Leopold Bauer: Unterschied zwischen den Versionen

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Leopold Bauer, * 1. September 1872 Jägerndorf (Krnov, Tschechische Republik), † 7. Oktober 1938 Wien, Architekt.  
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Leopold Bauer, * 1. September 1872 Jägerndorf (Krnov in Österreichisch-Schlesien, heute: Tschechische Republik), † 7. Oktober 1938 Wien, Architekt.  
  
 
==Biografie==
 
==Biografie==
  
Nach Studienbeginn an der Technischen Hochschule Brunn kam Leopold Bauer 1890 nach Wien. Hier studierte er Architektur und war zunächst bis 1894 Schüler von [[Carl von Hasenauer|Carl Hasenauer]], dann von [[Otto Wagner (Architekt)|Otto Wagner]], dem er sich stark verbunden fühlte. Er traf mit [[Josef Maria Olbrich|Olbrich]] und [[Josef Franz Hoffmann|Hoffmann]] zusammen und gründete mit ihnen und anderen den "Siebener-Club", die Urzelle der [[Secession]]. Ab dem 28. November 1900 war er Mitglied der Secession.  
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Als Sohn des Hotelier-Ehepaares Josef und Anna Maria Bauer, geborene Flemmich, kam Leopold Bauer in Jägerndorf zur Welt und wuchs in einem großbürgerlichen Umfeld auf. Nach dem Besuch der örtlichen Realschule und der Staatsgewerbeschule in Brünn, zu deren Schülern zu dieser Zeit auch [[Adolf Loos]] und [[Josef Hoffmann (Architekt)|Josef Hoffmann]] zählten, absolvierte er ein einjähriges Baupraktikum in Thorn/Toruń (Preußen, heute: Polen) und Düsseldorf. 1892 kam er nach Wien und studierte im Studienjahr 1892/1893 Architektur an der Akademie der bildenden Künste bei  [[Carl von Hasenauer|Carl Hasenauer]]. Anschließend meldete er sich als Einjährig-Freiwilliger zum Militärdienst und setzte ab 1894 – nun bei [[Otto Wagner (Architekt)|Otto Wagner]], der Hasenauer als Professor nachgefolgt war – sein Architekturstudium fort. Er traf mit [[Josef Maria Olbrich|Olbrich]] und [[Josef Franz Hoffmann|Hoffmann]] zusammen und gründete 1895 mit ihnen und anderen den "Siebener-Club", die Urzelle der [[Secession]]. In seinem letzten Studienjahr, 1896, wurde Leopold Bauer mit dem Schwendenwein-Reisestipendium ausgezeichnet, das ihn für zwei Jahr nach Italien, Frankreich und Deutschland führte.
  
Für seine Arbeiten erhielt er verschiedene Auszeichnungen. So unternahm er nach Studienabschluss mit dem 1896 verliehenen Schwendenwein-Reisestipendium Reisen nach Italien, Deutschland und Paris. 1900 gewann er ex aequo mit Charles Rennie Mackintosh und Mackay Hugh Baillie Scott in Darmstadt den ersten Preis beim Wettbewerb "Haus eines Kunstfreundes". Im Jahr 1902 war er vorübergehend Mitglied des künstlerischen Komitees der Zeitschrift "[[Ver sacrum]]". Bereits 1900 veröffentlichte er die zukunftweisende Arbeit "Verschiedene Skizzen, Entwürfe und Studien", der weitere Veröffentlichungen in Fachzeitschriften folgten.  
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Ab 1900 war Leopold Bauer selbständig als Architekt tätig. Im selben Jahr wurde er Mitglied der Secession und blieb es bis zu seinem Tod, wenngleich er aufgrund seiner künstlerischen Richtungsänderung von den Secessionisten mehr und mehr abgelehnt wurde. Vertrat er in seiner Architektur zunächst eine radikal moderne Position, wandte er sich ab 1905 einer traditionsverbundeneren Richtung zu. Bauer erweiterte dadurch seinen Kundenkreis um Auftraggeber aus dem konservativeren Milieu. Gleichzeitig kam es aber zum Bruch mit einigen Wegbegleitern, spätestens 1908 war beispielsweise sein Zerwürfnis mit Otto Wagner nicht mehr zu revidieren.
  
Wegen einer künstlerischen Richtungsänderung wurde Bauer jedoch ab 1903 von den Secessionisten mehr und mehr abgelehnt. Seine ersten Arbeiten führte er in Brunn und Jägerndorf aus, 1907 entstand seine eigene Villa in Hacking. In der Folge erhielt er verschiedene Aufträge zum Villenbau in Wien (1908 Himmelstraße und Erweiterung der Villa Zuckerkandl für ein Japanisches Museum in Purkersdorf, weiters im 13. Bezirk in der Braunschweiggasse 12 und im 14. Bezirk in der Isbarygasse 6.)
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In den Jahren 1901–1902 realisierte Bauer mit der Villa Karl Reissig in Brünn sein erstes Projekt. 1902 gewann er ex aequo mit Charles Rennie Mackintosh und Mackay Hugh Baillie Scott in Darmstadt den ersten Preis beim Wettbewerb "Haus eines Kunstfreundes". Wie viele seiner Kollegen schuf Leopold Bauer um 1900 neben architektonischen Entwürfen aber auch Möbel – dabei arbeitete er u.a. mit der Firma [[Portois & Fix]] zusammen –, Teppiche und diverse kunstgewerbliche Gegenstände wie beispielsweise Vasen und Luster aus Glas.
  
Bauer beteiligte sich ohne Erfolg an diversen Ausschreibungen (Kriegsministerium, Technisches Museum). Spätestens 1908 war sein Zerwürfnis mit Otto Wagner nicht mehr zu revidieren. Als 1913 der Posten Wagners an der Akademie zu besetzen war − Wagner selbst hatte [[Josef Plečnik|Josef Plecnik]] vorgeschlagen, der als Slowene von den Deutschnationalen jedoch abgelehnt worden war −, entschied man sich unter dem Druck des Erzherzogs Franz Ferdinand (der den Secessionismus ablehnte) für Leopold Bauer, der sich nicht beworben hatte. Daraufhin von den Anhängern Wagners attackiert, musste er schließlich 1919 von seinem Amt suspendiert werden.  
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Parallel zu seiner Tätigkeit als Architekt veröffentlichte Leopold Bauer Texte mit programmatischen Überlegungen und theoretischen Reflexionen. In seiner ersten Schrift "Verschiedene Skizzen, Entwürfe und Studien" (1899) verarbeitete er die zuvor absolvierte Studienreise. Im Jahr 1902 gehörte er der Redaktion der Zeitschrift "[[Ver sacrum]]" an. Drei Bücher sowie zahlreiche Artikel, die in architektonischen Fachzeitschriften und Wiener Tageszeitungen wie der "[[Neue Freie Presse|Neuen Freien Presse]]" oder dem "[[Neues Wiener Tagblatt|Neuen Wiener Tagblatt]]" erschienen, trugen dazu bei, dass er als Protagonisten der Wiener Kunstszene wahrgenommen wurde. Immer wieder nahm er in seinen architekturtheoretischen Schriften auf die darwinistische Lehre Bezug. Neben Architektur und Städtebau befasste er sich auch mit sozialen und wirtschaftlichen Fragen.
  
1913 erhielt der Architekt den Auftrag zum Bau der Österreichisch-ungarischen Bank ([[Oesterreichische Nationalbank]], 9, Otto-Wagner-Platz 3), deren Bau 1919 vorübergehend eingestellt wurde (Umbau 1923). Nach einer Phase der Zurückhaltung gegenüber der Sozialdemokratie beteiligte sich Bauer zudem an städtischen Wohnhausbauten. 1926 entstanden so der [[Vogelweidhof]] (15, Hütteldorfer Straße 2a, Wurzbachgasse 2−6) und 1929 der [[Paul-Speiser-Hof]] (21, Franklinstraße 20, gemeinsam mit Scheffel, Glaser und Lichtblau). Zu den Werken Bauers gehört auch die Aufstockung des 1904 bis 1906 von Josef Hoffmann erbauten [[Sanatorium Purkersdorf|Sanatoriums Purkersdorf]] (1927).
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Seine ersten Bauten realisierte Leopold Bauer in Brünn und in seinem Geburtsort Jägerndorf. In Wien verwirklichte er zunächst seine eigene Villa im 13. Bezirk (1906–1907), daraufhin folgten Aufträge für mehrere Wohnbauten in Wien und dem Umland, wie beispielsweise die Erweiterung der Villa Zuckerkandl für ein Japanisches Museum in Purkersdorf (1907–1908). Ebenfalls von Beginn an beteiligte sich Bauer – zunächst mit nur bescheidenem Erfolg – an zahlreichen nationalen (Kriegsministerium, Technisches Museum) sowie internationalen (Parlament in Mexiko, Hauptbahnhof in Athen) Ausschreibungen.
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1913 wurde Leopold Bauer Professor an der [[Akademie der bildenden Künste]] und trat damit die Nachfolge von Otto Wagner an. Wagner selbst hatte [[Josef Plečnik]] vorgeschlagen, der als Slowene weder von den Deutschnationalen noch von Erzherzog Franz Ferdinand, der den Secessionismus ablehnte, goutiert wurde. Stattdessen wurde das Professorenkollegium aufgefordert, weitere Kandidaten zu empfehlen. So wurde Leopold Bauer – als Kompromisskandidat – vom Ministerium für Kultus und Unterricht als Nachfolger Wagners ernannt und vom Kaiser bestätigt. Die Folge waren Proteste von Anhängern Wagners. 1918 erhoben Bauers Schüler schwere Vorwürfe gegen ihn und verfassten eine Resolution. Bauer bat daraufhin den Rektor um die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Nach einem Streik der Studierenden der gesamten Akademie (nicht nur seiner Klasse) mit der Forderung seiner Abberufung, legte Bauer seine Funktion schließlich im März 1919, vor Abschluss des Disziplinarverfahrens, nieder.
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Während der Zeit seiner Professur schuf Bauer mit der Druckerei der Österreich-Ungarischen Bank, dem heutigen Sitz der [[Oesterreichische Nationalbank|Österreichischen Nationalbank]], sein wohl bekanntestes Werk in Wien. Nach Ende des Ersten Weltkriegs und dem Verlust seines Lehrstuhls hatte Leopold Bauer auch mit ökonomischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Er widmete sich verstärkt der Publizistik, plante fortan auch Industriebauten, Warenhäuser (Erweiterung des [[Warenhaus Gerngroß|Warenhauses Gerngroß]]) und beteiligte sich – trotz Ablehnung der Sozialdemokratie – am städtischen Wohnbau. 1926 entstand der [[Vogelweidhof]] im 15. Bezirk und 1929 der [[Paul-Speiser-Hof]] im 21. Bezirk. 1927 realisierte Bauer die Aufstockung des 1904 bis 1906 von Josef Hoffmann erbauten [[Sanatorium Purkersdorf|Sanatoriums Purkersdorf]]. Die Auftragslage wurde für Leopold Bauer zunehmend schlechter.. Im sozialen Umgang galt Bauer als schwierig, leicht geriet er mit Kollegen, Kundinnen und Kunden oder Familienmitgliedern in Konflikt.
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1923 betrat Leopold Bauer auch die politische Bühne und kandidierte in drei Bezirken für die bürgerlich-demokratische Arbeitspartei. Dem [[Nationalsozialismus]] gegenüber zunächst ablehnend eingestellt, änderte sich diese Haltung nach dem so genannten "[[Anschluss]]". Ende März 1938 stellte Leopold Bauer einen Antrag auf Mitgliedschaft in der NSDAP und versuchte den Eindruck zu erwecken, er habe sich schon lange zur NS-Ideologie bekannt. Sein unerwarteter Tod im Oktober 1938 beendete seine diesbezüglichen Avancen.
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Von seinen sieben Kindern aus zwei Ehen ergriffen drei Söhne ebenfalls den Architektenberuf.
  
 
== Literatur ==
 
== Literatur ==

Version vom 18. März 2021, 10:52 Uhr

Daten zur Person
Personenname Bauer, Leopold
Abweichende Namensform
Titel Oberbaurat, Prof.
Geschlecht männlich
PageID 4710
GND 116085517
Wikidata Q87071
Geburtsdatum 1. September 1872
Geburtsort Jägerndorf (Krnov, Österreichisch-Schlesien) 2166196-0
Sterbedatum 7. Oktober 1938
Sterbeort Wien 4066009-6
Beruf Architekt, Designer
Parteizugehörigkeit Bürgerlich-demokratische Arbeitspartei
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 18.03.2021 durch WIEN1.lanm09lue
Begräbnisdatum
Friedhof Friedhof Hütteldorf
Grabstelle Grab 2, Gruft 18
  • 13., Auhofstraße 230 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Hofpreis I. Klasse in Gold (Verleihung: 1895)
  • Hansen-Preis (Verleihung: 1896)
  • Goldener Kaiserpreis (Verleihung: 1894)
  • Pein-Preis (Verleihung: 1893)
  • Schwendenwein-Reisestipendium (Übernahme: 1896)
  • Goldene Medaille, Weltausstellung St. Louis (Übernahme: 1904)
  • Ehrenzeichen der Universität Wien (Übernahme: 1936)
  • Oberbaurat (Übernahme: 1915)


  • Professor an der Akademie der bildenden Künste Wien (1913 bis 1919)

Leopold Bauer, * 1. September 1872 Jägerndorf (Krnov in Österreichisch-Schlesien, heute: Tschechische Republik), † 7. Oktober 1938 Wien, Architekt.

Biografie

Als Sohn des Hotelier-Ehepaares Josef und Anna Maria Bauer, geborene Flemmich, kam Leopold Bauer in Jägerndorf zur Welt und wuchs in einem großbürgerlichen Umfeld auf. Nach dem Besuch der örtlichen Realschule und der Staatsgewerbeschule in Brünn, zu deren Schülern zu dieser Zeit auch Adolf Loos und Josef Hoffmann zählten, absolvierte er ein einjähriges Baupraktikum in Thorn/Toruń (Preußen, heute: Polen) und Düsseldorf. 1892 kam er nach Wien und studierte im Studienjahr 1892/1893 Architektur an der Akademie der bildenden Künste bei Carl Hasenauer. Anschließend meldete er sich als Einjährig-Freiwilliger zum Militärdienst und setzte ab 1894 – nun bei Otto Wagner, der Hasenauer als Professor nachgefolgt war – sein Architekturstudium fort. Er traf mit Olbrich und Hoffmann zusammen und gründete 1895 mit ihnen und anderen den "Siebener-Club", die Urzelle der Secession. In seinem letzten Studienjahr, 1896, wurde Leopold Bauer mit dem Schwendenwein-Reisestipendium ausgezeichnet, das ihn für zwei Jahr nach Italien, Frankreich und Deutschland führte.

Ab 1900 war Leopold Bauer selbständig als Architekt tätig. Im selben Jahr wurde er Mitglied der Secession und blieb es bis zu seinem Tod, wenngleich er aufgrund seiner künstlerischen Richtungsänderung von den Secessionisten mehr und mehr abgelehnt wurde. Vertrat er in seiner Architektur zunächst eine radikal moderne Position, wandte er sich ab 1905 einer traditionsverbundeneren Richtung zu. Bauer erweiterte dadurch seinen Kundenkreis um Auftraggeber aus dem konservativeren Milieu. Gleichzeitig kam es aber zum Bruch mit einigen Wegbegleitern, spätestens 1908 war beispielsweise sein Zerwürfnis mit Otto Wagner nicht mehr zu revidieren.

In den Jahren 1901–1902 realisierte Bauer mit der Villa Karl Reissig in Brünn sein erstes Projekt. 1902 gewann er ex aequo mit Charles Rennie Mackintosh und Mackay Hugh Baillie Scott in Darmstadt den ersten Preis beim Wettbewerb "Haus eines Kunstfreundes". Wie viele seiner Kollegen schuf Leopold Bauer um 1900 neben architektonischen Entwürfen aber auch Möbel – dabei arbeitete er u.a. mit der Firma Portois & Fix zusammen –, Teppiche und diverse kunstgewerbliche Gegenstände wie beispielsweise Vasen und Luster aus Glas.

Parallel zu seiner Tätigkeit als Architekt veröffentlichte Leopold Bauer Texte mit programmatischen Überlegungen und theoretischen Reflexionen. In seiner ersten Schrift "Verschiedene Skizzen, Entwürfe und Studien" (1899) verarbeitete er die zuvor absolvierte Studienreise. Im Jahr 1902 gehörte er der Redaktion der Zeitschrift "Ver sacrum" an. Drei Bücher sowie zahlreiche Artikel, die in architektonischen Fachzeitschriften und Wiener Tageszeitungen wie der "Neuen Freien Presse" oder dem "Neuen Wiener Tagblatt" erschienen, trugen dazu bei, dass er als Protagonisten der Wiener Kunstszene wahrgenommen wurde. Immer wieder nahm er in seinen architekturtheoretischen Schriften auf die darwinistische Lehre Bezug. Neben Architektur und Städtebau befasste er sich auch mit sozialen und wirtschaftlichen Fragen.

Seine ersten Bauten realisierte Leopold Bauer in Brünn und in seinem Geburtsort Jägerndorf. In Wien verwirklichte er zunächst seine eigene Villa im 13. Bezirk (1906–1907), daraufhin folgten Aufträge für mehrere Wohnbauten in Wien und dem Umland, wie beispielsweise die Erweiterung der Villa Zuckerkandl für ein Japanisches Museum in Purkersdorf (1907–1908). Ebenfalls von Beginn an beteiligte sich Bauer – zunächst mit nur bescheidenem Erfolg – an zahlreichen nationalen (Kriegsministerium, Technisches Museum) sowie internationalen (Parlament in Mexiko, Hauptbahnhof in Athen) Ausschreibungen.

1913 wurde Leopold Bauer Professor an der Akademie der bildenden Künste und trat damit die Nachfolge von Otto Wagner an. Wagner selbst hatte Josef Plečnik vorgeschlagen, der als Slowene weder von den Deutschnationalen noch von Erzherzog Franz Ferdinand, der den Secessionismus ablehnte, goutiert wurde. Stattdessen wurde das Professorenkollegium aufgefordert, weitere Kandidaten zu empfehlen. So wurde Leopold Bauer – als Kompromisskandidat – vom Ministerium für Kultus und Unterricht als Nachfolger Wagners ernannt und vom Kaiser bestätigt. Die Folge waren Proteste von Anhängern Wagners. 1918 erhoben Bauers Schüler schwere Vorwürfe gegen ihn und verfassten eine Resolution. Bauer bat daraufhin den Rektor um die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Nach einem Streik der Studierenden der gesamten Akademie (nicht nur seiner Klasse) mit der Forderung seiner Abberufung, legte Bauer seine Funktion schließlich im März 1919, vor Abschluss des Disziplinarverfahrens, nieder.

Während der Zeit seiner Professur schuf Bauer mit der Druckerei der Österreich-Ungarischen Bank, dem heutigen Sitz der Österreichischen Nationalbank, sein wohl bekanntestes Werk in Wien. Nach Ende des Ersten Weltkriegs und dem Verlust seines Lehrstuhls hatte Leopold Bauer auch mit ökonomischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Er widmete sich verstärkt der Publizistik, plante fortan auch Industriebauten, Warenhäuser (Erweiterung des Warenhauses Gerngroß) und beteiligte sich – trotz Ablehnung der Sozialdemokratie – am städtischen Wohnbau. 1926 entstand der Vogelweidhof im 15. Bezirk und 1929 der Paul-Speiser-Hof im 21. Bezirk. 1927 realisierte Bauer die Aufstockung des 1904 bis 1906 von Josef Hoffmann erbauten Sanatoriums Purkersdorf. Die Auftragslage wurde für Leopold Bauer zunehmend schlechter.. Im sozialen Umgang galt Bauer als schwierig, leicht geriet er mit Kollegen, Kundinnen und Kunden oder Familienmitgliedern in Konflikt.

1923 betrat Leopold Bauer auch die politische Bühne und kandidierte in drei Bezirken für die bürgerlich-demokratische Arbeitspartei. Dem Nationalsozialismus gegenüber zunächst ablehnend eingestellt, änderte sich diese Haltung nach dem so genannten "Anschluss". Ende März 1938 stellte Leopold Bauer einen Antrag auf Mitgliedschaft in der NSDAP und versuchte den Eindruck zu erwecken, er habe sich schon lange zur NS-Ideologie bekannt. Sein unerwarteter Tod im Oktober 1938 beendete seine diesbezüglichen Avancen.

Von seinen sieben Kindern aus zwei Ehen ergriffen drei Söhne ebenfalls den Architektenberuf.

Literatur

  • Jindřich Vybíral: Leopold Bauer. Häretiker der modernen Architektur. Basel: Birkhäuser 2018
  • Helmut Weihsmann: Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919−1934. Wien: Promedia 1985, S. 37
  • Jan Tabor: Leopold Bauer. In: Wien aktuell Magazin 5 (1984), S. 23 ff. und 6 (1984), S. 29 ff.
  • Marco Pozzetto: Die Schule Otto Wagners. 1894−1912. Wien [u. a.]: Schroll 1980
  • Hans Hautmann / Rudolf Hautmann: Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919−1934. Wien: Schönbrunn-Verlag 1980, Register
  • Dorothee Müller: Klassiker des modernen Möbeldesign. Otto Wagner, Adolf Loos, Josef Hoffmann, Koloman Moser. München: Keyser 1980, S. 131 f.
  • Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 4. Wiesbaden: Steiner 1974, S. 190 f.
  • Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 9/1. Wiesbaden: Steiner 1973, S. 1250
  • Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974−lfd. (Korrektur in "Datenergänzungen")
  • Rudolf Schmidt: Österreichisches Künstlerlexikon. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Tusch 1974−1980
  • Ottokar Uhl: Moderne Architektur in Wien von Otto Wagner bis heute. Wien [u. a.]: Schroll 1966
  • Österreicher aus sudetendeutschem Stamme. Band 1 (Maler, Graphiker, Bildhauer, Medailleure, Baumeister, Architekten, Dichter, Schriftsteller, Journalisten). Wien: Verlag der Typographischen Anstalt 1961
  • Hans Vollmer [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts. 6 Bände. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag 1953−1962
  • Oberbaurat Professor Leopold Bauer. Seine Anschauung in Wort und Werk. Wien [u. a.]: Elbemühl-Verlag 1931
  • Ferdinand von Feldegg: Leopold Bauer. Der Künstler und sein Werk. Wien: Schroll 1918
  • Ulrich Thieme / Felix Becker [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. 37 Bände. Leipzig: Engelmann 1907−1950

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