Vorgeschichte: Unterschied zwischen den Versionen

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<onlyinclude>Die Vorgeschichte umfasst den ältesten Abschnitt der Menschheitsgeschichte, in der es noch keine schriftlichen Aufzeichnungen gab. Im Wiener Raum betrifft diese Epoche den Zeitraum von den ersten nachweisbaren Siedlungsspuren im [[Wiener Becken]] bis zur Ankunft der [[Römer]] um 6 n. Chr. Die Hauptquellen für diese Epoche sind die [[Archäologie|archäologischen Funde]] im Wiener Raum. Durch die Gründung des römischen Legionslagers Vindobona und dem damit verbundenen Einsetzen von lokalen schriftlichen Quellen beginnt auch hier die [[Antike]].</onlyinclude>
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<onlyinclude>Die Vorgeschichte (auch Prähistorie oder Urgeschichte) umfasst den ältesten Abschnitt der Menschheitsgeschichte, zu der es noch keinerlei schriftliche Überlieferungen gibt. Diese Epoche beginnt im ostösterreichischen Raum mit den ersten nachweisbaren menschlichen Spuren in der [[Steinzeit|Altsteinzeit]] vor etwa 300.000 Jahren und dauert etwa bis zur Zeitenwende um Christi Geburt, als dieses Gebiet ins [[Römisches Reich|Römische Reich]] eingegliedert wurde.</onlyinclude>
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Man ist für diese Zeit fast ausschließlich auf [[Archäologie|archäologische Hinterlassenschaften]] als geschichtliche [[Quelle]]n angewiesen. Traditioneller Weise wird die materielle Kulturentwicklung in der Urgeschichte anhand des jeweils dominierenden Werkstoffes ([[Steinzeit|Stein]], [[Bronzezeit|Bronze]], [[Eisenzeit|Eisen]]) untergliedert. Archäologische Kulturen sind keine ethnischen, sprachlichen oder ideologischen Kulturgemeinschaften im heutigen Sinn, sondern wurden von der modernen Forschung als zeitlich-räumliche Ordnungseinheiten eingeführt. Eine solche archäologische Kultur sollte sich dabei aus möglichst vielen gemeinsamen Merkmalen zusammensetzen, zum Beispiel Habitus der Materialkultur, Verzierungsstile, Siedlungsmuster oder Bestattungssitten.
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==Steinzeit==
 
[[Datei:Mammuts Roubal.jpg|390px|thumb|right|[[Mammuts]] ziehen auf dem für das [[Naturhistorisches Museum|Naturhistorische Museum]] angefertigten Mammutbild von Franz Roubal am [[Leopoldsberg]] und [[Bisamberg]] vorbei.]]
 
[[Datei:Mammuts Roubal.jpg|390px|thumb|right|[[Mammuts]] ziehen auf dem für das [[Naturhistorisches Museum|Naturhistorische Museum]] angefertigten Mammutbild von Franz Roubal am [[Leopoldsberg]] und [[Bisamberg]] vorbei.]]
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Die [[Steinzeit|Altsteinzeit]] (Paläolithikum) umfasst die frühe menschliche Kulturentwicklung während des Eiszeitalters (Pleistozäns). Im österreichischen Raum datieren die ältesten vereinzelten Zeugnisse etwa in die Zeit um 300.000 v. Chr., ab dem Jungpaläolithikum (40.000 v. Chr.) finden sich in den Lösslandschaften Ostösterreichs vermehrt Fundstellen. Diese Menschen, die bereits als eine Frühform des „modernen“ Menschen (Homo sapiens) angesprochen werden können, lebten hier als mobile Jäger- und Sammlergesellschaften in einer kalt-trockenen Steppenlandschaft zwischen den alpinen und den nordeuropäischen Gletscherzonen. Mit Ende der letzten Eiszeit vor circa 12.000 Jahren änderte sich die Umwelt; Mischwälder begannen sich auszubreiten und auch eine abwechslungsreichere Tierwelt bot neuartige Nahrungs-Ressourcen. Für diese als Mittelsteinzeit (Mesolithikum) bezeichnete Stufe gibt es nur sehr spärliche Hinweise und man muss generell von einer äußerst geringen Präsenz von Menschen ausgehen.
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Eine fundamentale Umwälzung im menschlichen Zivilisationsprozess brachte die Erfindung und Entwicklung der [[Landwirtschaft]] und der Tierzucht mit sich. Dieser allmähliche Wechsel von einer aneignenden zu einer produzierenden Wirtschaftsform wird aufgrund seiner weitreichenden Folgen als „Neolithische Revolution“ bezeichnet und vollzog sich zuerst im Vorderen Orient. Etwa zur Mitte des 6. Jahrtausends v. Chr. erreichten „Auswanderungswellen“ dieser ersten sesshaften Bauernkulturen auch Mitteleuropa, womit auch hier die Jungsteinzeit (Neolithikum) beginnt.
  
==Steinzeit==
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Aufgrund der gesteigerten kulturellen und gesellschaftlichen Dynamik erscheinen die archäologischen Kulturen von nun an immer stärker veränderlich beziehungsweise „schnelllebiger“, wodurch auch die Zeitstufen immer kleinteiliger untergliedert werden können. Das Neolithikum im österreichischen Raum kann in einen frühen (circa 5.500 v. Chr. – 4.700 v. Chr.), mittleren (circa 4.700 v. Chr. – 3.900 v. Chr.) und späten Abschnitt gegliedert werden. Der letztere Abschnitt, das Spätneolithikum (circa 3.900 v. Chr. – 2.200 v. Chr.) wird auch als Kupferzeit bezeichnet und oft als eigene Epoche geführt. Sie zeichnet sich durch viele weitreichende kulturelle Veränderungen ab, etwa gesteigerte Mobilität durch Verbreitung von Rad und Wagen sowie die Domestikation des Pferdes, sowie erste metallurgische Tätigkeiten durch Entdeckung und Nutzung von Gold und Kupfererzen.
Die [[Steinzeit]] ist der älteste Abschnitt der Menschheitsgeschichte und erhielt ihren Namen nach den dafür charakteristischen Steinwerkzeugen, die damals in Verwendung waren. Sie erstreckt sich von der frühesten menschlichen Besiedelung Österreichs vor rund 300.000 Jahren bis zum Ende der Kupferzeit 2200 vor Christus. Streufunde als der Altsteinzeit belegen, dass der Wiener Raum von Jägern und Sammlern begangen wurde. Auch Mammuts lebten damals im Wiener Raum. In der letzten Kaltzeit, die vor etwa 115.000 Jahren begann und vor 11.700 Jahren endete, bedeckten Gletscher weite Teile der Alpen und auch Teile des Wiener Beckens. Um 6000 vor Christus begann die "neolithische Revolution", in deren Verlauf die Menschen seßhaft wurden und mit Ackerbau und Viehzucht begannen. Aus dieser Zeit sind auch für Wien Siedlungsreste nachweisbar.
 
  
[[Datei:Vorzeit.jpg|390px|thumb|right|Das [[Wiener Becken]] in der Vorzeit von Karl Ruß (ca. 1830).]]
 
  
 
==Bronzezeit==
 
==Bronzezeit==
Die [[Bronzezeit]] ist ab circa 2200 vor Christus in Mitteleuropa faßbar. Ihren Namen erhält die Epoche aufgrund der Verwendung von Bronze als dominierenden Werkstoff. Es entstand durch die Zugabe von Zinn im Rahmen der bereits seit der Jungsteinzeit bekannten Kupferverarbeitung. Um 1700 vor Christus wird Österreich mit seinen reichen Kupfererzlagerstätten zum Mittelpunkt der Bronzeindustrie. Neue gesellschaftliche Strukturen waren notwendig, um den Aufbau von umfangreichen Handelsbeziehungen zu bewerkstelligen. Ebenfalls faßbar sind handwerkliche Spezialisierungen.
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[[Datei:Vorzeit.jpg|390px|thumb|right|Das [[Wiener Becken]] in der Vorzeit von Karl Ruß (ca. 1830).]]
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Die vielen technischen und wirtschaftlichen Innovationen seit der Kupferzeit bewirkten auch eine stärkere Arbeitsteilung und somit eine stets stärker werdende soziale Differenzierung. Es lassen sich nun vermehrt spezialisierte Handwerker, Krieger oder allgemein hierarchisch-elitäre Abgrenzungen innerhalb der sonst überwiegend bäuerlichen Gesellschaften feststellen. Die metallurgischen Kenntnisse als treibender „Motor“ der technologisch-wirtschaftlichen Entwicklung verbesserten sich ständig. Durch den Zusatz von Zinn zum Kupfer erhielt man die leichter zu verarbeitende und gleichzeitig aber widerstandsfähigere Legierung Bronze. Der Bedarf an den geografisch verschieden verbreiteten Erzvorkommen erforderte weiträumige Handelsverbindungen, welche wiederum ihrerseits den allgemeinen kulturellen Austausch verstärkten.
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Die mitteleuropäische [[Bronzezeit]] wird untergliedert in eine Früh- Mittel- und Spätstufe. Für die Frühbronzezeit (circa. 2.200 v. Chr. – 1.600 v. Chr.) sind Gräberfelder mit Bestattungen in Hockerstellung charakteristisch, weshalb sich auch der (heute nicht mehr so gebräuchliche) Begriff Hockergräberkultur eingebürgert hat. Die Mittelbronzezeit (circa. 1.600 v. Chr. – 1.250 v. Chr.) wird entsprechend der damals bevorzugten Grabbausitte auch Hügelgräberkultur genannt. In der Spätbronzezeit (Urnenfelderkultur; circa. 1.250 v. Chr. – 800 v. Chr.) setzte sich sehr weiträumig in Europa die Brandbestattung durch und es wurden relativ einheitliche, mitunter sehr große Urnengräberfelder angelegt. Auch die deutlich größere Anzahl an Siedlungen während der Urnenfelderzeit spricht für eine gestiegene Bevölkerungsdichte. Augenfällig sind auch die befestigten Höhensiedlungen, die gegen Ende dieser Epoche vermehrt angelegt wurden und zentralörtliche Funktionen innehatten.  
  
Bestattungen fanden in der frühen Bronzezeit (circa 2200 bis 1600 vor Christus) in Hockerstellung statt, in der mittleren Bronzezeit (circa 1600 bis 1300 vor Christus) in Hügelgräbern und in der späten Bronzezeit (circa 1300 bis 800 vor Christus) als Leichenbrand in Urnen. Genauere Aussagen über religiöse Vorstellungen und kultische Praktiken sind daraus jedoch kaum ableitbar.
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Siedlungen im Wiener Raum gab es anscheinend vor allem entlang der Flussläufe. Diese wurden jedoch in der späten Bronzezeit aufgegeben, entweder aus klimatischen Gründen oder aufgrund äußerer Bedrohungen. Stattdessen wurden Höhensiedlungen angelegt, so etwa auf dem [[Bisamberg]] oder dem [[Leopoldsberg]].
  
Siedlungen gab es anscheinend vor allem entlang der Flußläufe. Diese wurden jedoch in der späten Bronzezeit aufgegeben, entweder aus klimatischen Gründen oder aufgrund äußerer Bedrohungen. Stattdessen wurden Höhensiedlungen im Wiener Raum angelegt, so etwa auf dem [[Bisamberg]] oder dem [[Leopoldsberg]].
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[[Datei:Leopoldsberg.jpg|390px|thumb|right|Der [[Leopoldsberg]], einer der prominentesten urgeschichtlichen Fundplätze Wiens. Hier befanden sich bedeutende Siedlungen der [[Bronzezeit|Spätbronzezeit]] sowie der älteren und jüngeren [[Eisenzeit]]]]  
  
 
==Eisenzeit==
 
==Eisenzeit==
Auch aus der [[Eisenzeit]] sind Siedlungsspuren in Wien erhalten. Während der Hallstattzeit (circa 800 bis 450 vor Christus) bestanden im Wiener Stadtgebiet Siedlungen der Kalenderbergkultur. In der Latènezeit (450 vor Christus bis um Christi Geburt) wurde Österreich von Menschen bewohnt, die von den antiken Autoren als [[Kelten]] bezeichnet werden. Mehrere große Wanderbewegungen, die in der antiken Literatur ihren Niederschlag fanden, lassen auf politische und soziale Umwälzungen schließen, ihre genauen Auswirkungen auf den Wiener Raum sind jedoch unklar. Auf dem [[Leopoldsberg]] ist eine keltische Besiedelung bis in die römische Zeit hinein nachweisbar.
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Namengebender Fundort für die Kultur der älteren [[Eisenzeit]] in Mitteleuropa ist das oberösterreichische Hallstatt, das damals durch den Salzbergbau zu einem reichen Handelszentrum wurde. Im Laufe der Hallstattkultur (circa. 800 v. Chr. – 450 v. Chr.) werden Einflüsse der entstehenden mediterranen Hochkulturen immer stärker bemerkbar. Eine deutlich wahrnehmbare Oberschicht stellt nun ihren wirtschaftlichen Reichtum und ihre soziale Macht durch repräsentative „Herrensitze“, einen luxuriösen Lebensstil sowie im Totenkult durch die reich ausgestattete Riesengrabhügel zur Schau.
 
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In der antiken Literatur hat die [[Donau]] eine bedeutende Rolle, gilt sie doch seit [[Herodotdenkmal|Herodot]] (circa 480 bis 420 vor Christus) als größter und längster Fluss Europas. Sie war als Handelsweg von großer Bedeutung für die lokale Bevölkerung, aber auch für den Fernhandel aus und in den mediterranen Raum.
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[[Datei:Tuepfelplatte.jpg|390px|thumb|right|Fragment einer sogenannten Tüpfelplatte zur Herstellung von Münzrohlingen und drei [[Kelten|keltische]] Kleinsilbermünzen aus Wien [[3]], [[Rasumofskygasse]] 29-31 (1. Jahrhundert v. Chr.)]]
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Die jüngere Eisenzeit (La-Tène-Kultur, circa. 450 v. Chr. – 15 v. Chr.) wird nach einem Fundort am Neuenburger See in der Schweiz benannt. Durch die weiter intensivierte Nähe zu den [[Antike|antiken]] Hochkulturen befindet sich diese Kultur bereits an der Schwelle zur Frühgeschichte und wird mit den [[Kelten]] in Zusammenhang gebracht, allerdings darf man weder einen überregionalen, einheitlichen Stammesverband, noch ein „keltisches (Selbst-)Bewusstsein“ bei den damaligen Bewohnern des Wiener Raumes voraussetzen. Erst gegen Ende der La-Tène-Zeit wird in antiken Überlieferungen der keltische Stamm der [[Boier]] genannt, der sich spätestens ab 60. v. Chr. im Donauraum zwischen Wien und [[Bratislava]] niederlässt. Aus römischer Sicht wird dieses Gebiet zu dieser Zeit dem keltischen Königreich Noricum zugerechnet. Als offensichtlich integrierte beziehungsweise romanisierte Bewohner des Römischen Reiches lassen sich die Boier hier noch bis ins 2. Jh. n. Chr. nachverfolgen.  
  
Über die keltische Bevölkerung und deren lokale Traditionen kann kaum etwas gesagt werden. Die Verehrung keltischer Gottheiten in römischer Zeit lässt jedoch auf entsprechende religiöse Praktiken auch in der Eisenzeit schließen. Während der jüngeren Eisenzeit entstand mit dem Königreich Noricum das erste Staatsgebilde auf österreichischen Boden. Mit der Besetzung des Gebiets bis zur Donau durch die Römer endet die Vorgeschichte und es beginnt die [[Römische Kaiserzeit]].  
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Mit der Besetzung des Gebiets bis zur Donau durch die [[Römer]] endet die Vorgeschichte und es beginnt die [[Römische Kaiserzeit]].  
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==
* Otto Urban: Der lange Weg zur Geschichte. Die Urgeschichte Österreichs, Wien: Ueberreuter 1999
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* Christine Ranseder: Die Urgeschichte. In: Peter Csendes / Ferdinand Opll [Hg.]: Wien. Geschichte einer Stadt. Band 1. Wien / Graz / Weimar: Böhlau 2001, S. 18-25
* Eva Lenneis, Christine Neugebauer-Maresch, Elisabeth Ruttkay und andere: Jungsteinzeit im Osten Österreichs. In: Wissenschaftliche Schriftenreihe Niederösterreich 102-105 und (Hg. Österreichische Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte), Forschungsberichte 17 (1995).
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* Otto Urban: Der lange Weg zur Geschichte. Die Urgeschichte Österreichs. Wien: Ueberreuter 1999
* Christine Neugebauer-Maresch und andere: Altsteinzeit im Osten Österreichs. In: Wissenschaftliche Schriftenreihe Niederösterreich 1995-1997 und (Hg. Österreichische Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte), Forschungsberichte 15 (1993)
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* Otto Urban: Wegweiser in die Urgeschichte Österreichs. Archäologie sehen, erkennen, verstehen. Wien: Ueberreuter 1989
* Richard Pittioni: Urgeschichte des österreichischen Raumes. Wien: Deuticke 1954
 

Aktuelle Version vom 10. Oktober 2023, 09:57 Uhr

Schmuck (Hand- bzw. Beinspiralen) einer Mädchenbestattung in Wien 23, Sulzengasse (Frühbronzezeit)
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Epoche
Datum von
Datum bis 0006 JL
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 2375
GND
WikidataID
Objektbezug Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit, Archäologie, Wien Museum, KHM, NHM, Vorgeschichte (Portal)
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Recherche
Letzte Änderung am 10.10.2023 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Bronzeschmuck.jpg
Bildunterschrift Schmuck (Hand- bzw. Beinspiralen) einer Mädchenbestattung in Wien 23, Sulzengasse (Frühbronzezeit)

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Inhalt:
  1. Steinzeit
  2. Bronzezeit
  3. Eisenzeit
  4. Literatur


Die Vorgeschichte (auch Prähistorie oder Urgeschichte) umfasst den ältesten Abschnitt der Menschheitsgeschichte, zu der es noch keinerlei schriftliche Überlieferungen gibt. Diese Epoche beginnt im ostösterreichischen Raum mit den ersten nachweisbaren menschlichen Spuren in der Altsteinzeit vor etwa 300.000 Jahren und dauert etwa bis zur Zeitenwende um Christi Geburt, als dieses Gebiet ins Römische Reich eingegliedert wurde.

Man ist für diese Zeit fast ausschließlich auf archäologische Hinterlassenschaften als geschichtliche Quellen angewiesen. Traditioneller Weise wird die materielle Kulturentwicklung in der Urgeschichte anhand des jeweils dominierenden Werkstoffes (Stein, Bronze, Eisen) untergliedert. Archäologische Kulturen sind keine ethnischen, sprachlichen oder ideologischen Kulturgemeinschaften im heutigen Sinn, sondern wurden von der modernen Forschung als zeitlich-räumliche Ordnungseinheiten eingeführt. Eine solche archäologische Kultur sollte sich dabei aus möglichst vielen gemeinsamen Merkmalen zusammensetzen, zum Beispiel Habitus der Materialkultur, Verzierungsstile, Siedlungsmuster oder Bestattungssitten.

Steinzeit

Mammuts ziehen auf dem für das Naturhistorische Museum angefertigten Mammutbild von Franz Roubal am Leopoldsberg und Bisamberg vorbei.

Die Altsteinzeit (Paläolithikum) umfasst die frühe menschliche Kulturentwicklung während des Eiszeitalters (Pleistozäns). Im österreichischen Raum datieren die ältesten vereinzelten Zeugnisse etwa in die Zeit um 300.000 v. Chr., ab dem Jungpaläolithikum (40.000 v. Chr.) finden sich in den Lösslandschaften Ostösterreichs vermehrt Fundstellen. Diese Menschen, die bereits als eine Frühform des „modernen“ Menschen (Homo sapiens) angesprochen werden können, lebten hier als mobile Jäger- und Sammlergesellschaften in einer kalt-trockenen Steppenlandschaft zwischen den alpinen und den nordeuropäischen Gletscherzonen. Mit Ende der letzten Eiszeit vor circa 12.000 Jahren änderte sich die Umwelt; Mischwälder begannen sich auszubreiten und auch eine abwechslungsreichere Tierwelt bot neuartige Nahrungs-Ressourcen. Für diese als Mittelsteinzeit (Mesolithikum) bezeichnete Stufe gibt es nur sehr spärliche Hinweise und man muss generell von einer äußerst geringen Präsenz von Menschen ausgehen.

Eine fundamentale Umwälzung im menschlichen Zivilisationsprozess brachte die Erfindung und Entwicklung der Landwirtschaft und der Tierzucht mit sich. Dieser allmähliche Wechsel von einer aneignenden zu einer produzierenden Wirtschaftsform wird aufgrund seiner weitreichenden Folgen als „Neolithische Revolution“ bezeichnet und vollzog sich zuerst im Vorderen Orient. Etwa zur Mitte des 6. Jahrtausends v. Chr. erreichten „Auswanderungswellen“ dieser ersten sesshaften Bauernkulturen auch Mitteleuropa, womit auch hier die Jungsteinzeit (Neolithikum) beginnt.

Aufgrund der gesteigerten kulturellen und gesellschaftlichen Dynamik erscheinen die archäologischen Kulturen von nun an immer stärker veränderlich beziehungsweise „schnelllebiger“, wodurch auch die Zeitstufen immer kleinteiliger untergliedert werden können. Das Neolithikum im österreichischen Raum kann in einen frühen (circa 5.500 v. Chr. – 4.700 v. Chr.), mittleren (circa 4.700 v. Chr. – 3.900 v. Chr.) und späten Abschnitt gegliedert werden. Der letztere Abschnitt, das Spätneolithikum (circa 3.900 v. Chr. – 2.200 v. Chr.) wird auch als Kupferzeit bezeichnet und oft als eigene Epoche geführt. Sie zeichnet sich durch viele weitreichende kulturelle Veränderungen ab, etwa gesteigerte Mobilität durch Verbreitung von Rad und Wagen sowie die Domestikation des Pferdes, sowie erste metallurgische Tätigkeiten durch Entdeckung und Nutzung von Gold und Kupfererzen.


Bronzezeit

Das Wiener Becken in der Vorzeit von Karl Ruß (ca. 1830).

Die vielen technischen und wirtschaftlichen Innovationen seit der Kupferzeit bewirkten auch eine stärkere Arbeitsteilung und somit eine stets stärker werdende soziale Differenzierung. Es lassen sich nun vermehrt spezialisierte Handwerker, Krieger oder allgemein hierarchisch-elitäre Abgrenzungen innerhalb der sonst überwiegend bäuerlichen Gesellschaften feststellen. Die metallurgischen Kenntnisse als treibender „Motor“ der technologisch-wirtschaftlichen Entwicklung verbesserten sich ständig. Durch den Zusatz von Zinn zum Kupfer erhielt man die leichter zu verarbeitende und gleichzeitig aber widerstandsfähigere Legierung Bronze. Der Bedarf an den geografisch verschieden verbreiteten Erzvorkommen erforderte weiträumige Handelsverbindungen, welche wiederum ihrerseits den allgemeinen kulturellen Austausch verstärkten.

Die mitteleuropäische Bronzezeit wird untergliedert in eine Früh- Mittel- und Spätstufe. Für die Frühbronzezeit (circa. 2.200 v. Chr. – 1.600 v. Chr.) sind Gräberfelder mit Bestattungen in Hockerstellung charakteristisch, weshalb sich auch der (heute nicht mehr so gebräuchliche) Begriff Hockergräberkultur eingebürgert hat. Die Mittelbronzezeit (circa. 1.600 v. Chr. – 1.250 v. Chr.) wird entsprechend der damals bevorzugten Grabbausitte auch Hügelgräberkultur genannt. In der Spätbronzezeit (Urnenfelderkultur; circa. 1.250 v. Chr. – 800 v. Chr.) setzte sich sehr weiträumig in Europa die Brandbestattung durch und es wurden relativ einheitliche, mitunter sehr große Urnengräberfelder angelegt. Auch die deutlich größere Anzahl an Siedlungen während der Urnenfelderzeit spricht für eine gestiegene Bevölkerungsdichte. Augenfällig sind auch die befestigten Höhensiedlungen, die gegen Ende dieser Epoche vermehrt angelegt wurden und zentralörtliche Funktionen innehatten.

Siedlungen im Wiener Raum gab es anscheinend vor allem entlang der Flussläufe. Diese wurden jedoch in der späten Bronzezeit aufgegeben, entweder aus klimatischen Gründen oder aufgrund äußerer Bedrohungen. Stattdessen wurden Höhensiedlungen angelegt, so etwa auf dem Bisamberg oder dem Leopoldsberg.

Der Leopoldsberg, einer der prominentesten urgeschichtlichen Fundplätze Wiens. Hier befanden sich bedeutende Siedlungen der Spätbronzezeit sowie der älteren und jüngeren Eisenzeit

Eisenzeit

Namengebender Fundort für die Kultur der älteren Eisenzeit in Mitteleuropa ist das oberösterreichische Hallstatt, das damals durch den Salzbergbau zu einem reichen Handelszentrum wurde. Im Laufe der Hallstattkultur (circa. 800 v. Chr. – 450 v. Chr.) werden Einflüsse der entstehenden mediterranen Hochkulturen immer stärker bemerkbar. Eine deutlich wahrnehmbare Oberschicht stellt nun ihren wirtschaftlichen Reichtum und ihre soziale Macht durch repräsentative „Herrensitze“, einen luxuriösen Lebensstil sowie im Totenkult durch die reich ausgestattete Riesengrabhügel zur Schau.

Fragment einer sogenannten Tüpfelplatte zur Herstellung von Münzrohlingen und drei keltische Kleinsilbermünzen aus Wien 3, Rasumofskygasse 29-31 (1. Jahrhundert v. Chr.)

Die jüngere Eisenzeit (La-Tène-Kultur, circa. 450 v. Chr. – 15 v. Chr.) wird nach einem Fundort am Neuenburger See in der Schweiz benannt. Durch die weiter intensivierte Nähe zu den antiken Hochkulturen befindet sich diese Kultur bereits an der Schwelle zur Frühgeschichte und wird mit den Kelten in Zusammenhang gebracht, allerdings darf man weder einen überregionalen, einheitlichen Stammesverband, noch ein „keltisches (Selbst-)Bewusstsein“ bei den damaligen Bewohnern des Wiener Raumes voraussetzen. Erst gegen Ende der La-Tène-Zeit wird in antiken Überlieferungen der keltische Stamm der Boier genannt, der sich spätestens ab 60. v. Chr. im Donauraum zwischen Wien und Bratislava niederlässt. Aus römischer Sicht wird dieses Gebiet zu dieser Zeit dem keltischen Königreich Noricum zugerechnet. Als offensichtlich integrierte beziehungsweise romanisierte Bewohner des Römischen Reiches lassen sich die Boier hier noch bis ins 2. Jh. n. Chr. nachverfolgen.

Mit der Besetzung des Gebiets bis zur Donau durch die Römer endet die Vorgeschichte und es beginnt die Römische Kaiserzeit.

Literatur

  • Christine Ranseder: Die Urgeschichte. In: Peter Csendes / Ferdinand Opll [Hg.]: Wien. Geschichte einer Stadt. Band 1. Wien / Graz / Weimar: Böhlau 2001, S. 18-25
  • Otto Urban: Der lange Weg zur Geschichte. Die Urgeschichte Österreichs. Wien: Ueberreuter 1999
  • Otto Urban: Wegweiser in die Urgeschichte Österreichs. Archäologie sehen, erkennen, verstehen. Wien: Ueberreuter 1989