Organisation Todt

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Organisation Todt: Urlaubsschein
Daten zur Organisation
Art der Organisation NS-Institution
Datum von 1938
Datum bis 1945
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 61399
GND
WikidataID
Objektbezug Zweiter Weltkrieg, NS-Zeit
Quelle
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Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Bildname WStLA, M.Abt. 596 A 1 1 OT Urlaubsschein.jpg
Bildunterschrift Organisation Todt: Urlaubsschein

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Inhalt:
  1. Die wichtigsten Projekte der Organisation Todt (OT)
  2. Der Bau des Südostwalls auf österreichischem Gebiet
  3. Das Schicksal der ungarischen Jüdinnen und Juden beim Bau des Südostwalls
  4. Die „Reichsautobahn“ (RAB)
  5. Die Organisation Todt (OT) in Wien während der NS-Zeit
  6. Zwangsverpflichtung von jüdischen „Mischlingen zum Arbeitseinsatz bei der Organisation Todt
  7. Zwangsarbeiterlager der Organisation Todt in Wien
  8. Literatur
  9. Quellen
  10. Weblinks
Organisation Todt: Dienstanweisung

Die Organisation Todt (OT) hatte ihren Namen nach Fritz Todt (1891-1942), der über Auftrag Adolf Hitlers ab März 1940 Reichsminister für Bewaffnung und Munition im nationalsozialistischen Deutschen Reich war. Fritz Todt war bis zu seinem Tod durch einen Flugzeugabsturz am 8. Februar 1942 untrennbar mit der von ihm aufgebauten gigantischen Organisation verbunden. Nach seinem Tod wurde er als „rastlos planender Genius der deutschen Technik“ mythologisiert und in Zeitungsnachrufen als „Festungsbaumeister“, „Schöpfer unvergänglicher Werke“ und „Waffenmeister der Wehrmacht“ hochstilisiert[1] und posthum von Hitler zum Träger des Deutschen Ordens der NSDAP ernannt.[2] Albert Speer wurde Nachfolger von Fritz Todt.
Die Organisation Todt wurde im Jahr 1938 gegründet und war mit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 bis 1944 für den Bau und die Entwicklung von Verteidigungs- und Rüstungsanlagen verantwortlich. Sie beschäftigte hunderttausende Freiwillige, Angehörige des Arbeitsdienstes, aber mit Fortschreiten der Kriegshandlungen zunehmend auch Ostarbeiter, Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge.

Die wichtigsten Projekte der Organisation Todt (OT)

  • 1938: Westwall: Festungs- und Verteidigungslinie in Frankreich (entlang der Maginotlinie)
  • 1938/1939: Hunsröckhöhenstraße: Straße zur deutsch-französischen Grenze über den Hunsröck von Saarburg bei Trier nach Koblenz
  • 1941-1944: Atlantikwall: Verteidigungslinie entlang der Atlantikküste, des Ärmelkanals und der Nordsee mit einer Reihe einzelner Befestigungsanlagen an den Küsten
  • 1940-1942: zwei „Führerhauptquartiere“ Wolfsschanze und Werwolf
  • 1940-1944: im gesamten nationalsozialistischen Machtbereich Errichtung von Flaktürmen, U-Boot-Bunkern und weiteren Bunkeranlagen, Luftschutzanlagen, Eisenbahnstrecken und Straßenbauten; ab 1939 im besetzten Polen mit Hilfe tausender jüdischer Zwangsarbeiter Straßenbauarbeiten; 1941: ab dem Überfall auf die Sowjetunion waren sogenannte OT-„Einsatzgruppen“ für den Straßenbau ebenfalls mit jüdischen Zwangsarbeitern im Einsatz.[3]

Die Organisation Todt hatte mit Datum November 1944 Standorte in folgenden Regionen und Ländern mit Angabe der Bauleitungen:

  • Südungarn („Einsatz Süd-Ungarn“, Budapest)
  • Kroatien („Einsatz F Kroatien“, Agram)
  • Einsatz Wien
  • “Einsatz Niederdonau“ (Wien), Oberbauleitung in Krems
  • “Einsatz Steiermark“ (Graz)
  • Burgenland: Oberbauleitungen in Eisenstadt, Oberpullendorf, Postneusiedl
  • Slowakei (Pressburg)
  • OT-Zentrale in Berlin[4]

Der Bau des Südostwalls auf österreichischem Gebiet

Der Südostwall wurde ab Oktober 1944 nach technischen Plänen und unter Kontrolle der Organisation Todt („OT-Einsatzgruppe Süd-Ost Sonderbauleitung“)[5] sowie auch unter dem Oberkommando der Deutschen Wehrmacht als Verteidigungslinie vor dem Heranrücken der Roten Armee im Südosten des Deutschen Reiches, in Süd- und Ostösterreich, Ungarn, Tschechien und der Slowakei errichtet. Unter den Wachmannschaften waren neben SS-Formationen, Polizei und Wehrmacht auch Angehörige der Organisation Todt. Es waren an diesen sich später als wirkungslos erweisenden Bauarbeiten um die 300.000 Arbeiter beteiligt, darunter Ostarbeiter, Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und ungarische Juden.[6]

Das Schicksal der ungarischen Juden beim Bau des Südostwalls

Der Bau des Südostwalls erstreckte sich auf österreichischem Gebiet vom Neusiedlersee bis Güns (Köszeg) und dem Pinkatal bis östlich von Radkersburg. Vor allem Jüdinnen und Juden waren Opfer von grausamen Misshandlungen und Tötungsaktionen. Am 19. März 1944 kam es zur deutschen Besetzung Ungarns, 437.402 Juden wurden bis zum 10. Juli 1944 deportiert, davon waren zu diesem Zeitpunkt bereits circa 300.000 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet worden. Über 76.200 Juden wurden an das Deutsche Reich ausgeliefert, von diesen circa 30.000 nach Österreich geschickt und dort als Zwangsarbeiter für den Bau des Südostwalls eingesetzt. Die völlig entkräfteten Juden mussten beim sogenannten „Schanzen“ schwere Arbeit verrichten, wurden in Ställen, Kellern und Scheunen untergebracht und starben massenweise an willkürlichen Erschießungen, Hunger, Erschöpfung und Kälte. Massaker an ungarischen Juden fanden in Rechnitz, Deutsch-Schützen, Jennersdorf (Burgenland), Am Präbichl (Steiermark), Persenbeug, Göstling und Scheibbs (Niederösterreich) statt. Kurz vor Kriegsende wurden sie auf Todesmärschen in das Konzentrationslager Mauthausen getrieben. [7]

Die „Reichsautobahn“ (RAB)

Beim Bau der von Fritz Todt vorangetriebenen und der OT unterstandenen „Reichsautobahn“ (RAB) waren Arbeiter und Zwangsarbeiter, darunter auch jüdische der Organisation Todt im Einsatz. Der Spatenstich der längst vor dem „Anschluss“ geplanten Autobahn Salzburg - Linz - Wien fand am 7. April 1938 am Walserberg durch Adolf Hitler statt.[8] Mit der Autobahn in Verbindung steht der Mythos, dass Hitler diese erfunden habe, im Gegensatz dazu aber waren „Richtungsfahrbahnen“ schon vor dem Ersten Weltkrieg geplant, „das einzig Neuartige am nationalsozialistischen Straßenbau war das staatliche Förderungssystem“.[9]

Die Organisation Todt (OT) in Wien während der NS-Zeit

Hermann Rafetseder führt in seinem 2014 erschienenen Werk „NS-Zwangsarbeits-Schicksale: Erkenntnisse zu Erscheinungsformen der Oppression und zum NS-Lagersystem aus der Arbeit des Österreichischen Versöhnungsfonds. Eine Dokumentation“ zahlreiche Fälle von Zwangsarbeit für die Organisation Todt in Wien an.[10] Bei diesen ehemaligen Zwangsarbeitern scheint die Organisation Todt als Dienstgeber vor allem beim Bau von Flaktürmen und auch teilweise bei Schanzarbeiten für den Südostwall auf, obwohl sie im Handbuch des Reichsgaues Wien 1944 nur als „Klammerzusatz der Abteilung ‚Wehrbau und Ausland‘ im, Geschäftsbereich Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen‘“ angeführt ist.[11] Auch ortet Rafetseder ein „Zuständigkeiten-Gewirr“ bei den verschiedenen NS-Organisationen, wodurch Betroffene für mehrere Arbeitgeber, wie etwa auch den „Baustab Speer“, Zwangsarbeit leisten mussten.[12]
Im Archivbestand des Wiener Stadt- und Landesarchivs Stadtbauamt, Stadtbaudirektion befindet sich ein Index der Organisation Todt des Jahres 1944. Darin sind zahlreiche Bauvorhaben, Arbeiten an Flaktürmen, Organisation der Treibstoffversorgung, Behebung von Kriegsschäden („Fliegerschäden“), Anlegen von Luftschutzstollen, Löschteichen, Splittergräben und Schutzmaßnahmen für die Zivilbevölkerung bei diversen Firmen und Standorten in Wien und Niederösterreich angegeben. Daraus geht hervor, dass die Organisation Todt durch personelle Überschneidungen und zahlreiche Projekte Teil der Stadtbauverwaltung in Wien war.[13]
Die „OT-Einsatzgruppe Südost“ hatte eine Zweigstelle in Wien, stand unter Leitung des „Stabsleiters“ Johann Gundacker und hatte 1945 folgende Abteilungen:

  • I. Bauprogramm
  • II. Baueinsatz
  • III. Nachschub
  • IV. Technik
  • V. Frontführung
  • VI. Verwaltung

Die OT-Einsatzgruppe Ost beschäftigte tausende Zivilarbeiter, Freiwillige, Ostarbeiter, Militärinternierte, aber beispielsweise auch Häftlinge des Arbeitserziehungslagers Oberlanzendorf für Bauarbeiten im städtischen Bereich. Ein entsprechender Bestand „OT-Einsatzgruppe Südost, Einsatz Wien Abt. VI: Verwaltung, Verdingung und Bauabrechnung“ ist im Wiener Stadt- und Landesarchiv für das Jahr 1945 vorhanden.[14]

Zwangsverpflichtung von jüdischen „Mischlingen" zum Arbeitseinsatz bei der Organisation Todt

Laut NS-Diktion wurden jüdische „Mischlinge“ und „Jüdisch Versippte“ vom Gauarbeitsamt zur Zwangsarbeit bei der Organisation Todt gezwungen. Diese sogenannte „Mischlingsaktion“ fand auf österreichischem Gebiet im Jahr 1945 statt.[15]
Auf deutschem Gebiet existierte ab 1944 beispielsweise ein solches Arbeitslager für jüdische „Mischlinge“ in Zerbst/in Anhalt, eine Stadt im Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt. Einer der Kommandanten dieses Lagers war der in am 31. März 1911 in Wien geborene und am 19. Juli verstorbene „Baurat“ Alexander Erfurth.[16]. Erfurth war Angehöriger der NSAP und Hauptscharführer der SS und wurde im Jahr 1948 wegen § 8 und 10 Verbotsgesetz zur Anklage gebracht. Das „OT-Mischlingslager Sonderbauleitung Flugplatz Zerbst“[17] wurde sehr streng geführt, besonders die jüdischen Insassen wurden schwer misshandelt, was oft deren Tod zur Folge hatte, sie waren in „Strafkompanien“ eingeteilt, mussten Zwangsarbeit am Flughafen leisten und ihnen wurde dauernd mit der Gestapo gedroht. Erfuhrth sagte in einer Sitzung mit den „Stubenältesten“ laut der schriftlichen Zeugenaussage „Meine Herren, wir wollen uns nichts vormachen, ich bin alter Wiener SS Mann. Ihr Blut muss ausgemerzt werden.“ In anderen Aussagen betonte er seine Absichten, „Juden und Mischlinge“ auszurotten und bezeichnete sie als "minderwertige Kreaturen".[18] Das Verfahren gegen Alexander Erfurth wurde 1950 eingestellt.[19]

Zwangsarbeiterlager der Organisation Todt in Wien

Quellen

Literatur

  • Hermann Rafetseder: NS-Zwangsarbeits-Schicksale: Erkenntnisse zu Erscheinungsformen der Oppression und zum NS-Lagersystem aus der Arbeit des Österreichischen Versöhnungsfonds. Eine Dokumentation im Auftrag des Zukunftsfonds der Republik Österreich. Linz 2014

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Gauarchiv, Dokumentation, A1 - D Dokumentensammlung: 206 Gedenkblätter und Schriften: Dipl. Ing. Fritz Todt 4. September 1891 - 8. Februar 1942.
  2. Wikipedia: Fritz Todt [Stand 25.04.2019].
  3. Wikipedia: Organisation Todt [Stand 24.04.2019].
  4. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 596, A1/1: OT-Einsatz 1945, S. 32.
  5. Erinnern.at: Arbeitslager Engerau [Stand: 25.04.2019].
  6. Wikipedia: Südostwall und 2 Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW): Erinnern [beide Stand: 25.04.2019].
  7. Wikipedia: Südostwall; 2 Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW): Erinnern; Bericht Gedenkfahrt Engerau 2007 [alle Stand: 25.04.2019].
  8. Erzdiözese Wien: Nachrichten [Stand: 25.04.2019].
  9. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW): Ausstellung 1938 [Stand: 25.04.2019].
  10. Hermann Rafetseder: NS-Zwangsarbeits-Schicksale: Erkenntnisse zu Erscheinungsformen der Oppression und zum NS-Lagersystem aus der Arbeit des Österreichischen Versöhnungsfonds. Eine Dokumentation im Auftrag des Zukunftsfonds der Republik Österreich. Linz 2014.
  11. Hermann Rafetseder: NS-Zwangsarbeits-Schicksale: Erkenntnisse zu Erscheinungsformen der Oppression und zum NS-Lagersystem aus der Arbeit des Österreichischen Versöhnungsfonds. Eine Dokumentation im Auftrag des Zukunftsfonds der Republik Österreich. Linz 2014, S. 366 und Wienbibliothek Digital: Handbuch Reichsgau Wien. Band 65/66. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1944.
  12. Hermann Rafetseder: NS-Zwangsarbeits-Schicksale: Erkenntnisse zu Erscheinungsformen der Oppression und zum NS-Lagersystem aus der Arbeit des Österreichischen Versöhnungsfonds. Eine Dokumentation im Auftrag des Zukunftsfonds der Republik Österreich. Linz 2014, S. 381.
  13. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtbauamt, Stadtbaudirektion, MD-BD, B1005 (prov.): Index Organisation Todt.
  14. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 596, A1/1: OT-Einsatz 1945, S. 85.
  15. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt 596, A1/1: OT-Einsatz 1945, S. 238.
  16. Verstorbenensuche Friedhöfe Wien [Stand 23.05.2019].
  17. Wikipedia: Zerbst/Anhalt [Stand 23.05.2019]
  18. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Volksgericht, A1: Vg 3d Vr 7016/1948. S. 19 und 29.
  19. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Volksgericht, A1: Vg 3d Vr 7016/1948.