Collaltopalais

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Am Hof 13, Collalto-Palais, 1898
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung Czieglhaus, Im Elend, Zum Elend
Benannt nach Rombald Graf Collalto
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner Francois Josef Lefebvre, Stanislaus Kostka
PageID 21345
GND 4751000-6
WikidataID Q2046934
Objektbezug Mozartgedenktafel (1, Am Hof 13), Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 11.04.2024 durch DYN.kuhni74
Bildname HMW 023954.jpg
Bildunterschrift Am Hof 13, Collalto-Palais, 1898
  • 1., Am Hof 13
  • 1., Schulhof 8
  • 1., Parisergasse 1
  • Nr.: 235 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 420 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 453 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)

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48° 12' 40.71" N, 16° 22' 6.91" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Am Hof 13 (Collaltopalais, Schulhof 8, Parisergasse 1; Konskriptionsnummer 420).

Das Palais Collalto liegt an der Schnittstelle zwischen der einstigen Babenbergerpfalz Am Hof und dem spätmittelalterlichen jüdischen Viertels um den Judenplatz. Es wurde 2001 renoviert und dabei einer grundlegenden Bauforschung unterzogen.

Baubeschreibung

Die Fläche des heutigen Grundstücks beträgt rund 1.500 Quadratmeter und vereint zwei historische Grundstücke: nach Westen jenes des Hauses Am Hof 13 und nach Osten des Hauses Parisergasse 1. Die hochbarocke Hauptfassade zum Platz Am Hof ist durch korinthische Riesenpilaster an einem flachen Mittelrisalit und ein pilastergerahmtes Korbbogenportal mit Balkon gegliedert. Die Fassaden zum Schulhof und zur Parisergasse stammen hingegen aus dem Klassizismus. Zwischen dem Haupthaus im Westen und der Kirche am Hof befindet sich ein Verbindungstrakt mit segmentbogiger Durchfahrt. Der trapezförmige Innenhof besteht aus Trakten mit hochbarocker Fassade im Norden und Westen und einem klassizistischen Seitentrakt im Süden mit Blendarkaden und einer dreigeschoßigen, heute geschlossenen Pawlatsche.
Die korbbogige Einfahrt zum Platz Am Hof ist tonnengewölbt. Links führt eine vierarmige Haupttreppe mit Platzlgewölbe in die Obergeschoße. Die Erdgeschoßräume dieses westlichen Trakts sind durchgehend mit Stichkappentonnen versehen.

Reste der Pfalz der Babenberger

Im Keller des westlichen Trakts sind Reste der Babenbergerpfalz erhalten – ein Rundturm sowie eine Mauer.

Die Geschichte des Hauses Am Hof 13 bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts

Laut Günther Buchinger et al. ist das westliche Haus Am Hof 13 aus zwei kleinen spätmittelalterlichen Häuser zusammengewachsen.[1] Im späten 14. Jahrhundert lagen beide nach der Überlieferung am ehemaligen Herzogshof. Im Kellergeschoß des westlichen Trakts befinden sich heute Reste dieser Gebäude. An der Ostwand neben dem Turm ist die neun Meter lange Mauer eines Kellers des 13. Jahrhunderts, südlich davon sind die Fundamente eines gleichaltrigen Gebäudes mit circa 4,3 Meter lichter Breite und mehr als fünf Meter Länge erhalten, das sich nach Süden in Richtung der heutigen Kirche Am Hof erstreckte.
Im späten 14. Jahrhundert wurden beide Parzellen zu einem Grundstück vereint, bevor sie vor 1400 an Mendel von Traiskirchen kamen. Später fiel das Haus an Hanns Warnhofer und 1438 an seinen Sohn Ulrich. Spätestens jetzt wurde der nördliche Teil des Grundstücks verbaut. Im Norden ist heute noch ein Kellerraum erhalten, der von einem zweijochigen Kreuzgratgewölbe mit spitzbogigem Querschnitt überspannt ist. Der Raum war ursprünglich mit einem südlich liegenden, zeitgleichen Raum verbunden. Das zugehörige Mauerwerk datiert die Anlage in das 15. Jahrhundert.
Am Ende des 15. Jahrhunderts lag das Haus brach, bis es 1521 der Wiener Ratsherr Sebastian Schrantz der Ältere kaufte und es renovieren ließ. Spätestens ab diesem Zeitpunkt führte das Haus die Bezeichnung „zum Elend“. Das Kellergeschoß im Süden des Hauses wurde nun in einen großen Einstützenraum verwandelt, der den südlichen der beiden nördlichen Kellerräume zerstörte. Der Mittelpfeiler stützt Kreuzgratgewölbe mit spitzbogigem Querschnitt. Der Keller wurde bis in das 18. Jahrhundert direkt vom Platz erschlossen. Im Erdgeschoß befindet sich auch, direkt über der Stelle des Kellerpfeilers, ein weiterer, oktogonaler Pfeiler. Diese Anlage kann anhand der architektonischen Details und dem Mauerwerk noch in die Spätgotik, also in das frühe 16. Jahrhundert datiert und aus diesem Grund der Zeit von Schrantz zugeordnet werden. Schrantz erweiterte seinen Besitz um Bereiche des Grundstücks des heutigen Hauses Am Hof 12 und des ehemaligen Judengartens nach Osten. Sebastian Schrantz der Jüngere übernahm 1538 das Haus seines verstorbenen Vaters.
1560 wurde das Haus durch Kaiser Ferdinand I. erworben, um eine adelige Schule unter der Leitung der Jesuiten einrichten. Der westliche Trakt des ehemaligen Schrantz-Hauses wurde nach 1522 ausgebaut. Er wies drei Obergeschoße auf und wurde vom Hof über eine Wendetreppe im Nordosten erschlossen. Neben dem Durchgang zum Schulhof, der damals schmaler war als heute, befand sich ein Abortturm. Die Obergeschoße waren entlang der Längsachse geteilt, platzseitig mit Speise-, Studier- und Schlafsaal für die Knaben, hofseitig lagen Küche, Heizräume und kleine Kammern. Ein Trakt an der Nordseite des Innenhofs wurde mit dem Besitzer des Hauses Parisergasse 1 geteilt. Das Schulprojekt wurde schon 1565 aufgegeben, denn die protestantischen Stände waren nicht bereit, ihre Söhne den Jesuiten anzuvertrauen. Vor 1614 kam das Haus an einen ungarischen Protestanten, den Grafen Georg Thurzo von Bethlehemsfalva, der kurz danach auch das Haus Parisergasse 1 erwarb.

Die Geschichte des Hauses Parisergasse 1 bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts

Ein Großteil der Bausubstanz des Hauses an der Parisergasse reicht ebenfalls in das 13. Jahrhundert zurück. Dazu zählen vier Doppeltrichterfenster mit Rundbogenabschluss, die 2001 im südlichen Teil der Straßenfassade freigelegt wurden. Sie gehörten zu einem Steinbau mit trapezförmigem Grundriss und circa 125 Quadratmeter Fläche. Weiter nördlich wurden die letzten Reste einer Holzverbauung gefunden. Das Niveau der Straße lag damals mehr als 1m tiefer als heute.
In einer weiteren Phase wurde die Nordmauer des Kernbaus abgebrochen und das Haus über die gesamte Breite des Grundstücks erweitert. Das Erdgeschoß bestand nun aus einer zentralen Einfahrt mit je zwei links und rechts von ihr abgehenden Räumen. Der südlichste Raum wurde nun abgetieft und durch einen Pfeiler, das wohl ein Gewölbe gestützt haben dürfte, zu einem typischen Handelsgewölbe des Wiener Mittelalters. In der 3,5 Meter breiten Einfahrt befanden sich mindestens drei gotische Sitznischen, dessen Reste die am besten erhaltenen ihrer Art in Wien sind. Die Sitznischen können in das dritte Viertel des 13. Jahrhunderts bzw. um 1280 datiert werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Haus mindestens ein steinernes Obergeschoß. Im ummauerten Hof befand sich der ebenfalls erhaltene und mit 1,8 Meter Innendurchmesser ungewöhnlich große Hausbrunnen.
Dieses mittelalterliche Haus gehörte zum jüdischen Viertel und stand auch neben einem Tor des Viertels, das archäologisch dokumentiert werden konnte. Die letzte jüdische Besitzerin war Mierl, die Frau von Adam von Leubs. Nach der Auflösung des Viertels 1420, der sogenannten Geserah, wurde das Haus oder ein Teil davon einem adeligen Gefolgsmann des Herzogs, Hans von Puchheim, übergeben.
Ein weiterer Ausbau des Hauses fand offenbar erst unter Bartholomäus Prantner statt, der spätestens 1566 das Grundstück besaß. Prantner war wichtiger Wiener Politiker und 1580/1581, 1584/1585 und 1592-1595 Bürgermeister von Wien. Prantners Ausbau kann anhand der Hofquartierbücher sowie anhand des Baustils in die Zeit zwischen 1566 und 1577 datiert werden. Zum neuen dreigeschoßigen Haus gehörte ein bemerkenswertes, einarmiges, kreuzgratgewölbtes Treppenhaus, das älteste seiner Art in Wien.

Die Geschichte des Adelspalais

Graf Thurzo besaß die beiden Grundstücke, die zu einem Haus verschmolzen waren, nur wenige Jahre. 1620 wurde das Haus dem Vater eines prominenten protestantischen Rebellen weggenommen und dem Generalleutnant Rambaldo XIII., Grafen von Collalto geschenkt. Diese Familie, von dem das Palais seinen Namen hat, besaß das Haus fortan bis in das 19. Jahrhundert hinein. Die mittelalterliche und renaissancezeitliche Substanz blieb über die Jahrhunderte weitgehend erhalten.
Aus der Zeit um 1628 ist ein Bestandplan vom Architekten Giovanni Battista Pieroni erhalten, der den renaissancezeitlichen Bestand des ersten Obergeschoßes zeigt. In dieser Zeit muss die Platzfassade entstanden sein, die 1715 in einer Ansicht von Johann Adam Delsenbach abgebildet ist. Im östlichen Trakt hat sich ein Hoffenster aus der Phase um 1628 erhalten. 1663-1669 fand ein Umbau der Innenräume statt.
Die heute erhaltene hochbarocke Fassade kann stilistisch und anhand einer Ansicht von Salomon Kleiner von 1733 um 1730 datiert werden. Nun wurde auch die renaissancezeitliche Wendeltreppe hinter dem westlichen Trakt durch das erhaltene vierarmige Treppenhaus ersetzt. Bauherr dieser Phase war Antonio Rambaldo Graf von Collalto, der als kaiserlicher Gesandter damals auf dem Höhepunkt seines Einflusses am Hofe war.
In der zweiten Oktoberwoche 1762 trat der damals siebenjährige Wolfgang Amadeus Mozart im Palais erstmals vor der Öffentlichkeit der Stadt auf (Gedenktafel der Mozartgemeinde Wien an der Hauptfassade zum Platz, enthüllt 22. Juni 1956).
Um 1800/04 fand der letzte große Umbau unter dem Fürsten Odoardo III. statt. Ein ebenerdiger Stall wurde an der Grundstücksgrenze zum Schulhof errichtet, von dem sich Reste von Futtertrögen erhalten haben. Wenig später wurde er mit drei Obergeschoßen aufgestockt. Das Gitter des Balkons der Beletage dieses Trakts weist die Ligatur COC (Conte Odoardo de Collalto) auf. Über dem Balkonfenster sind die Wappen der Familie sichtbar. In dieser Zeit fand auch die Vereinheitlichung des Dachgeschoßes statt. 1809 wohnte im Palais der französische General François Josef Lefebvre, Herzog von Danzig.
Nach und nach wurden die Erdgeschoßräume zu Verkaufslokalen adaptiert. 1856 ließ der Tabakfabrikant Johann Carl von Sothen die spätgotische Stiege im Süden des westlichen Gebäudeteil abbrechen. 1906 wurde der nördlichste Kellerraum dieses Trakts ein Teil des benachbarten Urbanikellers. Inzwischen gehört er aber wieder zum Palais.
Am 8. April 1945 wurde die Gebäudeecke Schulhof / Parisergasse durch eine Fliegerbombe beschädigt. Die Schäden wurden bis 1953 erhoben.

Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre

  • Tabaktrafik von Johann Carl von Sothen
  • Niederlage der k.k. priv. Markt Zwettler Baumwoll-, Damis-, und aller Gattungen Futterkotton-Fabrik (gegründet 1814/1815 von Peter Oßberger)

Quellen

Literatur

  • Günther Buchinger / Paul Mitchell / Doris Schön: Das Palais Collalto. Vom Herzogshof und Judenhaus zum Adelspalast. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege, 56/4 (2002), S. 402-419
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 29
  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 7
  • Dehio-Handbuch Wien. 1. Bezirk – Innere Stadt. Hg. von Bundesdenkmalamt. Horn-Wien: Berger 2003, S. 320-322
  • Ruediger Engerth: Hier hat Mozart gespielt. 1968, S. 18, 94
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 327
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 2. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 308-312
  • Rainer Lenzenweger: Zwettl an der Rodl. Das Buch. Blättern in der Heimat. Zwettl an der Rodl: Selbstverlag 2015, S. 442
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 6
  • Paul Mitchell: Wien 1 – Parisergasse. In: Fundberichte aus Österreich 4 (2001), S. 734-737
  • Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 62
  • Doris Schön: Wien 1. Am Hof 13. In: Fundberichte aus Österreich 4 (2001), S. 731-734

Einzelnachweise

  1. Günther Buchinger / Paul Mitchell / Doris Schön: Das Palais Collalto. Vom Herzogshof und Judenhaus zum Adelspalast. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege, 56/4 (2002), S. 402-419, S. 407 f.