Victor Adler

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Viktor Adler
Daten zur Person
Personenname Adler, Viktor
Abweichende Namensform Adler, Victor
Titel Dr. med.
Geschlecht männlich
PageID 6051
GND
Wikidata
Geburtsdatum 24. Juni 1852
Geburtsort Prag
Sterbedatum 11. November 1918
Sterbeort Wien
Beruf Politiker
Parteizugehörigkeit Sozialdemokratische Arbeiterpartei
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Recherche
Letzte Änderung am 18.12.2014 durch DYN.krabina
Begräbnisdatum 15. November 1918
Friedhof Zentralfriedhof, Ehrengrab, Gruppe 24A
Grabstelle
Bildname Viktoradler.jpg
Bildunterschrift Viktor Adler
  • 9., Mariannengasse 20 (Sterbeadresse)
  • 9., Berggasse 19 (Wohnadresse)
  • 6., Windmühlgasse 30a (Sterbeadresse)
  • 6., Chwallagasse 2 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Mitglied des Niederösterreichischen Landtags (1901)
  • Reichsratsabgeordneter (1905)
  • Staatssekretär für Äußeres (30.10.1918 bis 11.11.1918)

Adler Viktor (Victor), * 24. Juni 1852 Prag, † 11. November 1918 Wien 9, Mariannengasse 20 (Zentralfriedhof, Ehrengrab, Gruppe 24A), Politiker, Sohn eines wohlhabenden Prager Kaufmanns, Gattin (1879) Emma Braun (1859-1935), Kinder Friedrich Adler (* 1879), Marie (* 1881) und Karl (* 1885). Besuchte das Wiener Schottengymnasium, studierte ab 1872 an der Universität Wien (Dr.med.) und trat der Burschenschaft "Arminia" bei; dadurch deutschnational orientiert, arbeitete er zunächst mit Schönerer zusammen und gehörte (neben Pernerstorfer, Friedjung und Steinwender) zu den Autoren des großdeutschen "Linzer Programms". Als jedoch Schönerers antisemitische Tendenzen offenkundig wurden, wandte sich Adler von den Großdeutschen ab. 1869 wurde er Mitglied des Arbeiterbildungsvereins, am Beginn der 1880er Jahre näherte er sich der Sozialdemokratischen Partei, 1886 gründete er in Wien die sozialdemokratische Wochenschrift "Gleichheit" und (nach deren Einstellung) 1889 die Arbeiterzeitung.

Seine politische Tätigkeit brachte ihm in den späten 1880er Jahren siebzehn Verurteilungen und insgesamt achtzehn Monate Arrest ein. Beruflich arbeitete Adler nach Abschluss seiner Universitätsstudien als Assistent am Chemischen Laboratorium sowie als Arzt an der Psychiatrischen Klinik, dann etablierte er sich als Armenarzt. An sozialen Problemen interessiert, bereiste er Deutschland, England und die Schweiz, wobei er mit Bebel und Engels in engeren Kontakt kam.

1882-1889 wohnte Adler 9, Berggasse 19 (in der späteren Wohnung Sigmund Freuds). Auf dem Hainfelder Parteitag (30. Dezember 1888 - 1. Jänner 1889) gelang es Adler, die in Gemäßigte und Radikale zersplitterte sozialdemokratische Arbeiterschaft zu einigen; die von ihm redigierte Prinzipienerklärung bildete die Grundlage für die politische Arbeit der folgenden Jahrzehnte. Unmittelbar vor dem "Einigungsparteitag" hatte Adler 1888 in der "Gleichheit" die Menschen unwürdigen Lebensverhältnisse der Wienerberger Ziegelarbeiter aufgedeckt, 1889 begann seine Kampagne für die streikenden Tramway-Kutscher, für die er in der Öffentlichkeit Sympathien fand. Die Regierung löste den Arbeiterverein "Wahrheit" auf, verbot die "Gleichheit" und verurteilte Adler zu vier Monaten Arrest. An die Stelle des aufgelösten Vereins traten die Vereine "Apollo" und "Gleichheit"; als publizistisches Organ erschien nunmehr die Arbeiterzeitung, in welcher Adler seinen Kampf konsequent fortsetzte. 1889 nahm Adler als Vertreter der Sozialdemokraten Österreichs am ersten Kongress der zweiten Internationalen in Paris teil, am 1. Mai 1890 stand die erste große Mai-Demonstration der Sozialdemokraten in Wien im Zeichen der Forderung des Achtstundentags.

Die Sozialdemokraten hatten sich als politische Kraft profiliert, ihr Anspruch auf Teilnahme an der Gestaltung des öffentlichen Lebens konnte nicht mehr übersehen werden. Partei, Gewerkschaften und Genossenschaften wurden zu den tragenden Säulen der Organisation. Adlers Leben und Wirken verschmolz in Hinkunft so sehr mit der Arbeiterbewegung, dass seine Biographie von der Geschichte der österreichischen Sozialdemokraten kaum zu trennen ist. 1892 wohnte Adler 6, Windmühlgasse 30a. Mit 1. Jänner 1895 brachte Adler die Arbeiterzeitung als Tageszeitung heraus und gewann in Friedrich Austerlitz einen Chefredakteur von besonderem Format. Unter Adler waren die österreichischen Sozialdemokraten als internationalistische Partei mit organisatorisch autonomen nationalen Sektionen organisiert; dennoch konnte Adler 1911 die Abspaltung der tschechischen Sozialdemokraten nicht verhindern. 1900 zogen die ersten Sozialdemokraten in den Wiener Gemeinderat, 1901 in den Reichsrat ein; Adler wurde 1901 in den Niederösterreichischen Landtag, jedoch erst 1905 in den Reichsrat gewählt. Als einziger Sozialdemokrat gehörte Adler dem Wahlrechtsausschuss des Reichsrats an und konnte sich hier für die Erlangung des allgemeinen Wahlrechts einsetzen, das schließlich (nach der ersten russischen Revolution 1905 und unter Generalstreikdrohung) durchgesetzt werden konnte (erste Wahl für den Reichsrat 1907, für den Gemeinderat erst 1919). Der erste Weltkrieg stellte Adler und seine Partei vor einen schweren Gewissenskonflikt; er suchte jedoch stets für den Frieden zu wirken.

Die letzte Rede Adlers im Reichsrat am 3. Oktober 1918 war eine Absage an den Habsburgerstaat und ein Bekenntnis zu den Ansprüchen der einzelnen Nationen auf volle Eigenstaatlichkeit. Am 21. Oktober 1918 konstituierten sich die deutschsprachigen Abgeordneten des Reichsrats als provisorische Nationalversammlung, der damals bereits schwerkranke Adler wurde am 30. Oktober in den Staatsrat gewählt und trat als Staatssekretär des Äußern in die Regierung Renner ein. Am 9. November, jenem Tag, an dem Renner und Seitz die Vorlage des Gesetzentwurfs für die Proklamierung der Republik durchsetzten, hielt Adler im Staatsrat seine letzte Rede.

Gedenktafel (mit Bronzeporträtrelief von Fritz Cremer) 6, Gumpendorfer Straße 54, Blümelgasse 1 (Wohnhaus 1905-1918); Büste am Denkmal der Republik (1); Adler wohnte ab 1892 in 6, Chwallagasse 2; Briefmarke (1978), 500-S-Gedenkmünze (1988); Adlerbüste, Adlerdenkmal (Denkmal der Republik), Viktor-Adler-Hof, Viktor-Adler-Platz.

Literatur

  • Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974 - lfd.
  • Jean Maitron / Georges Haupt [Hg.]: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Band 1: Autriche. Paris: Éditions Ouvrières 1971
  • Josef Fraenkel: The Jews of Austria. London: Vallentine 1967
  • Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
  • Neue österreichische Biographie. 1815 – 1918. Band 3. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1926
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815 – 1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954 - lfd.
  • Wolfgang Maderthaner/ Siegfried Mattl: Viktor Adler. In: Walter Euchner [Hg.]: Klassiker des Sozialismus. Band 1. München: Beck 1991
  • Walter Pollak [Hg.]: Tausend Jahre Österreich. Eine biographische Chronik. Band 3. Wien / München: Jugend & Volk 1974, S. 254 ff.
  • Norbert Leser [Hg.]: Werk und Widerhall. Große Gestalten des österreichischen Sozialismus. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1964, S. 13 ff.
  • Anton Tesarek [Hg.]: Victor Adler. Aus seinen Reden und Schriften. Wien: Verlag Wiener Volksbuchhandlungen 1947 (Große Gestalten des Sozialismus, 1)
  • Richard Charmatz: Lebensbilder aus der Geschichte Österreichs. Wien: Danubia-Verlag 1947, S. 178 ff.
  • Alfred Magaziner: Die Wegbereiter. Aus der Geschichte der Arbeiterbewegung. Wien: Volksbuchverlag 1975, S.28 ff.
  • Julius Braunthal: Victor und Friedrich Adler. Zwei Generationen Arbeiterbewegung. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlungen 1965
  • Ernst Joseph Görlich: Viktor Adler und Vogelsang. In: Wiener Geschichtsblätter 23 (1968), S. 374 ff.
  • Wolfgang Maderthaner: Viktor Adlers Wochenblatt „Die Gleichheit" 1886-89. In: Archiv. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung 2 (1986), S. 143 ff.
  • Kaiser Franz Joseph von Oesterreich oder Der Verfall eines Prinzips. Hermesvilla, Lainzer Tiergarten, 28. März 1980 bis 15. März 1981. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien [1980] (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 64), S. 156 f.
  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 50, 134f.
  • Felix Czeike: VI. Mariahilf. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Wiener Bezirkskulturführer, 6), S. 16
  • Herbert Tschulk: X. Favoriten. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1985 (Wiener Bezirkskulturführer, 10), S. 64
  • Ernest Blaschek [Hg.]: Mariahilf einst und jetzt. Wien [u.a.]: Gerlach & Wiedling 1926 (Wiener Heimatbücher), S. 275
  • Werner Schubert: Favoriten. Wien: Mohl 1980, Register
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 174
  • Gerhardt Kapner: Freiplastik in Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1970, S. 385 (Republikdenkmal)
  • Briefmarkenabhandlung der Postdirektion anläßlich des Erscheinens von österreichischen Briefmarken. 1978
  • Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 11.11.1968
  • Karl F. Stock / Rudolf Heilinger / Marylène Stock: Personalbibliographien österreichischer Dichter und Schriftsteller von den Anfängen bis zur Gegenwart. Pullach bei München: Verlag Dokumentation 1972