Flaktürme

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Flakturm (1946)
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks
Datum von 1943
Datum bis
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 20294
GND
WikidataID
Objektbezug Zweiter Weltkrieg, NS-Zeit, Luftschutz, Luftschutzvorbereitungen, MAK – Museum für angewandte Kunst, Haus des Meeres
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 23.02.2023 durch DYN.christian.michlits
Bildname Flakturm.jpg
Bildunterschrift Flakturm (1946)

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Als nach der Landung der Alliierten in Italien südlich und nördlich von Rom (1943) Angriffe alliierter Luftflotten auf Wien zu erwarten waren, entschloss man sich 1943/1944 (nach Berliner Vorbild [Prototyp 11. August 1942, Anordnung zum Bau von zwei Flaktürmen in Wien am 9. September 1942, Vorschläge für Standorte und Baureihenfolge durch Rüstungsminister Albert Speer am 7./8. November 1942]) an verschiedenen Standorten in möglichst freier Lage Betontürme zu errichten, auf welchen Fliegerabwehrkanonen (Flak) aufgestellt wurden; die Türme sollten diesen freies Schussfeld ermöglichen. Außerdem dienten die Türme als bombensichere Schutzräume für die Zivilbevölkerung. Die Bauausführung wurde Architekt Friedrich Tamms (1904-1980) übertragen. Die Türme haben verschiedene Grundrisse (Stiftskaserne und einer der beiden im Augarten 16-eckig, Arenbergpark rechteckig). Man unterschied zwischen Leit- und Gefechts- beziehungsweise Geschütztürmen (jede Gruppe bestand aus je einem dieser Türme).

Gebaut wurden drei derartige Flakturmgruppen:


Für die 1942-1944 nach Plänen von Friedrich Tamms erbauten Flaktürme wurden vor allem Fremd- und Zwangsarbeiter, ebenso Kriegsgefangene herangezogen, die in eigens errichteten Arbeiterlagern zusammengezogen wurden. Bereits während des Krieges machte man sich Gedanken über eine spätere (nationalsozialistische) Nutzung der Monolithen. Die Türme sollten eine Marmor- beziehungsweise Kunststeinummantelung erhalten, und als "Ehrenmal" oder Prestigebauwerk gelten.

Nutzung im Krieg

Auf den Feuerleittürmen waren Entfernungsmessgeräte positioniert, die einfliegende Flugzeuge orten konnten. Hierzu stand auch das Frühwarngerät "Würzburg-Riese" (FuMG 65) auf der oberen Plattform. Mittels unterirdischer Kabelleitung wurden die berechneten Schussdaten an die benachbarten Geschütztürme weitergeleitet, die mit modernen Flakgeschützen (Kaliber 12,8 Zentimeter) bestückt waren. In den Betonfestungen (Wandstärke 2,5 Meter; Abschlussdecke 3 Meter) waren auch Schutzräume für die Bevölkerung, ein Lazarettbetrieb und Etagen für Rüstungsbetriebe untergebracht. Vorgesehen waren zudem Kulturschutz- und kriegswichtige Depoträume. Die autarken Türme verfügten über Sanitätsräume, ein Notstromaggregat und einen Wassertank. Gegen Ende des Krieges beschossen die Kanonen am Turm die Angriffsspitzen der Roten Armee. Vor dem Absetzen der Turmflakbesatzung - in der Regel Luftwaffenhelfer - wurden die technischen Geräte gesprengt.

Nutzung nach dem Krieg

Haus des Meeres mit Grünfassade (2019)
MAK-Tower (Gegenwartskunstdepot im ehemaligen Gefechtsturm im Arenbergpark)
Flakturm Arenbergpark, Geschützturm
Flakturm Augarten, Geschützturm

Nachdem die Flaktürme nach dem Zweiten Weltkrieg militärisch nutzlos geworden waren, kam es in einigen Teilbereichen zu einer sinnvollen Nutzung (Haus des Meeres im Esterházypark, Regierungsbunker, MAK-Museumsdepot), doch begann auch eine jahrzehntelange, bis heute offene Diskussion über eine generelle Lösung, wobei auch Wert auf eine äußere Umgestaltung gelegt wurde.

Ähnliche Flaktürme gab es in Berlin und Hamburg, doch wurden sie dort teils gesprengt, teils stark verändert. Im März 2003 forderten die Magistratsabteilung 18 - Stadtentwicklung und Stadtplanung und die Kronenzeitung in einer gemeinsamen Aktion die Bevölkerung auf, Vorschläge zur Umgestaltung der Flaktürme einzureichen. Eine Fachjury wählte aus den etwa 500 Einsendungen Projekte aus, die im Juni/Juli 2003 vom Historischen Museum der Stadt Wien in einer Ausstellung präsentiert wurden.

Nach Umbauplänen sollten die leerstehenden Türme im Augarten beziehungsweise Arenbergpark als Serverstationen beziehungsweise als Datenspeicher für Versicherungen und Banken (strahlensicher, erdbebensicher) umgebaut werden, was aber bisher an den hohen Kosten scheiterte. Der ehemalige Geschützturm in der Stiftskaserne wird nach wie vor militärisch genutzt und steht als Regierungsbunker (ABC-Sicher) für Katastrophenfälle zur Verfügung. In dem einzig öffentlich zugänglichen ehemaligen Feuerleitturm im Esterhazypark (heute Haus des Meeres) befindet sich eine historische Ausstellung (Erinnern im Innern), wo die Geschichte der Wiener Flaktürme gezeigt wird.

Literatur

  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990, S. 91 f. (Augarten), S. 120 ff. (Arenbergpark), S. 187 (Esterházypark), S. 203 (Stiftkaserne)
  • Architekturbüro Bernstein Pieler: Wiener Flaktürme. Untersuchung zur Klärung der Nutzungsmöglichkeiten im Auftrag der Magistratsabteilung 18. Wien: Eigenverlag 2002
  • Ute Bauer: Die Wiener Flaktürme. Verwertbarkeit des Unbrauchbaren. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 61 (2007), S. 47-57
  • Ute Bauer: Die Wiener Flaktürme im Spiegel österreichischer Erinnerungskultur. Wien: Phoibos Verlag 2003
  • Erich Bernard / Barbara Feller / Jan Tabor: Die Wiener Flaktürme. 50 Jahre Auseinandersetzung mit Betonmonolithen. Forschungsarbeit im Aufgtrag der Magistratsabteilung 19. Wien: Eigenverlag 1994
  • Michael Foedrowitz: Die Flaktürme in Berlin, Hamburg und Wien 1940-1950. Wölfersheim-Berstadt: Podzun-Pallas-Verlag 1996
  • Rudolf Hauptner: Zur Baugeschichte der Flaktürme in Wien. In: Wiener Geschichtsblätter 57 (2002), S. 107-136
  • Marcello La Speranza: Flakturm-Archäologie. Ein Fundbuch zu den Wiener Festungsbauwerken. Berlin: Edition Berliner Unterwelten 2012
  • Kurt Vana: Die Umgestaltung des Arenbergbunkers zum Hotel oder zur Großgarage. Diss. Technische Hochschule Wien. Wien 1953