Questenbergpalais

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Johannesgasse 5
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1701
Datum bis
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner Ludwig Franz Armand Richelieu
PageID 20776
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 6.10.2022 durch WIEN1.lanm08jan
Bildname Johannesgasse 5.jpg
Bildunterschrift Johannesgasse 5
  • 1., Johannesgasse 5–5a
  • Nr.: 1029 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)
  • Nr.: 971 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 997 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)


Questenbergpalais (1., Johannesgasse 5-5a; Palais Questenberg-Kaunitz; Konskriptionsnummer 971).

Johannesgasse 5 (März 2021)
Johannesgasse 5.

Vorgängergebäude

Hier befanden sich ursprünglich zwei Gebäude, die durch eine schmale Gasse voneinander getrennt waren. Diese Gasse ist noch auf dem Suttinger-Plan (1684) angedeutet und stellte in geknickter Linienführung die Verlängerung der Rauhensteingasse dar, durch die die Johannesgasse mit der Himmelpfortgasse verbunden wurde. In der Mitte gab es eine hofartige Verbreiterung. Der Durchgang bestand bis gegen Mitte des 18. Jahrhunderts.

Haus A

Die erste urkundliche Erwähnung dieses Objekts stammt aus dem Jahr 1379. Davor muss dieses Gebäude abgebrannt sein, da es als Brandstätte geführt wird, auf der nun ein neues Haus errichtet wurde. 1395 gehörte es "Meister Michael, Maurer von der Neuenstat" (Wiener Neustadt). Es handelt sich dabei um Michael Weinwurm, der nicht nur am Bau von Schloss Laxenburg beteiligt war, sondern auch den Erweiterungsbau der Kirche Maria am Gestade leitete und außerdem das Spinnerkreuz in Wiener Neustadt und die Wolfgangkirche in Kirchberg am Wechsel schuf. Ab 1441 stand es im Besitz von Jorg von Kuenring, der zum bedeutenden Geschlecht der Kuenringer gehörte und 1460 Landmarschall in Österreich war und von Kaiser Friedrich III. zum "obristen hauptmann des veldes" ernannt wurde. Wer das Gebäude nach ihm besaß, ist nicht bekannt, doch steht fest, dass hier ein Freihaus stand. Da Freihäuser nicht in den Grundbüchern verzeichnet wurden, gibt es bis zu den Hofquartierbüchern (siehe Hofquartierwesen) eine Lücke in der Besitzabfolge. Zwischen 1563 und 1566 stand das Gebäude im Besitz des Freiherren Georg Teufel, der später Hofkriegsratspräsident zu Wien wurde. Gegen Ende des Jahrhunderts gehörte es Reichshofrat Johann Adam Graf Questenberg.

Haus B

Im Jahr 1433 wird dieses Gebäude erstmals urkundlich genannt. Um die Mitte dieses Jahrhunderts gehörte es Mitgliedern der Familie Eyczinger, über die Enea Silvio Piccolomini sagte: "Wie wohl sie erst ganz neu aus dem Staube erhoben, übertreffen sie gleichwohl die meisten [der Adeligen Wiens] an Reichtum und Ansehen." Ab 1696 wird Johann Adam von Questenberg als Besitzer im Grundbuch vermerkt.

Questenbergpalais

Anstelle der beiden alten Häuser ließ Johann Adam von Questenberg das heutige Palais errichten. Andere Angaben sprechen von drei oder vier ersetzten Gebäuden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass im Grundbuch vier Eintragungen existierten: Neben den beiden Häusern sind noch ein hinter dem Haus A liegendes Grundstück sowie ein hinter dem Haus B liegender Stadel verzeichnet, sodass hier besitzrechtlich von zwei Objekten gesprochen werden kann. Laut Czeike (Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien) handelte es sich um drei Häuser von denen zwei bereits Johann Anton Graf Questenberg besessen hatte.

Am 30. Juli 1701 suchte Questenberg um die Erlaubnis an, die Fassade des Neubaus einen Schuh in die Johannesgasse rücken zu dürfen, um ein "verstörckhung der forderen Mauer auf die Gassen" zu erreichen. Dies wurde unter der Bedingung genehmigt, dass der freie Durchgang erhalten bleibe. Merkwürdigerweise sind die kleinen Häuser bereits am Suttinger-Plan von 1684 durch das Palais ersetzt, das jedoch von der erwähnten Gasse druchbrochen wird. Dennoch kann der Baubeginn selbst nicht vor 1701 stattgefunden haben. An den Vorarbeiten dazu war zwischen 1689 und 1693 Christian Alexander Oedtl beteiligt.

Das Palais entstand im Stil Johann Lukas von Hildebrandts. Möglicherweise wurde der Bau wurde 1723 erweitert. Die langgestreckte Fassade besitzt zwei Portalrisalite und eine große Pilasterordnung. Im dreischiffigen Vestibül befinden sich toskanische Säulen und bemerkenswerte Stuckaturen (von Santino Bussi), im Treppenhaus eine barocke Nischenplastik (von Bussi, 1705). Die Deckenfresken im Bibliothekssaal (um 1716) stammen von Marcantonio Chiarini und Gaetano Fanti. Das Gebäude steht auf einer Gesamtgrundfläche von 2230 Quadratmetern und ist durch einen Hof mit dem Winterpalais der Prinzen Eugen verbunden.

Im Questenbergpalais wohnte von November 1725 bis Mai 1728 Ludwig Franz Armand Herzog Richelieu als außerordentlicher Botschafter. Zu seinem feierlichen Einzug hatte er die Pferde seines Gefolges mit Silber, die seinigen mit Gold beschlagen lassen. Die Angabe von Ludwig Baldass, dass Prinz Eugen in diesem Gebäude gestorben sei, ist jedoch falsch.

1755 erbte Dominik Graf Kaunitz das Palais, was jedoch erst 1813 ins Grundbuch eingetragen wurde! Mit Urkunde vom 22. Juli 1815 (nach anderen Angaben 1810) wurde das Gebäude für Zwecke der Allgemeinen Hofkammer angekauft. Später wurde es Sitz des Reichsfinanzministeriums und der Zentralstelle der Verwaltung für Bosnien und die Herzegowina.

1891 wurde die schadhafte Decke des zweiten Stockwerks in den gassenseitig gelegenen Räumen durch das Einfügen einer Eisenkonstruktion mit Wellblechen entlastet, sodass die Auswechslung der Dippelbäume vermieden werden konnte, da durch diese Arbeit die kostbaren Deckengemälde sehr gefährdet gewesen wären.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude schwer beschädigt: Als am 11. April 1945 das Hotel Erzherzog Carl (Kärntner Straße 31; heute Kärntner Straße 29-31) in Flammen aufging, griff das Feuer durch den herrschenden Westwind auch auf das Questenbergpalais über. Dabei brannten zwei Stockwerke dieses Flügels aus, wobei auch der Spiegelsaal zerstört wurde.

Heute bildet das Gebäude zusammen mit dem Winterpalais des Prinzen Eugen (Himmelpfortgasse 8) und dessen Nachbarhaus Himmelpfortgasse 6 (siehe Bürgerspitalbad) ein Objekt, in dem das Finanzministerium untergebracht ist.

Quellen

Literatur

  • Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 95
  • Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 79
  • Technischer Führer durch Wien. Hg. vom Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein. Red. von Martin Paul. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 300 f.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 412.
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 5, 2. Teil. Wien ²1956 (Manuskript im WStLA), S. 250-255