Kaufmännisches Vereinshaus

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Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1892
Datum bis
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung Pilgramhaus, Annakloster, Noviziathaus Societas Jesu
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt Christian Ulrich, Rudolf Dick
Prominente Bewohner
PageID 2873
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 11.04.2024 durch DYN.kuhni74
  • 1., Johannesgasse 4
  • Nr.: 1011 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 1039 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)
  • Nr.: 980 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)

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48° 12' 17.89" N, 16° 22' 18.82" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Kaufmännisches Vereinshaus (1., Johannesgasse 4; Konskriptionsnummer 980, Teil).

Vorgängerbauten

Pilgramhaus

Die älteste Erwähnung eines Hauses auf diesem Grundstücks stammt aus dem Jahr 1349. Der damalige Besitzer vermachte es einer Messstiftung. 1352 beurkundete dessen Kaplan, dass er das Haus, das bei der letzten Feuersbrunst abgebrannt sei, verkauft habe. Bald danach wurde es wieder aufgebaut und 1415 an Elisabeth Wartenauer verkauft, die es zur Beherbergung von "elendt Pilgrim, es seien Priester oder Leyen, oder andere arme Leuth" stiftete (siehe Pilgramhaus). Danach wurde von dieser Stiftung noch ein halber Garten der benachbarten Johanniterkommende zur Vergrößerung des Hauses angekauft, wobei die Johanniter die Bedingung stellten, dass ihnen das Pilgramhaus im Falle der Auflösung der Stiftung zufallen sollte.

Kloster

Nachdem 1529 im Zuge der ersten Belagerung Wiens durch die Osmanen (sogenannte Erste Türkenbelagerung) das alte Bürgerspital vor dem Kärntnertor zerstört worden war, wurde dem Bürgerspital das Klarakloster am Schweinemarkt zugewiesen (siehe Bürgerspital (Haupthaus)). Als die Nonnen, die nach Judenburg geflohen waren, nach Wien zurückkehrten, wurde ihnen das Pilgramhaus zugewiesen (siehe Annakloster). Zur Zeit seiner größten Ausdehnung umfasste der Klosterkomplex die gesamte Grundfläche der späteren Häuser Stadt 980 (Annagasse 3, 3A, 3B und Johannesgasse 4, 4A, 4B) und Stadt 982 (Kärntner Straße 37). Nachdem 1570 nur mehr eine einzige Nonne im Kloster lebte, musste diese in das Kloster St. Jakob auf der Hülben übersiedeln. Der nun leerstehende Klosterkomplex wurde nach einer provisorischen Administration ab 1581 den Jesuiten überlassen, die ihn bis 1627 vermieteten. Danach wurde es zum "Noviziathaus Societas Jesu" umgestaltet, wobei auch der 1570 als "Zuehäusl" bezeichnete Nordtrakt in der Johannesgasse (heutige Häuser Johannesgasse 4, 4A und 4B) miteinbezogen wurde.

Schule

Nach Aufhebung des Ordens im Jahr 1773 wurde das Gebäude ab 1774 als Schule benutzt. Im Nordtrakt waren nun ebenerdig die Normalschule und im ersten Stock die Realschule untergebracht. Außerdem befand sich im Haus ein Gewölbeladen und ein "Magazin für Normalschulbücherverschleiß". In den Kellerräumen, in denen schon die Jesuiten Wein verkauft hatten, gab es jetzt verpachtete Weinschenken. Am 1. März 1840 (Faschingssonntag) eröffnete hier das "Neue Elysium", eines der originellsten Vergnügungslokale des Vormärz. Die seit 1805 als "k.k. Normal Hauptschule" bezeichnete Schule beanspruchte in der Folgezeit immer größere Räumlichkeiten, insbesondere, als sie 1852 als "k.k. Normal Haupt- und Unterrealschule" mit zweijährigem Präparantenkurs und einer vierklassigen Übungsschule eingerichtet wurde. 1870 wurde sie in eine Lehrerbildungsanstalt mit vier Jahrgängen umgewandelt und im selben Jahr übersiedelte auch noch die staatliche Lehrerinnenbildungsanstalt in das ehemalige Annakloster. Das Haus wurde durch Eröffnung von Parallelklassen und der Angliederung von Bildungskursen bald zu eng und außerdem baufällig. Daher zogen 1877 die Lehrerbildungsanstalt und 1885 auch die Lehrerinnenbildungsanstalt samt dem Schulbuchverlag aus. Da die übrigen Schulen schon vorher in andere Gebäude übersiedelt waren, konnte 1887 mit dem Abbruch des ehemaligen Noviziatshauses begonnen werden.

Kaufmännisches Vereinshaus

Das Grundstück Johannesgasse 4 wurde mit Kaufvertrag vom 23. Mai 1892 vom "Wiener Kaufmännischen Verein" erworben worden, der 1892/1893 hier das "Kaufmännisches Vereinshaus" errichten ließ. Für dieses Bauvorhaben war ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben worden, bei dem der neobarocke Entwurf (klassischer Typus eines Vereinshauses) von Christian Ulrich und Rudolf Dick angenommen wurde, wobei ersterer mit der Bauleitung betraut wurde. Da das alte Gebäude zwei Keller hatte, musste ein sehr tiefes Fundament errichtet werden, wodurch auch das neue Haus einen zweistöckigen Keller erhielt. Im oberen, der zum Lichthof hin als halbes Untergeschoß ausgebildet ist, wurden Versammlungsräume, eine Kegelbahn und eine Gasthausküche samt den erforderlichen Nebenräumen eingebaut. Der untere Keller wurde mit der Zentralheiz- und Lüftungsanlage mit Motorenraum ausgestattet. Der große Saal im Erdgeschoß (mit Galerie für das Publikum und Orchestergalerie) diente als Ballsaal, aber auch für Theateraufführungen oder Vereinsversammlungen und wurde ebenfalls vermietet. Im ersten Stock waren die Vereinskanzlei, die Bibliothek und verschiedene Versammlungsräume untergebracht, die übrigen Geschoße waren als Klubräume oder für Schulungszwecke bestimmt. Die Kosten für das Haus samt Einrichtung betrugen 500.000 Kronen, zu denen noch 200.000 Kronen für den 827 Quadratmeter großen Baugrund kamen.

1924 etablierte sich das "Kleine Schauspielhaus" (später "Die Komödie", danach "Die Insel in der Komödie", seit 1951 "Metro Kino"), ein kleines elegantes Salontheater mit einem Fassungsvermögen von 453 Personen in diesem Haus.

Aufgrund eines Beschlusses des Bezirksgerichts vom 22. Mai 1938 wurde das Eigenrecht am Gebäude der "Versicherungs Anstalt der österreichischen Bundesländer, Versicherungs A.G" übertragen, die es mit den Kaufverträgen vom 18. und 24. September 1938 sowie 20. Februar 1940 dem "Verein zur Verschönerung und zum Ausbau Groß Wiens" verkaufte. Am 18. Juli 1941 wurde es von der Stadt Wien erworben.

Als das Haus gegen Ende des Zweiten Weltkrieges (12. März 1945) von einer schweren Bombe getroffen wurde, brach das Stiegenhaus in sich zusammen. Außerdem wurde eine Mauer durchbrochen und die Decke des Theaters durchlöchert. Während das Theater nach kurzer Zeit wieder den Betrieb aufnehmen konnte, dauerte es bis zum Dezember 1946, bis ein Notzugang zu den nur leicht beschädigten Wohnungen in den Stockwerken geschaffen wurde.

Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre

Vorgängergebäude:

  • Weinschenken ("Neues Elysium")
  • "Magazin für Normalschulbücherverschleiß"

Kaufmännisches Vereinshaus:

Literatur

  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990, S. 19
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 5, 2. Teil. Wien ²1956 (Manuskript im WStLA), S. 278-283