Silberhuberhaus

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Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1888
Datum bis 1974
Andere Bezeichnung Hermannskogelhaus, Silberhuber-Haus, Schutzhaus am Hermannskogel, Schutzhaus auf der Goldwiese
Frühere Bezeichnung Schutzhaus mit Milchwirthschaft im Betrieb
Benannt nach Anton Silberhuber
Einlagezahl 657
Architekt Hermann Otte
Prominente Bewohner Die Alpine Gesellschaft „D´ Hermannskogler“
PageID 365402
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle
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Letzte Änderung am 3.02.2023 durch WIEN1.lanm22esc
Bildname Silberhuberhaus (Hermannskogelhaus).jpeg
Bildunterschrift
  • 19., Höhenstraße

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48° 16' 10.23" N, 16° 17' 25.62" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Die später als „Silberhuberhaus“ oder „Hermannskogelhaus“ bekannte und beliebte Einrichtung wurde der Öffentlichkeit erstmals im Wiener Prater als „Milchwirthschaft in Betrieb“ und als „Musterschutzhaus“ in Rahmen der Jubiläums-Gewerbe-Ausstellung 1888 mit der Objektnummer 1867 vorgestellt. Das Haus wurde in der Folge dort abgebaut und 1889 als ein Schutzhaus am Hermannskogel wiedereröffnet.

Ab 1889 nannte man das Haus „Hermannskogelhaus“ nach seinem neuen Aufstellungsort. 1901 erfolgte mittels Rundschreiben Nr. 245 des Central-Ausschusses des Österreichischen Touristenklubs die feierliche Umbenennung in „Silberhuberhaus“[1]. Nach einem Brand im Jahr 1915 wurde das bereits erweiterte und adaptierte, ursprüngliche Musterschutzhaus komplett vernichtet. Anstelle dessen wurde an dem Standort ab 1920 ein Wirtshaus neuerrichtet und bis 1974 betrieben.

Erst 1970 wurde das Eigentum am bestehende Gebäude auf der Goldwiese vom Österreichischen Touristenklub durch Ersteigerung erworben. Das Grundstück hatte sich seit dem Ankauf 1890 in Besitz des Österreichischen Touristenklubs befunden. Im Zuge einer gemeinsamen Übung der Wiener Berufsfeuerwehr und der Luftschutztruppenschule des Österreichischen Bundesheeres brannte man die bereits stark devastierte Ruine des Wirtshauses am 6. März 1974 intentionell ab. Laut Auskunft der Heeresbild- und Filmstelle des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 21. März 2019 gibt es zu diesem Einsatz der Luftschutzpioniere [2] und der Berufsfeuerwehr keine Bildquellen[3]. Das Grundstück mit den Baurechten auf der Goldwiese wurde 1979 durch den Österreichischen Touristenklub an die Stadt Wien verkauft.

Baugeschichte

"Milchwirthschaft in Betrieb" (1888)

Die erste Bauphase umfasste die Errichtung und die Betriebszeit des Schutzhauses im Rahmen der Jubiläums-Gewerbe-Ausstellung im Wiener Prater 1888.

Schutzhaus „Silberhuberhaus“ (1889 bis 1915)

1889 bis 1890 ist die zweite Bauphase anzunehmen, in der das Schutzhaus demontiert und auf der Goldwiese am Hermannskogel wiedererrichtet wurde. In dieser Zeit wurde eine Veranda angebaut und eine Gartenanlage angelegt. In der dritten Phase von 1891 bis 1911 erfuhr das Schutzhaus weitere Ausbauten und Adaptierungen. Nebengebäude wie ein Eishaus und ein kleiner Schuppen wurden errichtet. Die Gastgartenanlage ergänzte das Angebot für Besucherinnen und Besucher.

Zwischen 1910 und 1919 ist in Printmedien eine besonders intensive Berichterstattung zum Schutzhaus am Hermannskogel belegt. Die Gründe dafür liegen wohl im Neubau um 1912 und im Brand von 1915 - eine Zeitspanne, die auch den Höhepunkt der Nutzung des Hauses umfasste. Wegen der umfangreichen Umbauten kann in diesem Zeitraum auch eine vierte Bauphase festgestellt werden: Keller und Parterre erfuhren einen massiven Flächenzuwachs, zusätzliche Veranden und Terrassen wurden angebaut. 1915 wurde das Schutzhaus bei einem Brand komplett zerstört und die darauffolgenden Jahre nicht genutzt.

Wirtshaus „Hermannskogelhaus“ 1920 bis 1974

1920 erfolgte ein Neubau des Wirtshauses. 1935 erfolgten Adaptierungen des Dachbereichs sowie der Bau eines überdachten Eingangs in die Veranda und einer neu befestigten Gastgartenanlage. Letztere wurde großflächiger angelegt. Anschließend wurde das Schutzhaus bis zu seinem Abriss 1974 nicht mehr umgebaut.

Forschung

Landwirtschaftliche Nutzung

Die landwirtschaftliche Nutzung rund um das Silberhuberhaus (Hermannskogelhaus) beschränkte sich auf Gemüsegärten und Kleinviehhaltung für die Gäste- und Selbstversorgung. Die Erträge aus Wiesen- und Grundbewirtschaftung waren marginal und fanden erst 1919 Erwähnung in den Berichten des Österreichischen Touristenklubs[4]. Einen etwaigen Einfluss auf den Bestand und den Niedergang des Schutzhaus kann man daraus nicht ableiten. Eine nachhaltige und ertragreiche Landwirtschaft auf Dauer kann als „nicht existent“ erklärt werden.

Müllentsorgung

Die Entsorgung des Mülls erfolgte von Beginn des Bestandes des Schutzhauses direkt vor Ort auf die rezent noch existente Müllhalde. „Aus den Augen, aus dem Sinn“ war die Devise der Bewohnerinnen und Bewohner des Schutzhauses zur Entsorgung all dessen, was nicht wiederverwendet oder repariert werden konnte. Ein ordnungsgemäßer Abtransport zu einer Abfallentsorgungsanlage war aufgrund des schwierigen Geländes zu kostspielig und zeitaufwendig. Auch die Bequemlichkeit spielte eine Rolle. Eine nachteilige Wirkung auf die Bestandsdauer des Schutzhauses ist daraus nicht abzuleiten, lediglich ein nachhaltiger und schädigender Einfluss auf die Umwelt und die Natur ist zweifelsfrei vorhanden und rezent.

Kriegsereignisse und Katastrophen

Ab 1914 und dem Beginn des Ersten Weltkriegs war das Gebiet um den Hermannskogel unter der Bezeichnung „Brückenkopf Wien“ militärische Sperrzone. Es unterstand der Befestigungsbaudirektion Wien, Gruppe Hermannskogel. Es wurden Anstrengungen unternommen, die Berggipfel des Kahlengebirges als Festungsstützpunkte auszubauen. Unter der Sperre litt die Besucheranzahl des Silberhuberhauses und dessen Niedergang begann[5]. Noch vor dem Brand war erst 1915 ein Weg von der Rohrerwiese hinauf zum Schutzhaus wieder freigegeben worden, unter der strengen Auflage, den Weg nicht zu verlassen. Ein Laserscan des betroffenen Gebietes zeigte deutlich den umfangreichen militärischen Stellungsbau des 20. Jahrhunderts und ebenso die historisch gewachsene und rezent vorhandene Wegestruktur, die heute der Erholungssuche und der Forstwirtschaft dient.

Der Zweite Weltkrieg hinterließ direkte und indirekte Spuren, so durch die Warnungen in der Presse, den Bereich zu meiden, wenn die FLAK auf der Himmelswiese beim Cobenzl, Hameau oder Kahlenberg ihre Übungen abhielt, um körperliche Schäden durch die Splitterwirkung zu vermeiden. Die amtliche Bekanntmachung zu den Schießübungen der Wehrmacht (Flak) fand in allen Printmedien ab 1943 Eingang[6]. Naturgemäß hatte dies negative Auswirkungen auf die Gästezahlen am Hermannskogel[7]. Das Begehungsprotokoll 1947 erwähnte zwar Schäden an der Hermannskogel-Warte, aber keine Auswirkungen von Kampfhandlungen 1945 auf das Silberhuberhaus. Es ist aber von einem gewissen Grad der Devastierung und Plünderung auszugehen.

Unter Berücksichtigung der Nutzung ist die Aussage zulässig, dass sowohl der Erste Weltkrieg und auch der Zweite Weltkrieg sowie die wirtschaftlichen Folgen der beiden Kriege negative Einflüsse auf die Bestandsdauer des Schutzhaushauses am Hermannskogel hatten. Das Silberhuberhaus erlitt in diesen Zeiten einen spürbaren Rückgang an Besucherinnen und Besuchern. Der Erste Weltkrieg und die Idee einer Festung rund um Wien sowie die damit verbundenen militärischen Sperrzonen erschwerten den Wienerinnen und Wienern den Besuch des Schutzhauses. Der Brand 1915 war nur das „Tüpfelchen auf dem i“ und führte letztlich nach dem Brand zu einem generellen Wandel des Nutzungszwecks. Das Haus verlor seine Bedeutung als Schutzhaus, der Standort blieb in der Zwischenkriegszeit als Bewirtungsstelle aber weiterhin halbwegs attraktiv.

Änderung der Erholungskultur

Bewusst als Gegensatz, als Alternative zu feinen Herbergen, erbaut, bot das Silberhuberhaus mit seiner hervorragenden Lage und seiner Aussicht eine leistbare Alternative zu Semmering und Co. Die Inneneinrichtung in rustikalem, ländlichem Stil und nicht übertriebener Behaglichkeit lockten die Gäste hinauf auf den Hermannskogel.

Die Darstellung der Nutzungsperioden und -phasen anhand der Flächenberechnungen und der medialen Berichterstattung verortet die Hochzeit des Silberhuberhauses in den Zeitraum von 1900 bis 1915. Von zentraler Bedeutung für die Entwicklung einer besonderen Erholungskultur, die sich rund um das Schutzhaus am Hermannskogel als Ausgangspunkt manifestiert, sind die Einrichtung öffentlicher Verkehrslinien hin zur Peripherie der Stadt, die massive Stadterweiterung 1891, die industrielle Revolution und letztendlich der Bau der Wiener Höhenstraße. Eine Änderung in der Erholungskultur passierte folglich dort, wo sich die Mobilität der Menschen ändert (Motorisierung), kulturelle Veränderungen Raum nehmen (Industrielle Revolution), sich die Ziele der Erholungssuche (Fernreisen) ändern, wirtschaftliche oder infrastrukturelle Gründe mitspielen (schlechte Erreichbarkeit), sich Katastrophen ereignen (Krieg oder Brände) oder ein allgemeiner Wertewandel (weg vom Heimatgefühl) stattfindet.

Pachtkosten

Die Pacht für das Schutzhaus wurde laut Veröffentlichung in der Österreichischen Touristenzeitung, dem Zentralorgan des Österreichischen Touristenklubs, „von 1895 bis 1900 um 100%" nämlich von ursprünglich 300 auf 600 Kronen pro Jahr und in weiterer Folge bis 1908 auf 1.200 Kronen erhöht. 1911 betrug die Pacht 2.000 Kronen, um schließlich 1915 3.000 Kronen auszumachen[8]. Sich auf die Zahlen in der Österreichischen Touristenzeitung von 1888 bis 1920 stützend, ergibt sich daher für die Pachtkosten ein steter und steiler Anstieg bis 1915. Eine statistische Besonderheit stellen die Einnahmen des Österreichischen Touristenklubs des Jahres 1912 dar, als eine Subvention des Arbeitsministeriums die Pachteinnahmen ergänzte. Es muss als unbestritten angesehen werden, dass eine sukzessive Pachterhöhung stattfand. Abgesehen von einer kriegsbedingten Inflation während des Ersten Weltkriegs, ist anzunehmen, dass dies ein Mitgrund dafür ist, weshalb nach dem Brand von 1915 das Gebäude auf der Goldwiese nun als Wirtshaus weitergeführt wurde, das der Gewerbeordnung unterlag.

Pächterinnen und Pächter

Laut den Archivunterlagen[9] war von 1893 bis 1895 Josef Pfeiffer Pächter des Hauses. Für den Zeitraum zwischen 1888 und 1893 ist von einer nur zeitweisen und freiwilligen Bewirtschaftung durch Mitglieder des Österreichischen Touristenklub auszugehen. Ab 1895 bis 1897 war das Schutzhaus unter der Ägide der Familie Hamela. Von 1895 bis 1896 führte es Josef Hamela[10], von 1896 bis 1897 Franz Hamela [11] und von 1897 bis 1901 dessen Bruder[12]. 1902 bis 1905 wird ein Franz Hamela als Gastwirt des Schutzhauses auf der Goldwiese auf dem Hermannskogel in „Der Gebirgsfreund“ (Februarausgabe 1902) genannt. Ab 1905 bis 1906 ist Johann Silberhuber[13] Pächter des Schutzhauses. Im Archiv des Österreichischen Touristenklubs ist Johann Silberhuber als Pächter seit 01.10.1901 verzeichnet. Möglicherweise hat Johann Silberhuber das Haus unterverpachtet.

Ab 1906 bis 1910 werden das Ehepaar Karl und Aloisia Musotter als „Alpenwirtschaftspächter“ für das Silberhuberhaus im „Neuen Wiener Journal“ vom 19. Jänner 1908 bezeichnet[14]. Karl Musotter verließ nach dem Tod seiner Frau Aloisia bereits wieder 1910 den Hermannskogel. Der Betreiber des Schutzhauses in den Jahren 1910 bis 1916 war Ludwig Stark, vom Beruf „Restaurateur“[15].

Rudolf Bauer war der Wirt in den Jahren nach dem Wiederaufbau des Hauses von 1921 bis 1930. Danach übernahmen Franz Kropik und Karoline Wimmer von 1931 bis 1947 das Wirtshaus, wobei ab 1941 Karoline Wimmer als alleinige Wirtin des Silberhuberhauses genannt wird. Von 1947 bis 1950 hatte Franz Gubik die Konzession inne, um sie anschließend an das Ehepaar Novotny 1950 weiterzugeben. Das Archiv des Österreichischen Alpenvereins verwahrt in diesem Zusammenhang einen Beschluss des Bezirksgerichts Döbling mit der Aktenzahl Uh 13/54, der die Hinterlegung des am 29. März 1950 ausgestellten Kaufvertrages für die Liegenschaft EZ 657 KG Grinzing und dem dort stehenden Restaurationsgebäude, Haus K.Nr. 228 (Hermannskogelhaus) beinhaltet. Als neue Eigentümer werden in diesem Beschluss Johann und Maria Novotny, wohnhaft 3., Viehmarktgasse 1, angeführt. Vier Jahre später, am 15. Dezember 1954 wurde mittels Tauschvertrag zwischen dem Ehepaar Novotny und dem neuen Besitzer Josef Rappold (Gastwirt) der Erwerb des Restaurationsgebäudes, Haus K.Nr. 228 „Hermannskogelhaus“ vereinbart. Josef Rappold blieb nur für ein Jahr der Wirt auf der Goldwiese. Ihn löste für die Dauer von vier Jahren zwischen 1956 und 1960 Maria Materna ab. Ab 1960 bis 1970 war Johann Tillmann verantwortlich für die Bedienung der Gäste im Wirtshaus unter dem Hermannskogel. Letzte Pächterin von Haus, Grundstück und Konzession war Therese März im Jahr 1971. Danach sind bis zum Abriss keine weiteren Pächterinnen und Pächter im Archiv des Österreichischen Touristenklubs vermerkt[16].

Literatur

Einzelnachweise

  1. Das Vaterland, Seite 10 1901-05-15; Der Naturfreund, Seite 22 1901; Deutsches Volksblatt, Seite 11 1901-05-24; Illustrirtes Wiener Extrablatt, Seite 11 1901-05-12; Neue Freie Presse, Seite 8 1901-05-19; Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), Seite 6 1901-05-19; Ostdeutsche Rundschau, Seite 5 1901-02-10; Österreichische Touristenzeitung, Seite 45 1901
  2. Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport - Abteilung Kommunikation - Referat 3 26.01.2022
  3. Stadt Wien 2019
  4. Österreichische Touristenzeitung 1920-04-01
  5. Österreichische Touristenzeitung, Seite 50 1915
  6. Völkischer Beobachter, Seite 8 1939-06-02
  7. Illustrierte Kronen Zeitung, Seite 7 1943-12-27
  8. Österreichische Touristenzeitung, Seite 77 1895; Österreichische Touristenzeitung, Seite 57 1897; Österreichische Touristenzeitung, Seite 60/1 1897; Österreichische Touristenzeitung, Seite 35 1900; Österreichische Touristenzeitung, Seite 33 1901; Österreichische Touristenzeitung, Seite 61 1909; Österreichische Touristenzeitung, Seite 27 1910-04-16; Österreichische Touristenzeitung, Seite 65 1912
  9. Dank der freundlichen Hilfe von Ludwig Fischhuber, Archivar des Österreichischen Touristenklubs und leidenschaftlicher Schutzhausforscher war es möglich, die Pächterinnen und Pächter des Schutzhauses und die Wirtinnen und Wirte des Wirtshauses aufzulisten
  10. Österreichische Touristenzeitung, Seite 30 1896
  11. Österreichische Touristenzeitung, Seite 78 1900
  12. Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), Seite 43 1901-10-10
  13. Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), Seite 43 1901-10-10
  14. Österreichische Touristenzeitung, Seite 6, 37 1908
  15. Neue Freie Presse, Seite 9 1914-01-26
  16. Österreichische Touristenzeitung, Seite 61 1909; Österreichische Touristenzeitung, Seite 65 1912; Österreichische Touristenzeitung, Seite 60/1 1897; Österreichische Touristenzeitung, Seite 77 1895; Österreichische Touristenzeitung, Seite 57 1897; Österreichische Touristenzeitung, Seite 35 1900; Österreichische Touristenzeitung, Seite 33 1901; Österreichische Touristenzeitung, Seite 27 1910-04-16