Walter Nausch

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Daten zur Person
Personenname Nausch, Walter
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 15801
GND
Wikidata
Geburtsdatum 5. Februar 1907
Geburtsort Wien
Sterbedatum 11. Juli 1957
Sterbeort Obertraun, Oberösterreich
Beruf Fußballer, Sportfunktionär
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 7.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum 18. Juli 1957
Friedhof Ottakringer Friedhof
Grabstelle Gruppe 22, Reihe 2, Nummer 28
Ehrengrab ehrenhalber gewidmetes Grab

Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Bundeskapitän des Österreichischen Fußballbundes (09.1948 bis 11.1954)

Nausch Walter, * 5. Februar 1907 Wien, † 11. Juli 1957 Obertraun, Oberösterreich (Ottakringer Friedhof (Grab 22-2-28 [Grabwidmung ehrenhalber])), Fußballinternationaler, Sportfunktionär. Als Privatbeamter wurde er Mitglied der Vereine "Libertas", "WAC" beziehungsweise "Austria" und war 16 Jahre aktiv (zuletzt als Kapitän und Trainer); er gehörte auch dem legendären Wunderteam an. 1938 ging Nausch als Trainer in die Schweiz, kehrte jedoch 1948 zurück, um am Neuaufbau des österreichischen Fußballsports mitzuwirken (Bundeskapitän, Trainer der Nationalmannschaft bis 1955).

Verbandskapitän

In einer Rückschau auf seine Teamkarriere in den Nachkriegsjahren erinnerte sich Ernst Ocwirk an die obligatorischen Vorbereitungscamps am Kahlenberg und daran, wie die Spieler von Teamchef Walter Nausch für die jeweiligen Partien, wie es im Fußballerjargon heißt, "scharf gemacht" wurden. In seiner vornehmen Art hätte Nausch die Spieler aufgefordert, hinunterzuschauen auf die Wiener Stadt: "Für die Stadt da unten, für das Land, für die Menschen müsst ihr spielen. Ihr wisst, was das zu bedeuten hat". Und wie auch in diesen Erinnerungen fallen stets, wenn von Walter Nausch die Rede ist, Begriffe wie Fachkenntnis, persönliche Anständigkeit, lautere Gesinnung, Idealismus, vornehme Zurückhaltung und Noblesse. Er habe sein Lächeln niemals eingebüßt und sprühe wie immer vor Geist, schrieb ein Reporter einer Wiener Tageszeitung, als er ihn 1947 in Zürich unmittelbar vor seiner Rückkehr nach Österreich besuchte. Walter Nausch galt gemeinhin als "Sir" und als Ausnahmeerscheinung.

Spieler des Wunderteams und der Wiener Austria

Dies bezog sich zunächst einmal auf seine soziale Herkunft. Im Gegensatz zu allen anderen Größen des Wiener Fußballsports entstammte er nicht den "entern Gründ" der industrialisierten Arbeitervorstädte, sondern, gänzlich ungewöhnlich, der in unmittelbarer Citynähe gelegenen Josefstadt. Im Rathausviertel betrieb seine Mutter eine Greißlerei. Die ersten Grundkenntnisse in der Kunst des Fußballspiels erlernte Nausch im nahen Volksgarten, später auf den ausgedehnten Wiesen des Praters. Über den unterklassigen FC Josefstadt-Toskana und den FC Libertas kam der Bankbeamte zu den Amateuren, und ab 1926 zum WAC. Drei Jahre später kehrte er zur Austria zurück und prägte gemeinsam mit Matthias Sindelar den auf einem hohen technischen Niveau, auf Spielwitz und taktischer Raffinesse basierenden spezifischen Stil des Vereins. Er gehörte zur Stammformation des Wunderteams. 1933 und 1936 wurde er mit der Austria Mitropacupsieger.

Exil in der Schweiz

Wie Matthias Sindelar war Nausch zu einem Synonym für die von der Aura des liberalen jüdischen Großbürgertums umgebene Wiener Austria geworden – ein Verein, der seit März 1938 massiven Attacken seitens der neuen nationalsozialistischen Machthaber ausgesetzt war. Dennoch gedachte man sich der Popularität und Fachkompetenz einiger ihrer Spieler zu versichern. Die Übergangsregierung Seyß-Inquart, die bis zur endgültigen Eingliederung Österreichs in das Großdeutsche Reich ein nationalsozialistisches Herrschaftssystem auf katholischer Grundlage etablieren sollte, bot Walter Nausch eine hohe staatsoffizielle Sportfunktion an. Vom Amt des "Gautrainers" war die Rede und von der Leitung eines noch zu schaffenden Sportministeriums. Eine Bedingung allerdings war daran geknüpft. Er sollte sich von seiner jüdischen Frau, einer hervorragenden Hakoah-Schwimmerin, trennen. Nausch entschied sich für seine Ehe und im November 1938 für die Flucht in das Schweizer Exil.

In der Schweiz blieb Nausch dem Fußball erhalten und verbunden. Bei den Zürcher Young Fellows wirkte er als Spieler, Trainer und Clubsekretär. 1939 erhielt er Besuch von mittlerweile ihres Amtes enthobenen Austria-Funktionären, die ihm die mit Brillanten besetzte Ehrennadel des Vereines überreichten. Erstmals in direkten Kontakt mit dem österreichischen Fußball kam er wieder anlässlich eines Gastspiels der Austria- und Wackerjugend im Juli 1947 in Zürich, wo ihm ein gewisser Gerhard Hanappi als Ausnahmetalent sofort in die Augen fiel.

ÖFB-Bundeskapitän

Dr. Josef Gerö und Dr. Emanuel Schwarz konnten ihn schließlich zur Rückkehr nach Österreich und zur Annahme der Funktion eines ÖFB-Bundeskapitäns ab 1. September 1948 bewegen. Unter seiner Ägide feierte das Nationalteam eine Serie von Aufsehen erregenden Erfolgen, deren bedeutendster mit Sicherheit das Erreichen des dritten Platzes bei der WM 1954 darstellte. Allerdings war diese Weltmeisterschaft auch mit der denkwürdigen 1:6 Niederlage gegen Deutschland im Semifinale verbunden. Dieses Debakel wurde von der rechtsgerichteten Presse, allen voran der Blaue Montag, zum Anlass eines beispiellosen Kesseltreibens gegen den Verbandskapitän genommen. Walter Nausch demissionierte noch im Dezember 1954. Zweieinhalb Jahre darauf ist er im 51. Lebensjahr in der Sportschule Obertraun einem Herzinfarkt erlegen.

Literatur

  • Amtsblatt der Stadt Wien. Wien: Stadt Wien - Presse- und Informationsdienst, 12.02.1957, S. 4
  • Die Eleganz des runden Leders: Wiener Fußball 1920-1965. Informationsblatt zur Ausstellung im Wiener Stadt- und Landesarchiv. Wien: 2008, Text: Wolfgang Maderthaner, Wien (Eine Kooperation zwischen Wiener Stadt- und Landesarchiv und der Wienbibliothek im Rathaus)
  • Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung, Die Wiener Schule. Eine Geschichte des Wiener Fußballs in elf Porträts. Wien: 2008, S. 19-20

Weblinks