Vorortelinie: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Die Inbetriebnahme der (wegen des Stils der Stationsgebäude als "Jugendstillinie" | + | 1892 richtete das k. k. [[Ministerium für Handel|Handelsministerium]], zu dem die Eisenbahnagenden damals gehörten, die "Commission für Verkehrsanlagen" ein, der neben dem Ministerium Vertreter des k. u. k. [[Ministerium für Kriegswesen|Kriegsministeriums]] sowie des Landes [[Niederösterreich]] (Österreich unter der Enns) und der Stadt Wien angehörten. Der [[Reichsrat]], das [[Cisleithanien|cisleithanische]] Parlament, genehmigte das Bauvorhaben Wiener Stadtbahn und die dem Staat daraus erwachsenden Kosten. Hintergrund des Beschlusses waren nicht nur die gestiegenen Verkehrsbedürfnisse der von Wien ausgehenden Bahnlinien, die durch den Bau verbunden werden sollten, sondern auch die strategischen Erfordernisse des Militärs. Es sollte im Krisen- oder Kriegsfall erleichtert werden, Truppentransporte rasch durch Wien zu führen. Mit der [[architekt]]onischen Konzeption und Gestaltung beauftragte das Ministerium [[Otto Wagner (Architekt)|Otto Wagner]], obwohl dieser kein spezieller Eisenbahnarchitekt war. Von Wagner wurde erwartet, dass er für die harmonische Einbindung der Stadtbahn in die moderne Stadtstruktur Sorge tragen würde. 1896 wurde vom Handelsministerium das neue k. k. Eisenbahnministerium abgespalten, das die Bauherrenfunktion weiterführte. |
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+ | Die Vorortelinie wurde am 11. Mai 1898 als einer der ersten Teile des Stadtbahnprojekts in Betrieb genommen, zugleich mit der Oberen Wientallinie von Hütteldorf bis [[Meidling]] Hauptstraße und der Gürtellinie von Meidling Hauptstraße bis Heiligenstadt. Der Betrieb wurde anfangs eingleisig, 1899 zweigleisig aufgenommen. Da man Betriebsansiedlungen entlang der Trasse erwartete (realisiert beispielsweise [[Meinl]], Tabakwerke), wurden drei Güter[[bahnhöfe]] errichtet. | ||
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+ | Auf der Vorortelinie wurde der Personenverkehr von den Bundesbahnen mit geringer Frequenz bis 1932 aufrechterhalten, später eines der beiden Streckengleise abgetragen. Erst 1979 wurde ein Staatsvertrag zwischen den Österreichischen Bundesbahnen und der Stadt Wien abgeschlossen, der die Revitalisierung der Vorortelinie regelte (Österreichische Bundesbahnen: 80%, Stadt Wien 20% der Kosten). Nun wurde das zweite Streckengleis wieder errichtet, die Stationsgebäude mussten restauriert werden. | ||
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+ | Die Inbetriebnahme der (wegen des Stils der Stationsgebäude als "Jugendstillinie" bezeichneten) [[Schnellbahn|Schnellbahnlinie]] S 45 zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt erfolgte am 31. Mai 1987. Die S 45 wurde später von Heiligenstadt auf der nördlichen Donauuferbahn bis zur derzeitigen Endstation Wien [[Handelskai]] an der S-Bahn-Stammstrecke ([[Nordbahnbrücke]]) und der über den [[Georg-Danzer-Steg]] nach [[Floridsdorf]] geführten [[U-Bahn]]-Linie U6 verlängert. | ||
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− | * Erich Schlöss: Die | + | * Erich Schlöss: Die Vorortelinien. In: Wiener Geschichtsblätter 42 (1987), S. 68 ff. |
Aktuelle Version vom 29. Juni 2023, 09:41 Uhr
Die Vorortelinie ist jener Teil der historischen Wiener Stadtbahn zwischen Wien Hütteldorf (Westbahn) und Wien Heiligenstadt (Franz-Josefs-Bahn, Donauuferbahn), der später nicht an die Wiener Stadtverwaltung übergeben wurde und heute als Linie S 45 der von den Österreichischen Bundesbahnen betriebenen Wiener Schnellbahn fungiert.
Das Stadtbauamt stellte den k. k. Staatsbahnen 1882 einen Entwurfsplan für die Streckenführung zwischen Westbahn und Franz-Josefs-Bahn zur Verfügung. Die Strecke sollte durch die damaligen westlichen Vororte der Stadt führen (daher der Name Vorortelinie und die Stationsnamen), die erst 1890 / 1892 nach Wien eingemeindet wurden. Die Stadtverwaltung hatte aber nicht die Absicht, die Strecke selbst zu bauen oder zu betreiben.
1892 richtete das k. k. Handelsministerium, zu dem die Eisenbahnagenden damals gehörten, die "Commission für Verkehrsanlagen" ein, der neben dem Ministerium Vertreter des k. u. k. Kriegsministeriums sowie des Landes Niederösterreich (Österreich unter der Enns) und der Stadt Wien angehörten. Der Reichsrat, das cisleithanische Parlament, genehmigte das Bauvorhaben Wiener Stadtbahn und die dem Staat daraus erwachsenden Kosten. Hintergrund des Beschlusses waren nicht nur die gestiegenen Verkehrsbedürfnisse der von Wien ausgehenden Bahnlinien, die durch den Bau verbunden werden sollten, sondern auch die strategischen Erfordernisse des Militärs. Es sollte im Krisen- oder Kriegsfall erleichtert werden, Truppentransporte rasch durch Wien zu führen. Mit der architektonischen Konzeption und Gestaltung beauftragte das Ministerium Otto Wagner, obwohl dieser kein spezieller Eisenbahnarchitekt war. Von Wagner wurde erwartet, dass er für die harmonische Einbindung der Stadtbahn in die moderne Stadtstruktur Sorge tragen würde. 1896 wurde vom Handelsministerium das neue k. k. Eisenbahnministerium abgespalten, das die Bauherrenfunktion weiterführte.
Die Vorortelinie wurde am 11. Mai 1898 als einer der ersten Teile des Stadtbahnprojekts in Betrieb genommen, zugleich mit der Oberen Wientallinie von Hütteldorf bis Meidling Hauptstraße und der Gürtellinie von Meidling Hauptstraße bis Heiligenstadt. Der Betrieb wurde anfangs eingleisig, 1899 zweigleisig aufgenommen. Da man Betriebsansiedlungen entlang der Trasse erwartete (realisiert beispielsweise Meinl, Tabakwerke), wurden drei Güterbahnhöfe errichtet.
Die Trasse erwies sich für den Stadtverkehr nicht als optimal (Steigungen behinderten den Güterverkehr, die Vernetzung der Vororte untereinander war weniger erforderlich als die Anlage von Radialverbindungen mit dem Zentrum). Die Frequenz der Vorortelinie im Personenverkehr blieb daher bescheiden.
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte die Eisenbahnverwaltung der jungen Republik für die Stadtbahn speziell im Personenverkehr kaum Verwendung: Der Zerfall Österreich-Ungarns hatte die geplante Entwicklung Wiens zu einer Stadt mit vier Millionen Einwohnern gestoppt. Die Gemeinde Wien war 1923 bereit, die Stadtbahn, allerdings ohne die Vorortelinie, vorerst pachtweise, später ins Eigentum zu übernehmen. Gürtellinie, Donaukanallinie und Wientallinie wurden bis 1925 elektrifiziert und von der Gemeinde Wien / Städtische Straßenbahnen im Einheitstarif angeboten, wodurch die Fahrgastfrequenz sofort stieg.
Auf der Vorortelinie wurde der Personenverkehr von den Bundesbahnen mit geringer Frequenz bis 1932 aufrechterhalten, später eines der beiden Streckengleise abgetragen. Erst 1979 wurde ein Staatsvertrag zwischen den Österreichischen Bundesbahnen und der Stadt Wien abgeschlossen, der die Revitalisierung der Vorortelinie regelte (Österreichische Bundesbahnen: 80%, Stadt Wien 20% der Kosten). Nun wurde das zweite Streckengleis wieder errichtet, die Stationsgebäude mussten restauriert werden.
Die Inbetriebnahme der (wegen des Stils der Stationsgebäude als "Jugendstillinie" bezeichneten) Schnellbahnlinie S 45 zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt erfolgte am 31. Mai 1987. Die S 45 wurde später von Heiligenstadt auf der nördlichen Donauuferbahn bis zur derzeitigen Endstation Wien Handelskai an der S-Bahn-Stammstrecke (Nordbahnbrücke) und der über den Georg-Danzer-Steg nach Floridsdorf geführten U-Bahn-Linie U6 verlängert.
Literatur
- Erich Schlöss: Die Vorortelinien. In: Wiener Geschichtsblätter 42 (1987), S. 68 ff.