Zur goldenen Krone (7): Unterschied zwischen den Versionen
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Um 1692 an der [[Chaosische Gasse (7)|Chaosischen Gasse]] gelegen, entstand das nach den [[Türkenkriege]]n ab 1700 erbaute, bis heute erhaltene, zwei Stockwerke hohe Bürgerhaus "Zur goldenen Krone" mit einer Gastwirtschaft im Erdgeschoß. Das Bürgerhaus hatte rund um einen geräumigen Innenhof gelegene Wohnungen, und einen Garten im Hinterhof, in dem ein später ein Hinterhaus errichtet wurde. Im Hinterhaus befanden sich nach einem Umbau um 1900 weitere Gästezimmer, ein Garten, und ein Kino. Die Kino-Film-Anlage und der Vorhang, der die 10 Meter breite und hohe Leinwand verdeckte waren noch 1982 vorhanden. Das Haus Siebensterngasse 19 bildet ca. 300 Jahre nach der Erbauung mit dem unter [[Denkmalschutz]] stehenden Haus Nummer 17 ("[[Zur grünen Säule]]") ein Beispiel [[barock]]er Vorstadtverbauung mit spätbarocker Fassade. | Um 1692 an der [[Chaosische Gasse (7)|Chaosischen Gasse]] gelegen, entstand das nach den [[Türkenkriege]]n ab 1700 erbaute, bis heute erhaltene, zwei Stockwerke hohe Bürgerhaus "Zur goldenen Krone" mit einer Gastwirtschaft im Erdgeschoß. Das Bürgerhaus hatte rund um einen geräumigen Innenhof gelegene Wohnungen, und einen Garten im Hinterhof, in dem ein später ein Hinterhaus errichtet wurde. Im Hinterhaus befanden sich nach einem Umbau um 1900 weitere Gästezimmer, ein Garten, und ein Kino. Die Kino-Film-Anlage und der Vorhang, der die 10 Meter breite und hohe Leinwand verdeckte waren noch 1982 vorhanden. Das Haus Siebensterngasse 19 bildet ca. 300 Jahre nach der Erbauung mit dem unter [[Denkmalschutz]] stehenden Haus Nummer 17 ("[[Zur grünen Säule]]") ein Beispiel [[barock]]er Vorstadtverbauung mit spätbarocker Fassade. | ||
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+ | Die an der Adresse bereits bestehende Gastwirtschaft wurde ab 1873 von [[Andreas Schöner|Andreas]] und Juliana Schöner übernommen und als Gasthaus "Zur Goldenen Krone" zum Stammtisch des [[Bürgermeister]]s [[Karl Lueger]]. Andreas Schöner wurde 1890 Besitzer des Hauses und engagierte sich ab etwa 1897 als [[Bezirksrat]] in [[Neubau]]. Danach übertrug er die Gastwirtschaft an seinen Sohn Andreas Carl und dessen Ehefrau [[Caroline Leopoldine Schöner|Lina]]. Diese ließen den Betrieb erst umbauen und eröffneten 1903 das "Restaurant Schöner", das im Verlauf der nächsten Jahre der Stammsitz der gesamten Gastronomenfamilie Schöner sowie der Schwiegereltern Eder wurde. Das Bürgerhaus "Zur Goldenen Krone" wurde nicht nur als Gastwirtschaftsbetrieb, sondern auch als Wohnhaus der Familie Schöner genutzt. Im Hof wurde erst Jahre später eine neue Küche errichtet. Das "Restaurant Schöner" erlangte im Laufe der Zeit als "Vorstadt-Sacher" Bekanntheit. Das bis etwa 1992 bestehende "Restaurant Schöner" (auch das "[[Schöner]]") war auch durch den seit der Monarchie bekannten "Schöner-Garten" sehr beliebt. Neben diesem Garten, der noch heute besteht, gab es bis etwa 1990 Zimmer, die in verschiedenen Stilrichtungen eingerichtet waren: das Königszimmer, das Rote, das Weiße, das Grüne und das Blaue Gästezimmer, sowie das Spiegelzimmer, das noch 1985 Treffpunkt der Familie [[Habsburger|Habsburg]] war. Das Restaurant Schöner hatte auch einen Hotelbetrieb mit einigen Gästezimmern im Biedermeierstil, unter anderem dem "Windsor Zimmer". Es war benannt nach dem Herzog von Windsor, dem späteren König Edward VII., der 1903 nach einer Aussage des Autors [[Milan Dubrovic]] nach einem Besuch bei Kaiser [[Franz Joseph I.]] im Restaurant Schöner speiste und sich nach dem Essen in diesem Gästezimmer im ersten Stock ausruhte. Weitere prominente Gäste im "Schöner" waren König Alfons XIII. von Spanien, [[Engelbert Dollfuß]], [[Kurt von Schuschnigg|Kurt Schuschnigg]] oder [[Baldur von Schirach]]. | ||
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+ | Im Restaurant Schöner traf sich in der [[NS-Zeit]] aber auch eine Gruppe | ||
+ | Der Widerstand in Form der "Dienstag-Gesellschaft" erklärt sich über das Tagebuch von Josef Schöner, vor allem aber über einen Gast des Restaurants Schöner, [[Eduard Heinl]],<ref>Eduard Heinl: Über ein halbes Jahrhundert Zeit und Wirtschaft. Wien: Wilhelm Braumüller 1948.</ref> ehemals Handelsminister und Mitglied in der Regierung von [[Leopold Figl]]. Eduard Heinl gehörte bis zu seiner Verhaftung durch die [[GESTAPO]] (knapp vor 1945) zum Kreis der legendären "[[Eduard Heinl|Dienstag-Gesellschaft]]<ref>Wiener Tagebuch 1944/145, Josef Schöner [https://books.google.de/books?id=NqfrZqf93e0C&pg=PA22&lpg=PA20&focus=viewport&vq=eduard+heinl&hl=de]</ref>".<br/> | ||
+ | 1948 beschrieb Heinl in einem seiner Bücher (Über ein halbes Jahrhundert Zeit und Wirtschaft, Wien 1948) die Atmosphäre im Hause Schöner als eine Erinnerung, die in ihm nach seiner Freilassung am 9. April 1945 auf dem Weg durch die damals noch so genannte "Straße der [[Juliputsch|Julikämpfer]]" wiederkehrte. Heinl stand auf dem Weg durch die Siebensterngasse die Zeit vor den Augen, in welcher das renommierte Gasthaus Schöner der Mittelpunkt einer großen Gemeinschaft der von [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] verfolgten politischen Funktionäre war. So fand man sich unauffällig bei "Schöner" dem Gasthaus ein, wo man Freunde und Gleichgesinnte traf und über das Schicksal anderer erfahren konnte. Eduard Heinl schreibt in seinem Buch: "Ich kehrte ein und wurde nicht enttäuscht […]. Die alte Atmosphäre des Widerstandes schlug dem Besucher entgegen […] rasch war man über den genauen Stand der politischen und militärischen Lage informiert […] reichlich gestärkt an Leib und Seele, begab ich mich in meine Wohnung […]." | ||
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+ | Als Folge der Ansiedlung der [[Sascha Kolowrat|Sascha-Film]] in der Siebensterngasse 31 entstand im Gartensaal des Restaurants Schöner ein Kino. Im ersten Stock des Hauses "Zur goldenen Krone" war von 1949 bis 1982 die Niederlassung der "Austria Film und Video GmbH", besser bekannt als "[[Austria Wochenschau]]", untergebracht, weshalb die Inhaber das Haus bis circa 1992 "Filmhaus" nannten. | ||
− | + | Das Haus "Zur goldenen Krone" wurde zunächst 1890, dann wieder 1907 und um 1965 umfangreich renoviert, wobei 1965 zwei Dachwohnungen gebaut wurden. Am 3. Dezember 1907 fiel ein Teil des Dachstuhls einem Brand zum Opfer. <ref>Neues Wiener Journal - 3 Dezember 1907 | |
− | + | 1992 übernahm die Siebensternbräu Betriebs Ges.m.b.H. das Restaurant und es erfolgten Anpassungen der Innenräume und die Einrichtung einer Bierbrauanlage im ehemaligen "Gartensaal". Die Fassade blieb hingegen im Original erhalten. | |
− | + | Der als Fundament bei der Erbauung genutzte [[Mittelalter|mittelalterliche]] Weinkeller - Überreste des Weinhauses aus dem Jahr 1632 - existierte noch 1985 in seinem Originalzustand. Der zwei Räume umfassende Keller war aus Ziegelmauerwerk und Bogengewölbe erbaut und hatte zehn große, mit Schotter gefüllte und mit Ziegel gemauerte Nischen, deren Geräumigkeit auf die Nutzung durch einen Weinbaubetrieb schließen lässt. Dieser Weinkeller lag tief unter dem Haus und war über einen langgezogenen Weg erreichbar, an dessen Ende ein Torbogen und zehn Stufen folgten. | |
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
<references /> | <references /> |
Version vom 4. Mai 2020, 13:11 Uhr
48° 12' 7.87" N, 16° 21' 12.75" E zur Karte im Wien Kulturgut
An der Stelle in der Siebensterngasse 19 bestand ab 1632 nahe dem "Spitalberg" mit dem Bürgerspital (heute Spittelberg) gelegen ein Weinhaus - Einkehrgasthof - umgeben von Viehweiden, Äcker und Weingärten. Zusammen mit der Pfarre St. Ulrich bot die noch unverbaute Umgebung der Vorstadt von Wien einen guten Ausblick auf die Stadt Wien, den schon Kara Mustafa und auch Napoleon zu nutzen wussten. Im Bereich der unteren Siebensterngasse in Höhe Haus Nummer 19 und Stiftgasse 23 befanden sich die Gefechtsstände der Belagerungstruppen.
Um 1692 an der Chaosischen Gasse gelegen, entstand das nach den Türkenkriegen ab 1700 erbaute, bis heute erhaltene, zwei Stockwerke hohe Bürgerhaus "Zur goldenen Krone" mit einer Gastwirtschaft im Erdgeschoß. Das Bürgerhaus hatte rund um einen geräumigen Innenhof gelegene Wohnungen, und einen Garten im Hinterhof, in dem ein später ein Hinterhaus errichtet wurde. Im Hinterhaus befanden sich nach einem Umbau um 1900 weitere Gästezimmer, ein Garten, und ein Kino. Die Kino-Film-Anlage und der Vorhang, der die 10 Meter breite und hohe Leinwand verdeckte waren noch 1982 vorhanden. Das Haus Siebensterngasse 19 bildet ca. 300 Jahre nach der Erbauung mit dem unter Denkmalschutz stehenden Haus Nummer 17 ("Zur grünen Säule") ein Beispiel barocker Vorstadtverbauung mit spätbarocker Fassade.
Restaurant Schöner
Die an der Adresse bereits bestehende Gastwirtschaft wurde ab 1873 von Andreas und Juliana Schöner übernommen und als Gasthaus "Zur Goldenen Krone" zum Stammtisch des Bürgermeisters Karl Lueger. Andreas Schöner wurde 1890 Besitzer des Hauses und engagierte sich ab etwa 1897 als Bezirksrat in Neubau. Danach übertrug er die Gastwirtschaft an seinen Sohn Andreas Carl und dessen Ehefrau Lina. Diese ließen den Betrieb erst umbauen und eröffneten 1903 das "Restaurant Schöner", das im Verlauf der nächsten Jahre der Stammsitz der gesamten Gastronomenfamilie Schöner sowie der Schwiegereltern Eder wurde. Das Bürgerhaus "Zur Goldenen Krone" wurde nicht nur als Gastwirtschaftsbetrieb, sondern auch als Wohnhaus der Familie Schöner genutzt. Im Hof wurde erst Jahre später eine neue Küche errichtet. Das "Restaurant Schöner" erlangte im Laufe der Zeit als "Vorstadt-Sacher" Bekanntheit. Das bis etwa 1992 bestehende "Restaurant Schöner" (auch das "Schöner") war auch durch den seit der Monarchie bekannten "Schöner-Garten" sehr beliebt. Neben diesem Garten, der noch heute besteht, gab es bis etwa 1990 Zimmer, die in verschiedenen Stilrichtungen eingerichtet waren: das Königszimmer, das Rote, das Weiße, das Grüne und das Blaue Gästezimmer, sowie das Spiegelzimmer, das noch 1985 Treffpunkt der Familie Habsburg war. Das Restaurant Schöner hatte auch einen Hotelbetrieb mit einigen Gästezimmern im Biedermeierstil, unter anderem dem "Windsor Zimmer". Es war benannt nach dem Herzog von Windsor, dem späteren König Edward VII., der 1903 nach einer Aussage des Autors Milan Dubrovic nach einem Besuch bei Kaiser Franz Joseph I. im Restaurant Schöner speiste und sich nach dem Essen in diesem Gästezimmer im ersten Stock ausruhte. Weitere prominente Gäste im "Schöner" waren König Alfons XIII. von Spanien, Engelbert Dollfuß, Kurt Schuschnigg oder Baldur von Schirach.
Im Restaurant Schöner traf sich in der NS-Zeit aber auch eine Gruppe
Der Widerstand in Form der "Dienstag-Gesellschaft" erklärt sich über das Tagebuch von Josef Schöner, vor allem aber über einen Gast des Restaurants Schöner, Eduard Heinl,[1] ehemals Handelsminister und Mitglied in der Regierung von Leopold Figl. Eduard Heinl gehörte bis zu seiner Verhaftung durch die GESTAPO (knapp vor 1945) zum Kreis der legendären "Dienstag-Gesellschaft[2]".
1948 beschrieb Heinl in einem seiner Bücher (Über ein halbes Jahrhundert Zeit und Wirtschaft, Wien 1948) die Atmosphäre im Hause Schöner als eine Erinnerung, die in ihm nach seiner Freilassung am 9. April 1945 auf dem Weg durch die damals noch so genannte "Straße der Julikämpfer" wiederkehrte. Heinl stand auf dem Weg durch die Siebensterngasse die Zeit vor den Augen, in welcher das renommierte Gasthaus Schöner der Mittelpunkt einer großen Gemeinschaft der von Nationalsozialisten verfolgten politischen Funktionäre war. So fand man sich unauffällig bei "Schöner" dem Gasthaus ein, wo man Freunde und Gleichgesinnte traf und über das Schicksal anderer erfahren konnte. Eduard Heinl schreibt in seinem Buch: "Ich kehrte ein und wurde nicht enttäuscht […]. Die alte Atmosphäre des Widerstandes schlug dem Besucher entgegen […] rasch war man über den genauen Stand der politischen und militärischen Lage informiert […] reichlich gestärkt an Leib und Seele, begab ich mich in meine Wohnung […]."
Als Folge der Ansiedlung der Sascha-Film in der Siebensterngasse 31 entstand im Gartensaal des Restaurants Schöner ein Kino. Im ersten Stock des Hauses "Zur goldenen Krone" war von 1949 bis 1982 die Niederlassung der "Austria Film und Video GmbH", besser bekannt als "Austria Wochenschau", untergebracht, weshalb die Inhaber das Haus bis circa 1992 "Filmhaus" nannten.
Das Haus "Zur goldenen Krone" wurde zunächst 1890, dann wieder 1907 und um 1965 umfangreich renoviert, wobei 1965 zwei Dachwohnungen gebaut wurden. Am 3. Dezember 1907 fiel ein Teil des Dachstuhls einem Brand zum Opfer. <ref>Neues Wiener Journal - 3 Dezember 1907
1992 übernahm die Siebensternbräu Betriebs Ges.m.b.H. das Restaurant und es erfolgten Anpassungen der Innenräume und die Einrichtung einer Bierbrauanlage im ehemaligen "Gartensaal". Die Fassade blieb hingegen im Original erhalten.
Der als Fundament bei der Erbauung genutzte mittelalterliche Weinkeller - Überreste des Weinhauses aus dem Jahr 1632 - existierte noch 1985 in seinem Originalzustand. Der zwei Räume umfassende Keller war aus Ziegelmauerwerk und Bogengewölbe erbaut und hatte zehn große, mit Schotter gefüllte und mit Ziegel gemauerte Nischen, deren Geräumigkeit auf die Nutzung durch einen Weinbaubetrieb schließen lässt. Dieser Weinkeller lag tief unter dem Haus und war über einen langgezogenen Weg erreichbar, an dessen Ende ein Torbogen und zehn Stufen folgten.