David Josef Bach

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David Bach
Daten zur Person
Personenname Bach, David Josef
Abweichende Namensform
Titel Dr.
Geschlecht männlich
PageID 1382
GND 118927477
Wikidata Q5235755
Geburtsdatum 13. August 1874
Geburtsort Lemberg 4035304-7
Sterbedatum 31. Jänner 1947
Sterbeort London 4074335-4
Beruf Musikschriftsteller, Volksbildner, Kritiker
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Adolf Loos (Portal), Karl Kraus (Portal)
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 16.04.2024 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname David Bach.jpg
Bildunterschrift David Bach

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Visitenkarte von David Josef Bach mit persönlicher Notiz an Adolf Loos, um 1920

David Josef Bach, * 13. August 1874 Lemberg, Galizien, † 31. Jänner 1947 London, Musikschriftsteller, Volksbildner, Kritiker.

Biografie

Herkunft

David Josef Bach kam 1874 als Sohn von Eduard Bach (9. September 1870 Lemberg) und Henriette Nelken in Lemberg zur Welt. Die Familie übersiedelte wenig später nach Wien, wo Eduard Bach zunächst ein kleines Geschäft als Hutmacher betrieb und dann als Buchhalter tätig war. Zusammen mit seinem älteren Bruder Max Jakob Bach – später sozialdemokratischer Politiker und Publizist sowie englischer Korrespondent der "Neuen Freien Presse" – besuchte David Josef Volksschule und Gymnasium im II. Wiener Gemeindebezirk.

Bereits aus der Schulzeit datiert sein Interesse und Engagement für Arbeiterbewegung und Sozialismus, das bis zu einer Begegnung mit Victor Adler führte. Außerdem begeisterte sich der Schüler für Musik und freundete sich mit dem gleichaltrigen Arnold Schönberg an. 1892 maturierte David Josef Bach mit Auszeichnung und begann in Folge an der Universität Wien Philosophie und Philologie zu studieren. Er besuchte Vorlesungen von Ernst Mach und Ludwig Boltzmann und promovierte 1897 mit einer Dissertation über David Hume.

Wirken

Nach dem Studium war Bach als freier Schriftsteller und Journalist tätig – er schrieb für "Die Zeit", die "Neue Freie Presse", die "Arbeiter-Zeitung" wie auch für "Der Kampf", das theoretische Organ der SDAP. Ab 1904 – nach dem Tod von Josef Scheu – wurde er Musikkritiker und Redakteur bei der "Arbeiter-Zeitung".

Zu den zentralen Anliegen von Bach gehörte es, der Arbeiterbewegung bürgerliche Kunst und Kultur zu erschließen sowie junge und moderne Kunst zu fördern. Mit der Unterstützung von Victor Adler initiierte Bach die Arbeiter-Symphoniekonzerte, deren erstes am 28. Dezember 1905 mit großem Erfolg im Großen Musikvereinssaal stattfand. Bach organisierte diese Konzerte, die zum festen Bestandteil des Wiener Musiklebens wurden, auch in Folge (erst 1922 übernahm Anton von Webern ihre Leitung). Ganz im Sinne Bachs kamen dort Werke damals noch unbekannter Musikschaffender zur Aufführung, unter ihnen Alban Berg, Hanns Eisler oder eben Arnold Schönberg, dessen Werk Bach durch seine gesamte Karriere hindurch in unterschiedlichsten Kontexten förderte. Ebenso engagierte sich Bach für die Gründung der Wiener Freien Volksbühne. Diese sollte, nach dem seit 1890 bestehenden Berliner Vorbild, der Arbeiterschaft ein leistbares und niveauvolles Theater ermöglichen.

David Josef Bach heiratete 1906 Gisela Cohn (1865–1953) aus Budapest. Im selben Jahr wurde er, der sich schon in seinem Studium für experimentelle Psychologie interessiert hatte, von Alfred Adler in die Psychologische Mittwochs-Gesellschaft eingeführt, aus der er 1911 in Folge der Kontroverse zwischen Sigmund Freud und Adler wieder austrat.

1917 übernahm Bach als Nachfolger von Engelbert Pernerstorfer die Feuilletonredaktion der "Arbeiter-Zeitung" und gab zudem ab 1918 gemeinsam mit Julius Bittner die Musik-Zeitschrift "Der Merker" heraus. Noch bedeutender aber war seine Rolle als Leiter der 1919 neu gegründeten Sozialdemokratischen Kunststelle (neben Josef Luitpold Stern), die der Arbeiterschaft Zugang zu kulturellen Angeboten ermöglichen sollte und bis 1934 das Kulturleben der Stadt Wien entscheidend entlang des austromarxistischen Bildungsideals gestaltete. Nicht zuletzt durch seine journalistische Tätigkeit gewann diese Kulturpolitik große Resonanz und machte Bach stadtbekannt.

Ein Beweis für David Josef Bachs Organisationstalent wie auch seine diplomatischen Fähigkeiten war auch, dass es ihm gelang, den eigenwilligen Satiriker Karl Kraus zur Zusammenarbeit mit der Kunststelle zu gewinnen und dieser so eine etwa fünf Jahre andauernde kreative Allianz mit der österreichischen Sozialdemokratie einging, die bis 1925 andauerte. Insgesamt hielt Kraus über zwanzig Vorlesungen speziell für ein Arbeiterpublikum. So las er etwa bei den Feierlichkeiten zum Gedenken an die Gründung der Republik "für die Arbeiterschaft Wiens", aber auch am internationalen Tag der Arbeit an so zentralen Orten wie der Hofburg oder im Wiener Rathaus. Das Musik- und Theaterfest im Herbst 1924 – als einer der Höhepunkte von Bachs Wirken – markierte den Beginn von Auseinandersetzungen, die in einer Kraus'schen Polemik gegen Bach endeten. Doch immerhin war es der (von Kraus später so heftig kritisierten) "Konsenspolitik" von Bach gelungen, den Publizisten auf das sozialistische Kulturideal zu verpflichten und somit eine Brücke zwischen den Intellektuellen der Mittelschicht und der organisierten Arbeiterschaft zu bauen.

Auch zusammen mit dem Architekten Adolf Loos, der 1919 in seiner Schrift "Richtlinien für ein Kunstamt" die Verpflichtung des Staates zur Vermittlung künstlerischer Leistungen gegenüber der Bevölkerung ausformulierte und ein enger Freund von Kraus war, tat sich Bach zusammen. Die beiden plädierten für die Errichtung eines "Staatsamtes der schönen Künste". Während Loos jedoch darunter ein pädagogisches Instrument zur Kunsterziehung der Bevölkerung sah, wollte Bach auch die Künstler fördern und ihre wirtschaftlich prekäre Lage nach dem Ersten Weltkrieg verbessern helfen.

Ab 1926 war Bach zudem noch als Herausgeber der Zeitschrift "Kunst und Volk" tätig. Ende 1933 – in jenem Jahr, in dem die Regierung Dollfuß schrittweise die Demokratie und besonders das Rote Wien zerstörte – schied Bach aus der Redaktion der "Arbeiter-Zeitung" aus und ging in Pension. Die "Sozialdemokratische Kunststelle" leitete er noch bis zu dem Tag, an dem die Februarkämpfe 1934 begannen und die österreichische Arbeiterbewegung, für die Bach sich lebenslang eingesetzt hatte, niedergeschlagen wurde. Das letzte Arbeiter-Symphoniekonzert fand am 11. Februar 1934 statt.

Exil

David Josef Bach wurde 1939 ins Exil vertrieben und emigrierte nach England. Da sein älterer Bruder Max schon länger in London lebte, ließ auch er sich mit seiner Frau dort nieder. David Josef Bach war Präsident der Union österreichischer Journalisten in England und nahm am Kulturprogramm des Austrian Centre teil. Er kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nach Wien zurück, sondern starb im Jänner 1947 in London.

Quellen

Literatur

  • Edward Timms: Dynamik der Kreise, Resonanz der Räume. Die schöpferischen Impulse der Wiener Moderne. Weitra: Bibliothek der Provinz 2013
  • Klaus Dieter Paar: David Josef Bach. Austromarxistische Kunstpolitik am Beispiel der Musik. Dipl.Arb. Univ. Wien. Wien 2012 Online verfügbar
  • Edward Timms: Karl Kraus. Apokalyptic Satirist. The Post-War Crisis and the Rise of the Swastika. London: Yale University Press 2005
  • Henriette Kotla-Werner: David Josef Bach. In: Friedrich Stadler [Hg.]: Vertriebene Vernunft. Bd. 2. Münster / Wien 2004
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [u. a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
  • Burkhardt Rukschcio / Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg: Residenz Verlag 1982
  • Oskar Kokoschka. Die frühen Jahre, Zeichnungen und Aquarelle. Historisches Museum der Stadt Wien, 2. Dezember 1982 bis 30. Jänner 1983. Wien: Museen der Stadt Wien [1982] (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 79), S. 31 f.
  • Werner Röder [Hg.]: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. International biographical dictionary of Central European émigrés 1933−1945. München: Saur 1980
  • Henriette Kotlan-Werner: Kunst und Volk. David Josef Bach. 1874−1947. Wien: Europaverlag 1977 (Materialien zur Arbeiterbewegung, 6)
  • Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 28.01.1957, 28.01.1972, 10.08.1974
  • Jean Maitron / Georges Haupt [Hg.]: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Band 1: Autriche. Paris: Éditions Ouvrières 1971
  • Hugo Riemann: Riemann Musiklexikon. In drei Bänden. Personenteil A−K. Mainz: Schott 1959

Weblinks