Babenbergerpfalz am Hof

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Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1155
Datum bis unbekannt
Andere Bezeichnung Burg, Herzogshof
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Babenberger
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner Heinrich II. Jasomirgott, Leopold V.
PageID 32464
GND
WikidataID
Objektbezug Mittelalter
Quelle
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Letzte Änderung am 11.11.2022 durch WIEN1.lanm08uns
  • 1., Am Hof 2

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48° 12' 38.34" N, 16° 22' 4.80" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Nicht mehr erhaltener Gebäudekomplex im Bereich des heutigen Platzes 1, Am Hof. Heinrich II. Jasomirgott ließ in der südwestlichen Ecke des ehemaligen römischen Legionslagers Vindobona 1155 eine Pfalz errichten. In jenem Jahr kehrte er von Regensburg nach Wien zurück, denn er musste das Herzogtum Bayern an die Welfen zurückgeben.
Gleichzeitig stiftete er das damals noch außerhalb der Mauern Wiens liegende Schottenkloster. 1156 wurde Österreich mit dem Privilegium minus zum Herzogtum erhoben und Heinrich II. wurde Herzog von Österreich. Die Pfalz bestand aus mehreren Gebäuden, die sich um einen freien Platz gruppierten, der für Festivitäten, Turniere und Heerschauen Verwendung fand. Sie war zumindest teilweise durch Tore abgegrenzt. Es handelte sich um keine Burg im engeren Sinne des Wortes, sondern vielmehr um einen pfalzähnlichen Hof. Den Mittelpunkt bildete das Haus des Herzogs ("domus ducis", erwähnt 1243), das ihm und seiner Familie als Unterkunft diente. Es befand sich im Bereich um die heutige Kirche "Zu den neun Chören der Engel".[1] In der Bognergasse befand sich ein Tor (erwähnt 1317); durch ein Tor bei der heutigen Irisgasse ("Reflertor", erwähnt 1375) erreichte man das Herzogsbad (Neubadgasse). Zum Herzogshof gehörten zwei Kapellen (Pankrazkapelle, Am Hof 3-4, Johanneskapelle, im Bereich der heutigen Kirche "Zu den neun Chören der Engel". Der Hof der Babenberger in Klosterneuburg hatte ebenfalls je eine Johannes- und eine Pankrazkapelle. Unter Herzog Leopold V. war der Hof Schauplatz von Festen, die mit den Minnesängern Reinmar von Hagenau und Walther von der Vogelweide in Verbindung stehen.

Bauliche Überreste

Im Nordwesten und Südwesten grenzte die Befestigung des römischen Legionslagers das Pfalzareal ein. 1953 wurde im Bereich des Hauses Am Hof 9 die Lagermauer freigelegt, an der eine möglicherweise mittelalterliche Instandsetzung beobachtet wurde.[2] Darüber hinaus ist bei Kanalarbeiten im Straßenraum vor dem Haus Heidenschuss 3 eine parallel zur Straßenflucht verlaufende Mauer angeschnitten worden, die über eine Länge von mehr als 9 m verfolgt werden konnte. Die Mauer bestand aus Quadermauerwerk einschließlich Steinbögen und kann in das 12. Jahrhundert datiert werden. Es handelt sich wahrscheinlich um den Rest eines Stadt- bzw. Pfalztors bzw. einer Brücke über dem ehemaligen Ottakringerbach (Tiefer Graben).[3]
Bereits 1913/1914 wurde an der Ostseite der Pfalz beim Abbruch des alten Kriegsministeriums (Am Hof 2), wie ein Foto in den Beständen des Wien Museums zeigt, eine mächtige, quaderartige Mauer hochmittelalterlicher Zeitstellung freigelegt, die jedoch heute nicht genau lokalisiert werden kann.
2007 wurden im Westen des Platzes unter der Fahrbahn vor den Häusern Am Hof 7-9 Spuren eines mittelalterlichen aber nicht näher datierbaren Gebäudes freigelegt. Es handelt sich um einen mindestens 20 m langen und bis zu 1,7 m breiten Graben, der die Lage einer nicht mehr erhaltenen Nordost-Südwest verlaufenden Mauer nachzeichnete. An seinem südwestlichen Ende biegt der Graben in einem 90°-Winkel nach Südosten ab und spiegelt damit eine Gebäudeecke wieder.[4]
Die einzigen heute noch sichtbaren Reste der Pfalz befinden sich im Kellergeschoß des Hauses Am Hof 13 Collalto Palais. Es handelt sich einerseits um eine von Nordosten bis Südwesten verlaufende Mauer, die in Richtung des Durchgangs zum Schulhof zieht, andererseits um einen Rundturm mit 4 m Innendurchmesser und fast 3 m Mauerstärke, der bis zu 3,6 m hoch erhalten ist. Der Raum innerhalb des Turms war primär von Westen, also platzseitig begehbar. Das Mauerwerk dieser baulichen Überreste ist in das frühe 13. Jahrhundert zu datieren.[5] Die mehr als 1,7 m lange und nur mehr 0,7 m hoch erhaltene Mauer gehörte entweder zu einem entlang der Seite des Platzes verlaufenden Gebäude oder zu einem Tor der Pfalz, das 1437/53 als "Türl" an etwa dieser Stelle überliefert ist.[6]
Im Jahr 2013 wurde die älteste Schotterung der Platzoberfläche rund 1,6 m tiefer als das heutige Niveau dokumentiert. Sie konnte durch Keramikfunde in das 12. oder 13. Jahrhundert datiert werden.[7]

Diese verschiedenen Hinweise erlauben zwar keine gesicherte Rekonstruktion der Pfalzanlage, jedoch wird deutlich, dass die Pfalz aus mehreren Steingebäuden und wohl auch aus bisher nicht nachweisbaren Holzbauten bestanden haben dürfte.

Das Ende der Pfalz

Im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts wurde an der neuen Stadtmauer beim Widmertor mit dem Bau einer neuen Burg begonnen, der Kern der heutigen Hofburg (Schweizertrakt). Unter König Ottokar II. Přemysl war der Neubau wahrscheinlich weitgehend vollendet.[8] Die Pfalz verlor damit ihre Funktion. Ein Teil des Herzogshofs wurde zunächst zum Sitz der landesfürstlichen Münze und kam 1365 an die Karmeliten.

Literatur

  • Günther Buchinger / Paul Mitchell / Doris Schön: Das Palais Collalto. Vom Herzogshof und Judenhaus zum Adelspalast. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege, 56/4 (2002), S. 402-419
  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 4
  • Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien 41, S. 81 ff.
  • Salomon Kleiner: Das florierende Wien. Vedutenwerk in vier Teilen aus den Jahren 1724-37. Dortmund: Harenberg Kommunikation 1979
  • Harry Kühnel: Die Hofburg. Wien [u.a.]: Zsolnay 1971 (Wiener Geschichtsbücher, 5), S. 9 ff.
  • Heike Krause / Martin Mosser: Wien 1, Am Hof 1–2/Bognergasse 4/Seitzergasse 1–3. In: Fundort Wien 17 (2014), S. 224-232
  • Martin Mosser: Wien 1. Am Hof 7-10. In: Fundort Wien 11 (2008), S. 340
  • Martin Mosser / Christoph Öllerer: Bericht über die archäologische Grabung Wien 1, Bognergasse, Am Hof, Irisgasse, Naglergasse, Tuchlauben. In: Fundberichte aus Österreich 51 (Digitaler Teil, 2012), S. D3510-3523
  • Alfred Neumann: Die römischen Baureste Am Hof 9. Wien: Verlag des Historischen Museums der Stadt Wien 1958
  • Richard Perger: Grundherren. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 19 (1963), S. 40 ff
  • Richard Perger / Walther Brauneis: Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1977 (Wiener Geschichtsbücher, 19/20), S. 122 f. (Kapellen)
  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Franz Deuticke 1991, S. 11-13
  • Mario Schwarz [Hg.]: Die Wiener Hofburg im Mittelalter. Von der Kastellburg bis zu den Anfangen der Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2015

Einzelnachweise

  1. Perger 1963
  2. Neumann 1958, S. 27
  3. Mosser / Öllerer 2012, D3520 f.
  4. Mosser 2008, S. 340
  5. Buchinger, Mitchell, Schön 2002, S. 404-407
  6. Perger 1963, S. 42
  7. Krause/Mosser 2014, S. 229 f.
  8. Schwarz 2015