Ringstraßenwettbewerb Projekt Nr.36

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Situationsplan zum Concursprojekt Nr. 36, 1858
Hochauflösendes Digitalisat: WStLA, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P15.111111.61 - Concursprojekt Nr. 36
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Wettbewerb
Datum von 31. Jänner 1858
Datum bis 31. Juli 1858
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 43887
GND
WikidataID
Objektbezug Ringstraße, Glacis
Quelle
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Letzte Änderung am 6.12.2022 durch WIEN1.lanm08jan
Bildname Wettbewerbsprojekt Nr.36.jpg
Bildunterschrift Situationsplan zum Concursprojekt Nr. 36, 1858
Hochauflösendes Digitalisat: WStLA, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P15.111111.61 - Concursprojekt Nr. 36

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Devise: Was auf festem Grund gebaut, Lange in die Zukunft schaut.


Verfasser: unbekannt (bezeichnet mit den Initialen A. L. M.)


Ältere Planungen

Der Entwurf des unbekannten Planers ging aus einer älteren Planung aus dem Jahre 1857 hervor, wie dies Planinhalt und Plangrundlage vermuten lassen. In einem ersten Plan, der neun Quartiere verzeichnet, die sich jeweils um rechteckige Plätze organisieren, strebte der Projektant noch nach gänzlicher Ausnutzung des Glacisraums. In der Überlagerung eines geometrischen Rasters auf die Stadt von 1857 entstehen Anklänge an Projekt Nr. 50 von Georg Günther, der auch versuchte, mit einem rigiden Raster einer Regularisierung des Stadtkörpers Vorschub zu leisten. Der Planer zeichnete unzählige Straßendurchbrüche ein, die die langrechteckigen Blöcke der mittelalterlichen Stadterweiterungen geteilt hätten. In diesem Projekt sollte einerseits das ganze Glacis für eine Wohnbebauung genutzt werden und zweitens eine umfangreiche Sanierung der inneren Stadt geschehen. An zwei der südlichen Plätze erkennt man, dass es sich um einen früheren Entwurf von mehr oder minder gleichwertigen Wohnquartieren gehandelt haben muss, denn erst in einem zweiten Schritt wurden die Plätze umfunktioniert und stattdessen zwei Hoftheater eingefügt. Einen weiteren Hinweis, dass es sich um eine Vorarbeit handelt, offenbart das Platzquartier zwischen den beiden eben beschriebenen Plätzen. Rund um diese Plätze beschrieb er die Blöcke, die ansonsten wie alle anderen des Stadtentwurfes aussahen, mit den im Wettbewerb geforderten Funktionen.[1]
Die nächste Stufe des Projektes findet sich auf einem Plan von 1857. Darin werden die Sonderfunktionen der Andeutungen in den größeren Bauten auf dem ganzen Glacis verteilt. Anders als im ersten Entwurf fehlt hier zwischen den Blöcken mit den Hoftheatern der Platz mit den acht Blöcken, denn es wurde stattdessen die neue von einer Gartenanlage umgebene Hofburg eingeplant. Auch im Bereich des Boulevards kam es zu Veränderungen, im späteren Entwurf säumten im westlichen Bereich nun Neubauten die neue Prachtstraße, und auch die Stadterweiterung beim ehemaligen Fischerthor weist eine regelmäßigere Bebauung und Straßen auf.
Am ausgegebenen Situationsplan zeigt sich, dass auf eine Forderungen der Ausschreibung nur teilweise eingegangen wurde, denn der Platz vor der Franz-Josefs-Kaserne und der Exerzierplatz weisen nicht den geforderten Umfang aus.


Städtebaulicher Entwurf 1858

Der städtebauliche Entwurf folgte immer noch dem rigiden Erstentwurf von 1857, indem die Straßen keine hierarchischen Unterschiede aufwiesen. Außer dem breiten Boulevard sind alle übrigen Straßen mit 8 Klafter Breite konzipiert, die einzige Ausnahme bildet ein kurzes Stück der verlängerten Kärntnerstraße von 18 Klaftern Breite. Die Straßen im Neubaugebiet folgen einem strengen Raster, das zwischen dem Boulevard und den Vorstädten und dem Wienfluss aufgespannt liegt. Diese Straßen nehmen im Bereich der Vorstädte die vorhandenen alten auf und führen diese im Glacis weiter.
Den Boulevard führte der Planer in vielen Knicken um die innere Stadt und legte ihn so nah an den inneren Stadtkörper, dass er ihn auf die bestehende Franz-Josefs-Kaserne zuführte und dann um diese herumführen musste. Dass er dies bei der neu konzipierten Kaserne im Norden der Stadt wiederholte, deutet darauf hin, dass er dieser Anlage, trotz der ungünstigen Verkehrssituation einen besonderen Reiz zusprach. Die Bebauung der gesamten Ringstraßenzone und die Wirkung der einzelnen Blickachsen und Ensembles dachte der Planer lediglich vom Boulevard aus. Mittels eines zentrifugalen Blickdispositivs waren die Prospekte an den Knicken der Ringstraße inszeniert und funktionierten nur von dieser Seite, während es keinen zweiten Straßenverlauf von übergeordneter Bedeutung in der Ringstraßenzone gab.
Im Innenstadtbereich schlug er Straßenverbreiterungen und Straßendurchbrüche vor, die einen rechteckigen, teilweise auf bestehenden Straßen bezogenen Raster bildeten. Im Bereich der Hofburg schlug er zwei Flügelbauten vor, die die Hoftheater aufnehmen sollten. Den Raum zwischen Burgthor und Hofstallungen beließ er hingegen unbebaut, wie dies gefordert war.
Für Plätze entwickelte er Varianten vor. Zum einen die rechteckigen oder quadratischen Quartiersplätze, die größeren, dreieckigen Zwickelplätze zwischen den Ensembles und schließlich Vorplätze zu Monumentalbauten. Die Quartiersplätze zeigen im Plan keine Gestaltung, die meisten Plätze vor Markthallen sowie jene vor den beiden Kirchen weisen große Brunnenanlagen auf. Vier der Zwickelplätze erhalten am Ende des Platzes die Schaufassade einer Kirche oder einer Markthalle, sodass vom Boulevard aus ein besonderer point de vue gegeben ist. Im Falle des Kriminalgebäudes und des Polytechnikums respektierte der Planer den Bestand und fügte vor den Mittelrisaliten dieser Gebäude kleine Plätze zur Betonung des zentralen Einganges ein.
Zur Bebauung des Glacisgrundes stellte er umfassende Überlegungen an, die er in seinen Detailplänen genauestens darlegte. Die gesamte Bebauung wurde in detaillierten Parzellenplänen dargestellt sowie er es nicht verabsäumte, Aufrisse und Schnitte der neuen Stadtteile zeichnerisch darzustellen. In diesen Schnitten wird deutlich, dass er sich bei der Projektierung der Neubauten an die Höhen der Bauten der inneren Stadt hielt respektive die geltende Bauordnung von 1829 einhielt. Als städtebauliches Muster bediente er sich eines regelmäßigen Rasters, das durch den geknickten Verlauf des Boulevards zu einer beschränkten Abwechslung geführt hätte. In Verbindung mit den beiden Kirchen schlug der Planer kleine Ensembles aus drei Bauten vor. Die übrigen Monumentalbauten waren als rechteckige Hofbauten auf den gesamten Neubaubereich verteilt.

Stellenwert

Die Besonderheit dieser Planung liegt nicht nur in der detaillierten Darstellung der Bebauung, sondern vor allem in der eindrücklich dargestellten stufenweisen Reduzierung eines ursprünglich Planes, bei dem eine zuerst dichte Bebauung des Glacis bis zur Entsprechung der Vorgaben in der Wettbewerbsausschreibung in einer weiteren Phase reduziert wird und offenbart somit die prozessuale Entstehung des eingereichten Projektes.[2]


Siehe auch:


Quellen


Einzelnachweise

  1. Dieser Plan besitzt keinen Eingangsstempel, sodass davon ausgegangen werden kann, dass er nicht am Wettbewerb teilgenommen hat. Das gesamte Plankonvolut des Projektes Nr. 36 besitzt nicht die Eingangsstempel der Bibliothek/des Archivs des Wiener Stadtbauamtes, es ist auch nicht im Eingangsprotokoll von 1888 zu finden, es wurde jedoch mit der Nummerierung der Plan- und Schriftenkammer versehen, ansonsten trägt es nur die Archivstempel und Nummern des Wiener Stadt- und Landesarchivs.
  2. Zum Ringstraßenwettbewerb siehe: Harald R. Stühlinger, Der Wettbewerb zur Wiener Ringstraße, Birkhäuser, Basel 2015