Alser Kirche: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
K (Änderungen von DYN.krabina (Diskussion) wurden auf die letzte Version von WIEN1.lanm08son zurückgesetzt)
Zeile 1: Zeile 1:
 
{{Bauwerk
 
{{Bauwerk
 
|Art des Bauwerks=Sakralbau
 
|Art des Bauwerks=Sakralbau
 +
|Gemeindebau=Nein
 +
|Datum bis unbekannt=Nein
 
|Andere Bezeichnung=Trinitarierkirche
 
|Andere Bezeichnung=Trinitarierkirche
 
|Quelle=Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
 
|Quelle=Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Zeile 13: Zeile 15:
 
Alser Kirche ([[8]], [[Alser Straße]] bei 17) [[Trinitarierkirche]].
 
Alser Kirche ([[8]], [[Alser Straße]] bei 17) [[Trinitarierkirche]].
  
1688 begannen die [[Trinitarier]] („Weißspanier“) an der Alser Straße mit der Errichtung eines Klosters. In den Jahren 1694 bis 1704 wurde im unmittelbaren Anschluss an das Kloster die Alserkirche errichtet. Am feierlichen Einzug der Mönche nahmen auch sechzehn freigekaufte Christensklaven teil. Der offizielle Name des Ordens "Trinitarie de Redemptione Captivorum" bedeutet "Trinitarier von der Erlösung Gefangener". Der jeweilige "Redemptor"  des Ordens führte die Verhandlung zum Freikauf von Gefangenen. Im Kloster gabt es daher auch einen eigenen Raum für türkische Gefangene, die gegen Christen ausgetauscht werden sollten. Ab 1748 wurde ein Neubau des Klosters betrieben. Im Zuge der Josephinischen Reformen 1783 wurde der Orden der Trinitarier aufgehoben. 1784 bezogen die [[Minoriten]] auf Anordnung von Kaiser [[Joseph I.]] das Kloster in der [[Alser Straße]]. Die Minoriten übernahmen von hier aus die Seelsorge für das nahegelegene [[Altes Allgemeines Krankenhaus|Allgemeine Krankenhaus]] mit dem dazugehörigen Gebärhaus und dem Findelhaus und später auch für das Gefangenenhaus des [[Landesgericht]]s.  
+
1688 begannen aus Katalonien nach Wien berufene [[Trinitarier]] („Weißspanier“) an der Alser Straße mit der Errichtung eines Klosters. Zu diesem Zweck hatten sie einen Gartengrund an der Alser Straße erworben, der seit 1680 im Besitz von Maria Elisabeth Koch von Adlerspurg gewesen war. Die erste Kapelle der Trinitarier (benannt „Zum heiligen Ölberg“, heute Sakristei) wurde am 30. April 1689 geweiht. Die Kirche „Zur Heiligen Dreifaltigkeit" (Grundsteinlegung 1695, Weihe 1698) und das Kloster waren erst 1727 vollendet.  
  
Die Alser Kirche ist Sitz der [[Alservorstadt (Pfarre)|Pfarre Alservostadt]]. Pfarren hatten von 1784 bis 1938 auch standesamtliche Funktion. Durch das Gebärhaus, in dem auch ledige und arme Mütter teilweise anonym entbinden konnten, und das Krankenhaus, hat die Pfarre heute das größte [[Matrik]]enarchiv Europas. Diese Matrikenbücher sind getrennt von jenen der Pfarre. Nach den Vorschriften [[Joseph II.]] durften Väter nur auf eigenen Wunsch eingetragen werden. Die Pfarre legte in dieser Zeit aber ein eigenes Verzeichnis dafür an, was bei der genealogischen Recherche hilfreich ist.  
+
Am feierlichen Einzug der Mönche nahmen auch sechzehn freigekaufte Christensklaven teil. Der offizielle Name des Ordens "Trinitarie de Redemptione Captivorum" bedeutet "Trinitarier von der Erlösung Gefangener". Der jeweilige "Redemptor"  des Ordens führte die Verhandlung zum Freikauf von Gefangenen. Im Kloster gabt es daher auch einen eigenen Raum für türkische Gefangene, die gegen Christen ausgetauscht werden sollten. Ab 1748 wurde ein Neubau des Klosters betrieben. Im Zuge der Josephinischen Reformen 1783 wurde der Orden der Trinitarier aufgehoben. 1784 bezogen die [[Minoriten]], deren Kloster in der Stadt ebenfalls aufgehoben worden war, auf Anordnung von Kaiser [[Joseph I.]] das Kloster in der [[Alser Straße]]. Die Minoriten übernahmen von hier aus die Seelsorge für das nahegelegene [[Altes Allgemeines Krankenhaus|Allgemeine Krankenhaus]] mit dem dazugehörigen Gebärhaus und dem Findelhaus und später auch für das Gefangenenhaus des [[Landesgericht]]s.
 +
 
 +
Seit 1783 ist die Alser Kirche Sitz der [[Alservorstadt (Pfarre)|Pfarre Alservostadt]]. Durch das Gebärhaus, in dem auch ledige und arme Mütter teilweise anonym entbinden konnten, und das Krankenhaus hat die Pfarre heute das größte [[Matrik]]enarchiv Europas. Diese Matrikenbücher sind getrennt von jenen der Pfarre. Nach den Vorschriften [[Joseph II.]] durften Väter nur auf eigenen Wunsch eingetragen werden. Die Pfarre legte in dieser Zeit aber ein eigenes Verzeichnis dafür an, was bei der genealogischen Recherche hilfreich ist.  
  
 
Die Alserkirche ist auch durch ihre Beziehung zu zwei Komponisten berühmt: Hier wurde am 29. März 1827 der Leichnam [[Ludwig van Beethoven]]s aufgebahrt. Wenige Wochen vor seinem Tod am 2. September 1828 schrieb [[Franz Schubert]] zur Glockenweihe dieser Kirche den Hymnus "Glaube, Hoffnung und Liebe". Am 4. Oktober 1829 fand hier die Uraufführung von Schuberts Es-Dur-Messe statt, da Schuberts Freund [[Michael Leitermayer]] in der Alser Kirche Chorregent war.
 
Die Alserkirche ist auch durch ihre Beziehung zu zwei Komponisten berühmt: Hier wurde am 29. März 1827 der Leichnam [[Ludwig van Beethoven]]s aufgebahrt. Wenige Wochen vor seinem Tod am 2. September 1828 schrieb [[Franz Schubert]] zur Glockenweihe dieser Kirche den Hymnus "Glaube, Hoffnung und Liebe". Am 4. Oktober 1829 fand hier die Uraufführung von Schuberts Es-Dur-Messe statt, da Schuberts Freund [[Michael Leitermayer]] in der Alser Kirche Chorregent war.

Version vom 19. Juli 2019, 09:52 Uhr

Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Sakralbau
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung Trinitarierkirche
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 20692
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 19.07.2019 durch WIEN1.lanm08wen
  • 8., Alser Straße 17

Derzeit wurden noch keine Konskriptionsnummer zu diesem Bauwerk erfasst!

Die Karte wird geladen …

48° 12' 52.53" N, 16° 21' 10.13" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Alser Kirche (8, Alser Straße bei 17) Trinitarierkirche.

1688 begannen aus Katalonien nach Wien berufene Trinitarier („Weißspanier“) an der Alser Straße mit der Errichtung eines Klosters. Zu diesem Zweck hatten sie einen Gartengrund an der Alser Straße erworben, der seit 1680 im Besitz von Maria Elisabeth Koch von Adlerspurg gewesen war. Die erste Kapelle der Trinitarier (benannt „Zum heiligen Ölberg“, heute Sakristei) wurde am 30. April 1689 geweiht. Die Kirche „Zur Heiligen Dreifaltigkeit" (Grundsteinlegung 1695, Weihe 1698) und das Kloster waren erst 1727 vollendet.

Am feierlichen Einzug der Mönche nahmen auch sechzehn freigekaufte Christensklaven teil. Der offizielle Name des Ordens "Trinitarie de Redemptione Captivorum" bedeutet "Trinitarier von der Erlösung Gefangener". Der jeweilige "Redemptor" des Ordens führte die Verhandlung zum Freikauf von Gefangenen. Im Kloster gabt es daher auch einen eigenen Raum für türkische Gefangene, die gegen Christen ausgetauscht werden sollten. Ab 1748 wurde ein Neubau des Klosters betrieben. Im Zuge der Josephinischen Reformen 1783 wurde der Orden der Trinitarier aufgehoben. 1784 bezogen die Minoriten, deren Kloster in der Stadt ebenfalls aufgehoben worden war, auf Anordnung von Kaiser Joseph I. das Kloster in der Alser Straße. Die Minoriten übernahmen von hier aus die Seelsorge für das nahegelegene Allgemeine Krankenhaus mit dem dazugehörigen Gebärhaus und dem Findelhaus und später auch für das Gefangenenhaus des Landesgerichts.

Seit 1783 ist die Alser Kirche Sitz der Pfarre Alservostadt. Durch das Gebärhaus, in dem auch ledige und arme Mütter teilweise anonym entbinden konnten, und das Krankenhaus hat die Pfarre heute das größte Matrikenarchiv Europas. Diese Matrikenbücher sind getrennt von jenen der Pfarre. Nach den Vorschriften Joseph II. durften Väter nur auf eigenen Wunsch eingetragen werden. Die Pfarre legte in dieser Zeit aber ein eigenes Verzeichnis dafür an, was bei der genealogischen Recherche hilfreich ist.

Die Alserkirche ist auch durch ihre Beziehung zu zwei Komponisten berühmt: Hier wurde am 29. März 1827 der Leichnam Ludwig van Beethovens aufgebahrt. Wenige Wochen vor seinem Tod am 2. September 1828 schrieb Franz Schubert zur Glockenweihe dieser Kirche den Hymnus "Glaube, Hoffnung und Liebe". Am 4. Oktober 1829 fand hier die Uraufführung von Schuberts Es-Dur-Messe statt, da Schuberts Freund Michael Leitermayer in der Alser Kirche Chorregent war.

Während der Zeit der Alliierten Besatzung feierte der amerikanische Militärpfarrer in der Kirche Gottesdienste, Hochzeiten u. d., da sich gegenüber im Gebäude der Nationalbank das Wiener Oberkommando der Amerikanischen Besatzungstruppen in Österreich ("United States Forces in Austria - USFA") befand. Im Kreuzgang der Alser Kirche wurden US-Hilfslieferungen für die Wiener Bevölkerung gelagert.

Kirche

In der ersten Nische auf der rechten Seite steht der Kreuzaltar, der auch „Reliquienaltar" genannt wird. Die Krönung des Altares bildet das mächtige Kruzifix, das sich seit dem 30. November 1708 in dieser Kirche befindet und aus dem Kreis des berühmten Bildhauers Veit Stoß (1445-1533) stammt. Es wurde von Elisabeth Dorothea Herzogin von Schleswig-Holstein hierher geschenkt, nachdem es ihr Gemahl, der General und Befehlshaber in Siebenbürgen, Johann Ludwig Graf Rabutin de Bussy, in der Gerätekammer einer lutherischen, früher katholischen Kirche entdeckt hatte.

Kreuzgang des Klosters

Im Kreuzgang sind etwa 4.300 Votivtafeln und zwei Gedenktafeln für Opfer des Nationalsozialismus angebracht. Unter den Votivtafeln befinden sich Gedenktafeln für im Ersten und Zweiten Weltkrieg gefallene Familienangehörige, die fern von der Heimat ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Bemerkenswert sind aber auch jene Tafeln, auf denen für eine sichere Heimkehr von Angehörigen aus dem Krieg gebetet, bzw. für deren gute Heimkehr gedankt wird.

Antoniuskapelle

Im Zuge der Übersiedelung der Minoriten von der Innenstadt in die Alservorstadt richteten diese in einem Gewölbe einer zugemauerten Klosterpforte die Antoniuskapelle ein. Das Altarbild, welches aus der Zeit Kaiser Ferdinands II. stammt, zeigt den Hl. Antonius von Padua. Auf dem Bild wird der Heilige ausnahmsweise nicht mit dem Jesuskind auf dem Arm, sondern mit Lilie und Buch dargestellt. Das Gnadenbild stammt aus dem Besitz seines Eigentümers, des Mantuaner Grafen und Feldmarschalls Rambold von Collalto. Im Jahr 1928 wurde rechts der alten Kapelle nach den Plänen von Hans Prutscher eine neue gebaut und im gleichen Jahr von Kardinal Friedrich Gustav Piffl eingeweiht. 1956 wurde die Kapelle nach den Plänen von Hans Petermair innen umgebaut und neugestaltet. Im Zuge der Renovierung 1980 erfolgte eine weitere Umgestaltung des Altarraumes der Kapelle.

Maximilian Kolbe Kapelle

An der Südseite des Kreuzganges wurde 1973 in einer Nische vor dem Eingang in die Antoniuskapelle eine Gedenkstätte für den im KZ Auschwitz ermordeten Minoritenpater Maximilian Kolbe eingerichtet. Das in Schwarz, Weiß und Rot gehaltene Scraffito stammt von Ernst Degasperi.

Krypta

In der Aula der Kirche links vom Haupteingang führen einige Stufen hinab in die Krypta, die seinerzeit als Grabstätte für die Trinitarier und Wohltäter der Kirche diente. In der Krypta befinden sich auch die Grabmäler mehrerer hochgestellter Persönlichkeiten aus früherer Zeit, wie das Grabmal des Grafen Carossa (gestorben 1693), der Fürstin Maria Leopoldine von Hohenzollern, des Grafen Rabutin de Bussy und anderer Adeliger. Bis 3. April 1782 wurden 241 Tote unter der Kirche bestattet. Neben der kirchlichen Funktion hatte die Krypta der Pfarre Alservorstadt auch eine wichtige Funktion als Zufluchtsstätte. Zeugnis davon gibt eine Reihe von Wandzeichnungen und Inschriften aus Kriegen des 19. und 20. Jahrhunderts. Daher gehen von diesem Raum eine Reihe von Gängen aus. Einer davon, der auch im 2. Weltkrieg benutzt wurde, führt ins (alte) Allgemeine Krankenhaus. Dadurch konnte die Seelsorge auch während des Krieges sichergestellt werden.

Militärische Gedenkstätten

Epitaphe:

  • Johann Christoph von Sacken (?-1716): Oberst
  • Maria Anna Gräfin von Browne, Gattin des Generalfeldwachtmeisters Joseph Freiherr von Terzi
  • Anton Graf von Caraffa (1641-1693); Feldmarschall
  • Franz Karler Edler von Römer (1742-1810); Buchhaltungs-Rechnungsrat im Hofkriegsrat

Literatur

  • Koblizek Ruth: „Die Alserkirche“, Verein Memo, Wien 2000
  • Rolf M. Urrisk-Obertyński: Wien - 2000 Jahre Garnisonsstadt, Band 4 Bezirk, Weishaupt-Verlag, Graz (erscheint im Juni 2017)