Unterkammeramt

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Art des Begriffs Begriffsklärung
Andere BezeichnungAndere Bezeichnung für diesen Eintrag Stadtbauamt
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Nachweisbar von 1459
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Letzte Änderung am 27.04.2022 durch WIEN1.lanm08tau

Das Unterkammeramt wurde 1485 als eigenständiges Amt für die Ausführung technischer Angelegenheiten der Stadt Wien eingerichtet. Es entwickelte sich aus dem Oberkammeramt, das die wirtschaftlichen und finanziellen Amtsgeschäfte führte, und war für die praktische Umsetzung vieler wichtiger Agenden zuständig. Dazu gehörte die Instandhaltung der Straßen und der Kanalisation, die Verwaltung und Erhaltung der städtischen Gebäude und der Märkte sowie das Feuerlöschwesen. Eine zentrale Rolle spielte das Unterkammeramt zudem in seiner Funktion als städtische Baubehörde.

Baubehörde

Wer im städtischen Jurisdiktionsbereich ein Gebäude errichten oder verändern wollte, musste beim Stadtrat um Genehmigung ansuchen. Die Zuständigkeit hierfür lag erst beim Oberkämmerer, später beim Unterkämmerer selbst. Als städtische Baubehörde beziehungsweise Baupolizei war das Unterkammeramt für die Ausstellung von Baukonsensen verantwortlich, also die behördliche Genehmigung für die Errichtung oder Veränderung von Bauwerken.

Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens gab es einen Augenschein vor Ort, bei dem Beamte, der Bauwerber, Werkleute und etwaige betroffene Nachbarn anwesend waren, um das Bauvorhaben zu besprechen. Besonderes Augenmerk lag auf der Feuersicherheit des Gebäudes. Der Stadtrat entschied aufgrund des Berichts dieser Kommission.

Sicherheit und Sauberkeit

Bis zur Magistratsreform von 1783 war der Stadtunterkämmerer lediglich der Vorsteher des Unterkammeramtes. Beschlüsse wurden nach Vortrag des Oberkämmerers im städtischen Rat gefasst. Der Aufgabenbereich des Unterkammeramts wird mit den Schlagworten Sicherheit und Sauberkeit umschrieben[1]. Dies bezieht sich einerseits auf die Standfestigkeit und Feuersicherheit von Gebäuden, die durch die Bau- und Feuerordnungen abgedeckt werden sollten, andererseits auf die Aufsicht über die Straßenreinigung, die Kanalisation sowie die städtischen Wasserleitungen.

Stadtwachstum im 19. Jahrhundert

Durch das rasche Wachstum der Stadt Wien im 19. Jahrhundert wuchs auch die Arbeit des Unterkammeramts enorm an. Zusätzliches Personal war erforderlich, um die bisherigen Aufgaben zu bewältigen, daneben kam aber auch eine Reihe neuer Aufgaben auf die Behörde zu. So ist bereits 1797 der Bauübergeher als technischer Unterbeamter fassbar, der Schäden an städtischen Bauwerken prüfte. Wenige Jahre später richtete man den Posten des Brunnenpoliers ein, dessen Aufgabe es war, die städtischen Brunnenbecken mit Wasser gefüllt zu halten.

Die Einflussmöglichkeiten der Stadt Wien auf die städteplanerische Entwicklung waren gering. Lenkungsmöglichkeiten boten sich der Stadt durch die Etablierung von Baulinienplänen mit der Bauordnung von 1829. Die Errichtung von Gebäuden oder ganzen Häuserzeilen lag meist in privater Hand. Durch den Wunsch nach maximaler Verzinsung des eingesetzten Kapitals entstand daher ein eigener Zinshaustyp, dessen Layout dem Architekten Josef Kornhäusel (1782 bis 1860) zugeschrieben wird. Das bisher übliche Bürgerhaus als städtisches Familienwohnhaus gehörte damit als Häusertypus endgültig der Vergangenheit an.

Bauordnungen

Wie komplex das Aufgabengebiet des Unterkammeramts war, zeigt etwa die Geschichte der Wiener Bauordnungen. Schon die erste Bauordnung Wiens von 1829 hatte eine siebenjährige Entstehungszeit hinter sich, musste sie doch die bestehenden Vorschriften zusammenfassen und Einwände der begutachtenden Stellen (Unterkammeramt, Baudepartement, Fortifikations-Distriktsdirektion) berücksichtigen. Auch die Tatsache, dass die Grundherrschaften neben dem Magistrat ebenfalls zur Erteilung von Baukonsensen ermächtigt waren, erleichterte die Aufgabe nicht. Zirkulare wie etwa eines aus 1770, das unter anderem eine regelmäßige Bauart zur Verschönerung der Stadt forderten, waren ebenfalls noch gültig.[2]

Es verwundert daher nicht, dass die Wiener Bauordnung seit ihrer Entstehung noch etliche Reformen erfuhr. Ihnen zugrunde lag und liegt das Bestreben, das Baubewilligungsverfahren möglichst klar und einfach zu gestalten, ohne dabei Regeln zu verletzten oder Rechte zu beschneiden.

Prägende Personen des Unterkammeramts

Im frühen 19. Jahrhundert hat Stadtbauinspektor Anton Behsel eine Fülle an bedeutenden Planaufnahmen zu Wiens Innerer Stadt und den Vorstädten geschaffen. Neben ausgezeichneten Planzeichnungen hat er mit dem „Verzeichnis(es) aller in der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien mit ihren Vorstädten befindlichen Häuser" einen wichtigen Häuserkataster geschaffen[3].

Durch ein Hofkanzleidekret von 3. Jänner 1835 wurde das Unterkammeramt aus dem politisch-ökonomischen Senat ausgegliedert und ein reines Bauamt. Nur zwei Jahre später kam die Beleuchtungsaufsicht als Aufgabe hinzu, eine sehr wichtige Aufgabe, kam doch der Öffentlichen Beleuchtung ein hoher Stellenwert zu.

Mit der Bestellung von Cajetan Josef Schiefer zum Stadtunterkämmerer und Leiter des technischen Amtes der Stadt Wien überging man Anton Behsel. Schiefer begann mit einer Reihe von organisatorischen Änderungen und gilt als der eigentliche Begründer des Wiener Stadtbauamts. Ab 1849 führte das Unterkammeramt offiziell die Bezeichnung 'Stadtbauamt' (Gemeinderatsbeschluss vom 9. Oktober 1849), die Bezeichnung "Unterkämmerer" wurde durch den "Baudirektor", ab 1854 „Stadtbaudirektor“, abgelöst.

Unterkammeramtsgebäude

Über Jahrhunderte war das Unterkammeramt am selben Ort untergebracht, nämlich an der Adresse Wien 1, Am Hof 9. Hier befand sich der vom Unterkammeramt betreute Wasserstadel, der die Löschgeräte der Feuerwehr sowie Wasserspeicher zum Feuerlöschen beherbergte. Um 1700 wurde an dieser Stelle ein städtisches Unterkammeramtsgebäude im barocken Stil errichtet.

Hier wurden nicht nur der Unterkämmerer und seine Mitarbeiter untergebracht, sondern auch die erste ständige Feuerwache Wiens. Durch die Erhöhung des Personalstands sowohl des Unterkammeramts als auch der Feuerwehr reichten die Räumlichkeiten bald nicht mehr aus. Im Jahr 1884 übersiedelte das Unterkammeramt daher in das neu errichtete Neue Rathaus.

Historische Bedeutung des Unterkammeramts

Die Entwicklung des Unterkammeramts lässt sich aufgrund der noch vorhandenen Unterlagen gut nachvollziehen und bietet eine reiche Quelle für behördengeschichtliche Forschungen. Unter den Aktengattungen sind die Baukonsense von enormer historischer Bedeutung. Sie sind eine wichtige Quelle für die Erforschung von Häusergeschichten, insbesondere für viele der bereits abgebrochenen Wiener Bürgerhäuser.

Quellen

Literatur

  • Josef Pauser: Verfassung und Verwaltung der Stadt Wien, in: Karl Vocelka - Anita Traninger [Hg.]: Die frühneuzeitliche Residenz (16. bis 18. Jahrhundert) (Peter Csendes - Ferdinand Opll [Hg.]: Wien. Geschichte einer Stadt. Band 2), Wien/Köln/Weimar: 2003, S. 65 f.
  • Heinrich Berg: Die Baukonsensakten des Unterkammeramtes. Dokumente des Wiener Baugeschehens vom 17. bis zum 19. Jahrhundert. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 45/2 (1990), S. 113 f.
  • Geert Kahl: Anton Behsel. Der Wiener Stadtbau-Inspektor und sein Werk. Wien: 1987 (Prüfungsarbeit am Institut für Österreichische Geschichtsforschung)
  • Peter Csendes [Hg.], Die Rechtsquellen der Stadt Wien, Wien - Köln - Graz: Böhlau 1986
  • Elfriede Sheriff: Die Ämter der Stadt Wien von 1783-1848 in verwaltungsgeschichtlicher und personeller Hinsicht. Diss. Univ. Wien. Wien 1977, S. 29-40
  • Otto Brunner, Die Finanzen der Stadt Wien von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert, Wien 1929
  • Kajetan Josef Schiefer, Denkschrift über den Organismus und den Personalstand des Wiener Stadtbauamtes, Wien 1860

Einzelnachweise

  1. Geert Kahl: Anton Behsel. Der Wiener Stadtbau-Inspektor und sein Werk. Wien: 1987 (Prüfungsarbeit am Institut für Österreichische Geschichtsforschung), Seite 8
  2. Geert Kahl: Anton Behsel. Der Wiener Stadtbau-Inspektor und sein Werk. Wien: 1987 (Prüfungsarbeit am Institut für Österreichische Geschichtsforschung), Seite 15
  3. Anton Behsel: Verzeichniß aller in der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien mit ihren Vorstädten befindlichen Häuser. Wien: Gerold, 1829, siehe auch Häuserkataster