Papyrussammlung und Papyrusmuseum

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Institution
Datum von 1899
Datum bis
Benannt nach Rainer Ferdinand von Österreich
Prominente Personen Rainer Ferdinand von Österreich, Joseph Karabacek, Walter Till, Adolf Grohmann, Herbert Hunger
PageID 53886
GND
WikidataID
Objektbezug Hofburg
Quelle
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Letzte Änderung am 6.10.2022 durch WIEN1.lanm08jan
  • 1., Neue Burg, Heldenplatz

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48° 12' 19.35" N, 16° 21' 53.89" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Papyrussammlung und das Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek, (1., Neue Burg, Heldenplatz).

Die Anfänge der Sammlung gehen auf Papyrusfunde aus den Jahren 1877-80 in der Nähe der antiken Stadt Arsinoe (dem heutigen Medinet el-Fayum) zurück. Es ist der Zusammenarbeit zwischen Theodor Graf, einem Wiener Antiquitätenhändler, und Josef von Karabacek, Professor für Geschichte des Orients an der Universität Wien, der die Bedeutung der Funde sofort erkannte, zu verdanken, dass 1881/82 10.000 Papyri ihren Weg nach Wien fanden. Gemeinsam mit einer Stoffsammlung bot Graf die Papyrussammlung zunächst den Königlichen Museen in Berlin um 50.000 fl. an, der Hofbibliothek unterbreitete er später ein Angebot von 30.000 fl. [1] Auch ein Ankauf durch die ägyptische Abteilung des Kunsthistorischen Museums wurde angedacht.[2] Schließlich kaufte Erzherzog Rainer die Sammlung 1883 und machte sie zu seiner Privatsammlung „Papyrus Erzherzog Rainer“.

Karabacek wurde mit der Verwaltung und Nutzbarmachung des Urkundenschatzes betraut und wurde zu diesem Zweck auch dazu befähigt, weitere Forscher heranzuziehen. Seine Wahl fiel auf David H. Müller, David Kaufmann, Gustav Bickell, Karl Wessely und Jakob Krall[3]. Fürs Erste wurde die Sammlung in den Räumlichkeiten des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie gelagert. Nach dem ersten Ankauf brachte Graf weitere umfangreiche Papyrusbestände nach Wien, die aus Ashmunein (dem antiken Hermupolis) und Ihnasiya (Herakleopolis) in Mittelägypten und aus verschiedenen Fundplätzen im Fayum (wie Dime, dem antiken Soknopaiu Nesos) stammen. 1896/1897 erfolgte die letzte Belieferung durch Graf. 1899 tätigte Erzherzog Rainer den letzten Ankauf von dem schwedischen Arabisten Graf Carlo Landberg, Leiter der Expedition der k. Akademie der Wissenschaften nach Südamerika, der 1898 in Kairo eine Vielzahl von Papyri und Papieren erworben hatte.[4]

Die Anfänge des Papyrusmuseums

Nach dem Tod des Direktors des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, Rudolf Eitelberger, wurde die Sammlung 1886 in dessen ehemalige Dienstwohnung übersiedelt. Ab 19. Dezember 1894 waren die sechs Ausstellungsräume von zwei Uhr bis fünf Uhr nachmittags frei zugänglich.[5] Am 10. August 1899 wurde Karabacek zum Präfekten der Hofbibliothek ernannt und am 18. August desselben Jahres schenkte Erzherzog Rainer seine Papyrussammlung Kaiser Franz Josef zum Geburtstag, mit der Bitte sie zu einer Spezialsammlung der Hofbibliothek zu machen. Noch im selben Jahr wechselte die Sammlung in vier zusammenhängende Räume im dritten Stock des linken Seitenflügels der Hofbibliothek am Josefplatz. Obwohl Direktor der Hofbibliothek, hatte sich Karabacek die Betreuung des arabischen Bestandes bis zu seinem Ruhestand 1917 vorbeihalten. Nach dem Tod Kralls 1905 verblieb Wessely als einziger wissenschaftlicher Bearbeiter der Papyri, erhielt aber erst 1904 einen Kustosposten. Bis zu seiner Pensionierung 1922 oblag ihm de facto die Leitung der Sammlung. 1918 folgte Adolf Grohmann Karabacek als Leiter der Papyrussammlung. 1921 übersiedelte die Sammlung in das heutige Albertinagebäude und teilte sich den zweiten Stock mit der Musiksammlung.

1923 teilte Josef Bick, Generaldirektor der nunmehrigen Nationalbibliothek, die Papyrussammlung in eine griechische und orientalische Abteilung, die von dem klassischen Philologen Hans Gerstinger und dem Arabisten Theodor Seif geleitet werden sollten. Allerdings wurden diese aus verwaltungstechnischen Gründen 1931 wieder zusammengelegt. Zum ersten Mal durften nun auch ausländische Gelehrte die Bestände bearbeiten, was sich einerseits in steigenden BesucherInnenzahlen und andererseits in vermehrten Publikationen niederschlug. Darüber hinaus kaufte Grohmann an die 1000 arabische, griechische und koptische Objekte an.

In den nächsten Jahren kam es zu einer Reihe von Personalwechsel: 1930 wurde der Koptologe Walter Till zu Seifs Nachfolger ernannt. Gerstinger, seit 1932 Leiter der Handschriftensammlung, verließ 1936 endgültig die Nationalbibliothek, um sich der universitären Lehre zu widmen. Ihm kam Ludwig Bieler nach, blieb der Papyrussammlung allerdings nur zwei Jahre erhalten. Peter Sanz folgte ihm, wurde aber bereits 1940 zur deutschen Wehrmacht eingezogen und fiel 1942 in Russland. Schließlich fungierte Till 1940 neben seinem Amt als Direktor der Papyrussammlung als kommissarischer Leiter der Handschriftensammlung, musste diese Funktion jedoch aufgrund von Überlastung ein Jahr später wieder ablegen. Als 1942 der Aufseher der Sammlung zum Kriegsdienst eingezogen wurde, sah sich der damalige Generaldirektor der Nationalbibliothek, Paul Heigl, dazu veranlasst, die Sammlung zu schließen. In dieser Zeit wurde Till der Druckschriftensammlung zugeteilt.

Die Sammlung nach dem Zweiten Weltkrieg

Aufgrund des Bombenschadens vom 12. März 1945 musste die Sammlung im Hauptgebäude der Bibliothek am Josefplatz neben der Kartensammlung und im sogenannten „Theaterboden“ untergebracht werden. Von 1948 bis 1951 war Till wieder tätig für die Papyrussammlung, ihm zur Seite stand der klassische Philologe Herbert Klos. Franz Unterkicher war von 1951 bis 1956 sowohl Vorstand der Papyrussammlung als auch Direktor der Handschriftensammlung. Unter ihm wurden 1954 die Bestände wieder zurück in die Räumlichkeiten der Albertina übersiedelt. Seine Leistungen waren unter anderem die ständige Ausstellung sowie der Herausgabe eines Ausstellungskataloges. Nach dessen Unfalltod 1956 übernahm der Byzantinist Herbert Hunger die Leitung und machte sich vor allem durch die Einrichtung eines modernen Magazins und der Durchführung umfassender Ordnungsarbeiten verdient.

Nach seiner Berufung an die Universität 1962 folgte ihm die Arabistin Helene Loebenstein, die bis 1970 ebenso wie ihre Vorgänger in die Handschriften- und Drucksammlungen eingebunden war. Erst 1973 waren kontinuierliche Neuankäufe wieder möglich und auch zum ersten Mal seit langem wurde eine zweite wissenschaftliche Kraft in der Person des klassischen Philologen Hermann Harrauer angestellt. 1980 wurde eine dritte wissenschaftliche Stelle mit dem Byzantinist Johannes Diethart besetzt. Im Zuge des „Monastic Manuscript Microfilm Project“ wurde 1971 die Mikrofilmierung des gesamten signierten Bestandes durchgeführt.

1984 löste Harrauer Loebenstein als Direktor ab. Von 2005 bis 2009 übernahm die Papyrologin Cornelia Römer die Leitung, bis sie von dem Papyrologen Bernhard Palme abgelöst wurde.

2001 wurde die Sammlung mit ihren 180.000 Objekten vollständig von der UNESCO in das „Memory of the World Register“ eingetragen.

Sammlung und Museum heute

Die Papyrussammlung gliedert sich in ägyptische (hieroglyphisch und hieratisch), demotische, koptische, griechische, lateinische und arabische Bestände. Davon werden rund 400 Objekte in der Dauerausstellung gezeigt. Im Mittelpunkt stehen literarische und dokumentarische Papyri sowie auch Zeugnisse über die Alltagssprache im alten Ägypten, die sich vom 15. Jahrhundert v. Chr. bis zum 15. Jahrhundert n. Chr. erstrecken.

Wichtige Publikationen

  • Corpus Papyrorum Raineri (CPR) [6]
  • Mittheilungen aus der Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer (MPR) [7]
  • Fachzeitschrift Nilus [8]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Herbert Hunger [Hg.]: Aus der Vorgeschichte der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek : Briefe Theodor Grafs, Josef von Karabeceks, Erzherzog Rainers und anderer. Wien: Prachner 1962, Nr. 12
  2. Helene Loebenstein: Vom „Papyrus Erzherzog Rainer" zur Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. 100 Jahre Sammeln, Bewahren, Edieren. In: Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Wien: Hollinek 1983, S. 5.
  3. Ebd.
  4. Helene Loebenstein: Vom „Papyrus Erzherzog Rainer" zur Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. 100 Jahre Sammeln, Bewahren, Edieren. In: Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Wien: Hollinek 1983, S. 7.
  5. Ebd.
  6. Österreichische Nationalbibliothek: Corpus Papyrorum Raineri [Stand: 10.12.2017]
  7. Österreichische Nationalbibliothek: Mittheilungen aus der Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer[Stand: 10.12.2017]
  8. Österreichische Nationalbibliothek: Nilus[Stand: 10.12.2017]