Pestepidemie 1713

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Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Naturereignis
Datum von 1713
Datum bis
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 50206
GND
WikidataID
Objektbezug Frühe Neuzeit
Quelle
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Verlauf

Wie bei der Pestepidemie von 1679 wurde auch jene letzte Epidemie die Wien heimsuchte aus Ungarn eingeschleppt. Eine aus Ungarn stammende Frau zog in die Roßau und infizierte dort weitere Mitbewohner. In der Folge wurde sie in das Bürgerspital überstellt und von dort verbreitete sich die Seuche über die Stadt. Im Spätwinter, Frühjahr und Sommer 1713 erlebte sie ihren Höhepunkt. Die Gesamtzahl der Opfer lässt sich nur schwer beziffern da in den Totenbeschauprotokollen des Jahres 1713 das Wort Pest nicht vorkommt. Nach Zuordnungen von Gustav Gugitz dürften der Epidemie rund 2.000 Menschen zum Opfer gefallen sein.[1] Aus den im Wiennerischen Diarium abgedruckten Statistiken lässt sich eine Übersterblichkeit im Vergleich zu den Vorjahren von rund 2.500 Sterbefällen ablesen.[2]

Maßnahmen

Die Infizierten wurden in das „Bäckenhäusel“ verlegt und die Kontumaz über die Roßau und die angrenzenden Vorstädte verhängt. Doch für eine wirksame Eindämmung war es bereits zu spät. Nach einem Abflauen im Winter häuften sich im Frühjahr in zahlreichen Vorstädten Pestfälle. Im März wurde das Lazarett in der Währingerstraße als Pestlazarett umfunktioniert und im April ein Magister sanitatis bestellt. Städtische Kontrollorgane, Pestärzte und für Pestkranke zuständige Geistliche wurden bestellt. Weiters wurden „Viertel-Commissarien“ eingerichtet die die jeweiligen Stadtviertel zu kontrollieren hatten. Messen durften nur noch unter freiem Himmel abgehalten werden, Schulen wurden gesperrt, Zusammenkünfte in Wirtshäusern verboten. Der Zuzug aus Ungarn wurde am Linienwall kontrolliert, ärmere Bevölkerungsschichten der Zutritt verwehrt. Lebensmittel durften nur noch aus den böhmischen Ländern, nicht jedoch aus Ungarn geliefert werden. Weil die eingerichteten Unterkünfte für die Erkrankten nicht reichten wurde im September 1713 auch noch das Zuchthaus in der Leopoldstadt als Pestlazarett umfunktioniert. In der Währinger Gasse wurde ein „Pestspital“ für vermögende Standespersonen eingerichtet. Der Krankentransport fand in nummerierten schwarzen Sänften statt. Mitbewohner von Pestkranken wurden in Kontumazhäusern untergebracht, die Wohnungen gesperrt und ausgeräuchert. Kaiser Karl VI. und der Hofstaat zogen sich in die Hofburg zurück, der Zugang zum Hof wurde genau kontrolliert.[3] Funktionsträger durften das Hofareal nicht mehr verlassen. Unruhen wie bei der Pestepidemie 1679 blieben aus. Der Kaiser verzichtete jedoch trotz Warnungen nicht auf sein Jagdvergnügen. Das Jagdpersonal musste sich genauen Gesundheitskontrollen unterziehen.[4]

Die Pest im kollektiven Gedächtnis

Den sinnfälligsten Ausdruck fand die Überwindung der Pest durch den aus Dankbarkeit für deren Verschwinden errichteten Bau der Karlskirche die dem Pestheiligen Karl Borromäus geweiht wurde. Diese erstand auf Anregung Kaiser Karl VI. und wurde maßgeblich von den Ständen finanziert.

Literatur

  • Gustav Gugitz: Die Wiener Pestepidemie von 1713 und ihr Ausmaß. In: Wiener Geschichtsblätter 14 (1959), S. 87-91.
  • Hilde Schmölzer: Die Pest in Wien. „Deß wütenden Todts Ein umbständig Beschreibung“. Berlin: Verlag der Nation 1988
  • Michael Pölzl: In höchster Not - Der Hof in Krisenzeiten. In: Irene Kubiska-Scharl - Michael Pölzl: Das Ringen um Reformen. Der Wiener Hof und sein Personal im Wandel (1766-1792) (Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 60 (2018), S. 227-284
  • Stephan Sedlaczek – Wilhelm Löwy, Wien. Statistischer Bericht über die wichtigsten demographischen Verhältnisse. Wien: Carl Gerold 1887
  • Andreas Weigl: Frühneuzeitliches Bevölkerungswachstum. In: Peter Csendes, Ferdinand Opll (Hg.), Wien. Geschichte einer Stadt. Bd. 2: Die frühneuzeitliche Residenz (16. bis 18. Jahrhundert), hrsgg. v. Karl Vocelka, Anita Traninger, Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2003, S. 109-131.

Einzelnachweise

  1. Gustav Gugitz: Die Wiener Pestepidemie von 1713 und ihr Ausmaß. In: Wiener Geschichtsblätter 14 (1959), S. 88-91.
  2. Stephan Sedlaczek – Wilhelm Löwy, Wien. Statistischer Bericht über die wichtigsten demographischen Verhältnisse. Wien: Carl Gerold 1887, S. 17.
  3. Hilde Schmölzer: Die Pest in Wien. „Deß wütenden Todts Ein umbständig Beschreibung“. Berlin: Verlag der Nation 1988 S. 184.
  4. Michael Pölzl: In höchster Not - Der Hof in Krisenzeiten. In: Irene Kubiska-Scharl - Michael Pölzl: Das Ringen um Reformen. Der Wiener Hof und sein Personal im Wandel (1766-1792) (Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 60 (2018), S. 232 f.