Die Büchse der Pandora (Wiener Erstaufführung)

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Sitzplan für die Privataufführung von "Die Büchse der Pandora" in Wien, 1905
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Veranstaltung
Datum von 29. Mai 1905
Datum bis 15. Juni 1905
Thema
Veranstalter Karl Kraus
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 367571
GND
WikidataID
Objektbezug Karl Kraus (Portal), Berthold Viertel, Max Reinhardt, Frank Wedekind, Irma Karczewska, Adele Sandrock, Alban Berg, Hermann Drawe, Josef Jarno, Emil Orlik, David Josef Bach, Thaddäus Rittner, Sigmund Feitler, Maximilian Zeissl
Quelle
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Letzte Änderung am 20.10.2023 durch WIEN1.lanm09mur
Bildname Sitzplan HIN-171164 0001.jpg
Bildunterschrift Sitzplan für die Privataufführung von "Die Büchse der Pandora" in Wien, 1905

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Am 29. Mai 1905 fand im Trianon-Theater im Nestroyhof die österreichische Uraufführung von Frank Wedekinds zensuriertem Skandalstück "Die Büchse der Pandora" statt. Sie war – um den strengen behördlichen Auflagen zu entsprechen – nur geladenen Gästen zugänglich, wurde aber dennoch zu einem zentralen und legendären Kulturereignis der Wiener Moderne.

Der 31-jährige Karl Kraus produzierte und organisierte die Aufführung. Er hielt einen einleitenden Vortrag und trat an diesem Abend auch als Schauspieler auf. Für viele Leser und Leserinnen der "Fackel" war es spannend, dass ihr Herausgeber sich auf diese Art erstmals öffentlich zeigte. Aber es gab auch jede Menge andere Attraktionen.

Das Stück selbst war 1902 in der Zeitschrift "Die Insel" erstmals erschienen und war im Februar 1904 am Nürnberger Intimen Theater ebenfalls als geschlossene Veranstaltung uraufgeführt worden. Diese Uraufführung ebenso wie ein anschließendes Gastspiel in München wurden zu einem Theaterskandal, der das Verbot weiterer Aufführungen in Deutschland nach sich zog. Zudem wurden Wedekind und sein Verleger Bruno Cassirer, der 1903 die ersten Buchausgabe des Stückes herausgebracht hatte, im August 1904 wegen "Verbreitung unzüchtiger Schriften" angeklagt. Der Aufsehen erregende Prozess ging über drei Instanzen und endete überraschenderweise 1906 mit einem Freispruch für den Angeklagten, bei gleichzeitiger Vernichtung der Restauflage.

Frank Wedekind erhielt nun von verschiedenen Seiten Unterstützung und so kam es zu gekürzten Inszenierungen oder Leseaufführung in München und Berlin - und dann eben auch zur Wiener Inszenierung durch Karl Kraus, der Wedekind seit 1903 auch als Autor in der "Fackel" förderte. Kraus nahm nicht nur das finanzielle Risiko auf sich, sondern überwand auch zahlreiche bürokratische Hürden, um zwei Aufführungen am 29. Mai und am 15. Juni 1929 zu ermöglichen.

Für die Rolle der "Lulu" waren verschiedenen Schauspielerinnen im Gespräch, unter ihnen Bertha Maria Denk - schließlich wurde die erst 18-jährige Tilly Newes ausgewählt, die damals noch eine relativ unbekannte Schauspielerin am Wiener Stadttheater war. Albert Heine übernahm zusammen mit Kraus die Regie und in weiteren Rollen traten Arnold Korff, Adele Nova, Alexander Rottmann, Adele Sandrock und Irma Karczewska auf.

Trotz des weitgehenden Boykotts der Wiener Presse war die Inszenierung ein großer Erfolg. Eine detaillierte Übersicht des Zuschauerraums mit den Namen aller geladenen Gäste, die Kraus zur zweiten Vorstellung bei der Zensur einreichte, zeigt, dass viele bekannten Personen der Wiener Kulturszene sich bei diesem Event versammelten. Unter ihnen waren Max Reinhardt, Alban Berg, Berthold Viertel, Josef Jarno, Hermann Drawe und möglicherweise sogar Sigmund Freud.