Chaossche Stiftung

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Typar des Siegels der Chaosschen Stiftung
Daten zur Organisation
Art der Organisation Sonstige Organisation
Datum von 1663
Datum bis
Benannt nach Johann Konrad Richthausen von Chaos
Prominente Personen
PageID 50282
GND
WikidataID
Objektbezug Frühe Neuzeit
Quelle
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Letzte Änderung am 10.10.2022 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname WStLA Siegel R1 373.jpg
Bildunterschrift Typar des Siegels der Chaosschen Stiftung

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Johann Konrad Richthausen Freiherr von Chaos, unter anderem Hofkammerrat und Oberkammergraf in den ungarischen Bergstädten, verfügte in seinem am 2. Februar 1663 verfassten Testament, dass mit dem Großteil seines Vermögens eine Stiftung „für die Findel-, unerzogenen, Hausarmen-Kinder und Waisen“ errichtet werden sollte. Diese waren in „ein[em] Gebäude oder eine[r] gewisse[n] Wohnung unter der Direction des hiesigen Stadtrathes“ unterzubringen. [1] Er starb am 25. Juli 1663 und nach Abzug verschiedener Legate verblieb der Stiftung ein beträchtliches Vermögen.

Die Testamentsexekutoren schlossen schließlich 1666 mit dem Bürgerspital einen Vertrag, wonach dieses gegen eine jährliche Pauschalzahlung von 2.500 Gulden die Verpflegung und Unterbringung von 30 Knaben, drei Witwen und zwei Dienstboten übernahm. 1672 erhöhte sich aufgrund der vorhandenen finanziellen Mittel die Zahl der Knaben auf 45, der Witwen auf fünf, der Dienstboten auf drei sowie die Zahlung an das Bürgerspital auf 3.750 Gulden. 1675 wurde wiederum ein neuer Vertrag errichtet, der die Verpflegung von 60 Stiftknaben, sieben Witwen und drei Dienstboten gegen jährlich 5.000 Gulden vorsah. Für den Unterricht der Knaben stand zudem ein Präzeptor zur Verfügung.

Vom Bürgerspital wurden nur eine Köchin und ein „Kuchelmensch“ besoldet, das übrige Personal erhielt seine Besoldung von der Stiftung. Nach einer Aufstellung aus dem Jahr 1734 hatte das Bürgerspital für die Stiftung Ausgaben in verschiedenen Bereichen zu tätigen (Lebensmittel, Kleidung und Wäsche, Medikamente, Brennholz usw.). Die Stiftung nahm Knaben ab sieben oder acht Jahren auf, darunter auch zahlreiche Kinder aus dem Bürgerspital. Die Chaosschen Stiftknaben zeichneten sich durch ihre blaue Kleidung aus. Da mit der Zeit etwa auch vermögendere Waisenknaben, darunter auch Angehörige adeliger Familien, aufgenommen wurden, entfernte sich die Stiftung zunehmend von ihrem ursprünglichen Zweck. Gleichzeitig wurde die ursprüngliche Stiftung durch verschiedene Zustiftungen und Vermächtnisse vermehrt.

Für die Unterbringung der Knaben und des Personals wurde in der Kärntner Straße auf Spitalgrund das Chaossche Stiftungshaus erbaut (spätestens 1672 fertiggestellt, ab 1675 nochmals vergrößert). Aus dem Vertrag von 1666 geht hervor, dass die Kinder und das Personal damals noch im Bürgerspital selbst untergebracht gewesen waren. Im Jahr 1674 wurde der Leichnam des Stifters in eine an die Bürgerspitalkirche angebaute Stiftskapelle überführt. In der Vorstadt Laimgrube diente ein ab 1671 erbautes und in der Folge sukzessive ausgebautes Gebäude der Sommerunterbringung der Knaben (Stiftkaserne). 1736/1737 übersiedelten sämtliche Knaben dorthin, nachdem ein Teil der Kinder dort bereits davor dauerhaft untergebracht gewesen war. Die Übersiedlung stand in Zusammenhang mit einer von Georg Franz Griener im Jahr 1735 getätigten Stiftung in Höhe von 20.000 Gulden, die dazu verwendet werden sollten, 50 Chaossche Stiftknaben in der „Ingenieurkunst“ auszubilden (Grundstein der Ingenieurakademie). Das Stiftungshaus in der Stadt wurde vermietet.

Aufgrund der Übersiedlung wurde 1736 ein neuer Vertrag mit dem Bürgerspital abgeschlossen, in dem sich die Stiftung verpflichtete, 20 Knaben sogleich und in weiterer Folge jährlich fünf Knaben aus dem Bürgerspital zu übernehmen. Ab 1756 wurde die Übernahme durch eine jährliche Zahlung der Stiftung an das Bürgerspital in Höhe von 2.000 Gulden ersetzt, die für die Unterhaltung und Verpflegung von 50 Findelkindern zu verwenden war. Diese Vereinbarung stellt eine Rückbesinnung auf den ursprünglich von Richthausen intendierten Stiftungszweck dar. In diesen Zusammenhang sind auch nicht ausgeführte Überlegungen aus dem Jahr 1755 zu sehen, einen Teil des Chaosschen Stiftungsvermögens zur Erbauung eines Findelhauses zu verwenden.

Da das Areal auf der Laimgrube anderwärtig Verwendung finden sollte, mussten die Chaosschen Stiftknaben abermals übersiedeln, zunächst 1754 wahrscheinlich kurz nach Meidling, 1755 in das zu diesem Zweck angekaufte Haus des Hofjuweliers Prenner in der Währinger Straße (heute Nummer 11, siehe auch Gewehrfabrik). Die bisherigen Zustiftungen, von denen jene von Griener die bedeutendste war, wurde von der Hauptstiftung getrennt und für die Ingenieurakademie verwendet. Im Jahr 1767 kamen die damals ungefähr 80 Stiftknaben schließlich in das Waisenhaus am Rennweg, mit dem sie 1785 gemeinsam in das aufgelassene Spanische Spital (Waisenhaus (9)) umzogen.

Obwohl nach Richthausens Testament die Stiftung unter der „Direktion“ des Wiener Stadtrates stehen sollte, wurde die Verwaltung der Stiftung erst 1755 der Stadt übergeben. Damit stehen auch die Übersiedlung der Knaben und der neue Vertrag mit dem Bürgerspital in Zusammenhang. Bis dahin hatte sich die Stiftung unter der Aufsicht des Landmarschallischen Gerichts und der bestellten Testamentsexekutoren bzw. später der gerichtlich verordneten Stiftungsexekutoren befunden. Verweser der Chaosschen Stiftung waren bis 1755 die jeweiligen Landuntermarschälle der Niederösterreichischen Landstände (für eine Auflistung siehe Niederösterreichische Landstände). Eine mehrmals angedachte Einverleibung der Stiftung in das Bürgerspital wurde nie in die Tat umgesetzt.

Auch nach dem Umzug der Chaosschen Stiftknaben in das Waisenhaus am Rennweg 1767 blieben die Verwaltung des Stiftungsvermögens und auch das Präsentationsrecht für die nun 100 Knaben bei der Stadt. Die Stiftung zahlte an das Waisenhaus pro Kopf ein jährliches Kostgeld. Im Jahr 1785 ging die Stiftungsadministration auf die Landesregierung über, das Präsentationsrecht blieb jedoch bei der Stadt.

Literatur

  • Felix Czeike: Die Kärntner Straße. Wien [u.a.]: Zsolnay 1975 (Wiener Geschichtsbücher, 16), S. 73–76
  • Friedrich Gatti: Geschichte der k. Technischen Miltiär-Akademie. Erster Teil: Geschichte der k. Ingenieur- und k.k. Genie-Akademie 1717–1869. Wien: 1901, S. 6–34
  • Anton von Geusau: Geschichte der Stiftungen, Erziehungs- und Unterrichtsanstalten in Wien, von den ältesten Zeiten bis auf gegenwärtiges Jahr. Aus echten Urkunden und Nachrichten. Wien: 1803, 232–238
  • Albert Hübl: Die Schulen. In: Alterthumsvereine zu Wien [Hg.], Geschichte der Stadt Wien. Band 5: Vom Ausgange des Mittelalters bis zum Regierungsantritt der Kaiserin Maria Theresia, 1740, Teil 2. Wien: Holzhausen 1914, S. 331–459 (zur Chaosschen Stiftung 363 f.)
  • Sarah Pichlkastner: Eine Stadt in der Stadt. InsassInnen und Personal des frühneuzeitlichen Wiener Bürgerspitals – eine Studie anhand exemplarischer Untersuchungszeiträume. Wien 2020
  • Georg Rieder: Ignaz Parhamer`s und Franz Anton Marxer`s Leben und Wirken. Wien: Selbstverlag des Verfassers 1872, S. 79–87
  • Karl Weiß: Geschichte der öffentlichen Anstalten, Fonde und Stiftungen für die Armenversorgung in Wien. Wien: Selbstverlage des Gemeinderathes 1867, S. 142–148, LXXXVIII f., XCV ff.

Einzelnachweise

  1. Zit. nach Karl Weiß: Geschichte der öffentlichen Anstalten, Fonde und Stiftungen für die Armenversorgung in Wien. Wien: Selbstverlage des Gemeinderathes 1867, S. 142