Ringstraßenwettbewerb Projekt Nr.7

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Detail: Situationsplan zum Concursprojekt Nr. 7, 1858
Hochauflösendes Digitalisat: WStLA, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P15.111111.5 - Concursprojekt Nr. 7
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Wettbewerb
Datum von 31. Jänner 1858
Datum bis 31. Juli 1858
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 43876
GND
WikidataID
Objektbezug Ringstraße, Glacis
Quelle
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Letzte Änderung am 6.12.2022 durch WIEN1.lanm08jan
Bildname Wettbewerbsprojekt Nr. 7.jpg
Bildunterschrift Detail: Situationsplan zum Concursprojekt Nr. 7, 1858
Hochauflösendes Digitalisat: WStLA, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P15.111111.5 - Concursprojekt Nr. 7

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Devise: Durch Reibung verschiedener Ideen gelangt man zur Besten.


Verfasser: Hugo Lentz


Hugo Lentz, der in seiner Einleitung der Denkschrift schrieb, dass er "etwas Neues vorzustellen" gedachte, zeigte einen Bebauungsvorschlag, der von einem großzügigen, offenen und begrünten Raum geprägt ist. Großzügig und offen, weil der Straßenraum des Boulevards an keiner Stelle von Blockrandbauten gefasst ist, großzügig begrünt, weil neben den geforderten Parks und Grünflächen sein Anteil an privaten Gärten überdurchschnittlich hoch ist.
Der Besuch vieler fremder Städte einerseits und seine Kritik an der oftmals anzutreffenden Monotonie andererseits regten ihn zu diesem außergewöhnlichen Entwurf an: "In vielen Städten hat eine zu große Regelmäßigkeit, eine langwierige Einförmigkeit verursacht, indem wieder an anderen Orten, die erforderliche Symetrie und das eigenthümliche Monumentelle, das, bei einer städtischen Bebauung, die Hauptsache ist, ganz fehlte."
Der Entwurf von Hugo Lentz steht unter den eingegangenen Projekten einzigartig da, wenn auch seine Konzeption mit dem Entwurf von Peter Joseph Lenné manche Eigenheit teilt.


Städtebaulicher Entwurf

Er nahm die bestehenden Ausfallstraßen auf und operierte in unterschiedlicher Weise mit ihnen. Im Falle der Kärntnerstraße unterstrich er deren Bedeutung und formulierte eine monumentale Achse, die entlang von vier Blöcken einen architektonisch aufgewerteten Ausdruck erhielt, indem die flankierenden Bauten mit Museen besetzt und zum Boulevard hin zwei dreieckige Platzanlagen eingefügt wurden. Anders verfuhr er bei der neuen Verkehrsachse die zur Heugasse führt. Zum einen betonte er den Richtungswechsel des Boulevards mit einer Querachse, dem geforderten Wachthaus, dem stadtauswärts projektierten Stadthaus und der dahinterliegenden Markthalle. Zum anderen teilte er die Straße in zwei Straßenläufe, zwischen denen die genannten Bauten ihren Platz fanden, um dann durch zwei flankierende Markthallen wieder zu einer Straße zusammengeführt zu werden und über eine Brücke nach Süden weiterzulaufen. Hier zögerte Lentz auch nicht einen massiven Straßendurchbruch zu projektieren, der parallel zur Heu- und Allee-Gasse verlaufen sollte und in der Mitte der Blöcke bis zum Linienwall führte, um die innere Stadt besser mit den Bahnhöfen der Süd- und der Ostbahn zu verbinden. Diese neue Straße führte Lentz in Glacisnähe in zwei Bögen zu den beiden Flussübergängen, der Mondschein- und der Elisabethbrücke. Auch in der nördlichen Vorstadt, der Leopoldstadt, fügte er einen Straßendurchbruch ein, um hier die innere Stadt mit dem Nordbahnhof zu verbinden. Er führte den Boulevard über eine Donaukanal-Brücke und durchmaß die Leopoldstadt bis zur Jägerzeile. Von dieser neuen Straße ging orthogonal eine Straße ab, die zum Kaiser-Ferdinands-Nordbahnhof führt. Mittels Straßendurchbrüchen versuchte Lentz die innere Stadt verkehrstauglicher zu machen. Er bewies eine gewisse Kenntnis der Stadt, denn sein Konzept basierte auf den wichtigsten vorhandenen Straßen (Schottengasse, Bognergasse, Graben, Wollzeile etc.). Als Entlastung der Achse Kärntnerstraße und Rotenturmstraße verbreiterte er den Kohlmarkt und die Tuchlauben und regularisierte das engmaschige, unregelmäßige Straßennetz um die Kirche Maria am Gestade.
Lentz plante in seinem Entwurf nur kleinere zu Bauten gehörende Plätze. Hingegen räumte er dem öffentlichen wie dem privaten Grün eine besondere Stellung ein.
Seine Bebauung des Glacis bestand aus Villen, Mietshausblöcken sowie den geforderten Monumentalbauten. Die Villen standen entweder einzeln oder zu mehreren im Verbund auf zumeist geschwungenen Blockformen. Die Mietshausblöcke hatten unterschiedliche Größen und wurden dem städtebaulichen Entwurf untergeordnet und bewusst zur Raumbildung eingesetzt. Im südlichen Glacisbereich verwendete er öffentliche Bauten einerseits zur Monumentalisierung von Plätzen und andererseits, um mit diesen am Ende der Mietshausblöcke Abschluss- und Torsituationen zu schaffen. In jeweils kleinen Gruppen bezog er die Monumentalbauten aufeinander und stellte sie in einen räumlichen Kontext, sodass sie kleine Ensembles ergaben. Diesen Ensembles lag eine strenge Symmetrie zugrunde, die aber an den Grenzen durch offene, die Symmetrie brechende Räume aufgelockert wurde.
Als besondere städtebauliche Figur, die in keinem der anderen Projekte auftauchte, fügte Lentz einen Crescent nach englischem Vorbild in den nördlichen Teil seines Stadterweiterungsentwurfes ein. Die Besonderheit lag darin, dass der Crescent eine Villa umfasste, die wiederum – als konvexes Element – eine gebogene Ladenzeile enthielt, die er "Spatzierort" nannte.
Die staatlichen Repräsentationsbauten stachen zwar in ihrer monumentalen Stellung auf dem Glacis hervor, nicht jedoch wegen ihrer Größe. Lentz schuf durch die Tradierung des vorhandenen Maßstabes eine nachvollziehbare und harmonische Transition von innerer Stadt zu den Vorstädten.
Einen besonderen Stellenwert nimmt Lentz Entwurf dadurch ein, dass er ein Blatt einreichte, auf dem er die drei wichtigsten Straßenquerschnitte seines Stadterweiterungsentwurfes zeigte. Den Boulevard, die Kaianlagen entlang des Donaukanals und des Wienflusses zeichnete er in einfachen, aber sauberen Schnitten und gab somit seiner überaus künstlerisch anmutenden Stadtkonzeption klare und technisch anwendbare Planungen zum städtebaulichen Element der Straße bei.


Stellenwert

Die Charakteristik des Stadtentwurfes von Hugo Lentz liegt in der betont geschwungenen Form des Boulevards und seiner kurvigen Weiterführungen. Eine solche Straßenkonzeption schafft Abwechslungsreichtum für den Stadtbenützer, vornehmlich den Passanten: "Es war sein Zwecke, um durch schöne Gruppirungen der Hauptgebäuden, in Verbindung mit Privat-Häusern, und abgewechselt durch Bepflanzungen, ein Ensemble vorzustellen, welches an allen Stellen, eine große Verschiedenheit und schöne Gesichtspunkte darbietet, ohne je einförmig zu werden, und um durch eine angenehme Biegung des Gürtelweges, die Aufeinanderfolge der Gruppen, immer überraschender zu machen." An jeder Stelle des Boulevards hätte der Fußgänger oder Fahrer einen neuen Blickwinkel ein- und eine neue Raumkonstellation wahrnehmen können, die anders als bei orthogonalen Rasteranlagen äußerst vielfältig gewesen wäre. Man ist an beinahe jeder Stelle des Plans versucht, diesen Entwurf als Vorläufer des künstlerischen Städtebaus zu lesen.
Obschon Lentz' Idee räumliche Qualitäten besitzt und die ehemalige Nutzung des Glacis als Erholungsraum in anderer physischer Formulierung fortschreibt, ist der Übergang von der dichten inneren Stadt zur neuen Bebauung der Villen unvermittelt und schwer räumlich vorstellbar.
Welche der besuchten Städte ihm zum Vorbild dienten, führt Lenz nicht an, dennoch erinnert die Führung des Boulevards und die Setzung der Villen an die Bauentwicklung entlang des Regent's Parks in London, bei dem John Nash neben langen Terrace-Wohnbauten Villen in Gärten errichtete. Dort wurde die Villenbebauung entlang eines Kanals geplant; eine Möglichkeit, die Lentz entlang des Wienflusses ebenso hätte vorschlagen hätte, um einen Grün- und Wasserzug zu schaffen und dahinter einen gelungeneren Übergang zur inneren Stadt zu schaffen. Es ist verständlich, dass dieser ingeniöse, aber luxuriöse Entwurf von der Jury abgelehnt wurde.[1]


Siehe auch:


Quellen


Einzelnachweise

  1. Zum Ringstraßenwettbewerb siehe: Harald R. Stühlinger, Der Wettbewerb zur Wiener Ringstraße, Birkhäuser, Basel 2015