Die Fackel

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Titelseite der ersten Ausgabe von "Die Fackel"
Daten zur Organisation
Art der Organisation Zeitung
Datum von April 1899
Datum bis Februar 1936
Benannt nach
Prominente Personen Karl Kraus
PageID 11723
GND
WikidataID
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Bildname DieFackel1.png
Bildunterschrift Titelseite der ersten Ausgabe von "Die Fackel"
  • 3., Hintere Zollamtsstraße 3

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48° 12' 42.38" N, 16° 23' 14.30" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Die Fackel, Zeitschrift.

Anliegen

Karl Kraus gründete "Die Fackel" mit dem Ziel, mit den Mitteln der Polemik und der Satire soziale Missstände aufzuzeigen. "Das politische Programm dieser Zeitung scheint somit dürftig; kein tönendes 'Was wir bringen', aber ein ehrliches 'Was wir umbringen' hat sie sich als Leitwort gewählt. Was hier geplant wird, ist nichts als eine Trockenlegung des weiten Phrasensumpfes [...]" - das versprach die erste Nummer und hielt diese Versprechen, wiewohl die Zeitschrift und ihr Herausgeber in 37 Jahren unterschiedlichste Phasen durchliefen. Die "Fackel" wurde oft als "Anti-Medium" bezeichnet und als eines ihrer wesentlichsten Charakteristika durchzieht sie Kraus' Presse- und Medienkritik (verdichtet auch in dem Text "Der Untergang der Welt durch schwarze Magie") – verbunden mit seiner Sprach- und Kulturkritik. Zweck der Zeitungen sei es, so Kraus, "Tatsachen wiederzugeben". Das Grundübel der Presse bestand für Kraus darin, dass Zeitungen Stimmungen erzeugen, Meinung machen und so auf das Vorstellungsvermögen und kritische Denken zerstörerisch wirken. Das Beharren auf Faktizität und das Entlarven der einflussmächtigen, phrasendreschenden Presse - vor allem der großbürgerlichen "Neuen Freien Presse" - blieb eine der eindrücklichsten Linien dieser Zeitschrift.

Vorarbeiten zur "Fackel", die Kraus' Arbeitsweise dokumentieren
Titelseite von "Die Fackel" Nummer 889

Form und Themen

"Die Fackel" erschien zwischen Anfang April 1899 und Februar 1936 in 922 Nummern auf 22.578 Seiten. Die erste Nummer der kleinformatigen Zeitschrift mit dem tiefroten Umschlag kam Anfang April 1899 heraus, anfangs im Umfang von 16 bis 32 Seiten dreimal im Monat, ab 1904 in zwangloser Folge, ab 1916 "mindestens viermal im Jahre", dafür zunehmend in oft umfangreichen Mehrfachnummern. Ab 1901 wurde die Fackel von der Druckerei Jahoda & Siegel hergestellt, wo sich ab 1907 auch der Sitz des Verlags "Die Fackel" befand. Von 1899 bis 1901 war das Titelblatt der roten Hefte illustriert, 1909 wurde es "entornamentalisiert". Verlagsort war immer Wien, Ausweitungen nach Deutschland (Leipzig, Berlin, München) blieben ephemer. Ab der ersten Nummer galt ein Nachdruckverbot, dessen Übertretung hin und wieder zu Prozessen oder Polemiken führte.

Während Karl Kraus in den ersten zehn Jahren seiner Herausgeberschaft noch Allianzen und Kooperationen mit anderen zeit- und gesellschaftskritischen Unternehmen und Personen suchte, Autoren wie Peter Altenberg, Josef Schöffel Frank Wedekind, Oscar Wilde oder Georg Trakl in seiner Zeitschrift brachte und junge Kollegen wie Otto Soyka oder Berthold Viertel zur Mitarbeit einlud, begann 1911 die Phase der Alleinautorschaft.

Kraus setzte sich in seiner Zeitschrift nicht nur mit der Presse und der Kulturszene seiner Zeit auseinander, sondern auch mit zeithistorischen Ereignissen. Im Ersten Weltkrieg wurde die "Fackel" - zusammen mit der Arbeiterzeitung, mit der sie sich teilweise auch zusammentat - zu einer der wichtigsten kriegskritischen Instanzen und als solche auch teilweise zensuriert, wobei Kraus sehr geschickt vorging. Nach dem Krieg wurde nicht nur die untergangene Monarchie, sondern auch die Presse- und Börsenspekulationen sowie neue Medien ein wichtiges Thema - Großkampagnen gegen den Zeitungsmogul Imre Békessy oder Alfred Kerr wurden auch systematisch vor Gericht ausgetragen und in Vorlesungen publik gemacht. Auch die Julidemonstration 1927 und der ihr folgende Justizpalastbrand nahmen viel Raum in der "Fackel" ein - Kraus' Kampagne gegen den für das Massaker (90 Tote) verantwortlichen Polizeipräsidenten Johannes Schober wurde über das Tribunal der "Fackel" hinaus ein öffentliches Ereignis. Kraus ließ ein Plakat mit der Aufschrift „Ich fordere Sie auf, abzutreten“ affichieren und sein "Schoberlied" massenhaft unter die Leute bringen. Die "Fackel" dokumentiert Ereignisse und Kampf systematisch bis Mai 1928 mit - in den Heften „Der Hort der Republik“ (F 766–770), „Mein Abenteuer mit Schober“ (F 771–776), „Das Ereignis des Schweigens“ (F 777)„ Blut und Schmutz oder Schober entlarvt durch Bekessy“ (F 778–780). Das Theaterstück "Die Unüberwindlichen", in der Schober als Wacker auftritt, rundet die Kampagne ab. Auch die Zerstörung der Demokratie in den 1930ern Jahren wurde in der "Fackel" zum Thema, auch wenn sich Kraus in dieser Zeit zunehmend gern in seine Sprachlehre und zu Shakespeare zurückzog. In dieser Zeit verlor Kraus viele Anhänger, da er 1934 angesichts der nationalsozialistischen Bedrohung dezidiert Partei für das autoritäre Regime und seinen ‚kleinen‘, in seinen Augen heldenhaften Kanzler Engelbert Dollfuß ergriff.

Die ‚große Zeit‘ der Fackel endete 1933/34 mit dem Gedicht „Man frage nicht“, Teilen der erst posthum veröffentlichten "Dritten Walpurgisnacht" und der paradoxen Antwort auf die Frage „Warum die Fackel nicht erscheint“. Die beiden letzten Jahre waren viel konservierender Arbeit gewidmet, doch im letzten Heft (F 917–922) entfaltete Kraus im Februar 1936 nochmals alle Register seines Fackelwerks: einerseits in der Verteidigung des dichterischen Worts gegen die Verfilmung des Sommernachtstraums durch den ‚Fetisch‘ Max Reinhardt („Der ganz große Humbug“); andererseits durch die dialektische Zerlegung der politischen Phraseologie des ‚Moskauderwelsch‘ und der ‚Nationalsozialdemokratie‘ („Wichtiges von Wichten“). Das letzte Heft endet mit dem Wort „Trottel“.

Kraus gruppierte aus vielen Artikeln der Fackel Sammelbände ("Schriften"); auch seine Gedichte erschienen zumeist erst in der Fackel. Die Hefte der Fackel enthalten ausführliche Dokumentationen zu seinen Vorlesungen (ab 1910).

"Die Fackel" zählt noch heute zu den wichtigsten ästhetischen, sozial- und kulturgeschichtlichen Dokumenten der österreichischen Literatur.

Quellen

Literatur

  • Katharina Prager / Simon Ganahl [Hg.]: Karl Kraus-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Berlin: J.B. Metzler 2022
  • Gilbert Carr: Demolierung – Gründung – Ursprung. Zu Karl Kraus' Frühen Schriften und zur frühen Fackel. Würzburg: Königshausen und Neumann 2019
  • Kurt Krolop: Reflexionen der Fackel. Neue Studien über Karl Kraus. Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften 1994
  • Gerald Stieg: Der Brenner und die Fackel. Ein Beitrag zur Wirkungsgeschichte von Karl Kraus. Salzburg: Otto Müller Verlag 1976
  • Otto Kerry: Karl Kraus. Eine Bibliographie. München: Kösel 1970
  • Friedrich Jenaczek: Zeittafeln zur Fackel. Themen, Ziele, Probleme. Gräfelfing b. München: Gans / München: Kösel in Komm. 1965 (Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Abteilung, 11)