Kaleidoskop

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Theater
Datum von 1953
Datum bis 1960
Benannt nach
Prominente Personen Otto Schenk, Veit Relin
PageID 24731
GND
WikidataID
Objektbezug Theater
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 3.05.2023 durch WIEN1.lanm08pil
  • 6., Linke Wienzeile 2

Frühere Adressierung
  • Ateliertheater am Naschmarkt (1960)

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48° 12' 0.58" N, 16° 21' 54.76" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Das Kaleidoskop war ein Theater, das 1952 als loses Ensemble gegründet wurde, ab Oktober 1953 im Keller der Secession spielte, ab Februar 1955 im Café Dobner und bis Ende der Spielzeit 1959/1960 dort bestand.

Geschichte

Herbert Lederer nennt das Kaleidoskop unter den Kellerbühnen der Zeit das "wahrscheinlich liebenswürdigste, jedenfalls das heiterste" und schildert die Hintergründe für dessen Gründung folgendermaßen:

"Man fand einander wie von selbst, zwangsläufig: Studenten, ein junger begabter Bühnenbildner, Schüler des Reinhardtseminars, junge Schauspieler und Regisseure. 1952 bildete man eine kleine sommerliche Arbeitsgemeinschaft, um eine Tournee durch Österreich zu absolvieren. [...] Ein Jahr später wurde in der Secession eine Praterausstellung rund um die Figur des Calafati veranstaltet. Eine Ergänzung der Schau durch eine szenische Aufführung wäre wünschenswert gewesen. Das Pratermärchen von Rudolf Weyrs, ein bereits klassisch gewordenes Stück aus der Literatur am Naschmarkt, bot sich als passend an. Dem jungen Kaleidoskop-Ensemble wurde mit dieser Aufgabe eine Chance gegebenen. Es nutzt sie.
Und bei dieser Gelegenheit sahen die jungen, begeisterten Theaterleute direkt neben den Klubräumen der Maler und Bildhauer von der Secession eine Art größere Kammer, in der gerade neunundvierzig Personen unterzubringen gewesen wären. [...] Das war's!"

Die Eröffnungspremiere, Der Unwiderstehliche von Moreto, fand am 29. Oktober 1953 im Keller der Secession, 1., Friedrichstraße 12 statt. Regie führte Otto Schenk.

Zu den Schauspielerinnen und Schauspielern gehörten "die junge Charakterspielerin Eva Heide Frick, die zarte Felicitas Ruhm und die kräftige Martha Strohschneider, die witzig freche Hilde Nerber, die versponnene Hildegard Klotz, Bruno Dallansky, Darsteller saftiger Gestalten, Kurt Mejstrik und Ernst Zeller, die intellektuelle, grübelnde Jünglinge und junge Schwierige spielten, Herbert Andl, praktische Verkörperer schlauer Diener und quicker junger Komiker, Georg Corten als sein behäbiger, drastisch-komischer Gegenpart, der jugendliche Charakterspieler Gerhard Mörtl [...]". Bald stieß ein weiterer herausragender Nachwuchsschauspieler dazu: Georg Lhotzky.

Der Schauspieler und Regisseur Helmuth Matiasek, der damals noch Student der Theaterwissenschaft war, wurde zum künstlerischen Leiter der Gruppe.

Gezeigt wurden Stücke von Hans Christian Branner, Jerome K. Jerome, Molière, Arthus Adamov, Arkadij Awertschenko, Anton Tschechow sowie - die beiden größten Erfolge der ersten Spielzeit - Georg Büchners Leonce und Lena, Regie: Heinz Röttinger), mit der das Ensemble zu den Berliner Festwochen eingeladen wurde, und Kleists Amphitryon (Regie: Helmuth Matiasek), Adamovs Invasion wurde bei den Wiener Festwochen gezeigt (Regie: Heinz Röttinger).

Am 19. Dezember 1954 beendete das Ensemble seine Arbeit in der Secession, die Eigenbedarf anmeldete, um hier ein neues modernes Café zu etablieren, und übersiedelte in Räumlichkeiten des Café Dobner (6., Linke Wienzeile 2), wo sich bis 1938 bereits die Literatur am Naschmarkt befunden hatte.

"Es war genau jener Ort, wo in den dreißiger Jahren die bereits legendäre Literatur am Naschmarkt gespielt hatte. Jetzt erinnerten sich die delogierten Schauspieler dieser Lokalitäten. Sie wurden als Untermieter angenommen, zogen ein einziges Häuserl weiter und hatten, nach abermaliger Adaption unter Planung und Anleitung Wolfgang Mosers, ein schöneres, besseres und größeres Theater als vorher."

Am 11. Februar 1955 eröffnete das "Kaleidoskop - Theater am Naschmarkt" mit Jean Cocteaus Orpheus in der Regie von Helmuth Matiasek. Ernst Zeller war in der Titelrolle zu sehen, Hildegard Klotz als Eurydike, Gerhard Mörtl als Heurtebise.

Es folgten Schillers Luise Millerin, Papierblumenfrühling von Raimund Berger und Hauptmann Großmaul von Plautus mit Hans Harapat und Herbert Andl, die Inszenierung übersiedelte im Sommer nach Carnuntum, wo sie in der dortigen Arena als Freilichtaufführung zu sehen war.

Die nächste Spielzeit wurde mit John M. Synges Der Gaukler der westlichen Welt eröffnet, es folgten unter anderen Goldonis Mirandolina, Shakespeares Verlorene Liebesmüh', Cocteaus Der arme Matrose, Medea von Euripides und die Goldtopfkomödie von Plautus, die neben der Medea erneut als Sommertheateraufführung in Carnuntum gezeigt wurde.

Während die finanzielle Situation der Wiener Kleinbühnen immer schwieriger wurde, zog es einen Teil der Schauspielerinnen und Schauspieler des Ensembles an neue, größere und besser zahlende Theater. Das Kaleidoskop konnte so trotz der anhaltenden Erfolge erst im Dezember 1956 wiedereröffnen. Gezeigt wurde Cocteaus Die Schule der Witwen mit Trude Sommer, Felicitas Ruhm, Martha Strohschneider und Wolf Dietrich. Es folgten Bruckner, Georges Neveux, Nestroy, Machiavelli, Aristophanes, Sophokles. Doch das Ensemble erholte sich nicht mehr. Matiasek gab das Kaleidoskop auf, das im Sommer 1957 mit dem Ensemble des Theater am Parkring fusionierte. Neuer Konzessionär wurde das Österreichische Studentenhilfswerk, neuer künstlerischer Leiter dessen Sekretär Willy Wondruschka. Damit war das Kaleidoskop in seiner vier Jahre zuvor konzipierten Form Geschichte.

"Als wesentlichste Neuerung wurde Wolfgang Mosers Proszeniumsbogen entfernt und ein konventioneller Bühnenvorhang angebracht. Georg Lhotzky und Wolf Dietrich als Regisseure, Brigitte Köhler, Georg Corten, Kurt Mejstrik und Anton Rudolph als Darsteller versuchten noch eine Zeitlang, Stil und Gesinnung der ,alten Zeit', die nur drei, vier Jahre zurücklag, zu erhalten."

Gezeigt wurden zuletzt Komödien von Karl Wittlinger und Felix Lützkendorf, Kurt Klingers Der goldene Käfig, Manfred Hausmanns Lilofee, Schnitzler, Wildgans sowie Henri Ghéon, Jean Louis Roncoroni und Wernher dem Gartenaere, dessen Meier Helmbrecht Herbert Lederer in einer seiner ersten Soloproduktionen bearbeitet, inszenierte und spielte.

Die beiden letzten Stücke waren Christopher Frys Ein Schlaf Gefangener (Regie: Jörg Buttler) und am 11. Oktober 1960 Michel de Ghelderodes Schwarze Kirmes - bereits in der Regie von Veit Relin, der so seinen Einstand als neuer Leiter machte. Es spielten Mela Wiegandt-Pfaudler, Karl Schellenberg, Magdalena Emesz, Estella Schmied und Mario Kranz.

1960 löste sich der Verbund auf, Teile zogen als Theater im Zentrum in die zuvor unter anderem vom Wiener Werkel, "Literatur im Moulin Rouge" und Theater in der Josefstadt bespielten Räumlichkeiten 1., Liliengasse 3 weiter.

Noch im selben Jahr übernahm der Schauspieler Veit Relin den nun frei gewordenen Standort und gründete hier das Ateliertheater am Naschmarkt. "Damit begann eine neue Ära, die sehr bald zu neuen Höhepunkten führte." (Herbert Lederer)

Siehe weiter zu den folgenden Jahren Ateliertheater am Naschmarkt.

Schauspielerinnen und Schauspieler

Im Wien Geschichte Wiki gibt es 1 Einträge von Personen, die im Kaleidoskop engagiert waren.

BildNameBerufGeburtsdatumSterbedatum
Bruno DallanskySchauspieler19 September 19285 August 2008

Quellen

  • Verena Keil-Budischowsky: Die Theater Wiens. Wien: Zsolnay 1993 (Wiener Geschichtsbücher, 30-32), S. 251
  • Herbert Lederer: Bevor alles verweht ... Wien: ÖBV 1986, S. 124-134