Zweite Türkenbelagerung (1683)

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Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Türkenbelagerung„Türkenbelagerung“ befindet sich nicht in der Liste (Anschlag, Besetzung, Brand, Bürgerinitiative, Demonstration, Krieg, Schlacht, Epidemie, Epoche, Expedition, ...) zulässiger Werte für das Attribut „Art des Ereignisses“.
Datum von 14. Juli 1683
Datum bis 12. September 1683
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 315
GND
WikidataID
Objektbezug Türkenbefreiungsdenkmal
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Türkenbelagerung, zweite (1683).

Vorgeschichte

Der am 15. August 1664 abgeschlossene Friede zwischen Leopold I. und den Türken galt für 20 Jahre. 1682 wurde klar, daß die Türken eine Verlängerung ablehnen würden (am 6. August 1682 beschloß die Türkei den Krieg), weshalb der Kaiser Bündnisse mit Bayern (26. Jänner 1683), Polen (31. März 1683) und Sachsen schloß; auch ein Kontingent des Heiligen Römischen Reichs wurde zugesichert; Papst Innozenz XI. schickte Geld.

Mit der Führung der türkischen Armee wurde Großwesir Kara Mustapha betraut. Er erhielt Unterstützung durch die Ungarische Opposition unter Imre Thököly.

Ende März 1683 brach das Heer (200.000 Mann, wovon 80.000 auf den Troß entfielen) von Edirne (Adrianopel) auf, erreichte am 3. Mai Belgrad, am 19. Mai Esseg (Ossijek), am 20. Juni Stuhlweißenburg (Szekesfehervár) und am 1. Juli Raab (Györ). Die kaiserliche Armee, die ab 4. April 1683 unter dem Oberbefehl Karls V. Leopold von Lothringen stand und rund 30.000 Mann umfaßte) versammelte sich am 6. Mai in Kittsee, zog sich aber vor der türkischen Übermacht über Neuhäusel (9. Juni), Raab (1. Juli) und Petronell (7. Juli; Gefecht) nach Westen zurück.

Verlauf

Am 7. Juli flüchtete der kaiserliche Hof aus Wien. Am 9. Juli setzte Leopold I. als oberste Instanz in Wien ein Deputiertenkollegium ein (Vorstand K. Kaplirz, Mitglieder Ernst Rüdiger von Starhemberg als Militärkommandant, Gefreiter Mollard als niederösterreichischer Landmarschall, Hermann von Hüttendorf als niederösterreichischer Regierungskanzler und Hofkammerrat Belchamps), am 10. bis 13. Juli rückte die kaiserliche Besatzung in Stärke von 11.000 Mann in Wien ein (die Lothringen abgegeben hatte); sie unterstützte jene 5.000 Mann, die sich aus Angehörigen der Wiener Bürgerwehr und Freiwilligen zusammensetzten.

Am 13. Juli, als die Türken Schwechat erreichten, gab Starhemberg den Befehl zum Niederbrennen der Vorstädte. Am 14. Juli schlossen die Türken Wien ein; durch einen Brand im Schottenstift wird das Wiener Pulvermagazin gefährdet. Kara Mustapha errichtete sein Zelt auf der Schmelz. Am 15. Juli begann die Beschießung Wiens, am 16.07. räumten die kaiserlichen Truppen die Donauinsel, brachen die Donaubrücke ab und zogen sich auf das linke Stromufer zurück (Vorrücken nach Preßburg 25. bis 29. Juli, Lager bis Mitte August in Stillfried/March). Starhemberg wurde verwundet. Am 17. Juli begannen die Türken mit der Belagerung der oberen Stadt von Klosterneuburg (die am 08.09. erfolglos abgebrochen wurde). Am 19. Juli mißglückte ein Ausfall der Besatzung, am 29. Juli erreichten die Türken mit ihren Laufgräben die "Kontreeskarpe" (äußerer Rand des Stadtgrabens) und begannen mit dem Minenkrieg. Hauptangriffsziel war der Abschnitt zwischen Burgbastei und Löwelbastei. Am 23. und 25.07. kam es zu Minensprengungen und Sturmangriffen der Türken, am 31. Juli mußten die Geschütze von der Löwelbastei entfernt werden. Nach nochmaligem Sturmangriff am 3. August konnten sich die Türken am 12. August im Graben festsetzen (zweite große Minensprengungen).

In Wien brach eine Ruhrepidemie aus (9. bis 19. August Erkrankung Starhembergs, Vertretung durch Kaplirz; 9. September Tod Bürgermeister Liebenbergs, provisorischer Nachfolger Oberkämmerer Daniel Fockhy [Oberstleutnant der Bürgerwehr, überwachte als Oberkämmerer mit Jakob Daniel Tepser die Verteilung des Proviants und leitete die Löscharbeiten bei Bränden]). Geheimer Botendienst zwischen Wien, der Armee Lothringens und den im türkischen Belagerungsheer festgehaltenen kaiserlichen Gesandten Kunis.

Am 1./2. September eroberten die Türken den Burgravelin, am 4. September wurde die Burgbastei durch eine Mine zerstört, am 5. und 6. September unternahmen sie Sturmangriffe auf die Löwelbastei; Razzien in den Häusern zur Rekrutierung von Wehrfähigen. Nach nochmaliger Minensprengung am 10./11. September ließ Starhemberg die Gassen nächst der Löwelbastei verbarrikadieren.

Entsatz

Am 24. August schlug Karl von Lothringen, aus dem Marchfeld westwärts ziehend, bei Bisamberg Truppen des Thököly. Die Bayern erreichten am 16. August Krems, die Polen (unter König Jan III. Sobieski) am 31. August Hollabrunn, die Sachsen am 1. September Maissau; Sammelpunkt aller Entsatztruppen (65.000 Mann) war das Tullner Feld. Am 4. September wurde bei einem Kriegsrat in Stetteldorf der Schlachtplan entworfen, am 9. September marschierten die Truppen aus dem Tullner Feld ab und besetzten am 11. September die (ungesicherten) Wienerwaldhöhen (Feuersignale für die Wiener). Das Entsatzheer rückte mit seinem aus kaiserlichen Truppen bestehenden linken Flügel über Klosterneuburg an der Donau auf Nußdorf vor, das aus Bayern, Sachs, und Reichsvölkern bestehende Zentrum erstieg von Klosterneuburg aus das Kahlengebirge, die Polen am rechten Flügel den Tulbinger Kogel. Am 12. September fand (nach der von Marco d'Aviano zelebrierten Messe) die Schlacht am Kahlenberg statt (halbkreisförmige Front von Nußdorf bis Neuwaldegg, konzentrisches Vorrücken auf Wien), die mit dem Rückzug der Türken in Richtung Ungarn endete.

Nachwirkung

Mit dem Sieg am 12. September wurde die Befreiung Ungarns von der türkischen Herrschaft eingeleitet (Friede von Karlowitz 1699). In Wien führte der Wegfall der türkischen Bedrohung zu einer gewaltigen Bautätigkeit, insbesonders in den Vorstädten (Barock).

Neben den Verweisen im Text unter Anderem auch: Nikolaus Hocke, Leopold Kollonitsch, Leopoldsberg, Daniel Suttinger, Türkenbefreiungsdenkmal, Türkenkriege, Türkenritthof, Türkensagen, Türkenschanze.

Literatur

  • Albert Camesina: Wiens Bedrängnis im Jahre 1683: In: Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien 1 (1856) 8, S. 1 ff.
  • Johann Newald: Beiträge zur Geschichte der Belagerung von Wien durch die Türken im Jahre 1683. Wien: Kubasta & Voigt 1883
  • Victor von Renner: Wien im Jahre 1683. Geschichte der zweiten Belagerung der Stadt durch die Türken im Rahmen der Zeitereignisse. Wien: Waldheim 1883
  • Reinhold Lorenz: Türkenjahr 1683 - Das Reich im Kampf um den Ostraum. Wien: Braumüller 31943
  • Walter Sturminger: Bibliographie und Ikonographie der Türkenbelagerungen Wiens 1529 und 1683. In: Veröffentlichung Kommision für neuere Geschichte Österreichs. Graz-Köln 1955, S. 41
  • Walter Sturminger [Hg.]: Die Türken vor Wien in Augenzeugenberichten. München: dtv 1983
  • Robert Waissenberger [Hg]: Die Türken vor Wien - Europa und die Entscheidung an der Donau 1683. Salzburg: Residenz 1982
  • Robert Waissenberger [Hg]: Die Türken vor Wien. Europa und die Entscheidung an der Donau 1683. Wien: Eigenverlag 1983 (Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 82)
  • Günther Düriegl: Wien 1683 - Die zweite Türkenbelagerung. Wien: Böhlau / Jugend & Volk 1983
  • Peter Broucek / Walter Leitsch / Karl Vocelka / Jan Wimmer / Zbigniew Wojcik: Der Sieg bei Wien 1683. Warschau: Wydasnictwa Szkolne i Pedagogiczne 1983
  • Peter Csendes [Hg.]: Studien zur Geschichte Wiens im Türkenjahr 1683 (Jahrbuch 39/1983)
  • Peter Csendes [Hg.]: Erinnerungen an Wiens Türkenjahre. Wien: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 29)
  • Gertrud Gerhartl, Belagerung und Entsatz von Wien 1683, in: Militärhistorische Schriftenreihe 46 (1983)
  • Peter Broucek / Erich Hillbrand / Fritz Vesely: Historischer Atlas zur zweiten Türkenbelagerung. Wien: Deuticke 1983
  • Richard F. Kreutel: Kara Mustafa vor Wien. Das türkische Tagebuch der Belagerung Wiens 1683, verfaßt vom Zeremonienmeister der Hohen Pforte, Graz: Styria 1977 (Osmanische Geschichtsschreiber, 1)