Unterkämmerer

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Aufgaben des Unterkämmerers in der Stadtordnung 1526
Daten zum Begriff
Art des Begriffs Berufsbezeichnung
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Nachweisbar von
Nachweisbar bis
Objektbezug Mittelalter, Frühe Neuzeit, Architektur
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 26.06.2023 durch WIEN1.lanm08tau
Bildname unterkämmerer1526.jpg
Bildunterschrift Aufgaben des Unterkämmerers in der Stadtordnung 1526


Das städtische Bauwesen war im gesamten Mittelalter bis hinauf ins 14. Jahrhundert noch nicht organisiert. Sowohl der Kämmerer als auch der Bürgermeister sowie die Einnehmer der Roßmaut konnten Ausgaben für Bauten verrechnen. Der Kämmerer hatte die städtischen Finanzen inne und im Laufe der Zeit auch immer mehr die Aufsicht über das Bauwesen. Das Amt des Kämmerers wurde wegen der Fülle an Aufgaben im 15. Jahrhundert geteilt. Es gab nunmehr einen ersten und einen zweiten Kämmerer. Der Titel Unterkämmerer ist für das Jahr 1459 erstmals belegt. Rechnungen aus 1476 zeigen, dass seine Tätigkeit auf dem Gebiet des Bauwesens lag.[1]

Als Hilfsorgan stand dem Kämmerer der Hüttenknecht, ab 1452 auch Stadtknecht genannt, zur Seite. Er führte die Lohnzahlung durch, war beim Ankauf von Baumaterial involviert und hatte auch die Aufsicht über die Vorräte an Baumaterial. Die technische Leitung von Bauvorhaben wurde von den Steinmetzen, Maurern und Zimmerleuten selbst übernommen.

Etablierung als eigenständiges Amt

Im Jahr 1485 wurde die Finanzverwaltung neu geordnet. Es kam zu einer Funktionsteilung des Kammeramts in ein Ober- und ein Unterkammeramt) als eigenständige Ämter. Der Unterkämmerer legte seine Rechnungen nun direkt dem Rat. Für dieses Jahr ist auch ein Jörg Preuer als "Kämmerer und Baumeister" belegt.

Der Unterkämmerer war bis 1525 Mitglied des Genanntenkollegs, ab 1526 des Äußeren Rats. Er bestritt aus den ihm vom Oberkammeramt angewiesenen Beträgen die Ausgaben für das Bauwesen, den Feuerschutz und sonstige technische Belange, die Verbuchung geschah in der jährlich angelegten Unterkammeramtsrechnung. Rechnungen des Unterkämmerers von 1500 und 1501 sind in Rechnungsbüchern des Oberkammeramts enthalten. Die Ausgaben betrafen vor allem das Bauwesen für die Befestigungen, für Fuhren, für Häuser und Markteinrichtungen, aber auch für Gefangene.

Der Unterkämmerer in der Stadtordnung von 1526

Die Stadtordnung 1526 nennt die Aufnahme der städtischen Bauhandwerker als wichtigste Funktion. Der entsprechende Abschnitt lautet: Unndterstatkamerer. Und nachdem in unnserer stat Wienn ain unnderstatcamrer bisher gehallten, der die arbaitter aufzunemen und annder sachen zu verrichten hat, derselb sol auch bey solhen hanndlungen, die er bisher verwallten, bleiben, und bey kainer hanndlung sein, die wider unnser furstlich oberkait und gesetzt regierung were; wo er solichs erinnert, unns oder derselben unnser gesetzten regierung alltzeit verkhonnden, poß, auffruerig personen, so sich zu auffruer in der stat schikhen, ainem burgermaister und rat anzaigen, und was ime sonnst zu ausrichtung seines ambts bevolhen wirdet, trewlichen hanndlen und ausrichten, und derselb unnderstatkamrer solle von der gemainen burgerschafft genomen werden.[2]

Weiterentwicklung nach der Magistratsreform 1783

Nach der Magistratsreform 1783 wurde durch ein Regierungsdekret von Joseph II. vom März 1789 der Stadtunterkämmerer in die Reihe der Magistratsräte aufgenommen, der Unterkämmerer war als Vorsteher des Unterkammeramtes zu verstehen und war bis 1818, als ihm ein so genannter Bauinspektor zur Seite gestellt wurde, auch dessen technischer Leiter. Die Beamten des Unterkammeramtes standen unter der unmittelbaren Aufsicht des Unterkämmerers, ihm wurde täglich vom Amtsoffizier das Geschäftsprotokoll zur Überprüfung vorgelegt und man musste mit ihm jeden Tag Rücksprache beispielsweise hinsichtlich Kommissionen halten.

Sitz der Behörde war das Unterkammeramtsgebäude in Wien 1, Am Hof 9.

Vom Unterkammeramt zum Stadtbauamt

Bis zum Jahr 1835 wurden die öffentlichen Bauangelegenheiten in einem Magistratsdepartement unter der Leitung eines Stadtunterkämmerers geführt. Größere Bauausführungen mussten jedoch aufgrund der mangelnden technischen Expertise im Haus von der k.k. niederösterreichischen Landesbaudirektion umgesetzt werden. Auf Anordnung von Kaiser Franz II. (I.) wurde das Amt als technische Hilfsbehörde unter einer technischen Leitung organisiert. Diese neu geschaffene Baubehörde unter der Leitung des Stadtunterkämmerers verfügte nun auch über technisches Personal. Durch die Übernahme weiterer Agenden wuchs die Behörde rasch an.

Autograph von Stadtunterkämmerer Peter Stooß (ca. 1820)

Am 12. September 1835 erfolgte die Bestellung von Cajetan Schiefer zum Stadtunterkämmerer und Leiter des technischen Amtes der Stadt Wien. Unter ihm erfolgte die Umwandlung des Unterkammeramts in ein Stadtbauamt. Er nahm auch erstmals den Titel Stadtbaudirektor an.

Im Jahr 1850 beschloss der Gemeinderat eine Reorganisation, und führte die Bezeichnung "Städtisches Bauamt" für die umgebaute Behörde ein. Der Titel des Stadtunterkämmerers wurde abgeschafft, neuer Behördenleiter war der "Baudirektor", nach einer weiteren Reform 1854 der "Stadtbaudirektor".[3]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Otto Brunner, Die Finanzen der Stadt Wien von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert, Wien 1929, Seite 48
  2. Peter Csendes [Hg.], Die Rechtsquellen der Stadt Wien, Wien - Köln - Graz: Böhlau 1986, Seite 286
  3. Kajetan Josef Schiefer, Denkschrift über den Organismus und den Personalstand des Wiener Stadtbauamtes, Wien 1860