E. P. Tal & Co. Verlag

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Wienbibliothek im Rathaus, Verzeichnis der Bücher von E. P. Tal & Co. Wien und Leipzig: E. P. Tal-Verlag [ca. 1921]
Daten zur Organisation
Art der Organisation Verlag
Datum von 1919
Datum bis 1939
Benannt nach Ernst Peter Tal
Prominente Personen
PageID 69237
GND
WikidataID Q2516656
Objektbezug Verlagsgeschichte
Quelle
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Bildname E.P.TalVerlag1921.jpg
Bildunterschrift Wienbibliothek im Rathaus, Verzeichnis der Bücher von E. P. Tal & Co. Wien und Leipzig: E. P. Tal-Verlag [ca. 1921]
  • 7., Lindengasse 4

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48° 12' 4.62" N, 16° 21' 14.95" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Wienbibliothek im Rathaus, Kleines Verzeichnis der Bücher aus dem Verlag E. P. Tal & Co. Herbst 1935. Wien und Leipzig: E. P. Tal-Verlag 1935

Im Jänner 1919 begründeten der Schriftsteller und ehemalige Verlagslektor Ernst Peter Tal und der Wiener Neustädter Gymnasiallehrer Hans Schlögel eine offene Handelsgesellschaft unter der Firma E. P. Tal & Co., die aber schon nach wenigen Monaten in eine Einzelfirma transferiert wurde. Tal richtete den Verlag am Standort Lindengasse 4 in Wien-Neubau ein. Sein Ziel war es, "einen großen Verlag für Werke der Dichtkunst und Belletristik" zu errichten. Bereits im April 1919 erschienen die ersten Werke, darunter Heinrich Lammaschs Buch "Woodrow Wilsons Friedensplan" und das von Alfred Hermann Fried herausgegebene Werk "Der Völkerbund. Ein Sammelbuch". Auch Ferdinand Kürnbergers "Briefe eines politischen Flüchtlings", Otto Weiningers "Taschenbuch und Briefe an einen Freund" sowie Moriz Rappaports "Sozialismus, Revolution und Judenfrage" gehören zu den ersten Publikationen des neuen Verlags.

Zur gleichen Zeit ging der junge Verleger mit dem Schweizer Schriftsteller und Mäzen Carl Seelig eine Vereinbarung über eine Kapitalbeteiligung Seeligs (als stiller Gesellschafter) am E. P. Tal & Co. Verlag ein. Der mit Seelig befreundete Stefan Zweig trat als "literarischer Berater" auf und machte auf aus seiner Sicht empfehlenswerte Autoren und Werke aufmerksam. Der Schweizer schloss auch in Zürich Verträge mit neuen Autoren ab, zahlte Honorare und griff in Tals Kompetenzen ein.

Die in den Jahren 1919 bis 1924 herausgegebene Belletristik stammte großteils von österreichischen Autorinnen und Autoren, wozu etwa ein utopischer Roman von Hans von Flesch-Brunningen, Hans Adlers Gedichtband "Affentheater", ein Band von Hermann Bahrs Tagebüchern, Novellen von von Oskar Maurus Fontana, zwei Werke von Felix Dörmann, ein Roman der jungen Maria Lazar ("Die Vergiftung"), Hugo Sonnenscheins "Die Legende vom weltverkommenen Sonka" (lithogr. Einband von A. Berger), Fritz Lampis Gedichte, Erich Singers Gedichtband "Heiterkeit", Viktor Fleischers Novelle "Der Sammler", aber auch Josef Weinhebers erste Buchveröffentlichung "Der einsame Mensch" zählten.

Carl Seelig gab im Verlag die von ihm entrierten "Zwölf Bücher" heraus, die Werke von Hermann Hesse, Romain Rolland, Stefan Zweig, Carl Hauptmann, Henri Barbusse und anderen umfassten. Viele Bände waren in Halb- oder Ganzlederbänden ausgeführt, weshalb die Preise mit den Material- und Herstellungskosten nicht mithalten konnten und mehrfach angehoben werden mussten.

Im Herbst 1921 begann der Verlag eine Viennensia-Reihe, die sich "Wiener Drucke" nannte. Unter der Leitung von Otto Erich Deutsch wurden Schriften insbesondere des alten Wien, befaßte herausgegeben. Zu den ersten Erscheinungen dieser Art zählte der "Alt-Wiener-Kalender für das Jahr 1922", herausgegeben von Alois Trost. Den Umschlag entwarf Rudolf Geyer, der auch den Buchschmuck für Raoul Auernheimers Buch "Das ältere Wien. Bilder und Schatten" besorgte. Weiters gab Egon Friedell eine kleine Nestroy-Ausgabe unter dem Titel "Das ist klassisch. Nestroy-Worte" heraus. Joseph Gregor publizierte "Wiener Szenische Kunst", Daniel Spitzer "Wiener Abstecher" wie auch Anton Kuh zu den Autoren des Tal-Verlages gehörte.

Eine andere Reihe nannte sich „Neue Musikbücher“ in Kooperation mit der Universal-Edition und Egon Wellesz als Fachberater. 1921 kamen die ersten Bände auf den Markt, darunter zu Arnold Schönberg, Franz Schreker, Richard Strauss und sein Werk (2 Bände), Briefe über den berühmten Komponisten Joseph Haydn von Stendhal usw. Zwei Jahre später erschienen etwa "Die Bildnisse von Gustav Mahler" von Alfred Roller, Natalie Bauer-Lechner: "Erinnerungen an Gustav Mahler" und Josef Matthias Hauers "Deutung des Melos. Eine Frage an den Künstler unserer Zeit".

Eine Reihe von freien Künstlern waren für Buchschmuck, Einband und Illustration der Tal-Verlagswerke verantwortlich. Neben dem schon erwähnten Rudolf Geyer sind hier Albert Berger, Oskar Laske, Karl Walser, Leo Frank, Stephan Slava oder Käthe Kollwitz zu nennen, wobei E. P. Tal & Co. von Buchillustration eher weniger Gebrauch machte als andere zeitgenössische Verlage.

In den ersten fünf Jahre der Verlagsgeschichte wurden jüngere österreichische Autorinnen und Autoren nach Maßgabe der finanziellen Mittel gefördert, Tal gelang es aber nicht, echte "Verlagsautoren" an sich zu binden. Möglicherweise wirkte sich die Geschäftsverbindung mit dem etwas konservativen Carl Seelig hier hemmend aus. Im Zeitraum 1919 bis 1938 publizierte der Verlag mehr als 200 Titel, was für österreichische Verhältnisse damals eine Position im oberen Mittelfeld bedeutete. Mehr als die Hälfte des Verlagsprogramms fällt in die Jahre bis 1924, während in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre kaum Neuerscheinungen zu verzeichnen sind. Erst 1928/1929 begann der Verlag wieder, neue Publikationen auf den Buchmarkt zu bringen, vor allem Übersetzungen, etwa im Rahmen der außerordentlich erfolgreichen Reihe der Rot-blauen Bücher. Dabei handelte es sich um preiswerte, aus dem Amerikanischen bzw. dem Englischen übersetzte und in Taschenformat hergestellte Kriminalromane. Zu den verlegten Autorinnen und Autoren zählten etwa Dorothy Sayers, Erle Stanley Gardner, Rex Stout, John Dickson Carr und Agatha Christie. Bis Mai 1939 umfasste diese Reihe 32 Bände.

Neben der Unterhaltungsliteratur verlegte E. P. Tal & Co. schon 1927 Somerset Maughams "Der Besessene", im folgenden Jahr "Der bunte Schleier". Auch Claude Anets "Männer, Frauen und Betrachtungen über die Liebe" sowie "Mayerling" und Franz Molnárs "Die Jungen der Paulusstraße" gehören zu den anspruchsvolleren Publikationen des Verlags. 1929 stellte er dem deutschen Lesepublikum Thornton Wilder vor; bis in die 1930er Jahre erschienen vier Werke des Autors. Auch das Werk "Der Erwerb" von Sinclair Lewis, einem der populärsten Autoren im deutschsprachigen Raum, wurde 1929 verlegt. Für Aufsehenl sorgte 1930 das Erscheinen von "Lady Chatterley und ihr Liebhaber" in der Übersetzung von Herbert E. Herlitschka. Um einer möglichen Beschlagnahme zu entgehen, war nur eine Subskription durch Bibliotheken und Wissenschaftler zugelassen. Bis 1933 konnten drei Auflage des Romans abgesetzt werden. 1931 kam bei Tal Claire Golls Roman "Ein Mensch ertrinkt" in einer Auflage von 3.300 Stück heraus. Etwa drei Jahre später wurde das Buch auf Antrag der Staatsanwaltschaft wegen "Pornographie" beschlagnahmt und Tal vor Gericht verurteilt. Solche Verfahren gegen belletristische Literatur in Österreich zwischen 1933 und 1938 hatten eher Seltenheitswert.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland 1933 stießen vermehrt deutsche Autorinnen und Autoren zum Verlag, darunter vor allem Max Brod, von dem "Die Frau, die nicht enttäuscht" (1934), "Heinrich Heine" (1934) und "Novellen aus Böhmen" (1936) erschienen. Tal verlegte in diesen Jahren auch Literatur von Otto Brod, Ludwig Bauer, Arnold Höllriegel, Arthur Rundt, Adrienne Hertha Thomas, Ferdinand Bruckner, Roda Roda, Raoul Auernheimer, Gina Kaus oder Alfred Neuman. Zehn der 17 genannten nach 1933 erschienenen Werke waren Koproduktionen mit dem Amsterdamer Exilverlag Allert de Lange. Seitens des Börsenvereins der deutschen Buchhändler zu Leipzig wurde der Verlag verdächtigt, "gegen Deutschland gerichtete hetzerische Literatur herausbringen“, weshalb keine Anzeigen von Tal mehr entgegengenommen wurden.

Nach dem "Anschluss" und der "Arisierung" der Firma bewarb der Verlag Josef Weinhebers Lyrikband "Der einsame Mensch" aus dem Jahr 1920, was einiges über den ideologisch motivierten Anstieg im Kurswert Weinhebers aussagt. Jüdische Autorinnen und Autoren wurden aus dem Verlagsprogramms entfernt.

Tal fungierte bis zu seinem plötzlichen Tod 1936 als alleiniger Inhaber und Geschäftsführer des Verlags. Danach übernahm seine Frau Lucy Tal die Leitung. Dieser gelang 1938 die Flucht vor dem Nationalsozialismus aus Österreich, während die Firma in weiterer Folge "arisiert" und von Alfred Ibach übernommen wurde. Am 10. Juni 1939 wurde der Name "E.P. Tal Verlag" aus dem Handelsregister gelöscht und durch "Alfred Ibach Verlag" ersetzt.

Quellen

  • Kleines Verzeichnis der Bücher aus dem Verlag E. P. Tal & Co. Herbst 1935. Leipzig/Wien: Tal 1935
  • Wiener Stadt- und Landesarchiv: Handelsgericht Wien, Registerakt A 39, 102, umgeschrieben nach HRA 4474

Literatur

  • Freya Schmiedt: Der E.P. Tal Verlag. Eine Edition der Korrespondenz E.P. Tal – Carl Seelig. Diplomarbeit, Univ. Wien 2002

Weblinks