Wipplingerstraße
48° 12' 47.18" N, 16° 22' 4.16" E zur Karte im Wien Kulturgut
Wipplingerstraße (1; ursprünglich Wildwercher-, Wiltwercherstraße; Wildwerker = Kürschner, die im Mittelalter zu den wohlhabendsten Honoratioren gehörten).
Der Name bezog sich 1272 und um 1300 auf den sehr kurzen Abschnitt vom Hohen Markt (ursprünglich nach der damaligen Trassenführung vom Berghof) bis zu dem zwischen den heutigen Nummern dreu und fünf liegenden Zugang zur Judenstadt; der wesentlich längere Abschnitt von hier bis zur Hohen Brücke lag innerhalb der Judenstadt und hieß bis 1421 Judenstraße. Nach der Vertreibung der Juden (1421) und der Auflassung des Gettos wurde der Straßenname bis zu den heutigen Nummern 16 beziehungsweise 17 ausgedehnt.
In der Folge kam es zunehmend zu Verballhornungen (beispielsweise 1474 Wildbergerstraße, 1547 Wilpingerstraße, 1701 Wildwergerstraße), bis sich ab Anfang des 18. Jahrhunderts Wipplingerstraße durchsetzte. Ab der Renngasse verlief diese (abweichend von der heutigen Trasse) zum Judentor Ecke Helferstorferstraße-Rockhgasse, das diesem Abschnitt im allgemeinen seinen Namen gab (1314 und 1339 Beim Judentor, 1376 und 1434 Beim Juenturm); es kommen aber auch die Beizeichnungen Hinter dem Meierhof der Schotten (1339, 1434), Hinter den Schotten (1443) oder Im Winkel zunächst der Stadtmauer (1435) vor. Als 1568/69 in dieser Gegend (nach Abbruch der Häuser 1558/59) das kaiserliche Arsenal (Zeughaus) errichtet wurde, endete die Wipplingergasse als Sackgasse bei der Renngasse; nach der Demolierung des Arsenals (1870) kam es zu einer Neuparzellierung bei gleichzeitiger Veränderung der Richtung der Wipplingerstraße.
Gebäude
- Nummer 1: Hier stand seinerzeit das Wohnhaus (1736-1739) von Bürgermeister Josef Anton Bellesini.
- Nummer 2: Im Vorgängerhaus wohnte 1818-1821 Franz Schubert bei seinem Freund, dem Dichter Johann Mayerhofer (Gedenktafel am Neubau).
- Nummer 6-8: Altes Rathaus mit Andromedabrunnen; Bezirksmuseum Innere Stadt, Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands. Gedenktafel an der Fassade (am 26. Mai 1848 trat im Sitzungssaal zwecks Aufrechterhaltung der Ordnung der vom Volk gewählte Sicherheitsausschuß zusammen); Gedenktafel in der Bürgerstube (am 20. April 1671 wurde hier Franz Graf Nadasdy hingerichtet).
- Nummer 7 (Judenplatz 11): ehemlige Böhmische Hofkanzlei (Gedenktafeln im Durchgang zur Erinnerung an den Bau [1710-1714] und den Wiederaufbau nach Bombenschaden von 12. März 1945 [1946-1951]).
- Nummer 9: Sterbehaus von Ignaz Schuppanzigh.
- Nummer 10 (Stoß im Himmel 1): Besitz von Hans Saphoy.
- Nummer 12: Wohnhaus, erbaut 1900/1901 nach Plänen von Karl Theodor Bach; Apotheke "Zum schwarzen Mohren".
- Nummer 13: Hier starb 1903 Adolf Taussig
- Nummer 14: Herbersteinsches Haus, in dem 1782/1783 Wolfgang Amadeus Mozart wohnte (Mozart-Wohnungen).
- Nummer 15: Hier wurde 1801 der Maler [Joseph Martin Höger]] geboren.
- Nummer 17 1818 logierte hier Franz Schubert.
- Nummer 18: Hier starb 1872 der Otologe Ignaz Gruber.
- Nummer 19 (Färbergasse 5): ehemals Wohnhaus "Zum roten Säbel", in dem 1768 beziehungsweise 1782 Mozart gewohnt hat (Mozart-Wohnungen und 9).
- Nummer 21: Ehemals stand hier (Ecke Tiefer Graben 22-24) das Theatinerkloster. Das Vorläufergebäude des 1900 erbauten Jugendstilhauses trug das Hausschild "Zum alten Babenberger-Stadttor" (zwischen Nummer 21 und 22 stand ein Tor der babenbergasse Ringmauer).
- Nummer 24-26: ehemaliger Weinkeller "Zum Bacchus"; Gedenktafel für den ukrainischen Dichter des Impressionismus und Gelehrten Dr. Iwan Franko (gestiftet vom Ukrainischen Frauenbund, 1960).
- Nummer 25 (Renngasse 14): Beamtenvereinshaus; ehemals rituelles Tauchbad der Juden (Mikwe) beziehungsweise danach Badstube auf der Hohen Brücke.
- Nummer 28 (Renngasse 18): Bürogebäude der Wiener Gebietskrankenkasse (Arbeiter-Krankenversicherungs-kasse); vorher Verkehrsbank. In einem Vorgängerhaus starb 1861 der Komponist Joseph Geiger.
- Nummer 29: ursprünglich Sitz der Wiener Allgemeinen Poliklinik.
- Nummer 29-31 (Rockhgasse 4-6, Hohenstaufengasse 1-5, 2-6, Renngasse 5-9): ehemals kaiserliches Zeughaus.
- Nummer 30: Sterbehaus des Theaterdirektors Ferdinand Graf Pálffy von Erdöd.
- Nummer 31 (Rockhgasse 10): Geschäftshaus Gustav Léon, erbaut von Heinrich Ferstel.
- Nummer 35: Bürogebäude der Arbeiterkammer für Niederösterreich beziehungsweise des Österreichischen Gewerkschaftsbund; Torumrahmung mit Steinreliefs der "Arbeit" von Josef F. Riedl.
- Nummer 39 (Schottenring 11): ehemals Hotel Austria, in das (nach der Weltausstellung 1873) die Polizeidirektion einzog (1945 durch Bomben zerstört); seit 1988 befindet sich hier das neu erbaute Hotel Plaza.
- Nummer 34 (Schottenring 16): Börse. Hohe Brücke.
Literatur
- Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
- Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 192 ff. (Nummer 12 ist hier auf Nummer 19 zu korrigieren)
- Robert Mucnjak: Führer durch Alt-Wien. Innere Stadt. Wien: Der Museumsverein Innere Stadt 1980 (Schriftenreihe des Bezirksmuseums, 3), S. 121 ff.
- Hugo Hassinger: Kunsthistorischer Atlas der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und Verzeichnis der erhaltenswerten historischen, Kunst- und Naturdenkmale des Wiener Stadtbildes. Wien: Schroll 1916 (Österreichische Kunsttopographie, 15), S. 86
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 90
- Emmerich Siegris: Alte Wiener Hauszeichen und Ladenschilder. Wien: Burgverlag 1924, S. 84
- Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 106 ff.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 490