Café Dobner

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Linke Wienzeile 2, "Cafe Dobner", um 1902
Daten zur Organisation
Art der Organisation Kaffeehaus
Datum von 1795
Datum bis 1950
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 14800
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 28.11.2022 durch WIEN1.lanm08jan
Bildname HMW 027357.jpg
Bildunterschrift Linke Wienzeile 2, "Cafe Dobner", um 1902
  • 6., Linke Wienzeile 2
  • Theaterkaffeehaus
  • Café Petter

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48° 12' 0.17" N, 16° 21' 54.86" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Billardzimmer im Café Dobner, 1907
Café Dobner, 1909

Café Dobner (6, Linke Wienzeile 2, Getreidemarkt 1).

Das Kaffeehaus wurde 1795 in Mariahilf in der Nähe des Theaters an der Wien durch Gregor Jacomuzzi gegründet. Schon 1796 übersiedelte er mit dem Kaffeehaus an die Ecke gegen das Glacis zu in das Jägersche Haus, wo er vier Zimmer mit schöner Aussicht bezog. Seit 1801 war das beliebte Kaffeehaus unmittelbar neben dem Theater an der Wien gelegen. 1817 wurde an das Lokal ein Schild angebracht, das die Eipeldauerbriefe wie folgt schildern: "Der Mahler bein’n Kafehhaus auf der Wien an Eck auf d’Glasir heraus, had kein’n übeln Gedank’n ghabt, der had ein’n Bauern hing’mahln in ein’n rod’n Leibl, mit ein’n grünen’n Hosentrager in Hemedärmeln und schwarzledernen Hosen, wie er bei’n Billiar in aner Hand a Glaßl Punsch und in der andern’n Stoßprügel zun’n Billardspiel’n halt’t."[1]

Wegen seiner Lage war das Kaffeehaus bald schon unter dem Namen Theaterkaffeehaus bekannt. Nach dem Tod Gregor Jacomuzzis, am 9. Juni 1815, kam das Café in den Besitz von Friedrich Rieninger und 1832 in den von Karl Petter. Petter ließ das Lokal im Jahr 1832 von dem Architekten Josef Georg Kornhäusel vollständig renovieren. Es wurden vier Zimmer, darunter zwei Billardzimmer, ein Lese- und ein Spielzimmer, eingerichtet. Er ließ das komische Türschild entfernen und ließ stattdessen von Josef Ziegler drei Bildnisse eines Türken im Jugend-, Erwachsenen- und Greisenalter und ein Bildnis einer Türkin anfertigen. Diese vier Gemälde wurden zwischen den Säulen, die das Portal des Kaffeehauses bildeten, angebracht. Zudem malte Ziegler sechs ovale Tafeln, die Geschichte des Kaffeehauses betreffend.

Das Lokal war unter Petter wegen seiner Eleganz und des geschmackvollen Kaffees bekannt. Außerdem lagen hier alle Provinzialzeitungen auf. Ins Café kamen vor allem Angehörige von Schauspielkreisen, wie etwa Friedrich Beckmann. Noch um 1846, als das Lokal einem gewissen Herrn Föderl gehörte, war es noch immer Mittelpunkt von Literaten und Künstlern. Das Café hat sich lange Zeit an demselben Platz als Café Dobner erhalten. 1907 wurde es durch Carl Stephan in späthistoristisch-secessionistischer Bauart erneuert. 1922 konstituierte sich die "Vereinigung der künstlerischen und kunsttechnischen Mitarbeiter der Filmerzeugung Österreichs" unter ihrem Präsidenten, den Schauspieler und Regisseur Heinz Hanus, im Café Dobner und hatte hier auch seinen Vereinssitz. Dieser erzählte später, dass er hier bereits 1908 den späteren Regisseur und Produzenten Anton Kolm kennengelernt hatte, der ihn angeblich in einem 1908 gedrehten Film als Schauspieler einsetzte.

Das Café Dobner ist unter allen Vorstadtkaffeehäusern das einzige Kaffeehaus, das bis nach dem Zweiten Weltkrieg kontinuierlich an derselben Stelle erhalten blieb. 1950 wurde das Café Dobner geschlossen. Es gilt als das älteste internationale Artistenlokal und beliebter Treffpunkt der Operettenkünstler. Aus den Kreisen der Schauspieler erstand die Kleinkunstbühne "Literatur am Naschmarkt" (Eröffnung 23. November 1933 durch den "Bund junger Autoren", dessen Obmann der Schriftsteller Rudolf Weys war), die kabarettistische Kultur- und Zeitkritik bot und als die erfolgreichste und am prominentesten besetzte Kleinkunstbühne Wiens galt.

Nach dem "Anschluss" wurde das Kaffeehaus "arisiert" und zunächst dem SS-Obersturmbahnführer Max Führer zugesprochen, doch erhielt das Café schließlich der Juli-Putschist Direktor der "arisierten" Ankerbrotfabrik Robert Pühringer. Dieser versuchte in der Folge den Kaufpreis immer weiter zu drücken. Nach Kriegsende erfolgte die Rückstellung an die Erben der Vorbesitzer zwar formell rasch, doch vergingen über die Urteile zur Erträgnisverrechnung zwei Jahrzehnte. Die in Israel und den USA lebenden Erben kehrten nicht nach Österreich zurück. Ob und wann ein verkauf erfolgte ist unbekannt.[2]

Nach dem Zweiten Weltkrieg zog das Kabarett "Kaleidoskop" in die Räumlichkeiten ein, das zunächst (1948) im Keller der Secession gespielt hatte und 1958-1960 dem Theater am Parkring angeschlossen wurde.

Quellen

Literatur

  • Bartel F. Sinhuber: Zu Gast im alten Wien. 1989, S. 99 ff.
  • Gustav Gugitz: Das Wiener Kaffeehaus. Ein Stück Kultur- und Lokalgeschichte. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1940, S. 151-152
  • Berthold Unfried: "Arisierung" und Restitution Wiener Cafés. In: Ulrike Felber [u.a.]: Ökonomie der Arisierung. Teil 2: Wirtschaftssektoren, Branchen, Falldarstellungen. Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich Bd. 10/2. Wien-München Oldenbourg 2004, S. 869-889.
  • Das Wiener Heimatbuch – Mariahilf. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Austria Press 1963, S. 198 f.
  • Weigel-Brandstätter-Schweiger: Das Wiener Kaffeehaus. 1978, S. 19, 98
  • Das Wiener Kaffeehaus. Von den Anfängen bis zur Zwischenkriegszeit (Katalog zur 66. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien), Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1980, S. 29, 48 und 90

Einzelnachweise

  1. Gustav Gugitz: Das Wiener Kaffeehaus. Ein Stück Kultur- und Lokalgeschichte. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1940, S. 151.
  2. Berthold Unfried: "Arisierung" und Restitution Wiener Cafés. In: Ulrike Felber [u.a.]: Ökonomie der Arisierung. Teil 2: Wirtschaftssektoren, Branchen, Falldarstellungen. Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich Bd. 10/2. Wien-München Oldenbourg 2004, S. 878-883.