Ernst-Happel-Stadion

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Das Praterstadion aus der Vogelperspektive, um 1931, Ferdinand Weser-Krell, Aquarell, 46,5 x 72,5 cm
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung Praterstadion, Ernst-Happel-Stadion
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Ernst Happel
Einlagezahl
Architekt Otto Erich Schweizer
Prominente Bewohner
PageID 9383
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 3.11.2017 durch WIEN1.lanm08mic
Bildname Praterstadion Aquarell.jpg
Bildunterschrift Das Praterstadion aus der Vogelperspektive, um 1931, Ferdinand Weser-Krell, Aquarell, 46,5 x 72,5 cm
  • 2., Meiereistraße 7

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48° 12' 26.63" N, 16° 25' 14.27" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Kartenausschnitt aus Wien Kulturgut

Das Ernst-Happel-Stadion (2, Meiereistraße 7) ist mit einem Fassungsvermögen von 47.500 Zuschauern das größte Sport-Stadion Österreichs. Die 1931 eröffnete Sportstätte wurde per Gemeinderatsbeschluss am 14. Januar 1993 in „Wiener Praterstadion – Ernst-Happel-Stadion“ umbenannt. Ernst Happel (1925–1992), der Namenspatron, war ein Wiener Fußballer, international tätiger Trainer und Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft in den Jahren 1991 und 1992. Das Ernst-Happel-Stadion ist Heimstätte der österreichischen Nationalmannschaft und war Schauplatz von vielen internationalen Fußballspielen wie etwa sechs Finalbegegnungen in den diversen Europacupwettbewerben sowie Austragungsort des Finalspiels der Fußballeuropameisterschaft 2008 (EURO 2008).

Denkmal des Roten Wien

Die Grundsteinlegung für das Stadion im Prater erfolgte anlässlich des 10-jährigen Bestands der Ersten Republik am 12. November 1928. Die österreichische Sozialdemokratie setzte sich damit ein symbolträchtiges Zeichen. Nach den Plänen des deutschen Architekten Otto Erich Schweizer in dreijähriger Bauzeit errichtet, entsprach die für die damalige Zeit innovative Stadionanlage ganz den Grundsätzen der egalitären Arbeitersportbewegung. Möglichst auf allen Plätzen sollte eine gute Sicht gewährleistet sein. Bei den Planungen wurden Anleihen an Stadien anderer europäischer Großstädte genommen, wie zum Beispiel dem Wembley Stadion.[1]Die Eröffnung erfolgte am 11. Juli 1931 mit einer Begegnung der Arbeiterfußballauswahl Wien gegen ihr niederösterreichisches Pendant vor 25.000 Zuschauern. Eine Woche später folgte mit der zweiten "Arbeiter-Olympiade"[2] (19. bis 26. Juli 1931) die erste Großveranstaltung, bei der rund 25.000 Sportler in 117 Disziplinen antraten. Der erste Auftritt der österreichischen Fußballnationalmannschaft fand am 13. September 1931 statt, als das Wunderteam unter Bundeskapitän Hugo Meisl vor rund 50.000 Zuschauern mit 5:0 Deutschland besiegte. Aufgrund seiner Modernität und seiner zentralen Lage überholte das Praterstadion das Stadion Hohe Warte bald an Bedeutung. So wurden in der Folge bedeutende Meisterschaftsspiele, internationale Begegnungen, etwa im Mitropapokal oder Auftritte des österreichischen Nationalteams, vermehrt im Wiener Prater ausgetragen. Noch konnte das Praterstadion aber die Zuschauerrekorde der Hohen Warte nicht knacken.

Politische Vereinnahmung

In den 30er Jahren wurde das Stadion sowohl von den Austrofaschisten als auch später von den Nationalsozialisten propagandistisch genutzt. So fand am 3. April 1938 unter den neuen nationalsozialistischen Machthabern das Versöhnungsspiel zwischen einer Auswahl des „Gaus Österreich“ – gleichbedeutend mit der österreichischen Nationalmannschaft – und der deutschen Nationalmannschaft im Wiener Praterstadion statt. Im September 1939 diente die Sportstätte als Internierungs- und Deportationsort für rund 1.000 jüdische Männer und männliche Jugendliche, die 1939 ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert wurden.[3] Im Zuge der Kriegsereignisse nahm das Stadion durch Bombentreffer Schaden.

Rot-weiß-rote Rückkehr

Nach Kriegsende wurde der Spielbetrieb im Prater wieder relativ schnell aufgenommen. So fand das erste Fußballspiel am 6. Dezember 1945 statt, als die österreichische Nationalmannschaft mit 4:1 vor 55.000 Zuschauern ihr französisches Gegenüber besiegte. Durch den Bau eines dritten Zuschauerrangs Mitte der 1950er Jahre bis 1960 erhöhte sich das Fassungsvermögen des Stadions auf rund 90.000 Personen. Mit 91.000 Zuschauern wurde am 30. Oktober 1960 beim 3:0 Länderspielsieg Österreichs über Spanien die größte jemals in Österreich dokumentierte Zuschauerzahl bei einer Fußballbegegnung erzielt. Ähnlich viele Zuschauer fanden sich beim Länderspiel gegen England am 27. Mai 1961 im Wiener Prater ein. Doch in der Folge blieben diese Zahlen außer Reichweite, da die Anzahl der Stehplätze in der Sportanlage zugunsten der Sitzplätze laufend verringert wurde, wodurch das Fassungsvermögen bis 1965 auf 72.000 Plätze fiel.

Sternstunden der österreichischen Europacupgeschichte

Aufgrund seines Fassungsvermögens trugen österreichische Vereine ihre wichtigen internationalen Spiele auch nach 1945 im Prateroval aus. Dabei konnten die österreichischen Vereine mitunter über sich hinaus wachsen. So besiegte Rapid in der ersten Runde des Europokals der Landesmeister 1956/1957 Real Madrid mit 3:1. Im gleichen Wettbewerb 1958/1959 triumphierte der Wiener Sport-Club unter der Regie von Stürmerstar Erich Hof mit 7:0 über Juventus Turin. In der Saison 1977/1978 sicherte sich der FK Austria Wien durch ein 5:4 Elfmeterschießen im Halbfinale des Europokals der Pokalsieger gegen Dynamo Moskau die erstmalige Finalteilnahme einer österreichischen Mannschaft in der Europapokalgeschichte. In der UEFA-Cup Saison 1993/1994 konnte sich Austria Salzburg als erster österreichischer Verein im UEFA-Cup für die Endspielbegegnungen qualifizieren. Dort unterlag das Team aus der Mozartstadt am 26. April 1994 in der ersten Finalbegegnung im Ernst-Happel-Stadion Inter Mailand unglücklich mit 0:1.

Umbau

In den 80er Jahren verlor das mittlerweile in die Jahre gekommene Stadion mit seinem Betonoval an Attraktivität. Auch gingen allgemein die Zuschauerzahlen bei Fußballbegegnungen in Österreich zurück und im Praterstadion fanden, bis auf einige Europacupspiele, zumeist nur mehr Länderspiele statt. Der Zahn der Zeit nagte am Gebäude, was sich bei der Meisterfeier Rapids am 29. Mai 1982, in deren Verlauf ein Geländer brach und elf Fußballfans verletzt wurden, zeigte. So wurde zwischen 1984 und 1985 eine dringend notwendige Generalsanierung durchgeführt, in deren Zuge die Spielstätte mit einer Generalüberdachung, jetzt mit einem Fassungsvermögen für 62.000 Besucher, versehen wurde. Die Wiedereröffnung des rundumerneuerten Stadions fand am 29. Oktober 1986 bei einem 4:1 Sieg im freundschaftlichen Länderspiel gegen die BRD vor 55.000 Zuschauern statt.

Europacupfinals unter Praterhimmel

Neben dem Auftritt der Salzburger im UEFA-Cup (1993/1994) war das Wiener Praterstadion bzw. Ernst-Happel-Stadion weitere fünfmal Schauplatz eines Europacupfinals. Begegnungen fanden viermal im Europapokal der Landesmeister (1964, 1987, 1990) bzw. der Champions League (1995) sowie einmal im Europapokal der Pokalsieger (1971) statt. Im Meistercup besiegte am 27. Mai 1964 Inter Mailand vor 71.333 Zuschauern Real Madrid mit 3:1. Auf den Tag genau 23 Jahre späte triumphierte Außenseiter FC Porto mit 2:1 über den FC Bayern München. Am 23. Mai 1990 konnte AC Mailand über Benfica Lissabon gewinnen. Fünf Jahre später mussten sich die Italiener in der Champions League Ajax Amsterdam mit dem gleichen Resultat geschlagen geben.

Schrägluftaufnahme des Praterstadions 1960 (WStLA, Presse- und Informationsdienst: FC2.60370.21)
Stadion (1950)
Helenio Herrera feiert den Sieg Inters im Meistercupfinale 1964, das erstmals im Wiener Praterstadion ausgetragen wurde.
Motorradrennen im Praterstadion (August 1946)

UEFA EURO 2008

Nachdem am 12. Dezember 2002 Österreich und die Schweiz den Zuschlag für die Fußball-Europameisterschaft 2008 (UEFA EURO 2008) erhalten hatten, wurde die Sportstätte ab 2004 adaptiert und die Kapazität gemäß den UEFA-Vorgaben auf 53.295 Plätze gesenkt. Zum Start der Europameisterschaft wurde die U-Bahn Linie U2 bis zur Spielstätte verlängert, wobei durch ein drittes Gleis in der Station „Stadion“, auf dem mit Hilfe eines Zubringergleises von Erdberg zum Abtransport der Besucher Verstärkerzüge eingeschoben werden können, eine Verdoppelung der Kapazität möglich ist. Im größten Stadion der beiden Euro-Austragungsländer kamen sieben Spiele zur Austragung. Drei Vorrundenspiele und alle Begegnungen der österreichischen Nationalmannschaft fanden im Prater statt, wobei in der zweiten Vorrundenbegegnung beim 1:1 gegen Polen Ivica Vastic den einzigen österreichischen Treffer per Strafstoß erzielen konnte. Damit ist der damals 38 jährige Vastic bis heute der älteste Torschütze bei einer Europameisterschaftsendrunde. Beide Wiener Viertelfinalbegegnungen wurden per Elfmeterschießen entschieden. Türkei konnte sich nach dramatischem Spielverlauf gegen Kroatien durchsetzen. Spanien überwand den regierenden Weltmeister Italien. Die Iberer verblieben in Wien und konnten im einzigen Halbfinalspiel im Prater den Gegner Russland mit 3:0 sicher besiegen. Am 29. Juni 2008 fand vor ausverkauftem Haus das Finalspiel der UEFA Euro 2008 zwischen Spanien und Deutschland statt, das durch ein Tor von Fernando Torres (33. Minute) zugunsten der Spanier entschieden wurde. Damit durfte der spanische Mannschaftskapitän Iker Casillas den Siegespokal, den „Coupe Henri-Delaunay“ in den Praternachthimmel stemmen. Die Iberer krönten sich an diesem Tag nach 1964 zum zweiten Mal zum Europameister.

Papst, Boxen und die Rolling Stones

Neben dem dominierenden Fußball wurden aber auch andere Sportarten – etwa Boxen, Leichtathletik, Radrennen, Tennis- und Speedwayveranstaltungen – im Praterrund durchgeführt. Am 3. Juni 1950 errang hier Joschi Weidinger den Box-EM-Titel im Schwergewicht. Ilona Gusenbauer stellte am 4. September 1971 mit 1,92 m einen neuen Weltrekord im Hochsprung auf. 1990 fand das Tennis Daviscup-Halbfinale gegen die USA hier statt. Ab den 1980er Jahren wurde das Stadion auch Austragungsort sportferner Massenveranstaltungen. So fand am 10. September 1983 hier anlässlich des Katholikentags der Besuch von Papst Johannes Paul II. statt. Die lange Reihe von Rock- und Popkonzerten eröffneten am 3. Juli 1982 die Rolling Stones.

Videos

Ausschnitt aus dem Film über das 30-jährige Jubiläum des Wiener Stadions im Jahr 1961 mit Archivbildern aus den Jahren 1929-1931. WStLA, Filmarchiv der media wien, 344

Weitere Filmausschnitte aus dem Bestand Wiener Stadt- und Landesarchiv, Filmarchiv der 'media wien':

Stummfilm über den Bau des Praterstadions, Belastungsprobe und Eröffnung der sog. Arbeiterolympiade (1931; 3:10 Minuten)
Stummfilm über den Bau und die Eröffnung des Praterstadions (1931; 1:58 Minuten)
Szenen rund um das Stadion vor dem Ländermatch Österreich gegen Deutschland (1957; 0:50 Minuten)
Praterstadion aus der Kurzfilmserie über Wiener Einrichtungen (1961; 1:14 Minuten)
30 Jahre Wiener Stadion, inkl. Archivbildern (1961; 2:13 Minuten)
Luftbildaufnahmen und Verkehrssituation rund um das Wiener Praterstadion (1961; 2:47 Minuten)
Filmdokument über die 4. Gymnaestrada in Wien vom 20.-24. Juli 1965 (1965; 1:45 Minuten)
Der Film „Das große Beispiel" thematisiert die Bedeutung von Spiel, Sport und Erholung (1965; 2:00 Minuten)

Weitere Quellen:

Literatur

  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990
  • Karl Artner: Die Leopoldstadt. Ein Heimatbuch. Wien: Lehrer-Arbeitsgemeinschaft 1937
  • Franz Xaver Friedrich: Das Wiener Stadion. Wien 1931
  • Bernhard Hachleitner: Das Wiener Praterstadion/Ernst-Happel-Stadion: Bedeutung, Politik, Architektur und urbanistische Relevanz. Holzhausen Verlag: Wien 2011
  • Bernhard Hachleitner: Wiener Sportclub-Platz. In: Fussballtempel. Hg. von Reinaldo Coddou H. Mannheim: Edition Panorama 2011, S. 236
  • Bernhard Hachleitner: Dornbach. Friedhof im Rücken. In: Wo die Wuchtel fliegt. Legendäre Orte des Wiener Fussballs. Hg. von Peter Eppl u.a. Wien: Löcker (Ausstellungskatalog, 347. Sonderausstellung des Wien Museums) 2008, S. 104-108
  • (Verfasser?) Sportzentrum Wiener Prater. In: Buchreihe: "Der Aufbau". 38 (1960), S. 21 ff.
  • Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien [und a.]: Jugend & Volk 1988
  • Dietmar Steiner: Architektur in Wien. 300 sehenswerte Bauten. Wien: Magistrat 1984

Links

Arbeiterolympiade 1931
*Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung, Wiberal: S1/432:2. Arbeiterolympiade, Wien 19.-26. Juli 1931, Bild aus der gleichnamigen Broschüre: Das neue Wiener Stadion
*Archiv (inter.it): Matchreport vom 27. Mai 1964

Einzelnachweise

<references> WStLA, M.Abt. 471, A4 - Genehmigung; Veranstaltungsorte: Sportplätze: Schachtel 20, Stadion (Vorgeschichte 1929/1930) <references> Bernhard Hachleitner: Das Wiener Praterstadion/Ernst-Happel-Stadion: Bedeutung, Politik, Architektur und urbanistische Relevanz. Wien 2011, S. 226f.

  1. WStLA, M.Abt. 471, A4 - Genehmigung; Veranstaltungsorte: Sportplätze: Schachtel 20, Stadion (Vorgeschichte 1929/1930)
  2. Eine Olympiade ist eigentlich der vierjährige Zeitraum zwischen zwei Olympischen Spielen und beginnt in dem Jahr, in dem Spiele abgehalten werden.
  3. Bernhard Hachleitner: Das Wiener Praterstadion/Ernst-Happel-Stadion: Bedeutung, Politik, Architektur und urbanistische Relevanz. Wien 2011, S. 226f.