Praghaus
Praghaus (1, Ruprechtsplatz 1, Ruprechtsstiege 1-5, Salzgries 1, Salzgasse 7; Konskriptionsnummern 460, 468 und 1216).
Der Kernbau des "am Kienmarkt" gelegenen Hauses gehörte 1288 Jaekmir, dem Schwiegersohn des Urbetsch, 1311-1327 seiner Witwe, 1362-1366 Elsbeth, der Tochter des Dietrich Urbetsch, und ihrem Gatten Jans von Ybbs (danach bis 1373 Elsbeth als Witwe). Ihre Neffen Dietrich und Hans Urbetsch verkauften das Haus 1390 an Hans Stösser, Schreiber des Herrn Rudolf von Tirna (1392 auch Erwerb des Nebenhauses). Nach seinem Tod fiel der Besitz durch gerichtliche Exekution an Rudolf und Hans von Tirna, die es 1400 den Herzögen von Österreich abtraten. Hans von Tirna war Münzmeister und soll in diesem Haus Wiener Pfennige geprägt haben. Diese Annahme ist aber unwahrscheinlich, da zu dieser Zeit auch die Schlagstube in der Landskrongasse bestand. Daher ist es auch unwahrscheinlich, dass sich der Name "Praghaus" hiervon ableitet (siehe unten).
Rudolf und Hans von Tirna traten das Haus 1400 an die Herzöge von Österreich ab. Das Haus mit seinen mächtigen Wehrtürmen wurde fortan sowohl als Gästehaus, als auch als Gefängnis für prominente politische Persönlichkeiten genutzt. Albrecht IV. ließ am 9. August 1402 König Wenzel von Böhmen (den sein Halbbruder König Sigismund von Ungarn [später deutscher König] gefangengenommen und Albrecht zur Verwahrung übergeben hatte) in diesem Haus internieren. Im Volksmund kam die Bezeichnung "Klein-Prag" auf, die später auf Praghaus (bis ins 18. Jahrhundert gebräuchlich) vereinfacht wurde. 1433/1434 wird das Gebäude erstmals als "des herzogen haus, daz man Prag nennt" bezeichnet.
Wenzel von Böhmen wurde zwar bewacht, durfte aber einen kleinen Hofstaat halten und nahm bei Wiener Kaufleuten (insbesonders Dietrich Prenner) hohe Darlehen auf. Als die Wachen durch die Feier des Martinsfestes (11. November) im Jahr 1402 abgelenkt waren, konnte er in Verkleidung fliehen.
Am 15. Juli 1406 starb im Praghaus Herzog Wilhelm, nachdem er von seinem Pferd gestürzt war. Herzog Friedrich IV. (damals Regent Tirols und der Vorlande) kaufte das Haus, das er noch 1434 besaß, am 22. Mai 1411 um 2.000 Österreichische Gulden von Rudolf Graf Sulz (Adeliger aus den schwäbischen Vorlanden). 1458 wohnte hier Albrecht VI. während der Verhandlungen um die Nachfolge des Ladislaus Postumus. Am 5. März dieses Jahres lud Albrecht seinen Widersacher Ulrich von Eyzing in das Haus ein. Diese Einladung diente aber nur als Vorwand, um ihn hier mehrere Monate festzuhalten.
Ab Beginn des 15. Jahrhunderts stellten die Herzöge von Österreich das Zuhaus mehereren Gastwirten auf Lebenszeit zur Verfügung. Zumindest aus dem Jahr 1445 geht hervor, das der damalige Wirt auch die herzogliche Familie und deren Gesinde "mit pettgewant und anderen notdurften" zu versorgen hatten. Außerdem befahl Kaiser Friedrich III. 1471 in einem Brief an den Bürgermeister und den Rat der Stadt Wien, dass der Wirt nicht an der Ausschank seines "Bauweines" gehindert werden dürfe.
Ab 1459 ist ein gegen den Salzgries hin gelegener Garten nachweisbar. 1485 besuchte Herzog Johannes, Sohn des Königs Matthias Corvinus, anlässlich der Kapitulation Wiens, das Praghaus.
Unter Maximilian I. wurde das Praghaus Sitz des kaiserlichen Salzamts, das ab 1590 die 1544 unter landesfürstliches Patronat gekommene Ruprechtskirche instandhielt und wurde ab dieser Zeit Salzhaus genannt. Laut dem Suttinger-Plan handelte es sich dabei aber nur um den zum Morzinplatz gelegenen Teil des Hauses, der die Konskriptionsnummer Stadt 1216 trug. Ab 1795 waren im Haus auch das Zimenamt (Eichamt, siehe auch Zimenter) und das Lottoamt untergebracht.
1828 war das Salzamt so baufällig geworden, dass man sich zum Verkauf entschloss. Am 30. Oktober 1830 wurde ein Parzellenplan für künftige Neubauten ausgearbeitet, der auch die Schaffung eines Platzes vor der Ruprechtskirche vorsah. Am 7. Dezember 1832 erwarb der Arzt Johannes Haidmann das Gebäude und ließ es demolieren. Auf seinem Areal entstanden Neubauten (Ruprechtsplatz 1, Ruprechtsstiege 1 und Haus Stadt 468 [siehe Ruprechtsplatz 2).
Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre
- Gastwirtschaft im Zuhaus
Literatur
- Richard Perger: Beiträge zur Geschichte der Ruprechtskirche in Wien. In: Pro civitate Austriae. Neue Folgen 1. (1995), S. 1 ff.
- Anton Mailly: Die Kirche von St. Ruprecht in Wien. 1927
- Karl August Schimmer: Ausführliche Häuser-Chronik der innern Stadt Wien. 1849, S. 89 f.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 406.
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 3. Teil. Wien ²1951 (Manuskript im WStLA), S. 593-595
- Unveröffentlichte Quellen (Hofkammerarchiv und Allgemeines Verwaltungsarchiv)