Rotes Wien

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Daten zum Eintrag
Datum von 4. Mai 1919
Datum bis 12. Februar 1934
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Wien, Rotes, verbreitete Bezeichnung für die (seit den Wahlen vom 4. Mai 1919) mit absoluter sozialdemokratische Mehrheit verwaltete Stadt Wien in der Ersten Republik (Bürgermeister Jakob Reumann und Karl Seitz; aufgrund der Gemeinderatswahlen 1932 konnten die Sozialdemokraten erstmals auch sämtliche Wiener Bezirksvorsteher stellen).

Die Politik des Roten Wien (die in einigen Teilbereichen an den "Gemeindesozialismus" von Karl Lueger anknüpfte) war gekennzeichnet durch eine von Hugo Breitner konzipierte und durchgeführte grundlegend geänderte Finanz- und Steuerpolitik (Verzicht auf neue Anleihen, gesellschaftliche Umschichtungen bei den Steuerbelastungen [beispielsweise Fürsorgeabgabe], Abgehen von indirekten Steuern, Einhebung zweckgebundener Steuern [bespielsweise Wohnbausteuer]). Die finanzpolitischen Veränderungen bildeten die Voraussetzung für die Realisierung der städtischen Wohnbauprogramme (anfangs großflächige Verbauung von Arealen, die aus verschiedenen Gründen in der Franzisko-Josephininischen Ära unverbaut geblieben waren [etwa am Gürtel wegen der Nähe der Südbahn], teilweise in Formen der sogenannten Superblocks [beispielsweise Karl-Marx-Hof], aber auch in aufgelockerter Verbauung [beispielsweise Sandleiten], später in Ermangelung größerer freier Flächen auch in Form von Lückenverbauung; durchwegs geringerer Verbauungsgrad der Grundstücke, Ausstattung der Wohnungen mit Energie und WC, Grünraumgestaltung der Höfe) und die von Julius Tandler geprägte Sozial- und Gesundheitspolitik (Fürsorge [wobei der Jugendfürsorge ein Primat zuerkannt wurde], Gesundheitsamt).

Es kam zu zahlreichen Neuerungen beziehungsweise Verbesserungen (beispielsweise Bäder, Kinderfreibäder, Kindergärten [Volkskindergärten], Kinderübernahmestelle, Säuglingswäschepaket, Schulärztlicher Dienst, Schulzahnkliniken); die Säuglingssterblichkeit und die Tuberkulose (Lungenheilstätte "Baumgartner Höhe") wurden energisch bekämpft, das Brigittaspital und Kinderspitäler wurden übernommen, das Lainzer Krankenhaus (Pflegeheim Lainz) ausgebaut.

In die städtischen Wohnhausanlagen wurden Sozialanlagen weitgehend integriert (Kindergärten, Mutterberatungsstellen). Die [[Straßenbahn wurde modernisiert, die Stadtbahn übernommen und elektrifiziert, der Autobus zu einem innerstädtischen Verkehrsmittel aufgewertet; die Müllabfuhr erhielt durch das Colonia-System eine neue Dimension. Das Stadion wurde errichtet (Arbeitersport).

Die neue Schulpolitik fand in Otto Glöckel einen erfolgreichen Reorganisator (Wiener Schulreform). Die Volksbildung, die Städtischen Büchereien und das gesamte Kulturleben (Wiener Festwochen, Theater, Konzert) wurden stark gefördert.

Die städtischen Straßen erfuhren durch Kleinsteinpflasterung, Asphaltierung und Macadambeläge eine wesentliche Verbesserung. In den Hintergrund traten der Brücken- und Straßenbau sowie der private Wohnhausbau (einschließlich der Hausreparaturen).

Die sozialdemokratische Verwaltung stand im Gemeinderat mit der christlichsozialen Opposition in steten Auseinandersetzungen, die gegen Ende der 1920er Jahren an Heftigkeit noch zunahmen; um diese Zeit begann durch verschiedene Maßnahmen auch eine Verminderung der städtischen Einnahmen (insbesondere durch Beeinspruchung von Steuern beim Verwaltungsgerichtshof und die Reduktion der Wien zugebilligten Ertragsanteile an staatlichen Steuern im Rahmen eines angestrebten "Lastenausgleichs").

Das Rote Wien (gegen das in steigendem Maß auch seitens der Heimwehr und anderer paramilitärisch-politischer Verbände Stellung bezogen wurde) fand nach den Februarkämpfen 1934 ein abruptes Ende; Bürgermeister Seitz wurde verhaftet, der Gemeinderat aufgelöst, der kommende Wohnhausbau eingestellt.

Ständestaat.

Literatur

  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1896 - 1934. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 2)
  • Maren Seliger: Sozialdemokratie und Kommunalpolitik in Wien. In: Wiener Schriften 49 (1980)
  • Alfred Georg Frei: Rotes Wien. Berlin 1984
  • F. Czeike: Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien 1919-1934. In: Wiener Schriften 6 (1958)
  • Wiener Schriften 11 (1959)
  • Helmut Weihsmann: Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934. 1985 (Literaturverzeichnis)
  • Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Band 177: Das Rote Wien 1918-1934. Wien 1959-2003
  • Hugo Pepper: Das Rote Wien. In: Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988, S. 198 ff.