Ernst Karl Winter

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Daten zur Person
Personenname Winter, Ernst Karl
Abweichende Namensform
Titel Univ.-Prof., . Dr. iur.
Geschlecht männlich
PageID 11160
GND 11955447X
Wikidata Q1358923
Geburtsdatum 1. September 1895
Geburtsort Wien 4066009-6
Sterbedatum 4. Februar 1959
Sterbeort Wien 4066009-6
Beruf Politiker, Soziologe, Publizist
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Ernst-Karl-Winter-Hof, Ernst-Karl-Winter-Weg
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 19.10.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum 12. Februar 1959
Friedhof Gersthofer Friedhof
Grabstelle Gruppe 9, Reihe 1, Nr. 13

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Theodor-Körner-Preis für Soziale und Geisteswissenschaften (Verleihung: 1956)

  • Vizebürgermeister der Stadt Wien (06.04.1934 bis 24.10.1936)

Winter Ernst Karl, * 1. September 1895 Wien, † 4. Februar 1959 Wien, Politiker, Soziologe, Publizist.

Biografie

Ernst Karl Winter entstammt einer wohlhabenden Wiener Familie. Nach der Matura an einem Gymnasium im 18. Gemeindebezirk meldete er sich nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs freiwillig zum Tiroler Kaiserschützenregiment Nr. 2, wo er den späteren Bundeskanzler Engelbert Dollfuß kennenlernte. Da er das Duell ablehnte, blieb ihm eine Offizierslaufbahn versagt.

Nach dem Krieg begann er ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften, ergänzt um Lehrveranstaltungen in Soziologie und Geschichte. Er engagierte sich in der katholischen Hochschulverbindung Nibelungia im ÖCV, wo er mit August Maria Knoll einen intellektuellen Weggefährten fand. 1922 beendete er sein Studium mit der Promotion zum Dr. iur.; eine geplante Habilitation in Soziologie scheiterte an deutschnationalen Kreisen an der Universität Wien.

Winter wirkte zunächst als freier Publizist und Privatgelehrter, verfocht das Konzept einer "sozialen Monarchie" und entwickelte früh die Idee einer eigenständigen österreichischen Nation, was ihn in Gegensatz zu den Deutschnationalen und später zum Nationalsozialismus brachte. 1929 begründete er den Gsur-Verlag, dessen Alleingesellschafter er ab 1930 war. Im eigenen Verlag gab er soziologische und politische Schriften sowie 1933 bis 1936 die "Wiener politischen Blätter" heraus. Als überzeugter Legitimist lehnte er sowohl die Republik wie auch einen "Anschluss" an Deutschland ab; sein sozialpolitisches Denken war von Karl von Vogelsang und Anton Orel geprägt, sein konsequentes Eintreten für Demokratie und Rechtsstaat war mit der Forderung nach einer Einbindung der Sozialdemokratie in das politische Leben verbunden.

Nach der Ausschaltung des Parlaments im März 1933 erhob der Intellektuelle scharfen publizistischen Protest gegen die Entwicklungen, die er als "Staatsstreich" qualifizierte. In offenen Briefen an Dollfuß und Bundespräsident Wilhelm Miklas forderte er die Wiederherstellung der Demokratie. Nach der Ausschaltung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei im Februar 1934 avancierte Winter im darauffolgenden April zum 3. Wiener Vizebürgermeister.

Darüber hinaus versuchte er – im Auftrag seines ehemaligen Regimentskameraden Dollfuß – mit der nach ihm benannten "Aktion Winter" eine Brücke zur sozialdemokratischen Arbeiterschaft zu schlagen – mit dem Ziel, eine gemeinsame Aktionsfront gegen den Nationalsozialismus aufzubauen. Nach dem Tod des Bundeskanzlers verlor Winter zunehmend den Rückhalt in der Regierung. Schließlich wurden die Aktivitäten im Sommer 1935 eingestellt und deren Agenden der Sozialen Arbeitsgemeinschaft in der Vaterländischen Front angegliedert. Im Oktober 1936 verlor der insbesondere von der Heimwehr angefeindete Soziologe auch seine Funktion als Vizebürgermeister. 1938 gelang ihm nur mit Mühe samt seiner Familie die Flucht über die Schweiz in die Vereinigten Staaten, wo er eine Professur für Soziologie an der New School for Social Research in New York erhielt.

1955 kehrte er nach Österreich zurück und habilitierte sich noch im gleichen Jahr. Er lehrte an der Universität Wien und beschäftigte sich verstärkt mit religiösen Fragen. Zu seinem umfangreichen publizistischen Werk zählen etwa "Die Sozialmetaphysik der Scholastik" (1929), "Platon: Das Soziologische in der Ideenlehre" (1930), "Arbeiterschaft und Staat" (1936), "Christentum und Zivilisation" (1956), "Ignaz Seipel als dialektisches Problem" (1966) oder das im Exil entstandene und erst 2018 veröffentlichte Traktat "Die Geschichte des österreichischen Volkes".

Nach dem katholischen Intellektuellen sind derErnst-Karl-Winter-Hof in Wien-Währing und der Ernst-Karl-Winter-Weg in Wien-Döbling benannt.

Literatur

  • Bernhard Hachleitner [u. a.] (Hg.): Die Zerstörung der Demokratie. Österreich, März 1933 bis Februar 1934. Wien/Salzburg: Residenz 2023
  • Werner Röder / Herbert A. Strauss: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 / International biographical dictionary of Central European émigrés 1933-1945. Hg. vom Institut für Zeitgeschichte München und von der Research Foundation for Jewish Immigration. München [u.a.]: Saur 1980-1999
  • Neue österreichische Biographie ab 1815. Große Österreicher, Band 17. Wien [u. a.]: Amalthea 1968
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon [der Ersten und Zweiten Republik]. Wien: Ueberreuter 1992

Weblinks