Provisorisches Gemeindegesetz: Unterschied zwischen den Versionen

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Das am 17. März 1849 von Kaiser [[Franz Joseph I.]] auf Vorschlag von Innenminister [[Franz Seraph Stadion von Warthausen|Franz Graf Stadion]] erlassene Provisorische Gemeindegesetz (Art. I: "Die Grundfeste des freien Staates ist die freie Gemeinde") enthielt Grundprinzipien, die für die Gemeindegesetzgebung der folgenden Jahrzehnte von bleibender Bedeutung sein sollten. Es handelte sich dabei um Österreichs erstes Gemeindegesetz. Darin wurde erstmals die für die moderne kommunale Selbstverwaltung typische Unterscheidung zwischen einem "natürlichen" und einem "übertragenen" Wirkungskreis vorgenommen. Auf der Grundlage des § 6 des Gesetzes erhielt Wien am 6. März 1850 eine [[Provisorische Gemeindeordnung]]. Das Gemeindegesetz legte fest, dass Vorstädte mit ihrer Stadt eine einheitliche Stadtgemeinde zu bilden haben. In Wien wurden daher 1850 die so genannten Vorstädte (innerhalb des [[Linienwall]]s gelegene Siedlungen) als Bezirke 2 bis 8 [[Stadterweiterung|eingemeindet]]; nach der Trennung [[Margareten]]s von der [[Wieden]], 1861, handelte es sich (auch nach heutiger Nummerierung) um die Bezirke 2 bis 9.
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Das am 17. März 1849 von Kaiser [[Franz Joseph I.]] auf Vorschlag von [[Innenministerium|Innenminister]] [[Franz Seraph Stadion von Warthausen|Franz Graf Stadion]] erlassene Provisorische Gemeindegesetz (Art. I: "Die Grundfeste des freien Staates ist die freie Gemeinde") enthielt Grundprinzipien, die für die Gemeindegesetzgebung der folgenden Jahrzehnte von bleibender Bedeutung sein sollten.  
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Es handelte sich dabei um Österreichs erstes Gemeindegesetz. Darin wurde erstmals die für die moderne kommunale Selbstverwaltung typische Unterscheidung zwischen einem "natürlichen" und einem "übertragenen" Wirkungskreis vorgenommen. Auf der Grundlage des § 6 des Gesetzes erhielt Wien am 6. März 1850 eine [[Provisorische Gemeindeordnung]]. Das Gemeindegesetz legte fest, dass [[Vorstädte]] mit ihrer [[Innere Stadt|Stadt]] eine einheitliche Stadtgemeinde zu bilden haben. In Wien wurden daher 1850 die so genannten Vorstädte (innerhalb des [[Linienwall]]s gelegene Siedlungen) als Bezirke 2 bis 8 [[Stadterweiterung|eingemeindet]]; nach der Trennung [[Margareten]]s von der [[Wieden]], 1861, handelte es sich (auch nach heutiger Nummerierung) um die Bezirke 2 bis 9.
  
 
Das Provisorische Gemeindegesetz blieb nach Aufhebung der [[Märzverfassung]] 1851 zwar formell in Kraft, wurde jedoch durch zwei Gesetze von 1852 und 1854 de facto ausgehebelt und der [[Neoabsolutismus|neoabsolutistischen]] Linie des Kaisers angepasst. Ab 1852 waren die Sitzungen der Gemeindeorgane nicht mehr öffentlich. Die Kommunalwahlen wurden ausgesetzt und 1854 wurde die Verlängerung der Funktionsperiode ohne Wahlen verfügt. Die kommunale Selbstverwaltung wurde dadurch beseitig bzw. der staatlichen Kontrolle unterstellt.
 
Das Provisorische Gemeindegesetz blieb nach Aufhebung der [[Märzverfassung]] 1851 zwar formell in Kraft, wurde jedoch durch zwei Gesetze von 1852 und 1854 de facto ausgehebelt und der [[Neoabsolutismus|neoabsolutistischen]] Linie des Kaisers angepasst. Ab 1852 waren die Sitzungen der Gemeindeorgane nicht mehr öffentlich. Die Kommunalwahlen wurden ausgesetzt und 1854 wurde die Verlängerung der Funktionsperiode ohne Wahlen verfügt. Die kommunale Selbstverwaltung wurde dadurch beseitig bzw. der staatlichen Kontrolle unterstellt.
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*[https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=rgb&datum=1852&size=45&page=379 ALEX: Reichsgesetzblatt 67/1852]
 
*[https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=rgb&datum=1852&size=45&page=379 ALEX: Reichsgesetzblatt 67/1852]
 
*[https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=rgb&datum=1854&page=367&size=45 ALEX: Reichsgesetzblatt Nummer 46/1854]
 
*[https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=rgb&datum=1854&page=367&size=45 ALEX: Reichsgesetzblatt Nummer 46/1854]
 
  
 
== Literatur==
 
== Literatur==
 
*Thomas Simon: Die verfassungsrechtliche Stellung Wiens in der Habsburgermonarchie. In: Wien wird Bundesland. Die Wiener Stadtverfassung 1920 und die Trennung von Niederösterreich. Hg. von Bernhard Hachleitner und Christian Mertens. Wien: Residenz Verlag 2020, S. 11–24
 
*Thomas Simon: Die verfassungsrechtliche Stellung Wiens in der Habsburgermonarchie. In: Wien wird Bundesland. Die Wiener Stadtverfassung 1920 und die Trennung von Niederösterreich. Hg. von Bernhard Hachleitner und Christian Mertens. Wien: Residenz Verlag 2020, S. 11–24
 
* Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740 - 1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 293 ff.
 
* Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740 - 1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 293 ff.

Aktuelle Version vom 13. April 2023, 11:11 Uhr

Daten zum Eintrag
Datum von 17. März 1849
Datum bis
Objektbezug Langes 19. Jahrhundert, Wien wird Bundesland, Revolution 1848
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 13.04.2023 durch WIEN1.lanm08uns

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Das am 17. März 1849 von Kaiser Franz Joseph I. auf Vorschlag von Innenminister Franz Graf Stadion erlassene Provisorische Gemeindegesetz (Art. I: "Die Grundfeste des freien Staates ist die freie Gemeinde") enthielt Grundprinzipien, die für die Gemeindegesetzgebung der folgenden Jahrzehnte von bleibender Bedeutung sein sollten.

Es handelte sich dabei um Österreichs erstes Gemeindegesetz. Darin wurde erstmals die für die moderne kommunale Selbstverwaltung typische Unterscheidung zwischen einem "natürlichen" und einem "übertragenen" Wirkungskreis vorgenommen. Auf der Grundlage des § 6 des Gesetzes erhielt Wien am 6. März 1850 eine Provisorische Gemeindeordnung. Das Gemeindegesetz legte fest, dass Vorstädte mit ihrer Stadt eine einheitliche Stadtgemeinde zu bilden haben. In Wien wurden daher 1850 die so genannten Vorstädte (innerhalb des Linienwalls gelegene Siedlungen) als Bezirke 2 bis 8 eingemeindet; nach der Trennung Margaretens von der Wieden, 1861, handelte es sich (auch nach heutiger Nummerierung) um die Bezirke 2 bis 9.

Das Provisorische Gemeindegesetz blieb nach Aufhebung der Märzverfassung 1851 zwar formell in Kraft, wurde jedoch durch zwei Gesetze von 1852 und 1854 de facto ausgehebelt und der neoabsolutistischen Linie des Kaisers angepasst. Ab 1852 waren die Sitzungen der Gemeindeorgane nicht mehr öffentlich. Die Kommunalwahlen wurden ausgesetzt und 1854 wurde die Verlängerung der Funktionsperiode ohne Wahlen verfügt. Die kommunale Selbstverwaltung wurde dadurch beseitig bzw. der staatlichen Kontrolle unterstellt.

Quellen

Literatur

  • Thomas Simon: Die verfassungsrechtliche Stellung Wiens in der Habsburgermonarchie. In: Wien wird Bundesland. Die Wiener Stadtverfassung 1920 und die Trennung von Niederösterreich. Hg. von Bernhard Hachleitner und Christian Mertens. Wien: Residenz Verlag 2020, S. 11–24
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740 - 1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 293 ff.