Albert Paris Gütersloh: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
K (Textersetzung - „==Links==“ durch „== Weblinks ==“)
 
(30 dazwischenliegende Versionen von 12 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 2: Zeile 2:
 
|Personenname=Gütersloh, Albert Paris
 
|Personenname=Gütersloh, Albert Paris
 
|Abweichende Namensform=Kiehtreiber, Albert Konrad
 
|Abweichende Namensform=Kiehtreiber, Albert Konrad
|Titel=Akad.-Prof.;
+
|Titel=Akad.-Prof.
 
|Geschlecht=männlich
 
|Geschlecht=männlich
|Geburtsdatum=05.02.1887
+
|Geburtsdatum=1887/02/05
 
|Geburtsort=Wien
 
|Geburtsort=Wien
|Sterbedatum=16.05.1973
+
|Sterbedatum=1973/05/16
 +
|Sterbedatum unbekannt=Nein
 
|Sterbeort=Baden bei Wien
 
|Sterbeort=Baden bei Wien
|Begräbnisdatum=22.05.1973
 
|Grabstelle=Wiener Zentralfriedhof, Ehrengrab Gruppe 32C, Nummer 35
 
 
|Beruf=Maler; Schriftsteller
 
|Beruf=Maler; Schriftsteller
|Verkehrsfläche=Güterslohgasse
+
|Objektbezug=1945 bis heute
|Quelle=Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien; Gedenktage;
+
|Quelle=Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien; Gedenktage; Gedenktage-GW
|Bildname=Albertparisguetersloh.jpg
+
|Begräbnisdatum=1973/05/22
|Bildunterschrift=Albert Paris Gütersloh 1948
+
|Friedhof=Zentralfriedhof
|Bildquelle=Wiener Stadt- und Landesarchiv, Presse- und Informationsdienst: FA1 - Großbildnegative, 48213
+
|Grabstelle=Gruppe 32C, Nummer 35
|Bildrechte=Wiener Stadt- und Landesarchiv
+
|Grabstelle aufgelassen=Nein
 +
|Ehrengrab=Ehrengrab
 +
|WikidataID=Q697839
 +
|GND=118543342
 +
|Familiäre Beziehung={{Familie
 +
|Verwandtschaftsgrad=ist verheiratet oder verpartnert mit
 +
|Name=Emma Berger
 +
}}{{Familie
 +
|Verwandtschaftsgrad=ist verheiratet oder verpartnert mit
 +
|Name=Vera Reichert
 
}}
 
}}
{{Funktion
+
|Funktion={{Funktion
 
|Funktion=Rektor der Akademie der bildenden Künste
 
|Funktion=Rektor der Akademie der bildenden Künste
 
|Funktion von=1953
 
|Funktion von=1953
 
|Funktion bis=1954
 
|Funktion bis=1954
 
}}
 
}}
{{Adresse
+
|Auszeichnung={{Auszeichnung
|Art der Adresse=Wohnadresse
+
|Auszeichnung=Großer Österreichischer Staatspreis für Bildende Kunst
|Bezirk=8
 
|Straße=Buchfeldgasse
 
|Hausnummer=6
 
|von Objekt=Person
 
}}
 
{{Auszeichnung
 
|Auszeichnung=Staatspreis für Malerei
 
 
|Verleihung=1935
 
|Verleihung=1935
}}
+
}}{{Auszeichnung
{{Auszeichnung
+
|Auszeichnung=Preis der Stadt Wien für Malerei und Grafik
|Auszeichnung=Preis der Stadt Wien für Malerei und Graphik
 
 
|Verleihung=03.12.1948
 
|Verleihung=03.12.1948
}}
+
}}{{Auszeichnung
{{Auszeichnung
 
 
|Auszeichnung=Großer Österreichischer Staatspreis für bildende Kunst
 
|Auszeichnung=Großer Österreichischer Staatspreis für bildende Kunst
 
|Verleihung=1952
 
|Verleihung=1952
}}
+
}}{{Auszeichnung
{{Auszeichnung
 
 
|Auszeichnung=Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur
 
|Auszeichnung=Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur
 
|Verleihung=1961
 
|Verleihung=1961
}}
+
}}{{Auszeichnung
{{Auszeichnung
 
 
|Auszeichnung=Ehrenring der Stadt Wien
 
|Auszeichnung=Ehrenring der Stadt Wien
 
|Verleihung=15.02.1957
 
|Verleihung=15.02.1957
 
|Übernahme=12.03.1957
 
|Übernahme=12.03.1957
}}
+
}}{{Auszeichnung
{{Auszeichnung
 
 
|Auszeichnung=Preis der Stadt Wien für Literatur
 
|Auszeichnung=Preis der Stadt Wien für Literatur
 
|Übernahme=29.05.1967
 
|Übernahme=29.05.1967
}}
+
}}{{Auszeichnung
{{Auszeichnung
 
 
|Auszeichnung=Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst
 
|Auszeichnung=Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst
 
|Verleihung=08.02.1967
 
|Verleihung=08.02.1967
 
|Übernahme=22.02.1967
 
|Übernahme=22.02.1967
}}
+
}}{{Auszeichnung
{{Auszeichnung
 
 
|Auszeichnung=Goldenes Ehrenzeichen der Secession
 
|Auszeichnung=Goldenes Ehrenzeichen der Secession
 
|Übernahme=10.02.1967
 
|Übernahme=10.02.1967
 
}}
 
}}
{{Familie
+
|Bildname=Albertparisguetersloh.jpg
|Name=Emma Berger
+
|Bildunterschrift=Albert Paris Gütersloh 1948
|Verwandtschaftsgrad=1. Gattin
+
|Verkehrsfläche=Güterslohgasse
 +
|Bildquelle=Wiener Stadt- und Landesarchiv, Presse- und Informationsdienst: FA1 - Großbildnegative, 48213
 +
|Bildrechte=CC BY-NC-ND 4.0
 
}}
 
}}
{{Familie
+
{{Adresse
|Name=Vera Reichert
+
|Art der Adresse=Wohnadresse
|Verwandtschaftsgrad=2. Gattin
+
|Bezirk=8
 +
|Straße=Buchfeldgasse
 +
|Hausnummer=6
 +
|von Objekt=Person
 
}}
 
}}
Gütersloh Albert Paris (eigentlich Albert Konrad Kiehtreiber; 1921 offizielle Namensänderung auf Albert Paris Gütersloh), * 5. Februar 1887 Wien 6, † 16. Mai 1973 Baden bei Wien, Helenenstraße 40-44 (Wiener Zentralfriedhof, Ehrengrab Gruppe 32C, Nummer 35), Maler, Schriftsteller, erste Gattin (1914) Emma Berger, Hofoperntänzerin ( † 1917), zweite Gattin (1921) Vera Reichert, Tänzerin (1928 Geburt von Wolfgang Hutter; Scheidung 1932).  
+
Albert Paris Gütersloh, * 5. Februar 1887 Wien, † 16. Mai 1973 Baden bei Wien, Maler, Schriftsteller.
  
Besuchte ab 1898 das Gymnasium der Benediktiner in Melk und ab 1900 der Franziskaner in Bozen (weil er nach den Vorstellungen seiner Eltern Priester werden sollte), brach das Studium jedoch 1904 ab und nahm Schauspielunterricht (Pseudonym Albert Matthäus). Er spielte an Provinzbühnen der Monarchie und in Bad Reichenhall, wurde von [[Max Reinhardt]] an das Deutsche Theater in Berlin verpflichtet. 1909 zeigte er erstmals Zeichnungen auf der "Internationalen Kunstschau" in Wien und stellte seither in Wien (Kunstschau, Hagenbund, Secession, Art-Club) und im Ausland aus (Frankreich, Deutschland, Italien unter anderem). Ging (aufgrund seines Romans "Die tanzende Törin" [1911], des ersten expressionistischen Romans überhaupt) als Kunstberichterstatter nach Paris, wo er bei Maurice Denis Malerei studierte und Ölbilder zu malen begann (1911/1912).  
+
==Biografie==
 +
Der Sohn des Handelsangestellten Josef Kiehtreiber und dessen Frau Mathilde wurde als Albert Conrad Kiehtreiber 1887 in Gumpendorf geboren. Nach dem Wunsch seiner Eltern hätte er eine kirchliche Laufbahn einschlagen sollen und so besuchte er ab 1898 das Stiftsgymnasium in Melk und ab 1900 das Franziskanergymnasium in Bozen. 1904 brach er die Schule ab, um Schauspielunterricht zu nehmen. Gleichzeitig begann er mit dem literarischen Schreiben. Als Autor wählte er zunächst den Namen Paris von Gütersloh. 1906 legte er die Schauspielprüfung ab und erhielt ein Engagement in Bad Reichenhall. Unter dem Künstlernamen Albert Matthäus trat er auch in Leitmeritz, Pettau, Märisch Ostrau und Karlsbad auf, bis ihn [[Max Reinhardt]] an das Deutsche Theater in Berlin engagierte.  
  
Nach seiner Rückkehr schloß er sich in Wien dem Kreis um [[Gustav Klimt]] (dessen Schüler er wurde), [[Egon Schiele]] und [[Josef Hoffmann (Architekt)|Josef Hoffmann]] an. 1913 veröffentlichte er Beiträge in den Zeitschriften "Der Ruf" und "Die Aktion", 1914 gab er mit Karl Adler die Zeitschrift. "Der Knock-about" heraus. Nach dem Militärdienst (1917 lernte er im Kriegspressequartier [[Robert Musil]] und [[Franz Blei]] kennen) gab Gütersloh 1918/1919 mit Blei die Zeitschrift "Die Rettung" heraus (Blei publizierte 1960 auch Güterslohs "Schriften in Auswahl"). 1919-1921 arbeitete er als Oberregisseur am Münchner Schauspielhaus, zugleich als Schriftsteller und Bühnenbildner (unter anderem auch am Wiener Burgtheater) und als Kirchenrestaurator.  
+
Als bildender Künstler war er zunächst Autodidakt. Erstmals zeigte Gütersloh, der mit [[Gustav Klimt]] und [[Egon Schiele]] befreundet war, 1909 Zeichnungen auf der "[[Kunstschau]]" in Wien und stellte seither in Wien ([[Hagenbund]], [[Secession (Gebäude)|Secession]], Art-Club) und im Ausland aus (unter anderem in Frankreich, Deutschland, Italien). 1911 veröffentlichte der Künstler den Roman "Die tanzende Törin", der als einer der ersten expressionistischen Romane gilt. Es folgte "Egon Schiele. Versuch einer Vorrede". Gütersloh ging dann kurz nach Paris, wo er als Kunstberichterstatter arbeitete und bei Maurice Denis Malunterricht nahm. Damals entstanden Güterslohs erste Ölbilder. Nach seiner Rückkehr nach Wien wurde er Schüler [[Gustav Klimt]]s. Er veröffentlichte Beiträge in den Zeitschriften "Der Ruf" und "Die Aktion" und gab mit [[Karl Adler]] die Zeitschrift. "Der Knock-about" heraus.  
  
Die Bücher "Die Vision vom Alten und Neuen" (Roman; 1921), "Innozenz oder Sinn und Fluch der Unschuld" (Roman; 1922), "Die Rede über Franz Blei oder Der Schriftsteller in der Katholizität" und "Der Lügner unter Bürgern" (beide 1922) trugen ihm den Theodor-Fontane-Preis ein (1922). Bereits 1926 schrieb er das autobiographische Werk "Bekenntnisse eines modernen Malers (Meine große und kleine Geschichte. Eine Lebensbeschreibung quasi in allegoria)", 1930 erhielt er eine Professur an der Wiener Kunstgewerbeschule, die er bis 1938 innehatte (Entlassung; 1940 Berufsverbot. 1934 entwarf er Glasfenster und Mosaiken für die Pfarrkirche Mauer ([[Erhardkirche]]), 1935 solche für die Pfarrkirche Sandleiten und 1950 das Rundfenster für die "Namen-Jesu-Kirche" (12, Darnautgasse 3). 1933-1939 und später ab 1954 war er Mitglied (später Ehrenmitglied und 1950-1954 Präsident) der Secession, 1945-1962 Leiter einer Meisterschule für Malerei sowie eines Freskokurses an der Akademie der bildenden Künste (Einrichtung einer Fresko- und Gobelinschule; 1947 außerordentlicher Professor, 1953/1954 Rektor, 1955 titularer ordentlicher Professor). 1950 gründete er mit [[Josef Hoffmann (Architekt)|Josef Hoffmann]] die [[Föderation moderner bildender Künstler Österreichs]] und war 1951 deren erster Präsident.  
+
1914 heiratete Gütersloh die Tänzerin Emma Berger, die wie ihre beiden Schwestern im Hofopernballett engagiert war. Die 1915 geborene Tochter Franziska lebte nur wenige Monate; Emma starb 1917. 1915 hatte sich der Künstler als Einjährig-Freiwilliger zum [[Erster Weltkrieg|Krieg]]sdienst gemeldet und wurde bald im Kriegspressequartier eingesetzt, wo er [[Robert Musil]] und [[Franz Blei]] kennenlernte. Mit Letzterem gab er die Zeitschrift "Die Rettung" heraus. Das "[[Neues 8 Uhr-Blatt|Neue 8 Uhr-Blatt]] beschuldigte Gütersloh, [[Egon Erwin Kisch]], [[Franz Werfel]] und [[Franz Blei]] als Mitglieder der "[[Rote Garde]] während der Ausrufung der Republik für Unruhen vor dem [[Parlament]] verantwortlich gewesen zu sein.  Zu dieser Zeit arbeitete Gütersloh wieder für das Theater. Unter anderem führte er am Münchner Schauspielhaus Regie und entwarf Bühnenbilder für das [[Burgtheater]].  
  
Gütersloh gilt als der geistige Vater der "Wiener Schule des Phantastischen Realismus". Von Güterslohs Prosaromanen sind (neben den bereits genannten) "Eine sagenhafte Figur" (1946) und "Sonne und Mond" (1962) zu nennen; seine wichtigsten Novellen sind Kain und Abel. Eine Legende" (1923), "Die Fabeln vom Eros" (1947), "Laßt uns Menschen machen" (1962). Unter dem Titel "Musik zu einem Lebenslauf“ erschien 1957 Lyrik. 1953 veröffentlichte [[Heimito von Doderer]] unter dem Titel "Gewaltig staunt der Mensch" eine Auswahl seiner Werke. Auf seinen Ausstellungen in Wien (Kunstschau, Hagenbund, Secession, Art-Club) und vielen Städten des Auslands präsentierte er Aquarelle (Miniaturen-Zyklus; "Erinnerungen an die Neudeggergasse" [1934/1936]), Stilleben, Landschafts- und Städtebilder, Handzeichnungen und Gobelinentwürfe.  
+
1921 änderte der Künstler seinen Namen offiziell von Kiehtreiber auf Gütersloh. Im selben Jahr heiratete er die Tänzerin Vera Reichert. Die Ehe wurde 1932 geschieden.  
  
Werke im Historischen Museum, in der Albertina, der Österreichischen Galerie und der Akademie der bildenden Künste.  
+
Die folgenden Jahre waren von Aufenthalten in Rom, Frascati, Paris, München und Südfrankreich geprägt. Die Bücher "Die Vision vom Alten und Neuen" (Roman; 1921), "Innozenz oder Sinn und Fluch der Unschuld" (Roman; 1922), "Die Rede über Franz Blei oder Der Schriftsteller in der Katholizität" und "Der Lügner unter Bürgern" (beide 1922) trugen ihm den Theodor-Fontane-Preis ein (1922). Bereits 1926 schrieb er das autobiografische Werk "Bekenntnisse eines modernen Malers (Meine große und kleine Geschichte. Eine Lebensbeschreibung quasi in allegoria)". 1928 ging aus der langjährigen Verbindung Güterslohs mit Milena Hutter, die ebenso wie Gütersloh verheiratet war, der gemeinsame Sohn [[Wolfgang Hutter]] hervor. Hutter wurde später Güterslohs Schüler an der [[Akademie der bildenden Künste]]. Erst in seinem Testament hat Gütersloh die Vaterschaft anerkannt.  
  
Grand Prix, Paris (1928 [für seine Gobelins], 1937); Staatspreis für Malerei (1935), Würdigungspreis der Stadt Wien für Malerei und Graphik (1948), Großer Österreichischer Staatspreis für bildende Kunst (1952), Großer Österreichischer Staatspreis für Dichtkunst (1961), Ehrenring der Stadt Wien (1957), Preis der Stadt Wien für Dichtkunst (1967), Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, I. Klasse (1967).  
+
[[Heimito von Doderer]] veröffentlichte 1930 mit "Der Fall Gütersloh" die erste Monografie über den vielseitigen Künstler. Die beiden Freunde teilten sich ab 1938 die Atelierwohnung der vertriebenen Malerin [[Trude Waehner]] in der Buchfeldgasse.  
  
Gütersloh wohnte 1938-1948, 8, Buchfeldgasse 6, (gemeinsam mit [[Heimito von Doderer]] im ehemaligen Atelier der Malerin Trude Wähner und lebte ab 1970 in Baden.
+
1931 wurde der Maler an die [[Universität für angewandte Kunst|Kunstgewerbeschule]] berufen. 1934 entwarf er Glasfenster und Mosaiken für die [[Erhardkirche|Pfarrkirche Mauer]] und 1935 solche für die [[Sandleitenkirche]]. Das Rundfenster für die [[Namen-Jesu-Kirche]] folgte 1950.  
  
[[Güterslohgasse]]
+
Während des Ständestaates stellte Albert Paris Gütersloh seine Kunst durchaus in den Dienst der Machthaber, weshalb sein Aufnahmegesuch bei der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] abgelehnt wurde. 1938 verlor er seine Stelle als Hochschullehrer, 1940 erhielt er Berufsverbot. Seine expressionistischen Arbeiten galten als "entartet". Er selbst wurde als Hilfsarbeiter und Buchhalter dienstverpflichtet.
 +
 
 +
1945 erhielt Gütersloh einen Lehrauftrag an der Akademie für bildende Künste. Er leitete eine Meisterklasse für Malerei sowie einen Freskokurs und richtete eine Fresko- und Gobelinschule ein. 1953/1954 fungierte er als Rektor.
 +
 
 +
Albert Paris Gütersloh gilt als Wegbereiter der [[Wiener Schule des Phantastischen Realismus]]. Zu seinen Schülern zählten neben seinem Sohn unter anderen [[Arik Brauer]], [[Ernst Fuchs (Maler)|Ernst Fuchs]] und [[Anton Lehmden]]. Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] schloss sich Gütersloh wieder der [[Secession (Institution)|Secession]] und dem [[Art-Club]] an. Mit [[Josef Hoffmann (Architekt)|Josef Hoffmann]] gründete er die [[Föderation moderner bildender Künstler Österreichs]], deren erster Präsident er wurde.
 +
 
 +
Parallel arbeitete er nach wie vor als Schriftsteller. 1962 veröffentlichte er sein literarisches Hauptwerk "Sonne und Mond". Doderer sah sich in einer Figur karikiert, worauf es zum Bruch der beiden Freunde kam.
 +
 
 +
Albert Paris Gütersloh wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem großen österreichischen Staatspreis für bildende Kunst (1952) und Literatur (1961). Auch den [[Preis der Stadt Wien]] erhielt er einmal für Malerei (1948) und einmal für Literatur (1967).
 +
 
 +
Gütersloh wurde in einem [[Ehrengrab]] auf dem [[Zentralfriedhof]] bestattet. Seit 2006 erinnert die [[Güterslohgasse]] an den Künstler. Werke des Künstlers befinden sich in Wien unter anderem im [[Wien Museum]], in der [[Albertina]], in der [[Österreichische Galerie Belvedere|Österreichischen Galerie]] und der Akademie der bildenden Künste.
 +
 
 +
==Quellen==
 +
*[http://wais.wien.gv.at//archive.xhtml?id=Akt+++++634f4afe-605b-4c27-9fbb-93455674c38cVERA#Akt_____634f4afe-605b-4c27-9fbb-93455674c38cVERA Meldezettel (WStLA, BPD Wien: Historische Meldeunterlagen, K11)]  
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==
* Neue österreichische Biographie. 1815 – 1918. Band 19. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1977
+
*Ingrid Holzschuh / Sabine Plakolm-Forsthuber: Auf Linie. NS-Kunstkammer in Wien. Die Reichskammer der bildenden Künste. Basel: Birkhäuser / Wien: Wien Museum 2021
* Robert Teichl: Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Wien: Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei 1951
+
*A. P. Gütersloh zum 100. Geburtstag. Wien: Gemäldegalerie der bildenden Künste 1987
* Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
+
* Albert Paris Gütersloh Retrospektive. Eine Ausstellung der Niederösterreich-Gesellschaft für Kunst und Kultur, Frauenbad bei Wien, ... Wien: Niederösterreich-Gesellschaft für Kunst und Kultur 1982
* Adalbert Schmidt: Dichtung und Dichter Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2. Salzburg: Bergland-Buch 1964, S. 388
+
* Albert Paris Gütersloh. Beispiele. Schriften zur Kunst, Bilder, Werkverzeichnis. Auswahl: Heribert Hutter. Wien [u. a.]: Jugend und Volk 1977
* Peter Ernst: Wiener Literaturgedenkstätten. Hg. von Felix Czeike. Wien: J & V-Edition Wien-Verlag 1990
+
*[https://anno.onb.ac.at/pdfs/ONB_nab_19181116.pdf ANNO: Die Wiener "Rote Garde". In: Neues 8 Uhr Blatt, 16.11.1918. S. 1 f.]
* Heinrich Fuchs: Die österreichischen Maler der Geburtsjahrgänge 1881-1900. Band 1: A-L. Wien: Selbstverlag 1976
+
 
* Albert Paris Gütersloh. Beispiele. Schriften zur Kunst, Bilder, Werkverzeichnis. Auswahl: Heribert Hutter. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1977
+
 
* Albert Paris Gütersloh. Autor und Werk. München: Piper 1962
+
Literatur von und über Albert Paris Gütersloh im [https://search.wienbibliothek.at/primo-explore/search?vid=WBR&mode=advanced&query=creator,contains,118543342 Katalog der Wienbibliothek im Rathaus]
* Albert Paris Gütersloh - Retrospektive. Eine Ausstellung der Niederösterreich-Gesellschaft für Kunst und Kultur, Frauenbad bei Wien, ... Wien: Niederösterreich-Gesellschaft für Kunst und Kultur 1982
+
 
* A. P. Gütersloh zum 100. Geburtstag. Eine gemeinsame Veranstaltung der Akademie der Bildenden Künste der Hochschule für Angewandte Kunst und der Wiener Secession. 15. Jänner bis 15. Februar 1987. Wien: Wiener Secession 1987
+
 
* Wilhelm Mrazek: Albert Paris Gütersloh - Maler und Dichter zugleich. In: Alte und moderne Kunst. Österreichische Zeitschrift für Kunst, Kunsthandwerk und Wohnkultur 10 (1965), Heft 81, S. 45 ff.
+
== Weblinks ==
* Heimito von Doderer: Der Fall Gütersloh. Ein Schicksal und seine Deutung. Wien: Haybach 1930
+
*[https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Paris_G%C3%BCtersloh Wikipedia: Albert Paris Gütersloh]
* Walter Wagner: Geschichte der Akademie der bildenden Künste in Wien. Wien: Rosenbaum 1967 (Veröffentlichungen der Akademie der Bildenden Künste in Wien, Neue Folge 1), Register
+
*[https://www.kunstsenat.at/preistraeger/CV/guetersloh.htm Österreichischer Kunstsenat: Albert Paris Gütersloh]
* Reinhold Treml [Hg.]: Heimito von Doderer – Albert Paris Gütersloh Briefwechsel 1928-1962.  München: Biederstein 1986
 
* Robert Weissenberger: Die Wiener Secession. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1971, S. 260 und Register
 
* Astrid Gmeiner / Gottfried Pirhofer: Der österreichische Werkbund. Alternative zur klassischen Moderne in Architektur, Raum- und Produktgestaltung. Salzburg/Wien: Residenz-Verlag 1985, S. 229
 
* Otto Breicha [Hg.]: Der Art Club in Österreich. Zeugen und Zeugnisse eines Aufbruchs. Monographie eines Aufbruchs. Wien: Jugend und Volk 1981
 
* Abbild und Emotion. Österreichischer Realismus 1914-1944 [Illustrierter Katalog zur Wanderausstellung im] Österreichischen Museum für angewandte Kunst ... Wien: Tusch 1984
 
* Wien um 1900. Ausstellung veranstaltet vom Kulturamt der Stadt Wien, 5. Juni bis 30. August 1964. Wien: Selbstverlag 1964
 
* Briefmarkenabhandlung der Postdirektion anläßlich des Erscheinens von österreichischen Briefmarken, 29.01.1987
 

Aktuelle Version vom 18. Oktober 2023, 12:59 Uhr

Albert Paris Gütersloh 1948
Daten zur Person
Personenname Gütersloh, Albert Paris
Abweichende Namensform Kiehtreiber, Albert Konrad
Titel Akad.-Prof.
Geschlecht männlich
PageID 29201
GND 118543342
Wikidata Q697839
Geburtsdatum 5. Februar 1887
Geburtsort Wien
Sterbedatum 16. Mai 1973
Sterbeort Baden bei Wien
Beruf Maler, Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug 1945 bis heute
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 18.10.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum 22. Mai 1973
Friedhof Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 32C, Nummer 35
Ehrengrab Ehrengrab
Bildname Albertparisguetersloh.jpg
Bildunterschrift Albert Paris Gütersloh 1948
  • 8., Buchfeldgasse 6 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Rektor der Akademie der bildenden Künste (1953 bis 1954)

  • Großer Österreichischer Staatspreis für Bildende Kunst (Verleihung: 1935)
  • Preis der Stadt Wien für Malerei und Grafik (Verleihung: 3. Dezember 1948)
  • Großer Österreichischer Staatspreis für bildende Kunst (Verleihung: 1952)
  • Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur (Verleihung: 1961)
  • Ehrenring der Stadt Wien (Verleihung: 15. Februar 1957, Übernahme: 12. März 1957)
  • Preis der Stadt Wien für Literatur (Übernahme: 29. Mai 1967)
  • Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst (Verleihung: 8. Februar 1967, Übernahme: 22. Februar 1967)
  • Goldenes Ehrenzeichen der Secession (Übernahme: 10. Februar 1967)

Albert Paris Gütersloh, * 5. Februar 1887 Wien, † 16. Mai 1973 Baden bei Wien, Maler, Schriftsteller.

Biografie

Der Sohn des Handelsangestellten Josef Kiehtreiber und dessen Frau Mathilde wurde als Albert Conrad Kiehtreiber 1887 in Gumpendorf geboren. Nach dem Wunsch seiner Eltern hätte er eine kirchliche Laufbahn einschlagen sollen und so besuchte er ab 1898 das Stiftsgymnasium in Melk und ab 1900 das Franziskanergymnasium in Bozen. 1904 brach er die Schule ab, um Schauspielunterricht zu nehmen. Gleichzeitig begann er mit dem literarischen Schreiben. Als Autor wählte er zunächst den Namen Paris von Gütersloh. 1906 legte er die Schauspielprüfung ab und erhielt ein Engagement in Bad Reichenhall. Unter dem Künstlernamen Albert Matthäus trat er auch in Leitmeritz, Pettau, Märisch Ostrau und Karlsbad auf, bis ihn Max Reinhardt an das Deutsche Theater in Berlin engagierte.

Als bildender Künstler war er zunächst Autodidakt. Erstmals zeigte Gütersloh, der mit Gustav Klimt und Egon Schiele befreundet war, 1909 Zeichnungen auf der "Kunstschau" in Wien und stellte seither in Wien (Hagenbund, Secession, Art-Club) und im Ausland aus (unter anderem in Frankreich, Deutschland, Italien). 1911 veröffentlichte der Künstler den Roman "Die tanzende Törin", der als einer der ersten expressionistischen Romane gilt. Es folgte "Egon Schiele. Versuch einer Vorrede". Gütersloh ging dann kurz nach Paris, wo er als Kunstberichterstatter arbeitete und bei Maurice Denis Malunterricht nahm. Damals entstanden Güterslohs erste Ölbilder. Nach seiner Rückkehr nach Wien wurde er Schüler Gustav Klimts. Er veröffentlichte Beiträge in den Zeitschriften "Der Ruf" und "Die Aktion" und gab mit Karl Adler die Zeitschrift. "Der Knock-about" heraus.

1914 heiratete Gütersloh die Tänzerin Emma Berger, die wie ihre beiden Schwestern im Hofopernballett engagiert war. Die 1915 geborene Tochter Franziska lebte nur wenige Monate; Emma starb 1917. 1915 hatte sich der Künstler als Einjährig-Freiwilliger zum Kriegsdienst gemeldet und wurde bald im Kriegspressequartier eingesetzt, wo er Robert Musil und Franz Blei kennenlernte. Mit Letzterem gab er die Zeitschrift "Die Rettung" heraus. Das "Neue 8 Uhr-Blatt beschuldigte Gütersloh, Egon Erwin Kisch, Franz Werfel und Franz Blei als Mitglieder der "Rote Garde während der Ausrufung der Republik für Unruhen vor dem Parlament verantwortlich gewesen zu sein. Zu dieser Zeit arbeitete Gütersloh wieder für das Theater. Unter anderem führte er am Münchner Schauspielhaus Regie und entwarf Bühnenbilder für das Burgtheater.

1921 änderte der Künstler seinen Namen offiziell von Kiehtreiber auf Gütersloh. Im selben Jahr heiratete er die Tänzerin Vera Reichert. Die Ehe wurde 1932 geschieden.

Die folgenden Jahre waren von Aufenthalten in Rom, Frascati, Paris, München und Südfrankreich geprägt. Die Bücher "Die Vision vom Alten und Neuen" (Roman; 1921), "Innozenz oder Sinn und Fluch der Unschuld" (Roman; 1922), "Die Rede über Franz Blei oder Der Schriftsteller in der Katholizität" und "Der Lügner unter Bürgern" (beide 1922) trugen ihm den Theodor-Fontane-Preis ein (1922). Bereits 1926 schrieb er das autobiografische Werk "Bekenntnisse eines modernen Malers (Meine große und kleine Geschichte. Eine Lebensbeschreibung quasi in allegoria)". 1928 ging aus der langjährigen Verbindung Güterslohs mit Milena Hutter, die ebenso wie Gütersloh verheiratet war, der gemeinsame Sohn Wolfgang Hutter hervor. Hutter wurde später Güterslohs Schüler an der Akademie der bildenden Künste. Erst in seinem Testament hat Gütersloh die Vaterschaft anerkannt.

Heimito von Doderer veröffentlichte 1930 mit "Der Fall Gütersloh" die erste Monografie über den vielseitigen Künstler. Die beiden Freunde teilten sich ab 1938 die Atelierwohnung der vertriebenen Malerin Trude Waehner in der Buchfeldgasse.

1931 wurde der Maler an die Kunstgewerbeschule berufen. 1934 entwarf er Glasfenster und Mosaiken für die Pfarrkirche Mauer und 1935 solche für die Sandleitenkirche. Das Rundfenster für die Namen-Jesu-Kirche folgte 1950.

Während des Ständestaates stellte Albert Paris Gütersloh seine Kunst durchaus in den Dienst der Machthaber, weshalb sein Aufnahmegesuch bei der NSDAP abgelehnt wurde. 1938 verlor er seine Stelle als Hochschullehrer, 1940 erhielt er Berufsverbot. Seine expressionistischen Arbeiten galten als "entartet". Er selbst wurde als Hilfsarbeiter und Buchhalter dienstverpflichtet.

1945 erhielt Gütersloh einen Lehrauftrag an der Akademie für bildende Künste. Er leitete eine Meisterklasse für Malerei sowie einen Freskokurs und richtete eine Fresko- und Gobelinschule ein. 1953/1954 fungierte er als Rektor.

Albert Paris Gütersloh gilt als Wegbereiter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus. Zu seinen Schülern zählten neben seinem Sohn unter anderen Arik Brauer, Ernst Fuchs und Anton Lehmden. Nach dem Zweiten Weltkrieg schloss sich Gütersloh wieder der Secession und dem Art-Club an. Mit Josef Hoffmann gründete er die Föderation moderner bildender Künstler Österreichs, deren erster Präsident er wurde.

Parallel arbeitete er nach wie vor als Schriftsteller. 1962 veröffentlichte er sein literarisches Hauptwerk "Sonne und Mond". Doderer sah sich in einer Figur karikiert, worauf es zum Bruch der beiden Freunde kam.

Albert Paris Gütersloh wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem großen österreichischen Staatspreis für bildende Kunst (1952) und Literatur (1961). Auch den Preis der Stadt Wien erhielt er einmal für Malerei (1948) und einmal für Literatur (1967).

Gütersloh wurde in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof bestattet. Seit 2006 erinnert die Güterslohgasse an den Künstler. Werke des Künstlers befinden sich in Wien unter anderem im Wien Museum, in der Albertina, in der Österreichischen Galerie und der Akademie der bildenden Künste.

Quellen

Literatur

  • Ingrid Holzschuh / Sabine Plakolm-Forsthuber: Auf Linie. NS-Kunstkammer in Wien. Die Reichskammer der bildenden Künste. Basel: Birkhäuser / Wien: Wien Museum 2021
  • A. P. Gütersloh zum 100. Geburtstag. Wien: Gemäldegalerie der bildenden Künste 1987
  • Albert Paris Gütersloh – Retrospektive. Eine Ausstellung der Niederösterreich-Gesellschaft für Kunst und Kultur, Frauenbad bei Wien, ... Wien: Niederösterreich-Gesellschaft für Kunst und Kultur 1982
  • Albert Paris Gütersloh. Beispiele. Schriften zur Kunst, Bilder, Werkverzeichnis. Auswahl: Heribert Hutter. Wien [u. a.]: Jugend und Volk 1977
  • ANNO: Die Wiener "Rote Garde". In: Neues 8 Uhr Blatt, 16.11.1918. S. 1 f.


Literatur von und über Albert Paris Gütersloh im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus


Weblinks