Friedrich Austerlitz

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Friedrich Austerlitz, um 1910
Daten zur Person
Personenname Austerlitz, Friedrich
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 28372
GND 130095664
Wikidata Q1458300
Geburtsdatum 25. April 1862
Geburtsort Hochlieben, Böhmen
Sterbedatum 5. Juli 1931
Sterbeort Wien, Lainzer Krankenhaus 4066009-6
Beruf Journalist, Politiker
Parteizugehörigkeit Sozialdemokratische Arbeiterpartei
Ereignis
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 16.04.2024 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof Feuerhalle Simmering
Grabstelle Abteilung ML, Gruppe 20, Nummer 1G
Ehrengrab ehrenhalber gewidmetes Grab
Bildname Friedrich Austerlitz.jpg
Bildunterschrift Friedrich Austerlitz, um 1910

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Abgeordneter zum Nationalrat (04.03.1919 bis 01.10.1931)
  • Arbeiter-Zeitung , Chefredakteur (1895)

Todesmeldung im "Kuckuck", 1931

Friedrich Austerlitz, * 25. April 1862 Hochlieben, Böhmen, † 5. Juli 1931 Wien, Journalist, Politiker.

Biografie

Da Friedrich Austerlitz aus ärmlichen Verhältnissen abstammte, musste er bereits sehr früh nach Besuch der Volks- und Bürgerschule für sein Auskommen sorgen und war deshalb ab 1876 als Handlungsgehilfe, Lagerarbeiter und Knecht tätig. Seine Ausbildung schloss er bei der Firma Gerngroß in Wien ab. Austerlitz zeichnete ein unbändiger Wissensdrang auf den Gebieten der Literatur, des Theaters, der Oper und des Justizwesens aus. Große Begabung und Fleiß führten ihn bald zum Erfolg.

1890 erfolgte sein Ausschluss aus dem liberalen "Kaufmännischen Verein", weil er für die Handlungsgehilfen Sonntagsruhe, früheren Arbeitsschluss und anderes gefordert hatte. Daraufhin begründete er den "Verein der Handlungsgehilfen" und dessen Organ "Der Handlungsgehilfe". Durch seine glänzend geschriebenen Leitartikel wurde Victor Adler auf ihn aufmerksam und gewann ihn als Mitarbeiter für die "Arbeiter-Zeitung", die 1889 von Victor Adler gegründet worden war und deren Herausgeber Austerlitz bis zu seinem Tode 1931 blieb. 1895 bis 1931 bestimmte Austerlitz als Chefredakteur deren geistiges Profil. Mutig und erfolgreich setzte er sich für das allgemeine Wahlrecht und die Pressefreiheit ein, wandte sich aber auch gegen die Kriegsjustiz.

Austerlitz unterstützte die arbeitende Bevölkerung auf allen Gebieten des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens und führte einen steten Kampf für das Recht. Er gehörte 1919 bis 1931 als Abgeordneter der SDAP dem Nationalrat an und war ein geschätztes Mitglied des Staats- beziehungsweise (in der Republik) Verfassungsgerichtshofs.

Friedrich Austerlitz und Karl Kraus

Austerlitz begegnete Karl Kraus wahrscheinlich um 1895 im Café Griensteidl und war ihm bis in die späten zwanziger Jahre freundschaftlich verbunden. Er galt als Bindeglied zwischen der österreichischen Arbeiterbewegung und Karl Kraus, auch wenn am Beginn ihrer Beziehung zunächst ein medialer Schlagabtausch stand, etwa zur Pressefreiheit, zumal Kraus aufgrund seiner konservativen Einstellung der Sozialdemokratie eher entgegengesetzt war. So reagierte Kraus anfangs auf die in der Arbeiter-Zeitung erscheinenden Artikel, hatte trotz teils unterschiedlicher Ansichten aber größten Respekt vor Austerlitz.

Ihr Verhältnis änderte sich, als Kraus seine erste Vorlesung in Wien Anfang Mai 1910 hielt, bei der Austerlitz anwesend war und anschließend darüber im Großen und Ganzen positiv in der Arbeiter-Zeitung berichtete. Kraus, der von der Presse bislang tabuisiert worden war, wusste Austerlitz' Beitrag zu schätzen. Mit der Zeit bemerkten die beiden Männer immer mehr ihre Gemeinsamkeiten. Vor allem im Ersten Weltkrieg erhielt ihre Freundschaft großen Aufschwung, weil Kraus seine Einstellung zum Krieg sowie die Verurteilung der Monarchie und des Militarismus begrüßte. Er las interessiert die Kriegsberichterstattung in der Arbeiter-Zeitung und lobte sie als dokumentarische Quelle. Im Gegenzug wies die Arbeiter-Zeitung zur Zeit des Weltkriegs zwei Mal auf Vorlesungen von Kraus hin, zwischen 1919 und 1925 123 Mal und kommentierte diese größtenteils danach auch, sodass Kraus insgesamt 65 Mal Thema in Artikeln der Arbeiter-Zeitung war. Da auch Austerlitz gerne die Nacht hindurch arbeitete, wurde berichtet, dass Kraus Austerlitz regelmäßig nachts in seinem Büro auf der rechten Wienzeile besucht haben soll und sie nächtliche Telefongespräche geführt hatten, wobei es zu heftigen Diskussionen gekommen sein soll. Dass Kraus bei diesen Kontakten vor dem Erscheinen der Arbeiter-Zeitung in seinem eigenen Interesse zensorisch eingegriffen hatte, ist nicht unwahrscheinlich.

Als Kraus' zweite Vorlesung in Innsbruck 1920 verboten worden war, veranlasste Austerlitz gemeinsam mit Wilhelm Scheibein und "Genossen" eine Anfrage an den Staatssekretär für Inneres und Unterricht, in der er ihn damit konfrontierte, dass das Verbot der Vorlesung ungesetzlich gewesen wäre und einem Eingriff in die künstlerische Freiheit gleichkam. Diese Anfrage veröffentlichte Kraus auch in der Fackel.

Darüber hinaus verband sie ihre Kritik am Kapitalismus und gemeinsame Ablehnung der kapitalistischen Presse. Kraus zitierte etwa 1920 in der Fackel eine Rede von Austerlitz vor dem Nationalrat am 18. November 1919, in der dieser die Presse als Werkzeug des Kapitalismus attackierte. 1922 konnte Austerlitz das Gesetz, das Anzeigen verbot, die als editorischer Kommentar getarnt waren, durch das Parlament schleusen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Kraus am Entwurf des Antrags mitgewirkt hatte. Austerlitz gilt damit als Schöpfer des modernen Pressegesetzes.

Zudem war Austerlitz in Kraus' publizistisch und juristisch geführten Streit gegen den Journalisten und Verleger Bekessy involviert, indem er Kraus mit zahlreichen Artikeln in der Arbeiter-Zeitung unterstützte. Bekessy jedoch hatte unter anderem Kontakte zu sozialistischen Politikern, die im helfen konnten, weshalb sich Kraus von der Sozialdemokratie in diesem Konflikt nicht unterstützt fühlte. Dies führte zum endgültigen Bruch zwischen Kraus und der sozialdemokratischen Partei, was er mit der Kündigung seines Abos der Arbeiter-Zeitung am 1. Mai 1926 verdeutlichte. Austerlitz schätze er weiterhin als sozialistischen Politiker, denn auch Austerlitz wurde aufgrund seiner Unterstützung Opfer einer Verleumdung, indem in der "Stunde" behauptet wurde, er würde kleinen Mädchen nachstellen, ohne ihn zwar namentlich zu nennen, aber sehr wohl für Leser erkennbar war, um wen es sich handeln würde. Kraus sandte seine Sympathie-Bekundung per Telegramm an Austerlitz.

Austerlitz' Tod verursachte ein großes zeitgenössisches Medienecho, vor allem in der sozialdemokratischen Presse. Auch Karl Kraus kommentierte in der Fackel seinen Tod. 1949 wurde der Austerlitzhof im 16. Wiener Gemeindebezirk nach dem Politiker und Journalisten benannt.

Quellen

Literatur

  • Jens Malte Fischer: Karl Kraus. Der Widersprecher. Wien: Paul Zsolnay Verlag 2020
  • Edward Timms: Karl Kraus. Die Krise der Nachkriegszeit und der Aufstieg des Hakenkreuzes. Weitra: Verlag Bibliothek der Provinz 2016.
  • Friedrich Pfäfflin (Hg.): Zwischen Jüngstem Tag und Weltgericht. Karl Kraus und Kurt Wolff Briefwechsel 1912–1921. Göttingen: Wallstein Verlag 2007
  • Edward Timms: Karl Kraus. Satiriker der Apokalypse. Wien: Deuticke 1995
  • Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1988, S. 306 f.
  • Archiv. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung 21 (1981), S. 54
  • Arbeiter-Zeitung. Zentralorgan der Sozialistischen Partei Österreichs, 06.07.1931, 04.07.1981
  • Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 24.04.1962, 29.06.1981
  • Alfred Magaziner: Die Wegbereiter. Aus der Geschichte der Arbeiterbewegung. Wien: Volksbuchverlag 1975, S. 128 ff.
  • Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974−lfd.
  • Jean Maitron / Georges Haupt [Hg.]: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Band 1: Autriche. Paris: Éditions Ouvrières 1971
  • Norbert Leser [Hg.]: Werk und Widerhall. Große Gestalten des österreichischen Sozialismus. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1964, S. 49 ff.
  • Archiv. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung 4 (1964), S. 41 f. (Bibliothek)
  • Mario Molin-Pradel: Friedrich Austerlitz. Chefredakteur der Arbeiter-Zeitung. Diss. Univ. Wien. Wien 1963
  • Hans Markl: Kennst du die berühmten letzten Ruhestätten auf den Wiener Friedhöfen? Band 1: Zentralfriedhof und Krematorium (Urnenhain). Wien: Pechan 1961, S. 161
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815−1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien / Graz: Böhlau 1954−lfd.
  • Julius Braunthal [Hg.]: Austerlitz spricht. Ausgewählte Aufsätze und Reden von Friedrich Austerlitz. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1931
  • Franz Planer [Hg.]: Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Wien: F. Planer 1929


Friedrich Austerlitz im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks