Gerhard Hanappi

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Daten zur Person
Personenname Hanappi, Gerhard
Abweichende Namensform
Titel Dipl.-Ing.
Geschlecht männlich
PageID 3034
GND 1187859397
Wikidata
Geburtsdatum 16. Februar 1929
Geburtsort Wien
Sterbedatum 23. August 1980
Sterbeort Wien
Beruf Fußballspieler, Architekt
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Recherche
Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof Hietzinger Friedhof
Grabstelle Gruppe 63, Reihe 3, Nummer 7
Ehrengrab ehrenhalber gewidmetes Grab
  • 13., Wolkersbergenstraße 1 (Sterbeadresse)
  • 13., Fasangartengasse 61 (Letzte Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (Verleihung: 1965)

  • Mitglied der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft (1948 bis 1964)

Gerhard Hanappi, * 16. Februar 1929 Wien, † 23. August 1980 Wien, Fußballspieler, Architekt.

Biografie

Gerhard Hanappi wuchs als Halbwaise bei der Schwester seiner früh verstorbenen Mutter auf, die ihm den Besuch der HTL in Mödling ermöglichte (Matura 1947). Im Anschluss begann er ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule Wien, das er 1957 mit dem Titel Diplom-Ingenieur abschloss. Danach arbeitete er in der Wiener Stadtplanung sowie in verschiedenen Architekturbüros. 1962 machte er sich selbständig.

Fußballkarriere

Bekannt wurde Hanappi aber in erster Linie als Fußballspieler. Er zählt in Österreichs Fußballgeschichte zusammen mit Matthias Sindelar und Ernst Ocwirk zu den bedeutendsten Spielern. Niemals in seiner aktiven Karriere wurde er ausgeschlossen. Hanappi absolvierte als Mitglied der österreichischen Nationalmannschaft in den Jahren 1948 bis 1964 93 Länderspiele (sein erstes als 17-jähriger). 55 Mal wurde er ohne Unterbrechung hintereinander ins Nationalteam berufen. Nach der Weltmeisterschaft 1954, bei der Österreich den dritten Platz belegte, wurde er in die FIFA-Auswahl der weltbesten Fußballspieler berufen. Auf Vereinsebene spielte er bis 1950 für den Wiener Verein "Wacker", im Anschluss bis 1965 für "Rapid Wien". Für diesen Fußballklub bestritt er 333 Meisterschaftsspiele, wurde sieben Mal österreichischer Meister und erzielte als Verteidiger, Mittelfeldspieler und Stürmer 119 Tore. Im Jahr 1951 wurde er mit Rapid Zentropacup-Sieger und in der Saison 1960/1961 auch österreichischer Cupsieger.

Doch wer ihn an seinen sportlichen Rekorden allein messen möchte, hat seinen Charakter und seine Persönlichkeit missverstanden. Gerhard Hanappi lebte auf seine Weise den Rapidgeist, und das bedeutete stets die Unterordnung der Ambition des Einzelnen unter das Gesamtinteresse, die Zurücknahme individueller Attitüde zugunsten eines gemeinsamen Wollens - und sei es selbst im Falle eines so großen Spielers, wie eben er einer war.

Identifikationsfigur und Sportheld

Den Wechsel von Wacker Wien zu Rapid vollzog Hanappi bewusst: Er ging zu einem Club, der der Liebling der Massen war, ein, wie die Presse schrieb, "Arbeiterclub im fürnehmen Gewand des Meisters". Den Wacker-Funktionären war der früh vollendete Bub in der unmittelbaren Nachkriegszeit beim Fetzenlaberl-Kick in den Straßen Meidlings aufgefallen. 1947 wurde Hanappi – neben Altmeister Willi Hahnemann, der seine letzte Saison bestritt – mit Wacker österreichischer Meister und Cupsieger. Wie kaum ein Zweiter eignete sich der überaus attraktive, wenn auch etwas klein gewachsene Blondschopf als Identifikationsfigur einer durch Faschismus und Kriegsereignisse zutiefst traumatisierten Gesellschaft. Stars wie Heinz Conrads oder Waltraut Haas suchten seine Nähe, er selbst wurde zum umjubelten Sporthelden. Doch Gerhard Hanappi blieb davon unbeeindruckt. Ihm war es um etwas anderes zu tun. Als Halbwaise wuchs er bei der Schwester seiner früh verstorbenen Mutter auf, die dem Arbeiterbuben den Besuch der HTL in Mödling ermöglichte. Er benutzte seine Einkünfte aus dem Fußball, um an der Technischen Universität Architektur zu studieren. Seinen sozialen Aufstieg vollzog er nicht nur im Bereich des Sports, vielmehr folgte er dem in der traditionellen Arbeiterbewegung so dominanten Bildungskonzept. Als er 1970 an die Spitze des Komitees "Sportler für Bruno Kreisky" trat, war dieser Schritt nur logisch und konsequent. In ihm hatte sich der alte sozialdemokratische Traum von der kulturellen wie sozialen Emanzipation in zweifacher Hinsicht erfüllt.

Architekt des Weststadions - "Sankt Hanappi"

Nach Ende seiner sportlichen Laufbahn zeichnete Hanappi in seinem Zivilberuf als Architekt für den Neubau des Weststadions verantwortlich. Er hatte zu diesem Zweck Studienreisen nach England unternommen. Wie die englischen Sportstätten konzipierte er dieses Stadion mit steilen Tribünen, die für eine entsprechend "dichte" Atmosphäre sorgen sollen. 1971 wurde mit dem Bau begonnen; der ursprüngliche Plan zur Errichtung eines Sportzentrums wurde bald verworfen. 1977 wurde der Bau mit dem Wiener Derby Rapid gegen Austria eingeweiht.

Wenn auch den Originalentwürfen gemäß nur unvollständig realisiert, ist das Weststadion zur unverwechselbaren und authentischen neuen Heimstätte des SK Rapid geworden. In den späten 1990er-Jahren erlebte es in einer fast ironisch anmutenden Wendung, als "Sankt Hanappi" eine begriffliche Neubestimmung, die den Intentionen seines Erbauers wohl entgegengelaufen wäre. Denn der späte, von einer unheilbaren Krankheit bereits schwer gezeichnete Gerhard Hanappi hatte begonnen, sich intensiv mit Schopenhauer auseinanderzusetzen und sah sich als bewussten und reflektierten Agnostiker.

Zudem hatte er sich mit einer neuen, vorgeblich notwendige Modernisierungsschritte setzenden Funktionärsgarde, der er schlicht Korruption und Verrat an Geist, Idealen und Philosophie des Clubs vorhielt, nachhaltig überworfen. Hanappi, neben Ernst Happel der vielleicht bedeutendste Rapidler der Vereinsgeschichte, wurde zur persona non grata.

Ein Ohrspeicheldrüsenkrebs - bereits in Kinderjahren grundgelegt und später immer wieder oberflächlich und nur unzureichend therapiert - begann, Hanappis Gesicht zu zerstören. Er hat dies, ganz seiner Charakterstruktur entsprechend, mit eiserner Disziplin und ohne einen Funken Selbstmitleids ertragen, seine Arbeit als Architekt umso mehr intensiviert. Gerhard Hanappi ist im August 1980 51-jährig verstorben. Nach seinem Tod wurde ihm zu Ehren das Weststadion in "Gerhard-Hanappi-Stadion" (1981) umbenannt. Seit 2015 trägt der Vorplatz der neuen Sportstätte ("Allianz-Stadion") den Namen des Fußballers.

Literatur

  • Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
  • Herbert O. Glattauer: Menschen hinter großen Namen. Berühmte Österreicher, die Sie kennen sollten. Salzburg: Winter 1977
  • Rathauskorrespondenz, 05.10.1981
  • Abseits: Österreichs Fußballerlegenden (3): Gerhard Hanappi [Stand: 16.09.2016]
  • Rapid: Gerhard Hanappi [Stand: 16.09.2016]
  • Austrian Soccer Board: Gerhard Hanappi [Stand: 16.09.2016]
  • Die Eleganz des runden Leders: Wiener Fußball 1920-1965. Informationsblatt zur Ausstellung im Wiener Stadt- und Landesarchiv. Wien: 2008, Text: Wolfgang Maderthaner, Wien (Eine Kooperation zwischen Wiener Stadt- und Landesarchiv und der Wienbibliothek im Rathaus)
  • Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung, Die Wiener Schule. Eine Geschichte des Wiener Fußballs in elf Porträts. Wien: 2008, S. 25-26

Weblinks