Fünfhauser Brauhaus: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Zeile 30: Zeile 30:
  
 
==Die Brauerei unter den Familien Bosch und Dengler==
 
==Die Brauerei unter den Familien Bosch und Dengler==
Um 1841 erwarb [[Anton Bosch]]<ref>Anton Bosch: Biographie, Brauhaus- und Realitäten-Besitzer zu Jedlesee bei Wien. Eigenverlag, 13. Juni 1868. https://search.onb.ac.at/primo-explore/fulldisplay?docid=ONB_alma21288461430003338&context=L&vid=ONB&lang=de_DE&search_scope=ONB_gesamtbestand&adaptor=Local%20Search%20Engine&tab=default_tab&query=any,contains,%22anton%20bosch%22&mode=basic</ref>, der Besitzer des [[Jedleseer Brauerei]], auch dieses Brauhaus samt Bierhalle und schenkte es als Mitgift seiner einzigen Tochter Katharina bei ihrer Hochzeit mit Johann Dengler, dem Neffen seines Freundes und Besitzers des Hütteldorfer Brauhauses, [[Franz Dengler]]. Die Gebäude waren aber in einem so schlechten Zustand, dass Bosch außer dem Wohnhaus alle Gebäude niederreißen und neu aufbauen ließ. Dengler wirtschaftete nach den Wirren der Revolution 1848 nicht sehr glücklich.
+
Um 1841 erwarb [[Anton Bosch]]<ref>Anton Bosch: Biographie, Brauhaus- und Realitäten-Besitzer zu Jedlesee bei Wien. Eigenverlag, 13. Juni 1868. http://data.onb.ac.at/rec/AC09729872</ref>, der Besitzer des [[Jedleseer Brauerei]], auch dieses Brauhaus samt Bierhalle und schenkte es als Mitgift seiner einzigen Tochter Katharina bei ihrer Hochzeit mit Johann Dengler, dem Neffen seines Freundes und Besitzers des Hütteldorfer Brauhauses, [[Franz Dengler]]. Die Gebäude waren aber in einem so schlechten Zustand, dass Bosch außer dem Wohnhaus alle Gebäude niederreißen und neu aufbauen ließ. Dengler wirtschaftete nach den Wirren der Revolution 1848 nicht sehr glücklich.
 
   
 
   
 
Die Bierproduktion ging in den Jahren 1849 bis 1861 jedenfalls von 22.751 auf 16.534 Hektoliter zurück. 1861 musste Johann Dengler im September der Konkurs anmelden, worauf sein Schwiegervater [[Anton Bosch]] ein Jahr später die Brauerei und die Bierhalle aus der Konkursmasse zurückkaufte und seinem Enkel [[Anton Dengler]] übergab. Der schaffte zwar einen kurzfristigen Aufschwung, musste aber 1868 nach Jedlesee zurückkehren, um die dortige Stammbrauerei der Familie zu übernehmen. Das Unternehmen wurde an die Fabrikanten- und Großhändlerfamilien Schik und Mauthner verkauft.  
 
Die Bierproduktion ging in den Jahren 1849 bis 1861 jedenfalls von 22.751 auf 16.534 Hektoliter zurück. 1861 musste Johann Dengler im September der Konkurs anmelden, worauf sein Schwiegervater [[Anton Bosch]] ein Jahr später die Brauerei und die Bierhalle aus der Konkursmasse zurückkaufte und seinem Enkel [[Anton Dengler]] übergab. Der schaffte zwar einen kurzfristigen Aufschwung, musste aber 1868 nach Jedlesee zurückkehren, um die dortige Stammbrauerei der Familie zu übernehmen. Das Unternehmen wurde an die Fabrikanten- und Großhändlerfamilien Schik und Mauthner verkauft.  

Version vom 16. August 2022, 11:38 Uhr

Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1795
Datum bis 1873
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Fünfhaus
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 273
GND
WikidataID
Objektbezug Bier, Brauhäuser
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 16.08.2022 durch WIEN1.lanm08uns
  • 15., Gasgasse 8-10

Derzeit wurden noch keine Konskriptionsnummer zu diesem Bauwerk erfasst!

Die Karte wird geladen …

48° 11' 38.52" N, 16° 20' 0.68" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Fünfhauser Brauhaus (15, Gasgasse 4-6).

Gründung des Brauhauses

In dem heute von Sperrgasse, Mariahilfer Straße, Staglgasse, Friedrichsplatz und Viktoriagasse umgrenzten Gebiet befand sich um 1700 eine Ziegelei samt einem Meierhof, den um 1700 Wilhelm Franz von Nentwich besaß („Nentwichhof"; Meierhof der Karmeliter auf der Laimgrube). Nach der Aufhebung des Ordens durch Joseph II. (1783) wurde das Areal parzelliert und neuverbaut. Anstelle des Ostflügels des Karmeliterhofs und auf einem angrenzenden Stück Acker (bis zur Zwölfergasse) ließ Nikolaus Christoph Oesterlein (1747-1809) um 1790 ein Brauhaus errichten, das von seiner Witwe Helene weitergeführt wurde.

In den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts leitete es der Braumeister Heinrich Zwölfer, der es entlang der Zwölfergasse erweiterte.[1] Nach seinem Tod (1836) wurde von Anton Wittendorfer die Erste Wiener Bierhalle 1839 (Ecke Gasgasse und Rosinagasse) mit Garten errichtet, die sich bis zur heutigen Schule am Friedrichsplatz erstreckte.

Die Brauerei unter den Familien Bosch und Dengler

Um 1841 erwarb Anton Bosch[2], der Besitzer des Jedleseer Brauerei, auch dieses Brauhaus samt Bierhalle und schenkte es als Mitgift seiner einzigen Tochter Katharina bei ihrer Hochzeit mit Johann Dengler, dem Neffen seines Freundes und Besitzers des Hütteldorfer Brauhauses, Franz Dengler. Die Gebäude waren aber in einem so schlechten Zustand, dass Bosch außer dem Wohnhaus alle Gebäude niederreißen und neu aufbauen ließ. Dengler wirtschaftete nach den Wirren der Revolution 1848 nicht sehr glücklich.

Die Bierproduktion ging in den Jahren 1849 bis 1861 jedenfalls von 22.751 auf 16.534 Hektoliter zurück. 1861 musste Johann Dengler im September der Konkurs anmelden, worauf sein Schwiegervater Anton Bosch ein Jahr später die Brauerei und die Bierhalle aus der Konkursmasse zurückkaufte und seinem Enkel Anton Dengler übergab. Der schaffte zwar einen kurzfristigen Aufschwung, musste aber 1868 nach Jedlesee zurückkehren, um die dortige Stammbrauerei der Familie zu übernehmen. Das Unternehmen wurde an die Fabrikanten- und Großhändlerfamilien Schik und Mauthner verkauft.

Der Untergang der Brauerei als Aktiengesellschaft

Diese brachten sie mit Unterstützung der Generalbank in die „Fünfhauser Brauerei-Actiengesellschaft“ ein. Die Generalbank war eines der typischen Institute dieser Zeit, die sich hauptsächlich der Spekulation widmete. Sie musste auch das ursprünglich mit 1,5 Millionen Gulden festgesetzte Aktienkapital bald auf 750.000 Gulden reduzieren und nahm als Kompensation bei der Ersten österreichischen Spar-Casse ein Darlehen über 250.000 Gulden auf, womit die geplanten Ausbaupläne zumindest teilweise finanziert werden konnten. Die Aktien wurden zwar im Kurszettel der Wiener Börse aufgenommen, erreichte aber nie den Nominalwert. 1872 erreichte die Bierproduktion mit fast 105.000 hl den Spitzenwert. Die Aktiengesellschaft hatte sich aber finanziell übernommen und war eines der ersten Opfer der Finanzkrise des Jahres 1873. Die Aktionäre fielen um ihr Vermögen um.

Die Viktoriasäle bzw. das Zobeläum

1862 verpachtete Adolf Bosch die ebenfalls aus der Konkursmasse erworbene Bierhalle dem Fleischhauer Franz Zobel, der sie umbaute sie um als „Viktoriasäle“ wieder eröffnete. Das Volk nannte das Etablissement meist nur „Zobels Bierhalle“ oder „Zobeläum“. Es sprengte alle bis dahin gekannten Dimensionen. Allein der prächtige Gasthausgarten fasste 3.000 Personen.[3] Damit gehörte das Zobeläum mit dem Dreher-Hof auf der Landstraße zu den größten Wiens.[4] In diesem Vergnügungs-Etablissement traten berühmte Musikkapellen auf. Johann Strauß und Josef Lanner konzertierten hier und Strauß brachte die »Gambrinustänze«, die »Lockvögel« und die »Knallkugeln« zur Uraufführung.[5] Auch waren die Militärkapellen, vor allem unter dem Kapellmeister Karl Komzák, sehr beliebt. VolkssängerInnen wie Carl Kampf, Fanny Hornischer und Antonie Mansfeld traten hier ebenso auf wie viele Gesangsvereine.

Im Winter gab es großartige Ballveranstaltungen wie die Fiakerbälle und am 29. August 1868 wurde hier vor angeblich gezählten 3.591 Gästen erstmals das »Lied der Arbeit« vorgetragen. Die großen Wirtshaussäle waren für die Sozialdemokratie mangels anderer Lokalitäten damals wichtige Veranstaltungsorte. Es gab aber auch Varietévorstellungen, besonders der französische Seiltänzer Blondin begeisterte das Publikum.[6] Als 1873 die Brauerei Aktiengesellschaft unterging, überlebte die Bierhalle noch einige Jahre, musste aber 1882 ebenfalls geschlossen werden.

Parzellierung des Areals

Das Areal wurde bald danach zu Bauzwecken parzelliert. Franz Zobel betrieb noch eine Zeit lang in einem der Nebengebäude ein Gasthaus. Er musste aber ebenfalls aufgeben, als das Amtshaus / Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus / ab 1882 errichtet wurde und 1884 seinen Betrieb aufnahm (Gasgasse 8-10, Rosinagasse 4-6, in dem sich seit 1972 auch das Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus befindet. Anstelle des riesigen Gastgartens wurden Ende des 19. Jahrhunderts eine Schule und Wohnhäuser gebaut. Ein kleiner Rest ist in Form des Friedrichsplatzes erhalten. Einige Baulichkeiten, die damals nicht abgerissen wurden, wie das Sudhausgebäude, wurden eine Zeit lang vermietet. So richteten Jakob und Sigmund Grossmann, Besitzer der Bierbrauerei Rauhenstein bei Baden in den Kellern ein großes Bierdepot ein.[7] 1893/94 wurde auch das Sudhaus abgebrochen und an seiner Stelle die Leydoltgasse angelegt, diagonal dazu wurde das Grundstück durch die neu errichtete Staglgasse von den Zobel-Gründen abgetrennt. Erst um 1958 wurde das alte Direktionsgebäude geschleift. Heute befindet sich hier eine Schule.

Literatur

  • Felix Czeike: XV. Rudolfsheim-Fünfhaus. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 15), S. 18-19
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Rudolfsheim Fünfhaus. Zwischen Wienfluß und Schmelz. Mohl Verlag: Wien 1978, S. 124
  • Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2017, 112-115
  • Hertha Wohlrab: Wien in alten Ansichtskarten 14/15, Wien: o.A., S. 97-98
  • Eva Anna Welles, Adelige, Mönche, Feuergewehre und Bier, Edition 15 Bezirksmuseum, Rudolfsheim-Fünfhaus - Druck in Vorbereitung

Einzelnachweise:

  1. Wiener Zeitung vom 26. Juni 1829, S 15 - Heinrich Zwölfers Braumeister und Bierwirt: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=wrz&datum=18290626&seite=15&zoom=33
  2. Anton Bosch: Biographie, Brauhaus- und Realitäten-Besitzer zu Jedlesee bei Wien. Eigenverlag, 13. Juni 1868. http://data.onb.ac.at/rec/AC09729872
  3. Fremden-Blatt vom 21. Mai 1865, Seite 25, sowie Fremden-Blatt vom 6. Oktober 1866, Seite 33 - Fassungsvermögen des Odeon-Gartens https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=fdb&datum=18650521&query=%22odeon+garten%22&ref=anno-search&seite=25 https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=fdb&datum=18661006&seite=11&zoom=33
  4. Felix Czeike: Wiener Bezirkskulturführer Rudolfsheim-Fünfhaus, S. 18.
  5. Der Walzer "Knallkugerln" von Johann Strauß: https://de.wikipedia.org/wiki/Knallk%C3%BCgerln
  6. Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Rudolfsheim Fünfhaus, S. 124.
  7. Inserat der Firma Grossman im Neuen Wiener Tagblatt vom 2. Juni 1875, Seite 7 - Nutzung der Brauerei als Bierlager: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nwg&datum=18750602&seite=7&zoom=33