Wohnungswanderungen

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Umschlag der Broschüre zu den Wohnungswanderungen, 1907
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Stadtführung
Datum von 10. Dezember 1907
Datum bis 11. Dezember 1907
Thema Architektur
Veranstalter Adolf Loos
Teilnehmerzahl
Gewalt Nein
PageID 360594
GND
WikidataID
Objektbezug Adolf Loos (Portal)
Quelle
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Letzte Änderung am 2.08.2022 durch WIEN1.lanm09lue
Bildname Wohnungswanderungen Broschüre 1.jpg
Bildunterschrift Umschlag der Broschüre zu den Wohnungswanderungen, 1907

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48° 12' 20.27" N, 16° 21' 31.64" E, 48° 12' 30.75" N, 16° 22' 11.67" E, 48° 11' 50.68" N, 16° 21' 54.40" E, 48° 12' 10.43" N, 16° 22' 1.71" E, 48° 12' 8.58" N, 16° 21' 57.31" E, 48° 12' 30.33" N, 16° 22' 50.94" E, 48° 11' 47.48" N, 16° 22' 26.64" E, 48° 12' 7.28" N, 16° 21' 51.49" E, 48° 12' 46.10" N, 16° 21' 14.95" E, 48° 12' 54.81" N, 16° 20' 54.16" E, 48° 12' 35.70" N, 16° 20' 49.85" E  zur Karte im Wien Kulturgut

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Die Wohnungswanderungen waren eine von Adolf Loos organisierte einmalige Besichtigungsmöglichkeit ausgewählter Interieurs, Wohnungen und Geschäfte, die er seit 1899 in Wien gestaltet hatte. Die Wohnungswanderungen fanden am 10. und 11. Dezember 1907 statt.

Ludwig Hevesi, 1905

Im Vorfeld dieser Besichtigungstour lancierte Adolf Loos im Fremdenblatt über den angesehenen Wiener Kulturjournalisten Ludwig Hevesi ein umfangreiches Feuilleton. Hevesi ging darin derart ausführlich auf die Arbeiten des Architekten ein, dass der Beitrag zu den umfassendsten bis dahin erschienenen Werkbesprechungen zu Adolf Loos gezählt werden kann. Die Wahl war auf Hevesi gefallen, da dieser als erster Journalist in Wien das 1899 eröffnete Café Museum besprochen und gewürdigt hatte.

Adolf Loos selbst verfasste einen Essay, der am 8. Dezember 1907, also zwei Tage vor der ersten Wohnungswanderung, in der Frankfurter Zeitung unter dem Titel "Wohnungsmoden" erschienen war. Darin schilderte Loos erneut seinen sowohl literarisch als auch architektonisch geführten Kampf gegen die Secession bzw. die Wiener Werkstätte um Josef Hoffmann. Der heute zum literarischen Werk von Adolf Loos gezählte Essay lieferte ferner einmal mehr die sein Bauen und Schreiben durchziehende Lehre der Problematisierung des Entwickelns neuer Ornamente und deren Verwendung an Gebrauchsgegenständen sowie der Einmischung der Architekten in Fragen des Handwerks.

Der Text sollte auf die zu besichtigenden Räume vorbereiten und lieferte das zentrale Anliegen des gesamten Unternehmens: "Durch diese Wanderungen will ich den Rückfall zur alten Stilmeierei aufhalten, der schon weite Kreise ergriffen hat." Loos hob damit den pädagogischen Nutzen seines Programms hervor und verwahrte sich entschieden gegen die – naturgemäß – im Raum stehende Anschuldigung, Reklame zu machen und Aufträge zu lukrieren. Er versuchte diese Kritik durch den Einwand, dass seine Werke nie in Kunstzeitschriften publiziert wurden und werden, zu entkräften. Dies ist jedoch eine offenbar bewusst platzierte Falschinformation, da Loos-Interieurs sehr wohl schon vor den Wohnungswanderungen in Wort und Bild in Printmedien besprochen wurden. Die auf dem Besichtigungsprogramm stehende Wohnung für Hugo Haberfeld wurde etwa bereits 1903 in der Zeitschrift "Das Interieur" ausführlich vorgestellt.

Über das Publikum, welches sich Loos bei seinen Wohnungswanderungen erhoffte, ließ er keinen Zweifel offen: er hoffte auf die Tischler, Tapezierer und Dekorateure, wobei er besonders erstere Berufsgruppe als besonders "gefährdet" und schon seit langen Jahrzehnten den "Einflüsterungen" der Architekten "ausgeliefert" sah. Inwieweit Loos es ernst meinte, wenn er den Berufsstand des Architekten gezielt von einer Teilnahme ausschloss, mag dahingestellt sein. Jedenfalls begründete der Architekt diese Einschränkung damit, dass er sich nicht etwa vor Nachahmern fürchte, diese würde er sogar wünschen, sondern vielmehr davor, falsch verstanden zu werden. Er bezog sich damit konkret auf die vermeintlichen Folgen, welches die nüchterne Gestaltung seines Café Museum auf die Raumgestaltung hatte, als plötzlich in den Privatwohnungen die gleiche Kahlheit und Strenge aufzutauchen begann.

Besitzvermerk von Emanuel und Berta Aufricht (gestrichen) und Richard Schaukal,1907

Die am 10. und 11. Dezember 1907 zwischen 10:00 und 14:00 Uhr zu besichtigenden Objekte, unter denen sich neben 13 Wohnungen auch zwei von Loos gestaltete Geschäftslokale befanden, stellte der Architekt in einer von ihm selbst auch typographisch entworfenen Broschüre vor. Die Typographie basierte auf denselben aus 1783 stammenden Lettern, die Loos bereits 1903 für seine Zeitschrift Das Andere verwendet hatte. Aus diesem Katalog gehen neben knappen Daten zu den Objekten weitere bereits im vorbereitenden Essay angetönte Einschränkungen hervor: Um die Wohnungsinhaberinnen und -inhaber sowie sich selbst vor "Snobs" oder bloß Neugierigen zu schützen, die kein tieferes Interesse an der Materie haben, wurde die Einhebung einer Schutzgebühr von 20 Kronen angekündigt. Mit umgerechnet rund 130 EUR war diese Gebühr recht hoch bemessen und dürfte tatsächlich eine Hürde gewesen sein. Auch sollten nur Personen, "die das tiefste Bedürfnis dazu treibt", angenommen werden.

Arbeitszimmer von Hugo Haberfeld, 1903

Hinweise auf die Herkunft des verwendeten Mobiliars, das größtenteils von Friedrich Otto Schmidt nach englischen Originalen gefertigt wurde oder Handwerkskopien von Originalen aus der Sammlung des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie waren, beschlossen den Führer.

Da kein großes Publikum zu erwarten war und Loos seine Person auch nicht zu sehr in den Vordergrund stellen wollte, legte er die Betreuung der Gäste in die Hände der Wohnungs- und Geschäftseigentümer. Er selbst hielt sich mit Bessie Bruce auf dem Semmering auf.

Folgende Objekte wurden für die Besichtigung geöffnet:

10. Dezember 1907 | Erster Besichtigungstag

11. Dezember 1907 | Zweiter Besichtigungstag

Programm des zweiten Besichtigungstages, 1907

Quelle

Literatur

  • Burkhardt Rukschcio / Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg: Residenz Verlag 1982, S. 109 ff.
  • Adolf Loos: Gesammelte Schriften, herausgegeben von Adolf Opel. Wien: Lesethek Verlag 2010, S. 339 ff.