Luftschutzsirenen

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Sirenenstandort der Ersten Republik aus Prospekt von Siemens & Halske
Daten zum Objekt
Art des Objekts Sonstiges Topografisches Objekt
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Datum bis
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Letzte Änderung am 9.04.2021 durch DYN.krabina
Bildname Luftschutzsirene Prospekt.jpeg
Bildunterschrift Sirenenstandort der Ersten Republik aus Prospekt von Siemens & Halske

Vorbereitungen in der Ersten Republik

Schon während der Ersten Republik forderte der "ÖLB" (Österreichischer Luftschutzbund) im Zuge umfassender Luftschutzvorbereitungen ein Netz von Luftschutzsirenen aufzubauen. Der Aufbau eines öffentlichen Luftwarnsystems in Wien erfolgte jedoch zögernd. Bereits im Jahr 1934 wurde auf der Wiener Frühjahrsmesse der Wiener Bevölkerung die Wichtigkeit des Luftschutzes präsentiert. In einer großen Ausstellung wurden ein mustergültig eingerichteter Luftschutzkeller, eine moderne Sanitätsstation und eine funktionierende Gasschutzabteilung gezeigt. Ebenso wurde eine Luftschutzfernmelde- und Warnsignalanlage, ausgeführt von der Firma Siemens & Halske A.G. - Produktionsstätte in der Apostelgasse 12 (3. Bezirk) - präsentiert. Die neuesten Motorenmodelle der leistungsstarken Sirenen und die nötigen Steuergeräte wurden vorgestellt. In Prospekten wurden die doppelglockenförmigen 5-kW-Sirenen vorgestellt, die auf dem Dach des Burgtheaters, der Oper, des Dianabades, des Polizeigefangenenhauses Elisabethpromenade und der Polizeikaserne III. in der Marokkanerkaserne positioniert worden waren.

In den nächsten Jahren wurden in Wien und in ganz Österreich Luftschutzübungen abgehalten, wo auch mit Probealarmen diverse Luftangriffe simuliert wurden.

Ausbau während des Zweiten Weltkriegs

Mit dem "Anschluss" an das Deutsche Reich wurden die Bemühungen und Leistungen des "ÖLB" vom "RLB" (Reichsluftschutzbund) besetzt und die aufgebauten Strukturen der NS-Stadtverwaltung eingebunden. Ab 1938 lag der gesamte Luftschutz in den Händen einer reichsweiten Verfügung. Der Ausbau des aktiven (militärischen) und passiven (zivilen) Luftschutzes ging nun konsequent voran. Der Bau von Luftschutzräumen und der Ausbau von Luftwarnanlagen wurde forciert. So wurden neben den heimischen Luftschutzsirenen auch hunderte von deutschen Fabrikationen auf den Dächern Wiens aufgesetzt: Firma Hagen beziehungsweise Helin aus Westfalen sowie Rupert Rauch Radeberg aus Sachsen. Die meisten hatten ein oder zwei Schutzhauben (für eine optimalere Schallausweitung).

Prozedere der Luftwarnung und Sirenentypologie

Ertönte im Rundfunk (Radio) der obligatorische "Kuckuck-Ruf", dann wusste die Bevölkerung vorweg, dass in Bälde ein Luftalarm ausgelöst werden wird. In weiterer Folge erfolgte eine Durchsage, dass die Empfangsgeräte auf Drahtfunk umgestellt werden sollten. Noch wurden die Sirenen nicht in Betrieb gesetzt. Erst bei "akuter Luftgefahr" - als sich die einfliegenden Bomberverbände eindeutig der zu Angriffsstadt näherten - wurden die Sirenen eingeschaltet. Hierbei gab es vier verschiedene Luftwarnsignale:

  1. Öffentliche Luftwarnung: Dreimaliger hoher Dauerton in einer Minute. Wirtschafts- und Verkehrsleben sollten normal weitergeführt werden, wenngleich mit vereinzelten Bombenabwürfen zu rechnen war.
  2. Fliegeralarm: Eine Minute lang auf- und abschwellender Heulton. Alle Vorkehrungen gegen einen Großangriff sollten unverzüglich aktiviert werden. Luftschutzbunker und -räume mussten unverzüglich aufgesucht werden.
  3. Vorentwarnung: Gleiches Signal wie bei öffentlicher Luftwarnung. Feindflugzeuge waren im Abflug, Verkehr und wirtschaftliche Aktivitäten sollten sich wieder normalisieren.
  4. Entwarnung: eine Minute langer, hoher Dauerton. Ende der Luftgefahr.

Rund hundert Mal verkündeten während des Zweiten Weltkriegs die Sirenen Wiens einen bevorstehenden Fliegeralarm. Jedoch erfolgte nicht nach jedem Alarm tatsächlich ein Luftangriff. Die alliierten Luftstreitkräfte flogen auch Scheinangriffe. Bei schlechter Sicht wurden Ersatzziele ausgewählt. Auf Wien erfolgten insgesamt 53 Luftangriffe. Die Bevölkerung war nicht überrascht, als ab 1944 auch der Bombenkrieg über Wien hereinbrach.

Mit den technischen Einrichtungen und Anweisungen des Luftschutzes war die gesamte zivile Gesellschaft vertraut. Sie wurde nach und nach instruiert und eingeschult, mit dem Bombenkrieg zu leben. Verpflichtende Kurse wurden abgehalten. Zudem waren tausende Broschüren und periodische Zeitschriften zum Thema im Umlauf. Zunächst war es die Publikationsreihe "Der Luftschutz. Offizielles Organ des österreichischen Luftschutzbundes. Monatsschrift für Luftrüstung, Luftschutz und Luftfahrt" (1934 bis 1938), die durch die "Die Sirene", das offizielle Sprachrohr des RLB, abgelöst wurde.

Verbleib der alten Motorsirenen

Verbliebene Luftschutzsirene Porzellangasse (Foto: 2013)
Verbliebene Luftschutzsirene Mondscheingasse (Foto: 2014)

In der Regel gingen die alten Sirenen nach 1945 in den Besitz des Hausinhabers über. Sie zählen heute nicht mehr zum Bestand der Stadt Wien und sind ebenso aus dem Katastrophenschutz entbunden. Einige Sirenen waren noch Jahrzehnte nach dem Krieg in Funktion und wurden bei Sirenenproben in Betrieb genommen. Nach und nach wurden sie abgebaut beziehungsweise die Leitungen abgezwickt und durch moderne pneumatische Sirenen ersetzt. In den letzten Jahren sind etliche der historischen Sirenen im Zuge von Dachausbauten verschwunden. Die wenig verbliebenen - etwa 30 Stück[1] - gerieten in Vergessenheit und rosten heute vor sich hin.

Literatur

  • Leopold Banny: Dröhnender Himmel, Brennendes Land. Der Einsatz der Luftwaffenhelfer in Österreich 1943-1945. Lackenbach: Österreichischer Bundesverlag 1994
  • Im Keller. Österreich im Zeichen des Luftschutzes. Ausstellungskatalog zur Sonderausstellung im Heeresgeschichtlichen Museum Wien. Wien: Eigenverlag 2008
  • Stefan Kozelka: Luftschutz im Luftkrieg um Wien. Wien: Eigenverlag 2002
  • Marcello La Speranza: Begegnungen. NS- und Kriegsspuren in Wien. Band 1. Wien: Verlag Mokka 2015

Einzelnachweis

  1. Marcello La Speranza: Begegnungen. NS- und Kriegsspuren in Wien. Band 1. Wien: Verlag Mokka 2015, S. 89 ff.