Kara Mustafa

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Abbildung der vor Wien erbeuteten und nach Rom übersandten Standarte des Großwesirs Kara Mustafa in einem italienischen Druck (um 1683).
Daten zur Person
Personenname Mustafa, Kara
Abweichende Namensform Mustapha, Kara
Titel Großwesir
Geschlecht männlich
PageID 25732
GND 118585975
Wikidata Q334140
Geburtsdatum 1634
Geburtsort Marindscha bei Mersifon, Anatolien
Sterbedatum 25. Dezember 1683
Sterbeort Belgrad
Beruf Offizier, Staatsmann
Parteizugehörigkeit
Ereignis Zweite Türkenbelagerung (1683)
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname Karamustafa-standarte.jpg
Bildunterschrift Abbildung der vor Wien erbeuteten und nach Rom übersandten Standarte des Großwesirs Kara Mustafa in einem italienischen Druck (um 1683).

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Erdrosselung von Kara Mustafa in Belgrad, Darstellung aus dem Jahr 1684

Kara Mustafa, * um 1634/1635 Marindscha bei Mersifon, Anatolien, † 25. Dezember 1683 (Hinrichtung durch Erdrosseln) Belgrad, Großwesir.

Biografie

Früh verwaist, wurde er von des Vaters Freund Mehmed Köprülü (Großwesir 1656-1661) erzogen. 1658 nahm er am Feldzug gegen den Fürsten von Siebenbürgen Georg II. Rákoczi teil; 1660 wurde er Statthalter von Silistrien, 1661 Wesir und Statthalter von Diarbekir. Nach dem Tod seines Ziehvaters von dessen Sohn und Nachfolger Achmed Köprülü (Großwesir 1661-1676) gefördert, wiederholt (1663/1664 und 1669/1670) dessen Stellvertreter, wurde er 1667 Großadmiral der türkischen Flotte und 1670 in den türkischen Reichsrat berufen. Nach Köprülüs Tod (3. November 1676) wurde Kara Mustapha von Sultan Mehmed IV. am 6. November 1676 zum Großwesir (oberster Staatsmann und Feldherr) ernannt. (1678 Friedensschluss mit Polen, Sieg über die Russen in der Ukraine und Friedensschluss 1681). Als Großwesir war er wegen der zerrütteten Finanzen des Osmanischen Reichs (zu deren Sanierung der Sultan aus seinem Privatvermögen nichts beitragen wollte) zu Sparsamkeit und rücksichtsloser Ausbeutung unterlegener Gegner genötigt. Er strebte deshalb den Feldzug gegen die Habsburgermonarchie in der Hoffnung auf reiche Beute an.

Bundesgenosse wurde Emmerich Graf Tököly, der ab 1677 an der Spitze der antihabsburgischen ungarischen Opposition stand und 1682 vom Pascha von Ofen (Buda) zum Fürsten von Oberungarn (Großteil der heutigen Slowakei) ernannt wurde. Am 6. August 1682 wurde der Krieg gegen Leopold I. beschlossen, am 24. September erfolgte der Aufbruch aus Konstantinopel, vom 7. Dezember 1682 bis 30. März 1683 hielt sich die Armee in Edirne (Adrianopel) auf, vom 3. Bis 24. Mai 1683 in Belgrad, vom 2. bis 16. Juni in Esseg (Konferenz mit Tököly, dem der Königstitel versprochen wird) und vom 25. bis 28. Juni in Stuhlweißenburg (Székesfehérvár; dort fiel die Entscheidung, nicht Raab, sondern Wien zu erobern). Am 30. Juni und 1. Juli marschierte die Armee an Raab vorbei, am 7. Juli kam es zur Schlacht bei Petronell, am 11. Juli wurde Hainburg erobert und am 14. Juli 1683 mit der Belagerung Wiens begonnen (Zweite Türkenbelagerung). Das Zelt Kara Mustaphas stand auf der Schmelz. Die Entsatzschlacht am Kahlenberg (12. September) erzwang den Rückzug des türkischen Heeres, am 18. September begann dessen Verfolgung; die Kaiserlichen siegten am 9. Oktober bei Párkány und eroberten am 27. Oktober Gran. Kara Mustapha hatte sich zunächst nach Ofen (Buda), dann nach Belgrad begeben; dort wurde er am 25.Dezember 1683 auf Befehl des Sultans durch Erdrosseln mit einer seidenen Schnur hingerichtet. Die Kopfhaut wurde abgezogen, ausgestopft, am 13. Jänner 1684 dem Sultan in Edirne vorgewiesen, sodann bestattet. Der Leichnam selbst war in Belgrad in Kara Mustaphas Grabkapelle im Vorhof einer Moschee (Lage nicht mehr feststellbar) bestattet worden.

Nach der Eroberung Belgrads durch die kaiserliche Armee (6. September 1688) übergab Herzog Karl V. von Lothringen diese Moschee den Jesuiten, die eines Nachts kaiserliche Musketiere beim Plündern von Kara Mustaphas Grab überraschten. Diese übergaben den Schädel des Großwesirs den PP. Alois Braun und Franz Xaver Beringshoffen, die ihn nach Wien brachten und Kardinal Leopold Kollonitsch aushändigten. Dieser übergab ihn laut Attest von 17. September 1696 der Stadt Wien zwecks Aufbewahrung im Bürgerlichen Zeughaus Am Hof. Von dort wurde er 1886 ins Historische Museum der Stadt Wien (damals im Rathaus) verbracht. Um den Schädel rankt sich die Sage vom "Spuk im Zeughaus".

Künstlerische Darstellungen (Beispiele)

  • 11, Simmeringer Hauptstraße 145: Keramik "Kara Mustapha vor Wien 1683"
  • 7, Neustiftgasse 32-34: Inschrifttafel (an dieser Stelle habe das Zelt Kara Mustaphas gestanden), darüber auf Konsole Reiterfigur eines Türken
  • 7, Neustiftgasse 43 (städtische Wohnhausanlage): Mosaik von Walter Behrens ("Zelt des Kara Mustapha").

Literatur

  • Matthias Bernath [Hg.]: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. 4 Bände. München: Oldenbourg 1974-1981
  • Richard F. Kreutel: Kara Mustaphas Feldzug gegen Wien. Nach dem Tagebuch des Pfortendolmetschers A. Marvrokordátos. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 27 (1971), S. 47 ff.
  • Richard F. Kreutel: Der Schädel des Kara Mustapha Pascha. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 32/33 (1976/1977), S. 63 ff.
  • Zygmunt Abrahamowicz: Kara Mustapha Pascha. In: Robert Waissenberger (Hg.): Die Türken vor Wien 1683. Salzburg-Wien 1982, S. 241 ff.
  • Die Türken vor Wien 1683. In: Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien 82, Nummer 9/8
  • Peter Csendes: Erinnerungen an Wiens Türkenjahre. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 29), S. 6
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008)
  • Gustav Gugitz: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien. Wien: Hollinek 1952 (Österreichische Heimat, 17), S. 74 f.
  • Hans Rotter: Neubau. Ein Heimatbuch des 7. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1925, S. 79
  • Wiener Geschichtsblätter 37 (1982), S. 60 ff.
  • Wien aktuell 5 (1978), S. 30 f.
  • Wien aktuell, 28.07.1983, S. 24