Emanuel Schwarz

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"I oba, Herr Doktor, werd' Ihna immer grüß'n!" Matthias Sindelar bewies Solidarität mit Emanuel Schwarz. Hier auf einer Aufnahme bei der WM 1934 in Neapel.
Daten zur Person
Personenname Schwarz, Emanuel
Abweichende Namensform
Titel Dr. med
Geschlecht männlich
PageID 45264
GND 1024400379
Wikidata Q22351101
Geburtsdatum 8. Oktober 1878
Geburtsort Wien
Sterbedatum 8. Juni 1968
Sterbeort Wien
Beruf Arzt, Fußballer
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle
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Letzte Änderung am 16.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof Hietzinger Friedhof
Grabstelle Gruppe 35, Nummer 8D
Ehrengrab ehrenhalber gewidmetes Grab
Bildname Sindelar Schwarz.jpg
Bildunterschrift "I oba, Herr Doktor, werd' Ihna immer grüß'n!" Matthias Sindelar bewies Solidarität mit Emanuel Schwarz. Hier auf einer Aufnahme bei der WM 1934 in Neapel.

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Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Emanuel "Michl" Schwarz, Fußballdoktor

"I oba, Herr Doktor, werd' Ihna immer grüß'n!" Mozl Sindelar reagierte auf seine Weise, als nach der nationalsozialistischen Machtübernahme der langjährige Austria-Präsident Michl Schwarz durch den neu installierten Vorstand kaltgestellt und mit Grußverbot belegt worden war. Der weltbeste Mittelstürmer erinnerte sich gut, war doch der "Fußballdoktor" sein maßgeblicher Förderer gewesen und hatte ihn 1925 zu einer Meniskusoperation gedrängt – ein zum damaligen Zeitpunkt hoch riskanter Eingriff, der jedoch die Karriere Sindelars letztlich retten sollte.

Präsident der Wiener Austria

Die Austria Wien, so eine Selbstdarstellung des Vereins, repräsentiere eine ganz eigene Marke, sei ebenso sehr ein Gesellschafts- wie ein Fußballklub, an dessen Spitze stets ein Doktor oder Professor stünde. Die Inkarnation dieses Prinzips war Emanuel Schwarz: brillanter Student bei den Größen der berühmten Wiener medizinischen Schule, Kurarzt, Weltkriegsoffizier, Vertrauensarzt der haute bourgeoisie der Stadt. Fußballspieler pflegte er kostenlos zu behandeln. Dafür, so meinte er, würden ja "die Rothschilds und die Starhembergs" zahlen. Wie sich der seit 1931 auch formal an die Spitze der Austria getretene Medizinalrat überhaupt durch einen soliden patriarchalischen Umgang mit "seinen" Spielern auszeichnete. Für Walter Nausch beispielsweise besorgte er sonntäglich und höchstpersönlich dessen Leibgericht Kalbsbries, was nahe liegende Assoziationen mit dem so urwienerischen Begriff des "Brieskickers" förmlich aufdrängte.

"Verbot jüdischer Tätigkeit im Sport"

Zwei Mitropacupsiege (1933 und 1936) waren die Glanzpunkte einer Präsidentschaftsära, die 1938 jäh zu ihrem Ende kam. Der Ex-Austriaspieler, "Illegale" und SA-Sturmbannführer Hermann Haldenwang sollte den Verein als "Ostmark" neu organisieren, ein Gutteil des alten Vorstandes war vom Verbot "jüdischer Tätigkeit im Sport" betroffen. Das Bildnis Schwarz' im Sekretariat hatte unverzüglich durch ein Führerporträt ersetzt zu werden, und Klubsekretär Egon Ulbrich – der auch die Umbenennung der Austria erfolgreich bekämpfte – setzte eine Großtat von geradezu Schwejk'scher Dimension: Er drehte das Bildnis einfach um und applizierte auf dessen Rückseite ein Hitlerbild, wo es in genau dieser Form bis Kriegsende verblieb.

Emigration nach Italien und Frankreich

Schwarz selbst traf, mittlerweile 60-jährig, die nötigen Vorbereitungen. Er meldete sich aus seiner Wohnung in der Wollzeile ab und begab sich Ende Mai 1939 mit Unterstützung des italienischen Verbandspräsidenten Avvocato Giovanni Mauro nach Bologna. Im Juni 1940 wurde dann "Emanuel Israel Schwarz, Krankenbehandler, mosaisch, unbekannten Aufenthalts" aus alleinigem Verschulden geschieden. Er hatte damit seiner (katholischen) Frau Leopoldine die Wohnung erhalten und seinen Sohn Franz zu schützen versucht. Dieser verdingte sich zunächst als Pflasterer und Korbflechter, musste in der Folge untertauchen und konnte den Faschismus nur als "U-Boot" überleben.

Mit der unter Lebensgefahr geleisteten Hilfe seiner Frau und einer Bürgschaft des FIFA-Präsidenten Jules Rimet gelangte Schwarz nach Paris, später nach Grenoble und in das westfranzösische Angoulème. Er schlug sich als Sportmasseur durch und hielt Verbindung zu seiner Familie, über Kanäle, die nicht zuletzt über Spieler wie "Bimbo" Binder liefen, der an der Westfront im Einsatz war und gelegentlich nach Wien abgestellt wurde. Schließlich wurde Schwarz aufgegriffen und in eines der zahlreichen Internierungslager an der Kanalküste verbracht. Hier geschah das Unfassliche: Der Lagerkommandant setzte ihn über ein nächtlich unversperrtes Tor in Kenntnis. Der Doktor ergriff die Chance, schlug sich zu Fuß nach Paris durch und nahm dort Kontakt mit alten Bekannten wie dem Ex-Hakoahspieler Fritz Donnenfeld – Barbesitzer und unter den Decknamen "Donny" und "Marquis" für die Resistance tätig – auf. Am 6. Dezember 1945 feierte Österreich mit einem 4:1 Erfolg gegen Frankreich den Wiedereintritt in das internationale Sportgeschehen.

Nach dem Krieg wieder Präsident der Wiener Austria

Mit dem französischen Team kam auch Michl Schwarz nach Österreich. Er, der um sein persönliches Schicksal niemals viel Aufhebens gemacht hat, übernahm wie selbstverständlich für ein Jahrzehnt wieder das Präsidentenamt bei der Austria, das ihm seit 1938, wenn auch notwendigerweise inoffiziell, reserviert worden war.

Am 2. Mai 1951 erfolgte die Wiederverheiratung mit seiner Frau Poldi. Am 21. Jänner 1964 wurde Emanuel Schwarz, Obermedizinalrat, mit dem goldenen Ehrenzeichen der Republik Österreich ausgezeichnet.

Quelle

Literatur

  • Die Eleganz des runden Leders: Wiener Fußball 1920-1965. Informationsblatt zur Ausstellung im Wiener Stadt- und Landesarchiv. Wien: 2008, Text: Wolfgang Maderthaner, Wien (Eine Kooperation zwischen Wiener Stadt- und Landesarchiv und der Wienbibliothek im Rathaus)
  • Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung, Die Wiener Schule. Eine Geschichte des Wiener Fußballs in elf Porträts. Wien: 2008, S. 29-30

Weblinks