Ringstraßenwettbewerb Projekt Nr.59

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Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Wettbewerb
Datum von 31. Jänner 1858
Datum bis 31. Jänner 1858
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 43949
GND
WikidataID
Objektbezug Ringstraße, Glacis
Quelle
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Devise: Der gerade Weg ist der beste.


Verfasser: Ludwig Christian Friedrich von Förster


Das Projekt Nr. 59 wurde am 31. Juli 1858 im Ministerium des Innern abgelegt.[1] Da bereits das Projekt Nr. 4 dasselbe Motto führte, wurde der Unterschied dahingehend festgelegt, dass die Devise des Projektes Nr. 59 "mit lateinischen Lettern geschrieben" wurde. Am 17. November 1858 überbrachte der kommissionelle Berichterstatter Hofrat Francesconi das Urteil, dass das Projekt "…als zur Preisconcurrenz geeignet zu erklären…."[2] wäre.
Das Projekt bestand ursprünglich aus insgesamt 13 Blättern und einer Denkschrift. Von diesen haben sich die topographische Karte mit der Umgebung Wiens, der Übersichtsplan und der Situationsplan erhalten. Ebenso sind fünf "ideale Ansichten, welche die Gruppirung der Häuser an einigen Stellen in den neuen Stadttheilen anschaulich machen sollten" auf uns gekommen. Neben den vier Profilplänen ist auch ein Detailplan im Maßstab 20° auf 1" verloren gegangen.


Städtebaulicher Entwurf

Folgend seiner Einleitung, in der er das Handschreiben zitierte legte er einen topographischen Plan mit bestehenden und zu bauenden Eisenbahnlinien vor. Durch die anzulegende Ringbahn, die alle Bahnhöfe verbände, wäre "zugleich das künftige Weichbild Wiens und dessen Mauth- und Polizeirayon" vorgegeben. "Diese Grenzlinie der Stadt wäre für die Verschönerung der Vorstädte und der eingeschlossenen Ortschaften von bedeutenden Folgen. Durch das Fallen der Linienwälle würde die Herstellung von Straßen nach allen Richtungen ermöglicht und Raum genug zu reizenden Gartenanlagen, Landhäusern oder Arbeiterquartieren erlangt werden." Und genau dieser Rayon war für Förster, der es auch in rosaroter Farbe anlegte, das Gebiet seines Stadterweiterungsvorschlags. Obschon er die Stadterweiterung als großes Unterfangen ansah, das auch die Vorstädte erfassen würde, legte er in seinem Übersichtsplan keine konkreten Planungen für die westlichen Vorstädte, dafür aber für die ihn vorerst wichtige Leopoldstadt vor. Sein Projekt reichte bis an den Arm des Kaiserwassers, wo er mehrere Hafenbauten vorsah. Förster sah in der Leopoldstadt und der Brigittenau umfangreiche Regulierungs-, Durchbruchs- und Neubauarbeiten vor, die sich durch neue Brückenanbindungen an die innere Stadt ergaben.
Förster gehörte zu jenen Wettbewerbsteilnehmern, die die Ringstraße – er nennt sie "Corso" – weiter nach außen legten. Diese Lage gestatte es ihn zwei Blöcke zwischen innerer Stadt und Ringstraße unterzubringen, sodass sie für ihn eindeutig die Rolle einer Grenze mit Trennfunktion übernahm. Der Boulevard ist bei Förster nur im östlichen und südlichen Abschnitt klar ausformuliert, im Norden und Westen ist er im Plan nur schwer zu erkennen. Er operierte mit orthogonalen Rasteranlagen ebenso wie mit radialen Figuren. Etwa bei der neuen Kaserne, wo er das Stadthaus auf einen Dreiecksplatz, in den elf Straßen mündeten, stellte, um damit die verschiedenen Rasterrichtungen anzupassen. Die Achse auf den Mittelrisaliten des Stadthauses verlängerte er über eine neue Brücke in die Leopoldstadt, die als baumbestandene Allee als Verbindungsstraße zur Donau ausgebaut worden wäre und in der Gegenrichtung als Sichtachse funktioniert hätte. Die Achse am südlichen Knick des Boulevards führt er wie andere in die Heugasse und deutet sie als kardinale Verkehrsachse zum Süd- und Ostbahnhof und nicht als Schauachse auf das Palais Schwarzenberg. Dennoch richtete er eine der Boulevardquerstrassen als Achse auf den Mittelrisaliten des Polytechnikums aus. Förster setzte keine großen Ansprüche, um Blöcke von orthogonaler oder gleicher Größe zu schaffen. Dennoch wirken diese im Bereich des Getreidemarktes zu schmal. Seine Regulierungsvorschläge betrafen die Leopoldstadt, den Bereich um den Zentralbahnhof, sowie den Randbereich der inneren Stadt. Hier gab er sowohl Arbeiten, die kurzfristig erledigt werden sollten als auch mittelfristige an. Diese betrafen einen Straßendurchbruch vom Minoritenkloster bis zur Mölkerbastei, mehrere Stadtausgänge und den Umbau der Hofburg mit radikalen Eingriffen. Seine Referenz im Ausland bildete Paris. Sowohl was die Bepflanzung der Boulevards anging als auch die Kanalisation, die er aus eigener Anschauung kannte. England wurde wegen der Wasserversorgung bis in die oberen Stockwerke der Häuser erwähnt. Försters Projekt erschloss sich den Besuchern besonders anschaulich durch die fünf Ansichten der neuen Stadt. Er wählte zuerst den Blick von der Leopoldstadt über die neue Brücke auf das Stadthaus aus, und zeigte die symmetrische Platzanlage am Donaukanal, mit der dominanten Achse auf das Stadthaus. Die Platzfassaden waren vollkommen einheitlich, während etwa die Fassaden zum Donaukanal und auch die Bauten in den Straßenachsen unterschiedlich waren. Der Blick quer über den Exerzierplatz zum Schottenthor breitete die Schaufronten der den Boulevard begleitenden Wohnbauten aus. Die viergeschossigen Bauten waren zwar unterschiedlich gestaltet, trugen aber dennoch zu einem harmonischen Erscheinungsbild bei. Das angeschnittene Gebäude des Generalkommandos und der Stadtkommandantur ist freigestellt und hatte links davon einen großzügigen Platz mit zentralem Standbild. Die Bauten am ehemaligen Schottenthor weisen eine durch Erker betonte Gerichtetheit auf, die so auf den Plänen nicht erkennbar war. Des Weiteren zeigte er die Achse entlang des Opernhauses in die Kärnthnerstrasse bis zum Stephansdom. Er drehte die Hauptfassade des Musiktempels zur verlängerten Kärnthnerstrasse und gab ihr einen breiten Vorplatz, der durch Brunnen und Standbilder geschmückt war. Die Fassade zum Boulevard hin war sichtlich als Seitenfassade des Monumentalbaues ausformuliert. Der Oper gegenüber standen Wohnbauten in rasterförmigen Blöcken, die wiederum alle unterschiedlich gestaltet waren. Der nächste Blick führte über die neu errichtete Mondscheinbrücke entlang des Wienflusses mit dem flankierenden großen Museumsgebäude und dem Blick auf die den Boulevard begleitenden Wohnbauten, die an der querenden Achse als Zwillingsbauten ausgeprägt waren. An dieser Stelle waren zwei Gartenanlagen mit Kiosken vorgeschlagen, die laut der Baumstellung als Promenaden genutzt wurden. Der links angeschnittene Bau hatte laut der Fassadengestaltung keine Wohnnutzung zu erfüllen gehabt, was aber im Situationsplan nicht ersichtlich gemacht wurde. Förster tendierte demnach der Ringstraße ein sehr monumentales und prächtiges Aussehen zu geben. Er schloß den visuellen Rundgang durch die neue Stadt mit einer Vedute Richtung Norden entlang des Donaukanals, mit den bis zu fünf geschossigen Bauten auf der Stadt- und den viergeschossigen Bauten auf der Leopoldstädter Seite. Förster zeichnete ein Bild der Betriebsamkeit auf dem Donaukanal, mit Kähnen und Schiffen, die den Fluss als wichtigen Verkehrsweg nutzen würden. Bis auf das letzte Bild handelt es sich immer um Blickrichtungen gegen die innere Stadt, um auf die Qualitäten der Verbindungen zwischen der bestehenden Stadt und der neu errichteten hinzuweisen. Förster implantierte mit dem Gebäudekomplex, der das Reichsarchiv, die Hofbibliothek und die Museen beherbergen sollte, eines der größten Gebäude, die beim Wettbewerb vorgeschlagen wurde. Er platzierte es aber nicht in Verbindung mit anderen staatstragenden Bauten sondern isolierte es am Wienfluß.


Stellenwert

Förster arbeitete, wie andere auch, mit der Massierung von öffentlichen Bauten, um einzelne Orte gegenüber der übrigen homologen Stadtmasse aufzuwerten. So wären kleinere Zentren mit unterschiedlichen Nutzungen entstanden und hätten so zum Charakter des jeweiligen Quartiers beigetragen. Försters Beitrag steht am Ende seiner Stadterweiterungsentwürfe und zeigt in seinem Entwerfen einen Maßstabssprung bei so manchen Bauten, die von seinen Eindrücken von Reisen ins europäische Ausland herrühren. Sein Stellenwert im Rahmen der Wiener Stadterweiterungen ist ein herausragender, obschon sein Wettbewerbsbeitrag hinter anderen nachsteht.[3]


Siehe auch:


Quellen


Einzelnachweise

  1. Österreichisches Staatsarchiv, AVA, STEF, Karton 2, Faszikel Nr. 6796/M.I. 636-1858
  2. Österreichisches Staatsarchiv, AVA, Präsidialakte, Fasz. 119 ad11801/1858
  3. Zum Ringstraßenwettbewerb siehe: Harald R. Stühlinger, Der Wettbewerb zur Wiener Ringstraße, Birkhäuser, Basel 2015