terror der NSDAP forcierte jüdische Auswanderung zu beschleunigen, die Vertriebenen dabei aber möglichst effizient um große Teile ihres Hab und Guts zu bringen. Sie wurde bis zu ihrer Schließung im März 1943 zur wichtigsten Institution der systematischen Beraubung, Vertreibung und schließlich zur Deportation und Ermordung von bis zu 200.000 Jüdinnen und Juden aus Wien.

Die Gründung der Zentralstelle für jüdische Auswanderung

Durch die pogromartigen Übergriffe auf Juden in den ersten Wochen nach dem "Anschluss" 1938, die zahlreichen Selbstmorde, wilden Arisierungen, Berufsverbote und die aufgeheizte antisemitische Stimmung versuchten tausende Juden, in andere Länder zu flüchten. Die Auswanderungsabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde nahm die Anträge für Auswanderung entgegen, war aber durch den Ansturm sehr schnell personell und organisatorisch vollkommen überfordert. Zahlreiche Länder sperrten ihre Grenzen oder nahmen nur sehr wenige jüdische Flüchtlinge auf. Die Auswanderung war in vielen Fällen dadurch behindert worden, dass Menschen, die das Land verlassen wollten, dazu unzählige Ämter aufsuchen mussten. So benötigten sie auch Nachweise ihrer Einstufung gemäß der Nürnberger Rassegesetze. Hatten sie einen sogenannten Mischlingsstatus, mussten sie auch beim Gauamt für Sippenforschung der NSDAP Bescheinigungen einholen. Die Tatsache, dass an der Massenauswanderung kein Weg vorbei führte, veranlasste einige Mitarbeiter der Israelitischen Kultusgemeinde, einen Entwurf für eine zentrale Stelle zu erarbeiten, die alle mit der Emigration verbundenen, bürokratischen Aufgaben erledigen sollte.

Untrennbar damit verbunden ist die Funktion des Ideengebers, Organisators und langjährigen Leiters der Zentralstelle Adolf Eichmann. Eichmann leitete bereits ab 1935 in Berlin ein Referat II-112 des SD-Hauptamtes in Berlin mit dem Arbeitsgebiet „Juden“ und wurde im März 1938 für den Aufbau eines solchen Referates nach Wien beordert. Eichmann verfolgte das Ziel der möglichst schnellen und reibungslosen Vertreibung der Juden durch Auswanderung äußerst akribisch und vehement und zwang dadurch die Auswanderungsabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde, die zionistischen Organisationen und das Palästinaamt zu einer Art Kooperation. Am 2. Mai 1938 wurde die Israelitische Kultusgemeinde wieder eröffnet und auch die zionistischen Organisationen nahmen ihre Arbeit wieder auf. Sehr bald waren diese Organisationen reine Erfüllungsgehilfen für die rücksichtslose und brutale Verfolgung der Ziele Eichmanns, die aus Vertreibung und Vermögenszentzug bestanden. Vor allem um die für die Auswanderung nötigen Pass- und Visaformalitäten zu vereinfachen, wurde im August 1938 im arisierten Rothschildpalais, eine Besitzung des Louis Nathaniel Rothschild, die Zentralstelle für jüdische Auswanderung errichtet.

Die Arbeitsweise der Zentralstelle für jüdische Auswanderung

Ab dem Zeitpunkt der Errichtung der Zentralstelle mussten sämtliche Auswanderungsanträge von Juden über die Zentralstelle abgewickelt werden. Formaler Chef der Zentralstelle war in seiner Funktion als Inspekteur der Sicherheitspolizei und des SD der SS-Führer Franz Walter Stahlecker, später der Leiter der Staatspolizeistelle Wien und Chef der Wiener Gestapo Franz Josef Huber. Zum tatsächlichen Leiter der Zentralstelle wurde im August 1938 der damalige SS-Untersturmführer Adolf Eichmann ernannt. Die Zentralstelle und die in ihr angesiedelten Exposituren anderer Verwaltungsstellen sollten als "Behörden-Fließbandsystem" fungieren und die Dokumentenbeschaffung beschleunigen. Die Ausstellung etwa eines Passes sollte nur noch acht Tage, die eines polizeilichen Führungszeugnisses höchstens 48 Stunden dauern. Die Einrichtung der Zentralstelle sollte eine Vereinfachung dieser bürokratischen Abläufe bewirken. Immer noch mussten Antragsteller für eine Ausreise allerdings neben der Zentralstelle zuweilen eine Vielzahl anderer Ämter aufsuchen. Der ehemalige Mitarbeiter von Adolf Eichmann Franz Novak beschrieb in seinem Strafverfahren aus dem Jahr 1963 die Arbeitsweise der Zentralstelle. Vom Antragsformular bis zur Fertigstellung aller Dokumente spielte sich alles im Gebäude der Zentralstelle ab, für fast alle Papiere wurden hohe Gebühren eingehoben. Franz Novak arbeitete bei der Stelle "Dokumentenannahme". Laut seiner Aussage wurden alle Anträge in eine Tasche gegeben und am Schluss des Verfahrens konnte der Antragsteller die fertigen Dokumente von der Israelitischen Kultusgemeinde abholen. Die Angestellten der Kultusgemeinde hatten ihre Räumlichkeiten im Erdgeschoß.[1]

Im Wesentlichen diente die Einrichtung der Zentralstelle aber nicht der Erleichterung der Auswanderung für die Betroffenen. Vielmehr sollte sie es dem NS-Apparat erleichtern, seine jüdischen Opfer besser auszuplündern, indem man sämtliche Behörden unter einem gemeinsamen Dach versammelte und damit einen gigantischen Beraubungsvorgang effizient koordinieren konnte. Wesentliche Aufgaben innerhalb dieses Systems wurden zwangsweise der Israelitischen Kultusgemeinde und damit den jüdischen Opfern selbst übertragen.

Folgende Institutionen verfügten über Exposituren in der Zentralstelle für jüdische Auswanderung Wien:

  • Israelitische Kultusgemeinde
  • Aktion Gildemeester, Gildemeester-Auswanderungs-Hilfsorganisation
  • Palästina-Amt (zuständig für den Empfang und die Anleitung der Antragsteller)
  • Reichspost
  • Zentralamt für soziale Abgaben
  • Zentralmeldeamt für den Wohnungsnachweis
  • Polizei- und Justizbehörden (Kriminal-, Staats-, Devisen- und Wirtschaftspolizei, das Strafregister und die Staatsanwaltschaft sowie das Inspektorat für Prostitution, Mädchenhandel und Arbeitsscheue) zur Ausstellung des Führungszeugnisses
  • Wanderungsamt / Passamt Bräunerstraße (die in bestimmten Fällen für die Passausstellung zuständige Polizeistelle)
  • Finanzamt und das Zentraltax- und Gebührenbemessungsamt für die Steuerunbedenklichkeitsbescheinigung
  • Vermögensverkehrsstelle
  • unter der Bezeichnung der "Devisenstelle" das Dorotheum, das Marktamt, die Devisenstelle selbst, die Hausbeschau, eine Stelle für die Abgaben an die Deutsche Golddiskontbank (Dego), das Zolloberamt sowie das Bundesdenkmalamt
  • Bemessungskontrolle zur Nachbemessung der Vorschreibungen von Israelitischer Kultusgemeinde und Aktion Gildemeester
  • Umlagekasse
  • Passausgabe[2]


Folgende Dokumente mussten vorgelegt werden:

  • Steuerunbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes
  • Nachweis der Zahlung der Judenvermögensabgabe (JUVA)
  • Nachweis der Zahlung der Reichsfluchtsteuer
  • Nachweis der Zahlung der Passumlage
  • Nachweis der Zahlung der Sozialausgleichsabgabe
  • Polizeiliches Führungszeugnis
  • Umzugsgutgenehmigung für Möbel
  • Pässe
  • Visa
  • Einreisegenehmigungen der Aufnahmeländer
  • Nachweise über Bezahlung aller Steuern und Gebühren


Besonders die sogenannte Passumlage war, wenn sie nicht bezahlt werden konnte, ein Hinderungsgrund für die Auswanderung.

Die Zentralstelle begann, auf Konzepte des SD der SS aus den späten 1930er Jahren gestützt, jüdische Organisationen zur administrativen Kooperation heranzuziehen, um auf diese Art Personalkosten zu sparen und die Durchführung antijüdischer Maßnahmen und für den Prozess der Auswanderung elementaren Aktivitäten der jüdischen Gemeinde zu überantworten. Meist mündliche Weisungen ergingen von der Zentralstelle an die Kultusgemeinde, die viele der eigentlich in den Kompetenzbereich der Zentralstelle fallenden Aufgaben übernahm und so zum Werkzeug der Verfolger wurde. Die Zentralstelle fungierte als Aufsichtsbehörde der Israelischen Kultusgemeinde, die in Wochenberichten Auskunft über die Anzahl der Auswanderungsanträge und die Zahl der abgefertigten Auswanderer geben musste. Sowohl die Vermögensverkehrsstelle als auch die Devisenstelle waren dem Ansturm an Ausreisewilligen immer weniger gewachsen und gaben Ende 1939 Aufgaben an die Israelische Kultusgemeinde, was Einreichungen betreffend Umzugsgut, Devisen und Sperrkonten betraf, ab. Anträge, die an die Devisen- beziehungsweise die Vermögensverkehrsstelle gerichtet waren, wurden ab diesem Zeitpunkt also bei der Israelitischen Kultusgemeinde eingereicht, welche sie an die Zentralstelle beziehungsweise die Devisen- beziehungsweise Vermögensverkehrsstelle weiterleitete. Die NS-Behörden bearbeiteten diese dann und retournierten sie an die Israelitische Kultusgemeinde.

Das Personal der Zentralstelle für jüdische Auswanderung

Zu Eichmanns wichtigsten Mitarbeitern zählten Franz Novak, Alois Brunner, Anton Brunner und Karl Rahm, die später zu den maßgeblichen Organisatoren des Völkermordes an den europäischen Juden gehören sollten.

Weitere Mitarbeiter waren:

  • Ernst Brückler, * 1921 Wien, † für tot erklärt vom Amtsgericht Bremerhaven mit Datum 31. Dezember 1944, SS-Unterscharführer. Er fungierte in der Zentralstelle im Wachdienst und im Sammellager Kleine Sperlgasse 2a in der Aufnahmekanzlei und beteiligte sich an schwersten Misshandlungen und Folterungen.[3]
  • Alois Brunner (Brunner I), * 8. April 1912 Nádkút (heute Rohrbrunn bei Deutsch Kaltenbrunn, Burgenland), † 2001 oder 2009 oder 2010 Damaskus. Nachdem Adolf Eichmann im Sommer 1939 in Prag mit der Organisation der dortigen, nach Wiener Vorbild gestalteten Zentralstelle für jüdische Auswanderung beauftragt worden war, trat in Wien Alois Brunner an seine Stelle, übernahm aber erst im Jänner 1941 auch offiziell die Leitung der Wiener Zentralstelle. Zudem organisierte er als enger Mitarbeiter Adolf Eichmanns die Deportationen der Juden aus Griechenland, Frankreich, der Slowakei und Ungarn. Von 1942 bis 1943 arbeitete er in Berlin im sogenannten "Eichmann-Referat". Im Jahr 1947 wurde vom Volksgericht Wien ein Verfahren gegen Alois Brunner eingeleitet, aber 1960 endgültig eingestellt, nachdem Brunner ab 1947 unauffindbar war. [4]
  • Anton Brunner (Brunner II), * 8. August 1898 Bregena, † 24. Mai 1946 Wien. Er war als Mitarbeiter der Zentralstelle in den Sammellagern für die berüchtigte Kommissionierungen zuständig, und damit für die Entscheidung über Leben und Tod. Anton Brunner wurde am 10. Mai 1946 vom Volksgericht zum Tod verurteilt.[5]
  • Herbert Gerbing, * 20. Juni 1914 Mödling, † für tot erklärt vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit Datum 22. Mai 1952, SS-Oberscharführer. Er war im Sammellager Kleine Sperlgasse 2a in der Aufnahmekanzlei; dabei kam es zu schwersten Misshandlungen und Folterungen.[6]
  • Ernst Girzick, * 17. Oktober 1911 Wien, † 4. März 1977 Neumarkt am Walllersee, SS-Obersturmführer. Er fungierte in der Zentralstelle als Stellvertreter Alois Brunners, beteiligte sich im Sammellager Kleine Sperlgasse 2a an schwersten Misshandlungen und Folterungen.[7]
  • Franz Novak * 10. Jänner 1913 Wolfsberg, † 21. Oktober 1983 Langenzersdorf. Als enger Mitarbeiter Adolf Eichmanns war er zunächst in Wien in der Zentralstelle für jüdische Auswanderung tätig und koordinierte als SS-Hauptsturmführer die Transporte in die Vernichtungslager. Der aus 17 Archivschachteln bestehende Strafakt von Franz Novak befindet sich im Wiener Stadt- und Landesarchiv.[8]
  • Karl Rahm, * 2. April 1907 Klosterneuburg, † 30. April 1947 Litomerice. Als enger Mitarbeiter Adolf Eichmanns war er zunächst in Wien und Prag in der Zentralstelle für jüdische Auswanderung tätig und wurde 1944 letzter Kommandant des Ghettos Theresienstadt. Er wurde am 30. April 1947 in Tschechien zum Tode verurteilt und gehenkt.[9]
  • Alfred Slawik, * 20. Oktober 1913 Wien, † 11. Mai 1973 Wien, SS-Oberscharführer. Als enger Mitarbeiter Adolf Eichmanns war er in der "Zentralstelle“ im Wachdienst tätig, begleitete die Deportationen nach Nisko, war Nachfolger von Anton Zita als Kommandant des Umschulungslagers Sandhof, beteiligte sich an brutalen Aushebungen von Juden und an Misshandlungen im Sammellager Kleine Sperlgasse 2a.[10]
  • Franz Stuschka, * 3. Juli 1910 Liesing, † März 1986 Wien, SS-Führer 30. Als enger Mitarbeiter Adolf Eichmanns war er zunächst ab 1939 in Wien tätig und bald danach in Prag am Aufbau einer Zentralstelle für jüdische Auswanderung beteiligt.[11]
  • Josef Weiszl, * 3. März 1912 Felsöderna, † 1984. Er arbeitete in den Zentralstellen Wien und Prag, fungierte als Bewacher im Umschulungslager Doppl und zeigte sich im Sammellager Kleine Sperlgasse 2a äußerst brutal in der Aufnahmekanzlei, dabei kam es zu schwersten Misshandlungen und Folterungen.[12]
  • Anton Zita, * 1909 Göllersdorf, † Juni 1946 Gefängnis Prag-Pankrác. Er fungierte als Bewacher der Deportationen nach Nisko und im Umschulungslager Sandhof, er war Lagerkommandant im Sammellager Kleine Sperlgasse 2a, dabei kam es in der Aufnahmekanzlei zu schwersten Misshandlungen und Folterungen.[13]


Weitere Mitarbeiter der Zentralstelle waren Richard Hartenberger und Ferdinand Daurach.

Das Ende der Auswanderung und der Beginn der Deportationen

Die Möglichkeit der Auswanderung endete offiziell mit dem 23. Oktober 1941. Doch schon wenige Monate nach Kriegsbeginn 1939 erfolgten die ersten Deportationen aus Wien, wobei die Zentralstelle auch dabei eine wesentliche Rolle spielte und bereits im Oktober 1939 die ersten zwangsweisen Transporte aus Wien in den Osten abwickelte. Zwischen Februar 1941 und Oktober 1942 organisierte sie nunmehr unter der Leitung von Alois Brunner die Deportation der meisten noch in Wien verbliebenen jüdischen Frauen, Männer und Kinder. Zur Erfassung ihrer Opfer bediente sie sich abermals der Israelitischen Kultusgemeinde. Anton Brunner (oft als "Brunner II" bezeichnet, um ihn von Alois Brunner zu unterscheiden) leitete 1941 und 1942 die sogenannten "Kommissionierungen", das Zusammenpferchen der Opfer in Sammellagern und Sammelwohnungen, die der Deportation vorausgingen. Die Durchführung der Massendeportationen in Wien war so effizient, dass sie zum Vorbild für ähnliche Aktionen im gesamten restlichen NS-Herrschaftsbereich wurde. Die "Eichmannmänner" (Hans Safrian), die sich solchermaßen in Wien "bewährt" hatten, wurden nun in ganz Europa, von Saloniki über Paris bis Bratislava und Budapest eingesetzt. Überall dort ging nach bewährtem Muster der Deportation die Konzentration und Beraubung voraus. Zunächst wurden die zu Deportierenden noch schriftlich in Sammellager befohlen. Als die ersten Nachrichten über Massenerschießungen der Abtransportierten durchsickerten, leisteten viele der Einberufung keine Folge mehr und versuchten unterzutauchen. Die Zentralstelle ging daher dazu über, ihre Opfer durch sogenannte "Ausheber" in deren Wohnungen abholen und in die Sammellager bringen zu lassen, die unter der Aufsicht von SS-Männern der Zentralstelle standen. Am 6. Juni 1942 übersiedelte die "Zentralstelle" vom Rothschildpalais in die ehemalige jüdische Schule 2., Castellezgasse 35, die von März 1941 bis Oktober 1941 auch als Sammellager dienen musste.

Die Auflösung der Zentralstelle für jüdische Auswanderung

Im März 1943 wurde die Zentralstelle für jüdische Auswanderung geschlossen. Deren Aufgaben wurden der Gestapoleitstelle Wien übertragen.

Das Schicksal des Rothschildpalais

Das ehemalige Rothschildpalais und spätere Gebäude der Zentralstelle wurde während des Krieges beschädigt, nach 1945 wurde es demoliert und an seiner Stelle die heutige Arbeiterkammer errichtet.

Quellen

Literatur

  • Gabriele Anderl: Flucht und Vertreibung 1938-1945. In: Traude Horvath / Gerda Neyer [Hg.]: Auswanderungen aus Österreich. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 1996
  • Gabriele Anderl / Dirk Rupnow: Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung als Beraubungsinstitution. Wien / München: Oldenbourg 2004
  • Wolfgang Benz [Hg.]: Lexikon des Holocaust. München: C. H. Beck 2002
  • Dieter J. Hecht / Michaela Raggam-Blesch / Heidemarie Uhl [Hg.]: Letzte Orte. Die Wiener Sammellager und die Deportationen 1941/42. Wien / Berlin: Mandelbaum Verlag 2019
  • Thomas Mang: Die Unperson. Karl Ebner – Judenreferent der Gestapo in Wien. Eine Täterbiografie. Bozen: Edition Raetia 2013
  • Hans Safrian: Eichmann und seine Gehilfen. Frankfurt am Main: Fischer 1997

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Landesgericht für Strafsachen, A11: Vr 2729/1963, Band 1 und Band 13.
  2. Gabriele Anderl / Dirk Rupnow: Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung als Beraubungsinstitution. Wien / München: Oldenbourg 2004, S. 126-127.
  3. Dieter J. Hecht / Michaela Raggam-Blesch / Heidemarie Uhl [Hg.]: Letzte Orte. Die Wiener Sammellager und die Deportationen 1941/42. Wien / Berlin: Mandelbaum Verlag 2019, S. 142 f.
  4. Dieter J. Hecht / Michaela Raggam-Blesch / Heidemarie Uhl [Hg.]: Letzte Orte. Die Wiener Sammellager und die Deportationen 1941/42. Wien / Berlin: Mandelbaum Verlag 2019, S. 195 f., sowie Wiener Stadt- und Landesarchiv, Landesgericht für Strafsachen, A11: Vr 3388/1961.
  5. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Volksgericht Wien, A1: Vg 1g Vr 4547/1945.
  6. Dieter J. Hecht / Michaela Raggam-Blesch / Heidemarie Uhl [Hg.]: Letzte Orte. Die Wiener Sammellager und die Deportationen 1941/42. Wien / Berlin: Mandelbaum Verlag 2019, S. 143.
  7. Dieter J. Hecht / Michaela Raggam-Blesch / Heidemarie Uhl [Hg.]: Letzte Orte. Die Wiener Sammellager und die Deportationen 1941/42. Wien / Berlin: Mandelbaum Verlag 2019, S. 144 f., und Wiener Stadt- und Landesarchiv, Volksgericht, A1: Vg Vr 8881/1946.
  8. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Landesgericht für Strafsachen, A11: Vr 2729/1963.
  9. Wikipedia: Karl Rahm [Stand: 08.01.2020].
  10. Wikipedia: Alfred Slawik [Stand: 08.01.2020], und Dieter J. Hecht / Michaela Raggam-Blesch / Heidemarie Uhl [Hg.]: Letzte Orte. Die Wiener Sammellager und die Deportationen 1941/42. Wien / Berlin: Mandelbaum Verlag 2019, S. 145 f.
  11. Wikipedia: Franz Stuschka [Stand: 09.01.2020], und Wiener Stadt- und Landesarchiv, Volksgericht, A1: Vg 2a Vr 6995/1946.
  12. Dieter J. Hecht / Michaela Raggam-Blesch / Heidemarie Uhl [Hg.]: Letzte Orte. Die Wiener Sammellager und die Deportationen 1941/42. Wien / Berlin: Mandelbaum Verlag 2019, S. 146 f., und Wiener Stadt- und Landesarchiv, Volksgericht, A1: Vg 871/1955.
  13. Dieter J. Hecht / Michaela Raggam-Blesch / Heidemarie Uhl [Hg.]: Letzte Orte. Die Wiener Sammellager und die Deportationen 1941/42. Wien / Berlin: Mandelbaum Verlag 2019, S. 147 f.