Johannes in der Siechenals

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Daten zur Organisation
Art der Organisation Spital
Datum von 1298 JL
Datum bis 1860
Benannt nach Johannes der Täufer, Als
Prominente Personen
PageID 19577
GND
WikidataID
Objektbezug Mittelalter, Frühe Neuzeit, Johanneskirche im Pestlazarett (9), Erzdiözese Wien, Katholische Kirche, Katholiken, Friedhof Siechenals
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 28.11.2023 durch WIEN1.lanm08uns
  • 9., Währinger Straße 45

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst.

Es wurden noch keine Personen erfasst.

Die Karte wird geladen …

48° 13' 16.87" N, 16° 21' 15.30" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Ausschnitt aus dem Nagel-Plan (erschienen 1780/81).

Johannes in der Siechenals, (Pest-)Lazarett (9., heute Arne-Carlsson-Park; „Zum heiligen Johannes“).

Am Ufer der donauwärts durch die heutige Spitalgasse fließenden Als, deren Lauf in diesem Abschnitt der Grenze des Wiener Burgfriedens folgte, bestand schon im 13. Jahrhundert ein Siechenhaus. Die zugehörige Kapelle St. Johannes wird um 1255, das Siechenhaus selbst 1298 erstmals erwähnt. Auch die beiden anderen mittelalterlichen Wiener Siechenhäuser (St. Marx und Zum Klagbaum) lagen an den Ausfallsstraßen am äußersten Rand des städtischen Burgfriedens, um Personen mit ansteckenden Krankheiten, vor allem Lepra, zu isolieren.

1476 übergab Friedrich III. die Verwaltung des Siechenhauses dem Augustiner-Chorherrenstift St. Dorothea. Nachdem es im Zug der Ersten Osmanischen Belagerung von 1529 zerstört worden war, entstand dort das Pestlazarett. Erst nachdem bereits zumindest ein Teil des Lazaretts auf Kosten der Stadt erbaut worden war, wurden die sich im Besitz von St. Dorothea befindlichen Gründe „bei St. Johanns in der Siechenals“, auf denen es sich befand, von Ferdinand I. der Stadt auf deren Betreiben hin im Dezember 1540 geschenkt.

In der Literatur finden sich zur Lage des Siechenhauses und auch des Pestlazaretts viele widersprüchliche Angaben. Beide wurden sowohl am rechten als auch am linken Ufer der Als verortet. Zudem gibt es die Annahme, es habe an beiden Ufern jeweils derartige Einrichtungen gegeben. Wahrscheinlich ist sowohl für das Siechenhaus als auch für das Lazarett von einer Lage am rechten, stadtseitig gelegenen Ufer auszugehen, wo sich Letzteres – wie anhand von Plänen ab dem 17. Jahrhundert zu zeigen – später nachweislich befand.

Für die Versorgung der Pestkranken im Lazarett war von Anfang an das Bürgerspital zuständig. Bereits 1533 lassen sich erste Ausgaben vom Spital für Pestkranke „in der Als“ nachweisen. Inwieweit das Lazarett zu pestfreien Zeiten anderwärtig genutzt wurde, ist nicht bekannt. Das Personal wurde zu Pestzeiten aufgrund des hohen Risikos vergleichsweise gut besoldet. Nach dem Abklingen der Pest wurde das Personal jeweils reduziert, einige jedoch mit geringerem Gehalt weiterbeschäftigt. Geleitet wurde das Lazarett von einem sogenannten (Siech-)Vater. Vor allem die Pestepidemien von 1679 und von 1713 forderten viele Todesopfer. Für das Bürgerspital bedeuteten Pestzeiten große finanzielle Herausforderungen, wobei nur einen Teil der Ausgaben, vor allem durch neue Bieraufschläge, ersetzt wurde.

Das Lazarett wurde mehrmals erweitert und ausgebaut (1562, 1567, 1568, 1572, 1616, 1649). 1579 erfolgte eine (Neu-?)Weihung der Kirche. Das Lazarett verfügte über einen eigenen Friedhof für das Begräbnis der Pesttoten. Schräg gegenüber auf der anderen Seite der Währinger Straße befand sich das ebenfalls vom Bürgerspital betriebene „Krankenhaus in der Währingergasse“ (Bäckenhäusel), das aus einem 1648 getätigten Vermächtnis zur Erweiterung des Lazaretts hervorgegangen ist.

Da nach 1713 die Pest nicht mehr auftrat, wurde das Lazarett schließlich 1766 der Stiftungshofkommission zur Nutzung als Soldatenspital überlassen, allerdings mit der Auflage, dass es im Fall einer Pestepidemie wieder dem Bürgerspital zu übergeben war. 1784 erfolgte die Eingliederung in das benachbarte, neu gegründete Allgemeine Krankenhaus. 1857 kam es zur Rückgabe an die Stadt, die die bestehenden Gebäude samt Kirche abreißen und in den folgenden Jahren das 1860 eröffnete und an die Stelle von St. Marx tretende neue Bürgerversorgungshaus errichten ließ. Nachdem seine Bewohnerinnen und Bewohner in das Pflegeheim Lainz übersiedelt waren, wurde das Gebäude wiederum 1928 abgerissen. Heute befindet sich an der Stelle des Lazaretts bzw. des Bürgerversorgungshauses der Arne-Carlsson-Park.

Pfarrzugehörigkeit

Eigene Hauspfarre, siehe: Lazarett (Pfarre)

Siehe auch: Johanneskirche im Pestlazarett (9).

Literatur

  • Michael Altmann: Das Wiener Bürgerspital. Zur Erinnerung an die Eröffnung des neuen Bürger-Versorgungshauses in der Alservorstadt. Wien: Selbstverlage des Bürgerspitalamtes 1860, S., S. 27 f., 91 ff.
  • Elfriede Drexler: Studien zur Verfassungs-, Verwaltungs- und Rechtsgeschichte der mittelalterlichen Spitäler Wiens. Hausarb. Univ. Wien. Wien 1950, S. 111 ff.
  • Das Heimatmuseum Alsergrund. Mitteilungsblatt des Museumsvereines Alsergrund 88 (1981), S. 2 f.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 254
  • Carl Hofbauer: Die Alservorstadt mit den ursprünglichen Besitzungen der Benediktinerabtei Michelbeuern am Wildbach Als. Wien: Sommer 1861, S. 109 ff.
  • Joseph Holzinger: Hausgeschichte des Bürgerspitals zu Wien. Unveröffentlichtes Manuskript 1857–1860 [WStLA, Handschriften: A 240], Teil 2/1, Bogen 11 ff., 35; Teil 2/2, Bogen 38
  • Karl Lind: Beiträge zur Kunde der älteren Gemeinde-Siegel und Wappen in Nieder-Oesterreich. In: Mitteilungen und Beiträge des Alterthums-Vereins zu Wien XV, 1875, S. 43 f.
  • Hans Mück: Quellen zur Geschichte des Bezirks Alsergrund. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1978 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 3), S. 46 f.
  • Richard Perger / Walther Brauneis: Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1977 (Wiener Geschichtsbücher, 19/20), S. 258 ff.
  • Sarah Pichlkastner: Insassen, Personal und Organisationsform des Wiener Bürgerspitals in der Frühen Neuzeit. Eine Projektskizze. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 123 (2015), S. 117–132
  • Sarah Pichlkastner: Eine Stadt in der Stadt. InsassInnen und Personal des frühneuzeitlichen Wiener Bürgerspitals – eine Studie anhand exemplarischer Untersuchungszeiträume. Wien 2020
  • Sarah Pichlkastner / Manuel Swatek: Fürsorge und Ökonomie. Das Wiener Bürgerspital um 1775. Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, Heft 97, Wien 2017
  • Martin Scheutz / Alfred Stefan Weiß, Spital als Lebensform. Österreichische Spitalordnungen und Spitalsinstruktionen der Neuzeit. Band 2: Editionsteil. Wien [u. a.]: Böhlau Verlag 2015 (Quellenedition des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 15/2), S. 976 ff. (Instruktion Lazarettvater 1658)
  • Karl Weiß: Geschichte der öffentlichen Anstalten, Fonde und Stiftungen für die Armenversorgung in Wien. Wien: Selbstverlage des Gemeinderathes 1867, S. 89 f.
  • Johann Werfring, Europäische Pestlazarette. Mit besonderer Berücksichtigung der Wiener Verhältnisse. Diss. Univ. Wien. Wien 1999, S. 80 ff. (zu den widersprüchlichen Lokalisierungen mit Literaturangaben S. 90 ff.)
  • Wiener Stadtwerke - Städtische Bestattung (Hg.): Zur Geschichte der Friedhöfe in Wien, Bd. 1. Wien 1992, S. 58